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Grafenschild statt „Bubbles“ – Oldenburg präsentiert sich mit neuem Stadtlogo

Stadt Oldenburg Logo, Quelle: Stadt Oldenburg
Stadt Oldenburg Logo, Quelle: Stadt Oldenburg

Die Stadt Oldenburg hat sich ein neues Stadtlogo zugelegt. Das dem heraldischen Stadtwappen entnommene Schild mit rot-gelben Streifen vereine Tradition und Zuversicht, so die Stadtverwaltung. Nicht nur im Umfeld von Social Media sorgt der Wechsel und die Gestaltung für Unverständnis, bisweilen für Entsetzen.

Nach vierzehn Jahren bekommt Oldenburg ein neues Logo. „Mit der neuen Marke wollen wir gestärkt in die Zukunft gehen“, so Oberbürgermeister Jürgen Krogmann anlässlich der Vorstellung des neuen Logos. Krogmann ist seit 2014 Oberbürgermeister von Oldenburg, somit aktuell einer der am längsten amtierenden Bürgermeister einer deutschen Großstadt. Oldenburg ist nach Hannover und Braunschweig die drittgrößte Stadt Niedersachsens. Um das Zusammengehörigkeitsgefühl der Bürger zur Stadt zu stärken, will die Stadtverwaltung ein Zeichen des Zusammenhalts setzen. Das neue Logo diene als Symbol für das „Team Stadt Oldenburg“, wie es im Rahmen der offiziellen Pressemeldung erklärend heißt. Vorausgegangen ist dem Redesign ein Markenprozess, der bereits vor einigen Jahren angestoßen wurde.

Auszug der Pressemeldung

Tradition und Zuversicht – diese beiden Elemente vereint das neue Logo der Stadt Oldenburg. „Mit der neuen Marke wollen wir gestärkt in die Zukunft gehen“, sagt Oberbürgermeister Jürgen Krogmann. Das Logo betont die historischen Wurzeln der Oldenburgerinnen und Oldenburger. Das Motiv – ein Schild in Gelb mit zwei dunkelroten Streifen – findet sich bereits im Oldenburger Stadtwappen. Es symbolisiert den Mut und die Entschlossenheit des jungen Grafen Friedrich, der sogar gegen einen Löwen kämpfte, um die Ehre seines Vaters zu retten. „Heute kämpfen wir natürlich nicht mehr gegen Löwen, aber auch wir stehen vor großen Herausforderungen. Der Klimawandel, die Transformation unserer Energieversorgung, der demografische Wandel, Fachkräftemangel und nicht zu vergessen, die Digitalisierung – all das und mehr fordern uns jetzt. Diese Aufgaben können wir am besten mit einem deutlichen Zeichen des Zusammenhalts und mit Teamgeist meistern“, betont Oberbürgermeister Krogmann.

Stadt Oldenburg Logo – vorher und nachher, Bildquelle: Stadt Oldenburg, Bildmontage: dt
Stadt Oldenburg Logo – vorher und nachher, Bildquelle: Stadt Oldenburg, Bildmontage: dt

Das neue Logo besteht aus einem Schild mit gelb-roten Streifen als Bildmarke sowie einer rechtsseitig davon angeordneten Wortmarke. Das Schild ist um 34˚Grad zur linken Seite geneigt und in dieser Form auch im Oldenburger Stadtwappen enthalten. Die zweizeiligen Wortmarke „Stadt Oldenburg“ ist in einer vergleichsweise neutralen Schrift gesetzt, und zwar in der Myriad, einer 1992 von Robert Slimbach und Carol Twombly für Adobe Systems gezeichneten humanistischen Grotesk-Schrift. Die Oldenburg Tourismus und Marketing GmbH (OTM), eine städtische Tochtergesellschaft, nutzt die Schild-Bildmarke in ähnlicher Weise bereits seit Anfang 2021. Seitens der städtischen Verwaltung wird das neue Stadtlogo als minimalistisch und zeitlos beschrieben.

Das mit orange-farbenen Kreisflächen („Bubbles“) ausgestattete bisherige Logo wurde 2009 eingeführt. Die Stadt wollte auf diese Weise das sogenannte „Übermorgenstadt“-Konzept sowie eine damit einhergehende Positionierung als „Stadt der Wissenschaft“ unterstreichen, (dt berichtete). Nun werden die „Bubbles“ sukzessive verschwinden.

Entwickelt wurde das Logo hausintern und ohne Beteiligung externer Agenturen. Wie in der Lokalpresse berichtetet wird, seien auf diese Weise lediglich 911 Euro an Sachkosten angefallen, zusätzlich zu den Personalkosten. Eigene Mitarbeiter würden über entsprechende Expertise verfügen, so eine Mitarbeiterin der städtischen Pressestelle gegenüber der Nordwest-Zeitung.

Die Umstellung auf das neue Design soll peu à peu erfolgen, wie es heißt. Neue Veröffentlichungen erscheinen ab dem 21. August im neuen Layout, auf allen Internetseiten oder sonstigen Online-Angeboten soll das bisherige Logo bis Ende August ausgetauscht werden.

Im Umfeld von Social Media, etwa auf Facebook wird das neue Logo mehrheitlich negativ kritisiert. Einige Kommentierende bemängeln fehlende Kreativität. Wie bei derlei Logoumstellungen üblich erklärten viele User, die Stadt hätte beim bisherigen Logo bleiben sollen. Eine ortsansässige Agentur, welche dem dt per E-Mail einen entsprechenden Themenvorschlag geschickt hat, sieht in der Umstellung auf das neue Logo eine „fortschreitende Provinzialität und Rückwärtsgewandtheit“ der Stadt.

Kommentar

Logo-Redesigns werden mehrheitlich negativ kritisiert, nicht immer, aber doch meist. Sich an etwas Neues gewöhnen, erfordert Aufwand. Energieaufwand, den es aus Sicht von uns Menschen zu vermeiden gilt. Deshalb hat es das Neue meist sehr schwer. Nicht nur im Umfeld von Social Media fällt die Kritik in aller Regel negativ aus, auch hier in einem Design-Fachblog, was wiederum damit zu tun hat, dass wir als Gestalter/Designer davon überzeugt sind, es besser hätten machen können. Soviel vorweg.

Der Umstand, dass ein Logo nach 14 Jahren ausgewechselt wird, ist wenig kritikwürdig. Oldenburg ist nicht Opel, das in zwanzig Jahren sieben Logos verschlissen hat. 14 Jahre sind ein üblicher, angemessener Zeitrahmen für einen Wechsel. In Oldenburg hat man sich berechtigterweise gefragt, ob das „Bubbles“-Signet noch verkörpert, wofür die Gemeinde steht. Mit einem Schild heraldischen Ursprungs und einer simpel gestalteten Wortmarke fühlen sich die Verantwortlichen auf Seiten der Stadtverwaltung offenbar besser repräsentiert. Inwieweit Bürgerïnnen hier im Vorfeld befragt und eingebunden wurden, entzieht sich meinem Kenntnisstand. Ein einfach gestaltetes, pragmatisches Stadtlogo, flexibel in der Handhabung, für gedruckte Medien ebenso geeignet, wie für den Einsatz in digitalen Medien, überdies kostengünstig in der Entwicklung. Prima Sache! Woher also kommt all die negative Kritik und die schlechte Stimmung? Ein Versuch der Einordnung.

Die breite Ablehnung, auf die das neue Logo (vor Ort) stößt, ist wenig überraschend. Einerseits ist die Gestaltung in der Tat wenig kreativ. Handwerklich fragwürdig und verunstaltet, wie einst das Logo für Cottbus (2009), ist das Oldenburger Logo nicht. Allerdings wirkt es doch völlig uninspiriert und kraftlos. Der Gestaltung fehlt es an Eigenständigkeit. Die Wortmarke, gesetzt in der Myriad, schaut generisch aus. Die Myriad, dies ist hilfreich zu wissen, ist ebenso wie die Minion, mit der die bisherige Wortmarke gesetzt ist, eine Brotschrift, also eine für Mengensatztexte konzipierte und konstruierte Schrift, die vor allem in Büchern und Zeitschriften Verwendung findet. Nicht ganz so populär wie die Helvetica, dennoch gehört die Myriad zu den am meisten verwendeten Schriften unserer Zeit.

Mit der Myriad im Logo ein wiedererkennbares und eigenständiges Markenlogo zu entwickeln, ist in etwa so, als wollte man allein mit Salz als Zutat ein unverwechselbar würzig schmeckendes Gericht zubereiten. Hier im dt wurde die Myriad schon einmal, ihrer limitierten Mittel wegen, Identität zu stiften, im Sinne einer Persiflage verwendet. Um den Trend hin zu betont schlicht gehaltenen Typologos (Ebay, Microsoft, u.a.) zu thematisieren, hatte ich 2012 Logos bekannter Marken allesamt in der Myriad gesetzt, um so deren Austauschbarkeit und Beliebigkeit zu verdeutlichen. Das Besondere ist nicht ihr Ding.

Daher stimmt der Eindruck: die Wortmarke im neuen Oldenburger Stadtlogo schaut beliebig, generisch, austauschbar aus. Da Typographie nicht nur der reinen Übermittlung von Textinformationen dient, sondern darüber hinaus – selbstverständlich – auch Charaktereigenschaften und Wesensmerkmale transportiert, fragt man sich gerade in Oldenburg schon, inwieweit die Wortmarke das Wesen der Stadt und ihrer Bürger beschreibt. Die Wortmarke – die pure Tristesse. Wenn denn wenigstens die Bildmarke ein wenig anspruchsvoller gestaltet wäre.

Stadtlogos mit Schild und mit Bezug zum Stadtwappen
Stadtlogos mit Schild und mit Bezug zum Stadtwappen

Ein Logo mit Bezug zum Stadtwappen und mit Schild als Bildmarke lässt sich auch so gestalten, dass es optisch ansprechend, eigenständig und wiedererkennbar ist, wie Freising, Uppsala, Wien oder die Uni Gdansk zeigen (Abb. links). Eine „goldene Regel“ lautet: ist die Bildmarke vergleichsweise einfach gehalten, können die Lettern der Wortmarke, wie bei Wien, stärker auf Besonderheit und Einzigartigkeit ausgerichtet werden. Ist die Bildmarke hingegen vergleichsweise aufwendig gestaltet, wie bei Freising, sorgt eine im Verhältnis dazu dezentere Schriftart dafür, dass das Logo insgesamt ausgewogen und harmonisch wirkt.

Im Fall Oldenburg ist sowohl die Wortmarke wie auch die Bildmarke maximal schlicht. Ein Bemühen, eines der beiden Elemente zu etwas Besonderem zu machen, ist nicht zu erkennen. Als Außenstehender frage auch ich mich, welch langjähriger Markenprozess dem Redesign vorausgegangen sein mag, wenn dies das Ergebnis ist. Losgelöst von seiner Geschichte betrachtet, erweckt die Bildmarke in Schildform den Eindruck, als kippe diese zur linken Seite. Von der assoziativen Ebene her sind umkippen/umfallen, zumal nach links und damit nach hinten, denkbar ungünstige Attribute. Gerade bei einem Stadtlogo mit stark repräsentierendem Charakter ist die gewählte Darstellung unvorteilhaft, vorsichtig formuliert. Corporate Design / Branding hat immer auch eine politische Dimension. Oldenburg scheint stark nach links zu driften.

Die heraldische Vorlage eins zu eins aus dem Stadtwappen zu übernehmen, halte ich für problematisch. Oldenburg ist heute eine andere Stadt, als sie es vor 100, 200 oder 300 Jahren gewesen ist. Einen geschichtlichen Bezug im visuellen Erscheinungsbild herzustellen, ist absolut sinnvoll. Was in diesem Fall jedoch offensichtlich fehlt, ist eine Überführung traditioneller Formensprache in die Gegenwart! Sodass die Gestaltung zeitgemäß wirkt, statt antiquiert. Es findet keinerlei Transfer/Überführung auf visuell-sprachlicher Ebene statt. Zweifellos benötigt eine Stadt, ein Unternehmen nicht zwingend externe Partner, um etwas Kreatives auf die Beine zu stellen. Eine beratende externe Agentur hätte jedoch auf das Fehlen dieses Transfers hinweisen können. Es braucht nicht nur eine geschichtliche Verankerung, wie sie Oberbürgermeister Krogmann im Presse-Statement beschwört, es bedarf, wie ich meine, vor allem einen nach vorne und in die Zukunft gerichteten Blick. Oldenburg jedoch kippt nach hinten.

Stadt Oldenburg Wappen, Quelle: Wikipedia
Stadt Oldenburg Wappen, Quelle: Wikipedia

Problematisch erscheint mir die Eins-zu-Eins-Übernahme des Schildes aus dem Stadtwappen (Abb. rechts) auch deshalb, da die damit verbundene Erzählung/Sage des Löwenkampfs Graf Friedrichs kaum etwas mit den heute in der Stadt lebenden Menschen zu tun hat. Die in diesem Zusammenhang von der Stadtverwaltung verwendete Sprache, „blutrünstige Bestie“ als Beschreibung für einen Löwen, war zudem schon unpassend, lange bevor Wokeness zum Erregungsthema wurde. Der Erzählung folgend zeigt das neue Oldenburg-Logo demnach ein Schild mit zwei roten Streifen aus „frischem Löwenblut“. Bon Appétit. Dies sind also die Zutaten, mit denen Oldenburg im 21. Jahrhundert die städtische Marke anreichert.

Stadt Oldenburg – Visual zum „neuen Layout“, Quelle: Stadt Oldenburg, Foto: ilietus/Fotolia
Stadt Oldenburg – Visual zum „neuen Layout“, Quelle: Stadt Oldenburg, Foto: ilietus/Fotolia

Das Logo ist mehr Symptom, denn das eigentliche Problem. Verdeutlicht wird dies auch anhand des im Rahmen der Präsentation von der Stadtverwaltung verwendeten Stockart-Bildmotivs mit Katze, welches zigfach an anderer Stelle Verwendung findet. Das Problem ist vielmehr, dass eine Strategie in Bezug auf zeitgemäße Kommunikation nicht zu erkennen ist. Eine eigenständige, wiedererkennbare Stadtmarke, mit der sich auch die Bürger identifizieren können, lässt sich so schwerlich aufbauen.

Es stimmt schon: es wirkt provinziell, wie sich Oldenburg aktuell präsentiert, und zwar nicht nur im Logo. Dabei finden sich durchaus interessante gestalterische Ansätze, wie etwa das in unterschiedlicher Form und unterschiedlichen Kontexten verwendete O-Motiv (karriere.oldenburg.de, oldenburger-portal.de). Auch um ein Zeichen in Richtung Zusammenhalt zu senden, wäre das geschlossene O eine passende visuelle Entsprechung.

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Dieser Beitrag hat 38 Kommentare

  1. Ich fand das alte Logo von den Kollegen von STOCKWERK2 sehr gut und inspirierend – geradezu vorbildlich. Es ist wohl die Frage, oben eine Stadt von morgen sein will oder ein von gestern.
    Man hat sich wohl für letzteres entschieden.

  2. Ich mache mal eine Gegenposition auf: Im Vergleich zum alten Logo sehe ich einen deutlichen Fortschritt. Die Bubbles wirken auf mich maximal-generisch und könnten aus einer beliebigen Powerpoint-Standard-Vorlage rauskopiert worden sein und sagen einem Nichteingeweihten nichts. Dazu der hinten rangeflanschte Wurmfortsatz “i.O.”, der in den meisten Ausführungsgrößen zu einem unlesbaren Fleck werden dürfte.

    Wenn man vom Wappen ausgehen will, was ich bei Gebietskörperschaften grundsätzlich für eine gute Idee halte, weil sie bereits einen Wiedererkennungswert mitbringen, muss man aufgrund der heraldischen Komplexität in diesem Fall eine Simplifizierung vornehmen, wenn man nicht einfach nur das Wappen neben den Stadtnamen setzen will. Und da wird es jetzt subjektiv, mir gefällt das herausgenommene Wappen als Logo sehr gut und in die Schrägstellung ein Umfallen oder gar eine bestimmte politische Neigung hineinzuinterpretieren finde ich jetzt etwas übertrieben. Für das nach hinten Umfallen fehlt mir hier völlig die dritte Dimension und hinsichtlich der politischen Interpretation sei gesagt, dass das Schild aus Sicht des Trägers ja auch nach rechts geneigt ist. Wenn ich mir das hierunter verlinkte Logo der Stadt Regensburg angucke, dann habe ich die dritte Dimension und da sieht das Wappen aus meiner Sicht wirklich wackelig aus…

    Die Löwenblut-Kritik finde ich jetzt etwas wohlfeil, denn in welcher Stadt hat der heraldische Hintergrund eines Wappens heute noch Bezug zu den Einwohnern? Dass der Bürgermeister es so herausstellt ist geschenkt, den Erklärtexten diverser Designagenturen widmet nach der Einführung eines neuen Logos auch niemand mehr nennenswerte Aufmerksamkeit.

    Zur Schrift: Ich verstehe die Kritik, aber ich teile sie nicht hundertprozentig. Von einer Stadt als Verwaltungseinheit erwarte ich im Wesentlichen ein seriöses, unaufgeregtes Auftreten. Und das wird hier voll und ganz erfüllt, auch wenn nicht noch irgendwo zwei Buchstaben leicht modifiziert worden sind. Das als Gegenbeispiel vorgebrachte Freising würde ich noch nicht mal als Logo bezeichnen, sondern als Stadtwappen und dann steht irgendwie links daneben “Stadt Freising”, wo Word es gerade zufällig hingesetzt hat. (Im Ernst: Zu was ist der Text da ausgerichtet?)

    1. Besten Dank el_emka. Eine großartige Gegenrede, mit guten Argumenten. Abgesehen vom letzten Satz auch sachlich-fair.

      Die Bubbles waren und sind, auch in meiner Wahrnehmung, nicht der Weisheit letzter Schluss. Der Kritikpunkt, die Form würde einem Nichteingeweihten nichts sagen, lässt sich allerdings bei jedem zweiten Logo anbringen, mindestens. Logos müssen nicht selbsterklärend sein. Es ist nicht ihre Aufgabe, ihren Zweck und ihre Formgebung zu erklären, sodass sie auch für Nichteingeweihte verständlich sind. Logos sind keine Piktogramme. Sie dienen der Identitätsstiftung. Es gibt freilich auch Anwendungskontexte, bei denen es überaus hilfreich ist, wenn anhand der Bildmarke erkennbar ist, was der Zweck der dahinterstehenden Entität ist (Bäckerei, Friseur, etc.).

      denn in welcher Stadt hat der heraldische Hintergrund eines Wappens heute noch Bezug zu den Einwohnern?

      Oh, es gibt tatsächlich sehr viele Entitäten, nicht nur Städte, bei denen der Bezug stark verankert ist, in den jeweiligen Behörden/Institutionen, wie auch in den Köpfen der Menschen. Nehmen wir das Beispiel Schweiz, die ebenfalls ein Schild im Logo führt. Als Ausdruck für Wehrhaftigkeit, hier auch für Souveränität und Unabhängigkeit.

      Oder der Berliner Bär – im Stadtlogo enthalten und darüber hinaus ein Markenzeichen der Stadt. In der Werbung, in vielen Markendesigns, auch in der Kultur (z.B.Berlinale) sehr präsent.

      Oder Oslo. Statt die Elemente des traditionellen Siegels (Mühlstein, Schlosskrone und Pfeile) eins zu eins zu übernehmen, wurden diese, ebenso wie das gesamte Siegel, neu interpretiert. Die geschichtsträchtige Symbolik wurde beibehalten, dank der Vereinfachung allerdings in die Neuzeit überführt und so zugänglich gemacht. Auf diese Weise vermitteln die traditionellen Elemente auch heute noch Relevanz.

      Ich könnte die Liste endlos fortsetzen.

      Das Problem ist, wie gesagt, nicht allein das Logo. Ich stimme Dir zu: von einer Verwaltungseinheit erwarte auch ich im Wesentlichen ein seriöses, unaufgeregtes Auftreten. Erstens ist eine Stadt jedoch mehr als nur eine Verwaltungseinheit. Zweitens ist eine Gestaltung mit Stockart-Katzenmotiv alles, nur nicht seriös.

      1. Ich bin im letzten Absatz etwas polemisch geworden, zugegeben. Ich finde aber auch schlichtweg keinen Zugang zum Freisinger Logo und die Frage war tatsächlich ernst gemeint.

        Ad Bubbles und Nichteingeweihte: Point taken, wobei mir jetzt auch nicht viele Logos außerhalb von Wortbildmarken einfallen, die komplett abstrakt sind und erklärt werden müssen. Auf Anhieb nur die BASF, wobei das Logo da auch selten ohne die Wortmarke steht. Ansonsten noch mit Abstrichen diverse Automarken, wobei die Logos da auch derart verankert sind, dass sie für sich selbst stehen und nicht mehr erklärt werden müssen (bspw. Audi, Renault, Citroen). Aber um diesen Status zu erreichen, mussten sie schon viele Jahre hinter sich bringen.

        Und gerade bei Gebietskörperschaften ist es m.E. nicht unbedingt was Schlechtes, wenn es aus dem Logo hervorgeht, dass es sich um eine solche handelt. Weithin bekannte Städte können da einfach Elemente aus ihren Wappen (Hamburg, Berlin) oder Wahrzeichen verwenden (Köln, München). Bei weniger bekannten Städten liefert ein Wappen bzw. die Stilisierung davon diese Information frei Haus. Ich finde das Logo der Stadt Bochum bspw. durchaus gelungen, wobei man sich ohne das Wappen zu kennen, schnell fragt, warum sie das Logo das Stadtbücherei auf die ganze Stadt übertragen haben.

        Bezüglich der Wappen möchte ich noch anmerken, dass ich nicht gesagt habe, dass die Einwohner keinen Bezug zum Wappen haben, sondern zum heraldischen Hintergrund desselben. Beim Berliner Bär ist der Hintergrund augenscheinlich umstritten und es gilt als sprechendes Wappen – heute würde man wohl Wortwitz sagen. Die Berliner identifizieren sich mutmaßlich weniger mit dieser “Nicht-Bedeutung” ihres Bären, sondern eher mit ihm, weil er über die Jahre zur Marke bzw. zu einem Maskottchen geworden ist, was bei einem Tier auch irgendwie einfacher umzusetzen ist. Vor allem sobald es um Merchandising geht.

        Nehmen wir die nächstgrößere Stadt in Deutschland: Hamburg. Ähnlich wie Oldenburg führt sie auch eine Burg im Wappen und dieses diente auch als Grundlage für das Logo. Hier hat man eine simplifizierte Variante der Burg auf einer Wellenlinie platziert. Hätte man für Oldenburg ähnlich machen können, sähe dann aber auch sehr ähnlich aus. Hinsichtlich Merchandising/Marketing fällt die komplette Maskottchennummer mit Plüschtieren und Vergleichbarem auch direkt weg.

        Beim Logo der Schweiz wird der Schild mit den Bedeutungen der Wehrhaftigkeit, Unabhängigkeit und Souveränität aufgeladen. Aber ist es der Schild oder das Schweizer Kreuz darin? Und auch hier ist die Herkunft desselben unbekannt, es ist seit dem 14. Jahrhundert überliefert, aber eine etwaige Bedeutung dahinter ist nicht bekannt. In den ältesten Erwähnungen diente es als Erkennungszeichen auf dem Schlachtfeld, also quasi als Logo. Womit sich der Kreis schließt, denn im Prinzip sind Wappen und Flaggen nichts anderes als die Urform der heutigen Logos.

        Ich glaube, wir liegen gar nicht so weit auseinander, aber der Verriss schien mir etwas zu hart mit dem Logo ins Gericht zu gehen.

        (Zu den Katzenbildern fällt mir allerdings auch nichts ein, wobei da auch die Frage ist, ob diese bei einem Agenturentwurf wirklich ausgeblieben wären…)

        1. Danke el_emka.

          Ein Verriss ist, per Definition, eine destruktive Kritik. Als solche möchte ich den Kommentar im Artikel nicht verstanden wissen. Diese Zuschreibung kann ich so nicht stehenlassen, bei aller Liebe. Im Artikel wird auf konstruktive Weise, sachlich und fair, Kritik geübt wird. Und zwar nicht einzig am Logo, sondern an der Markenkommunikation der Stadt insgesamt. Du würdest sicherlich ebenso zurückweisen, hätte ich Deinen ersten Kommentar insgesamt als polemische Äußerung gewertet.

          1. Kommunikation findet immer zwischen Sender und Empfänger statt und ich wollte dir keinesfalls auf die Füße treten. :-)

            Nur kurz dazu, wie ich zu meiner Wortwahl gekommen bin: Nach dem Lesen deines Kommentars habe ich jedenfalls weitgehend verbrannte Erde wahrgenommen. “Wenig kreativ”, “völlig uninspiriert und kraftlos”, “beliebig, generisch, austauschbar”, “die pure Tristesse”, “maximal schlicht” – ich will mich nicht an der Definition des Wortes “Verriss” aufhalten und bestehe auch nicht auf die Wortwahl und ich glaube dir auch völlig, dass die Kritik nicht als Verriss gemeint war, aber das was hier angekommen ist, war schon eine recht harte Kritik.

            Metakommentar zum Ende: Ich finde unsere Diskussion ausgesprochen erkenntnisreich und freue mich ungemein, dass so etwas heute in einer Kommentarspalte noch möglich ist. Das ist leider nicht mehr selbstverständlich. Danke dafür.

          2. Kommunikation findet immer zwischen Sender und Empfänger statt

            So ist es. Spannendes hat hierzu unter anderem Friedemann Schulz von Thun geschrieben. Absolut bereichernd. #Kommunikationsquadrat

            Dank Dir für die einordnende Erklärung el_emka. Schön zudem zu sehen und zu lesen, dass trotz unterschiedlicher Positionen ein sehr guter Austausch möglich ist. So stelle ich mir einen Designdiskurs vor. Herzlichen Dank!

            Ich würde gern Deine Aufmerksamkeit weg von der Formgebung des Logos hin zu den anderen im Artikelkommentar von mir angesprochenen Kritikpunkte lenken. Diese drohen ein wenig unterzugehen, was schade wäre, denn alle von Dir genannten Zitate beziehen sich allein auf die Formgebung.

            Daher noch einmal: Das Logo ist mehr Symptom, denn das eigentliche Problem.

            Die eigentlichen Probleme:

            • Es ist keine ganzheitliche Markenkommunikationsstrategie zu erkennen.
            • Lokale/regionale Kreativschaffende wurden nicht eingebunden.
            • Ebensowenig wurden offenbar Bürger der Stadt in den Schaffensprozess eingebunden. Es geht dabei nicht darum, dass über Logos abgestimmt wird! Es gibt unzählige andere, bessere Möglichkeiten der Partizipation. Denn: Je stärker die Einbindung, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass das Konzept von vielen Schultern getragen und gefördert wird und dass die neu geschaffene Marke Erfolg hat. Erfolgreiche Marken brauchen möglichst viele Markenbotschafter. Nur woher sollen diese kommen, wenn man alles selbst macht!?
            • Im Sprachlich-Kommunikativen mangelt es an einer tragfähigen inhaltlichen Brücke zwischen Geschichte und Moderne, siehe mein Hinweis in Sachen Transfer. Statt ein Zeichen der Zukunftsfähigkeit zu senden, wird die Vergangenheit betont und Geschichte verklärt (im Rahmen der digitalen Präsenz der Stadt).
            • Statt eine originäre Bildsprache zu entwickeln, etwa indem man mit ortsansässigen Fotografen zusammenarbeitet, setzt man stattdessen auf 0815-Stockart-Motive. So lässt sich jedoch unmöglich ein eigenständiges Profil kreieren.
          3. Bei den weiteren von Dir angesprochenen Punkten muss ich auch im Wesentlichen zustimmen. Mir ging es mehr um die Ehrenrettung des Logos an sich.

            Die ganzheitliche Strategie fehlt auch (ggf. noch), bis alle Kommunikationsmittel umgestaltet sind, dauert es ja für gewöhnlich eine Weile. Das von Dir erwähnte “O” von der Karriereseite ist direkt ein gutes Beispiel, denn im Gegensatz zur gescholtenen Myriad entstammt es einer Serifenschriftart (ich bin nicht hinreichend vom Fach, um die Schrift selbst erkennen zu können), was direkt den ersten Bruch zum Logo darstellt. Flüchtigkeitsfehler, wie die Bubbles im Favicon der Webseite kommen noch dazu.

            Die Entscheidung, ein Projekt an einen externen Dienstleister herauszugeben, ist immer eine politische (auch in der freien Wirtschaft) und muss sich am Resultat messen lassen. Dieses Faktum alleine wäre für mich noch nicht kritikwürdig, erst in Verbindung mit dem Ergebnis kann man es als verursachenden Faktor vorbringen. Wenn das Grünflächenamt die städtischen Wiesen selber mäht, ist das ja auch nicht kritikwürdig. Wenn das dann nicht ordentlich gemacht wird oder Rasen hinterher ruiniert ist, dann darf man sicherlich die Frage stellen, ob man da nicht besser externe Hilfe zu Rate gezogen hätte.

            Die Einbindung der Bürger bei öffentlichen oder Mitarbeitern bei privaten Projekten ist nicht immer ohne Risiko. Bei öffentlichen Projekten besteht die Gefahr, dass im Wesentlichen eine Minderheit mit Tagesfreizeit und Sendungsbewusstsein in den Prozess eingebunden wird und das Ziel, eine Identifikation zu erreichen, für die Mehrheit verfehlt wird. Bei Designprojekten in der freien Wirtschaft muss man auch eine gute Auswahl an Beteiligten treffen, damit nicht nur die Wirkung nach Innen betrachtet wird, denn Design ist im Wesentlichen auch immer Kommunikation nach Außen.

            Ich habe bisher zweimal so ein Redesign aus der Innenperspektive erlebt ohne daran beteiligt gewesen zu sein. Einmal als Student bei der Entwicklung des neuen Logos und der “Umfirmierung” meiner damaligen Universität zur Technischen Universität, die sicherlich notwendig war (es gab einen unglaublichen Wildwuchs an abgewandelten und komplett eigenen Logos für Fakultäten und Lehrstühlen). Beim Resultat wurde sich, wie üblich, über die deutlich 5stellige Rechnung aufgeregt. Im Nachhinein muss ich aus heutiger Sicht sagen: Nicht ganz unberechtigt. Denn auf Logoseite gab es nur das neue Logo für die gesamte Universität und eine Powerpoint-Vorlage. Jede Fakultät und viele Lehrstühle haben dann wieder angefangen, abgeleitet davon eigene zu entwickeln. Eines davon stammt aus meiner Feder und meine damalige Fakultät schmückt sich heute noch damit.

            Das zweite Mal im Rahmen meiner heutigen Anstellung, ebenfalls notwendig, weil die ursprüngliche Wortmarke schwer lesbar und kleinteilig war (und sehr nach einer Inhouse-Arbeit aussah, die “irgendjemand” mal gemacht hat). Kam ohne nennenswerte Vorankündigung und die Reaktionen im Konzern waren eher unaufgeregt und man hat sich über die Pralinen mit dem neuen Logo drauf gefreut. Diese hat man klugerweise an die örtliche Chocolaterie outgesourct.

            Die beiden letzten Punkte sind dann wieder Folgen aus der eingangs getroffenen politischen Entscheidung. Klarer Fall von: Kann man so machen, ist dann halt Käse.

          4. Nochmals herzlichen Dank el_emka!

            Um den Kreis zu schließen, möchte ich noch auf diese Deine Aussage eingehen.

            … steht irgendwie links daneben “Stadt Freising”, wo Word es gerade zufällig hingesetzt hat. (Im Ernst: Zu was ist der Text da ausgerichtet?)

            Die Ausrichtung könnte wohl kaum sinnhafter sein. Die Grundlinie von „Stadt“ und die Unterkante vom Maul des Bären bilden eine gemeinsame Achse. Das weiße Kreuz ist exakt mittig auf dieser Achse angeordnet. Und auch in der zweiten Zeile sind „Freising“ und der Bär, dessen Pfoten, auf der selben Grundlinie platziert. Mathematisch also sehr präzise ausgerichtet und handwerklich sauber gearbeitet. Auch, und dies ist entscheidend, optisch stimmig. Mögen muss man das Logo deshalb vielleicht nicht. Zufällig hingesetzt ist die Wortmarke allerdings mit Gewissheit nicht.

  3. Das Wappen mit der Schrift aus dem alten Logo hätte wesentlich passender ausgesehen und hätte auch mehr vom historischen Charakter vermittelt. Die Myriad ist halt maximal langweilig und zieht die Bildmarke schon runter. Auch wenn das Wappen auf den ersten Blick uninspiriert aussieht ist es doch in der Masse an Wappenlogos recht einzigartig und die Kombination aus Gelb und Rot ist auffällig.

  4. Tatsächlich erscheint mir das bisherige Logo altbacken. Die Linie und die Bubbles sind viel zu nah an der Typografie.

    Das kippende Schild hätte man aber wahrscheinlich nur anders positionieren müssen, damit es sozusagen von der Typografie „aufgefangen“ wird. Am ehesten rechts davon. Ich weiß leider nicht, ob es heraldisch einen Unterschied machen würde, das Schild zu „begradigen“, aber es würde die Marke wohl ruhiger machen.

    Was mich aber viel mehr stört ist, dass das S von „Stadt“ nicht bündig mit dem „Oldenburg“ ist. Das wirkt unsauber.

  5. Ich kann mich noch gut erinnern, dass auch die Einführung der Bubbles für große Diskussionen gesorgt haben. (Und die des Spiegeleis davor doch auch?)

    Ich finde zumindest rein technisch gesehen hat das neue Logo den Namen “Logo” deutlich mehr verdient. Viel plakativer, viel einfacher, viel merkbarer. An Kreativität mangelt es hier aber definitiv.

  6. Die Bubbles im alten Logo finde ich nicht besser als die neue Bildmarke, die wenigstens einen eindeutigen Bezug zur Stadt enthält. Die Schrift im neuen Logo ist noch einen Tick unprägnanter als vorher, aber der alte Schriftzug war ja auch nicht sonderlich individuell.

    Warum sich das Stadtmarketing nach wie vor eine andere Schrift gönnt, will sich mir nicht erschließen. Das wäre doch eine Gelegenheit gewesen, diese zu vereinheitlichen? Vielleicht hätte man diese DIN-artige Schrift auch für das Stadtlogo nehmen können? Was soll diese Unterbrechung im O darstellen?

    Ist es wirklich so, dass nur das Logo getauscht wurde, ohne ein größeres Gesamtkonzept?

    Throtzdem finde ich das neue Logo insgesamt i. O. ;-)

  7. Was ist die Seele einer Stadt, einer Gemeinde, eines Dorfs? Eine Sage von einem Löwenkämpfer, der die Ehre seines amtsmüden Vaters rettet durch eine List, nicht einmal durch Heldenmut? Ich muss an den neuen Eberhofer-Krimi denken, der gerade im Kino läuft. Dort sucht der fiktive bayerische Ort Niederkaltenkirchen nach der Seele der Gemeinde für eine Skulptur, die den örtlichen Kreisel schmücken soll, um Touristen anzulocken. Die Bürgermeisterin, die ihr Amt nur vertretungsweise ausübt, kommt nach einigem Hin und Her zum Ergebnis: Die Seele des Orts, das ist die Leberkäsesemmel. Feierlich wird am örtlichen Verkehrskreisel also eine Leberkäsesemmelskulptur enthüllt. Die Leberkäsesemmel. Sie wäre somit auch das ideale Element für eine Bildmarke für ein Niederkaltenkirchen-Logo. “Kunst uns Selbstironie gehen heute ineinander über”, sagt die Bürgermeisterin bei der Enthüllung des Leberkäses. Nun gut. Dann vielleicht doch lieber was Heraldisches?

  8. Das Wappen finde ich gar nicht schlecht, von der Myriad hat man sich einfach satt gesehen.

    Das Logo erinnert mich auch an die Zeit als Apple die Myriad noch als Hausschrift hatte.
    Da gab es tonnenweise solcher Logos, man muss nur das Signet austauschen.
    Vielleicht kommt deswegen manchen das Logo altbacken vor.

  9. Auch ich finde das neue Logo nicht so schlecht. Auch die Neigung nach links finde ich gut.
    Was mich auch stört sind die Schriftart und die Grössenverhältnisse von Wappen und Typo. Vielleicht würde bei der Schrift etwas „fetteres”, dafür kleiner gesetztes besser aussehen.

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