Die Schweizer Armee ist derzeit dabei ihr Erscheinungsbild zu erneuern. Bisher nutzte die Armee das seit 2007 für die Bundesverwaltung geltende Corporate Design. Nun erhält die Armee ein davon unabhängiges Corporate Design. Darüber hinaus werden die Kommunikation, nach Innen wie nach Außen, und die digitale Präsenz ausgebaut und auf den neusten Stand gebracht.
Der Schild der Helvetia, die Primärfarben Rot, Schwarz und Weiß und die Helvetica als Hausschrift – dies sind die zentralen Gestaltungslemente innerhalb des zukünftigen Corporate Designs der Schweizer Armee. Eine auf Basis von Frontify erstellte Branddesign-Plattform (design.armee.ch) wurde bereits realisiert. Die Implementierung des neuen Designs steht derzeit noch aus. In den kommenden Wochen soll der neue Webauftritt der Armee unter armee.ch live gehen.
Die Armee verspricht sich von ihrem neuen Erscheinungsbild mehr Klarheit in ihrer Kommunikation, insbesondere nach Innen. Angehörige der Armee sollen sich so besser mit der Armee identifizieren können, wie Glenn Müller, Chef Kommunikation Verteidigung, im Gespräch mit dem Magazin Persoenlich.com erklärt.
Bislang verfügte die Armee über kein eigenständiges Corporate Design. Als Absender und Logo hat die Armee im Rahmen ihrer Kommunikation das Logo der Schweizer Bundesverwaltung verwendet. Zum Vergleich: Die Bundeswehr nutzt seit 1996 ein vom Erscheinungsbild der Bundesregierung losgelöstes Logo. Das vom Hamburger Designer Peter Schmidt entworfene Logo mit Eisernem Kreuz ist seitdem fester Bestandteil des Corporate Designs der Bundeswehr.
Zum Hintergrund: Eingebunden ist das neu geschaffene Corporate Design der Schweizer Armee in ein breit angelegtes Modernisierungs- und Investitionsprogramm, das dazu dient, die Armee auf veränderte Anforderungen auszurichten. Vor knapp drei Jahren hatte der Schweizer Bundesrat das Programm und die als „Vision 2030“ bezeichnete Strategie verabschiedet. Im Kern geht es darum, die Armee agiler, digitaler und effizienter zu machen. Dazu sollen die Fähigkeiten der Armee an die veränderten Bedrohungsszenarien angepasst werden.
Die „Vision 2030“ sieht auch eine stärkere Zusammenarbeit mit der Gesellschaft vor (siehe vision-armee.ch). Anders als etwa die Bundeswehr ist die Schweizer Armee nach dem Milizprinzip organisiert. Das bedeutet, dass die meisten Soldaten nur einen Teil ihrer Dienstzeit als Berufssoldaten verbringen und den Rest als Milizionäre. Die Berufssoldaten sind für die Ausbildung und Führung der Milizionäre zuständig. Ein Baustein der Strategie ist auch das visuelle Erscheinungsbild – und das wird sich zukünftig wandeln.
Die Herauslösung aus dem seit 2007 für die Bundesverwaltung geltenden CD unterstreicht auf visueller Ebene die Eigenständigkeit der Schweizer Armee. Statt wie bisher als Verwaltungseinheit der Bundesverwaltung subsumiert, tritt die Armee nun in ihrer Kommunikation als eigenständige Marke auf. Inspirieren und leiten ließen sich die Verantwortlichen von der Helvetia, die als allegorische Figur die Schweiz und die Eidgenossenschaft versinnbildlicht.
Die Bildmarke im neuen Logo der Schweizer Armee orientiert sich an jenem Schild, wie er auf der 50-Rappen-Münze geprägt ist. Der Schild symbolisiert den Schutz der Eigenständigkeit und die Werte der Schweiz.
Helvetica statt Frutiger – im Zuge der Einführung des eigenständigen Corporate Designs erhält die Schweizer Armee die Helvetica Now als Hausschrift. Auch die Wortmarke im jeweiligen Logo ist in der 2019 geschaffenen Helvetica Now gesetzt. Dabei handelt es sich um eine Weiterentwicklung der 1957 von Max Miedinger und Eduard Hoffmann entworfenen Helvetica.
Das Schweizerkreuz, im Schild Bestandteil der Bildmarke, dient darüber hinaus als Gestaltungselement und als tragende Stütze innerhalb des Gestaltungsrasters. Je nach Anwendungskontext kann das Kreuz in angeschnittener Form zum Einsatz kommen, sodass unterschiedliche Kompositionen möglich sind.
Die Kosten, die rund um die Einführung des neuen Corporate Designs entstanden sind, werden von Seiten der Armee mit 220.000 Franken beziffert, umgerechnet 230.000 Euro. Diese werden über das reguläre Budget der Kommunikation Verteidigung beglichen, so Müller.
Entstanden ist das Corporate Design der Schweizer Armee in Zusammenarbeit mit Farner Consulting.
Kommentar
Die Einführung eines von der Bundesregierung unabhängigen Corporate Designs ist für jede Armee ein wichtiger Schritt. Dank der damit verbundenen Ausrichtung im Sprachlich-Visuellen wird die Kommunikation als Marke klarer, eindeutiger, verbindlicher. Eine übergeordnete Armeemarke, wie sie in Deutschland seit 1996 genutzt wird und wie sie fortan auch in der Schweiz Anwendung findet, verbindet und eint alle Teilstreitkräfte.
Erst eine übergeordnete Dachmarke ermöglicht es, dass Angehörige der Armee/Miliz sich nicht nur als Teil einer einzelnen Einheit ansehen, sondern sich darüber hinaus als Teil eines größeren Ganzen begreifen. Die im Corporate Design systemisch innewohnende Kraft wirkt nicht nur nach Außen, etwa im Kontext Werbung/EmployerBranding, sie wirkt insbesondere auch nach Innen, wo sie, richtig angewandt, Identifikation und Zugehörigkeit stärken können bzw. ein Wir-Gefühl überhaupt erst ermöglicht. So ist auch die Aussage von Kommunikationschef Müller zu verstehen. Viel zu selten, so mein Eindruck, wird das Potenzial dieser Kraft abgerufen und ausgeschöpft, gilt es vielen Verantwortlichen doch in erster Linie um die Außenwirkung. Insofern ist der von der Schweizer Armee verfolgte Ansatz absolut nachvollziehbar und sehr sinnvoll.
Die Gestaltung ist, typisch für die Schweiz, nicht modisch, nicht effekthascherisch. Ein Design, das nicht suggeriert, wie man sein möchte, sondern eines, das zeigt wie man ist. Klar (Helvetica als Typo), sachlich (rechte Winkel), durchaus robust (viel Schwarz) – so stellt sich die Schweizer Armee dar. Authentisch und glaubhaft, so jedenfalls mein Eindruck.
Mit die größte Herausforderung dürfte gewesen sein, die Farben Rot, Schwarz und Weiß in diesem Kontext zu verwenden, ohne dass, wie jüngst beim Rebranding der spanischen LaLiga, Assoziationen mit dem Dritten Reich hervorgerufen werden. Gerade im politischen/militärischen Kontext braucht es im Zusammenhang mit der Verwendung dieser Farben ein besonderes Feingefühl. Ich sehe das Gestaltungskonzept in dieser Hinsicht als wohldosiert. Beispielsweise wird darauf verzichtet auf schwarzem Grund das weiß umrandete Schild, wie sonst üblich, rot zu befüllen. Es entsteht also kein unmittelbarer farblicher Dreiklang. Ob der Grund hierfür in der angesprochenen Assoziationsebene liegt, sei einmal dahingestellt. Mir fällt dieses Detail jedoch positiv auf.
Wie unterschiedlich europäische Streitkräfte in Sachen Logoabsenderschaft und Markenkommunikation aufgestellt sind, zeigt die Gegenüberstellung (Abb. links). Grob gesagt lassen sich drei unterschiedliche Herangehensweisen benennen. 1. Die Schweizer Armee folgt in gewisser Weise dem Beispiel Deutschlands (1996), Österreichs (2005) und Schwedens (2010), die ihre jeweiligen Streitkräfte unter einem einzigen gemeinsamen Zeichen/Absender vereinen. 2. In Frankreich, Großbritannien und Griechenland sind die Streitkräfte weit entfernt von einem gemeinschaftlichen Auftritt – jede Teilstreitkraft nutzt einen eigenen Absender / Markenauftritt. Diese Form der Segmentierung, die in vielerlei Hinsicht unvorteilhaft/problematisch ist, kann im Kontext Armee derzeit als am verbreitetsten angesehen werden. 3. In den Niederlanden wiederum basiert das Erscheinungsbild der Streitkräfte auf dem Corporate Design der Regierung, im Vergleich zur Schweizer Armee jedoch in anderer Weise. Denn die Teilstreitkräfte der Niederlande sind farblich und im Logo eigenständig (von der Regierung), ungeachtet dessen sind diese als Submarken im CD der Regierung verankert.
Mediengalerie
Edit 08.09.2023: Heute nun hat die Schweizer Armee auch eine entsprechende Pressemeldung veröffentlicht: Schweizer Armee mit neuem Markenauftritt
Habe wegen der Farbgebung im ersten Augenblick direkt “Schwarze Armee” gelesen. Ansonsten finde ich die Schildform sehr schön und (zumindest für mich als nicht-Schweizer) recht eigenständig, im Vergleich mit anderen Schweizer Wappen-Logos. Empfinde auch, wie im Eingangstext erwähnt, die Einfarbigkeit (bzw. Transparenz des Schildes) als positiv. Es wirkt weniger aggressiv als eine rot-schwarze Kombi und verleiht dem einfachen/bodenständigen Design dann doch auch etwas Zeitgemäßes.
Bundeswehr (Deutschland) und Bundesheer (Österreich) mit Flecktarn. Schwarz verbinde ich jetzt nicht gerade mit Militär, da passt eher Olivbraun, Olivgrün, Helloliv oder Tarngrün aus den Cleverprinting-Farbwelten. Und beim Wappen dachte ich zuerst an mein Schweizermesser. Vielleicht ist Victorinox ja der Hauptsponsor der Schweizer Armee.
Dass das Logo ans Schweizermesser erinnert, ist sicher kein Zufall – Victorinox hat sich den Namen ‚Schweizer Offiziersmesser‘ schützen lassen und ist Hersteller des Soldatenmessers der Schweizer Armee.
Ironie! Selbstverständlich ist mir die Geschichte des Offiziersmessers bekannt, auch dass es bis 2005 noch einen zweiten Hersteller (Wenger) gab. Die Bundeswehr hat als Logo ein grafisch modifiziertes Eisernes Kreuz. Das Logo des Bundesheers in Österreich ist das Hoheitszeichen (roter Kreis mit auf der Spitze stehendem weißen Dreieck, ursprünglich nur auf Tragflächen und Leitwerk von Flugzeugen und bei Hubschraubern an den Seitenflächen zwischen Kabine und Heckrotor). Wenn das Logo kein Schwert zeigt (Frankreich: Armee de Terre) oder gekreuzte Schwerter (tschechische Streitkräfte) bleibt eigentlich nur noch das Staatswappen. Und auch hier ist der Gestaltungsspielraum begrenzt.
1889 erhob die Bundesversammlung das weiße Kreuz auf rotem Grund zum Nationalwappen: Ein aufrechtes freistehendes Kreuz, dessen Arme ein Sechstel länger als breit sind. Mit dem am 1. Januar 2017 in Kraft getretenen Bundesbeschluss zum Wappenschutzgesetz wurde die quadratische Form der Schweizer Flagge erstmals gesetzlich verankert.(Quelle: bestswiss)
Schwarz ist nicht unbekannt bei der Gestaltung von Armeen (siehe US Army).
Tarn und olive sind da doch plakativ und optisch selten prägnant oder spannend.
Zudem ist so ein Farbkozept aus meiner Sicht veraltet. Kriegsführung und Verteidigung ist zunehmend digital und fern der heimischen Mischwälder.
Ja – das Wappen hatte mich impulshaft auch an Victorinox erinnert – aber beim genauen Vergleich sind die Wappenformen doch sehr unterschiedlich.
Mit gefällt es.
Offtopic: Heiliger Bimbam! Was sind denn das für “Logos” bei der Französischen Streitkräften?! Grausam.
Bin offen gestanden zwiegespalten: Auf der einen Seite finde ich das neue Design in sich sehr stimmig. Auf der anderen Seite erscheinen mir die Abweichungen der Schildform, Farbigkeit und Schrift im Blick auf die Schweizerische Bundesverwaltung doch eher marginal. Daher frage ich mich ob man den Aufwand diesbezüglich auch hätte minimieren können indem man die bisherigen Gestaltungselemente einfach entsprechend neu arrangiert hätte. Die Armee als Teil des Staatsorgans betrachtet erschließt sich mir die Notwendigkeit eines komplett eigenständigen Design dafür nicht.
Sehr gut aufeinander abgestimmte Bildsprache!
Warum sind segmentiere Markenauftritte von eigenständigen Teilstreitkräften problematisch oder unvorteilhaft? Sie haben unterschiedliche Aufgaben, eine eigenständige Organisation, eigene Karrierewege und eigenständige Geschichte und durchaus auch eine Konkurrenz zueinander. Aus der unterschiedlichen Geschichte eine gemeinsame Marke wäre dann sinnvoll, wenn man die unterschiedlichen Traditionen vereinheitlichen, verwässern oder neu definieren will. Das Ergebnis wäre entweder British Navy oder Royal Army. Oder etwas, mit dem kein Brite etwas anfangen kann: Royal British Army. Wenn das Vereinigte Königreich eine (förderale) Republik oder England ein unitärer Staat wird kann man darüber nachdenken.
Die Bundeswehr, die ab 1955 sich komplett neu aufstellen musste ist da, meines Erachtens, nicht die Referenz. Überspitzt gesagt beschränkt sich der gemeinsame Nenner von Teilstreitkräften, dass sie Instrumente zur Machtdurchsetzung sind. Seat und Porsche sind Fortbewegungsmittel des Individualverkehrs, aber daraus eine Marke zu machen?
Besten Dank Franz Ferdinand, für Deinen Beitrag. Die Fragen, die Du in Deinem Kommentar aufwirfst, sind spannend und vollkommen berechtigt. Wohl auch deshalb, da Segmentierung in unterschiedliche Marken auch Vorteile mit sich bringen kann, gibt es unterschiedliche Herangehensweisen. Kernfragestellungen im Kontext Corporate Design / Branding sind seit je her: Segmentierung versus Zusammenführung als Dachmarke. Wenn Dachmarkenkonzept, wie eigenständig darf/kann eine Submarke sein? Ich denke, dass im Fall Armee/Streitkräfte die Vorteile einer gemeinsamen Dachmarke deutlich überwiegen.
Letztlich, gewissermaßen der obersten Maxime folgend, muss sich das Corporate Design am Selbstverständnis der jeweiligen Entität orientieren. Im Fall der Bundeswehr ist dieses sehr klar und präzise ausformuliert, so etwa in Strategiepapieren wie der „Konzeption der Bundeswehr (KdB)“ (PDF). Die KdB fungiert im Sinne einer „Dachphilosophie“. Das Papier enthält Leitlinien in Bezug auf das Denken und Handeln der Bundeswehr. Die Bundeswehr definiert für sich, um einmal aus dem KdB zu zitieren, einen „ressortgemeinsamen, vernetzten Ansatz als das zentrale Leitprinzip des Planens und Handelns“. Über das „Bundeswehrgemeinsame Selbstverständnis“ leitet sich demnach unmittelbar der Handlungskorridor auch für das Markendesign ab.
Das Selbstverständnis der Bundeswehr ist also das erste entscheidende Argument, das für eine Konzeption als Dachmarke spricht. Eine lose Sammlung von Eigenmarken kann nicht als gemeinsame Organisation wahrgenommen werden.
Ein weiteres entscheidendes, nicht weniger schlagkräftige Argument ist: Eine als Dachmarke ausgerichtete Kommunikation ist sowohl in der Außen- wie der Innenkommunikation – in diesem Fall – effektiver. Wie im Beitragskommentar bereits erwähnt, vermag eine übergeordnete Dachmarke ganz andere Kräfte zu mobilisieren und freizusetzen. Sich als Angehöriger einer Armee/Miliz nicht nur als Mitglied einer kleinen Einheit einer Teilstreitkraft anzusehen, sondern darüber hinaus als Teil eines größeren Ganzen, fördert ein übergreifendes Wir-Gefühl -> Moral, Einsatzbereitschaft. Eine an einer Dachmarke ausgerichtete Kommunikation vermittelt nach Innen wie nach Außen das Gefühl von Geschlossenheit. Für Autobesitzer eines Porsches oder eines Seats ist es irrelevant, ob sie wissen, dass die Unternehmen hinter der jeweiligen Fahrzeugmarke zum VW-Konzern gehören. Bei Angehörigen einer Armee/Miliz stellt sich dies ganz anders dar. So denn tatsächlich eine Konkurrenz zwischen den Teilstreitkräften besteht – ich halte diesen Begriff für zu scharf, erkenne jedoch an, dass es womöglich beispielsweise in der Frage der Finanzierung und der Verteilung von Steuergeldern einen Wettbewerb untereinander gibt –, ist es dann sinnvoll(er) unterschiedliche Positionen auch im Sprachlich-Visuellen zu betonen? Indem man sich als Marke, quasi die Ellenbogen ausfahrend, eigenständig positioniert? Ich bin nicht davon überzeugt.
Ein weiteres Argument für eine Konzeption als Dachmarke ist Wirtschaftlichkeit: während etwa britische oder französische Teilstreitkräfte jeweils eigenständig Werbung, PR und Markenkommunikation betreiben, darüber hinaus im Rahmen ihrer digitalen Präsenz nebst Social-Media-Kanälen beispielsweise auch unterschiedliche Rekrutierungsplattformen unterhalten, werden bei einer Dachmarke wie der Bundeswehr all diese Maßnahmen gebündelt. Die Ausrichtung auf nur einen Markenauftritt schafft Synergien (etwa innerhalb der Verwaltung), macht Aktivitäten wirtschaftlicher, effizienter und nachhaltiger. Auch die Reaktionsschnelligkeit, bezogen auf Kommunikationsmaßnahmen, wird so verbessert.
Zusammengefasst: Dreh- und Angelpunkt ist das Selbstverständnis. Daran gilt es Markenkommunikation auszurichten. Konsumgütermarken lassen sich nur bedingt mit einer Entität wie einer Armee vergleichen. Gerade bei einer Armee gibt es viele Argumente, die für ein Dachmarkenkonzept sprechen.