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Farben Branding

Kann man eine Marke oder ein Unternehmen allein anhand der jeweiligen Corporate-Farbe(n) erkennen? Bei starken Marken ist das sehr wohl möglich, wie die oben dargestellten Beispiele demonstrieren. Jede farbige Kachel stellt jeweils eine Marke bzw. ein Unternehmen dar. Wer Lust hat, versucht einmal die jeweilige Marke, das jeweilige Unternehmen zu erkennen. Wer lieber weiterlesen möchte, erfährt am Ende des Artikels, welche Marken und Unternehmen hier dargestellt sind.

Sehen und verstehen

Tagtäglich sind wir einer Flut visueller Reize ausgesetzt. Wir lassen uns von Verkehrsschildern leiten, treffen im Supermarkt Kaufentscheidungen, begutachten die Outfits Anderer und konsumieren in allen Medienkanälen Werbebotschaften – bewusst oder unterbewusst. Was am Ende letztlich hängen bleibt und welche Botschaften uns erreichen, ist von vielen Faktoren abhängig. Farben spielen hier sicherlich eine ganz zentrale Rolle. Die Bedeutung der Schrift für die Identität eines Unternehmens wurde im dt schon einmal angesprochen. Farben führen und verführen uns und sie verfügen sicherlich noch einmal über eine stärkere Signalkraft als die Typographie. Im Gegensatz zur Schrift werden Farben zudem auch von den meisten Menschen „verstanden“. Über die Farbenlehre und die Farbwirkung sind unzählige Schriften erschienen. Trotz gewisser Unterschiede in Bezug darauf, wie Menschen Farben empfinden, gilt zumindest für Kulturkreise westlicher Prägung: Rot steht für Vitalität und Energie, aber auch für Feuer und Aggression. Weiß symbolisiert Reinheit und Unschuld, Blau schafft Vertrauen.

Starke Farben, starkes Branding?

Als besonders aufmerksamkeitsstarke Farbe, wird Rot von vielen großen Unternehmen eingesetzt. Dies wiederum bedeutet, dass allein die Farbe Rot noch keine Aussage über seinen Absender treffen kann. Ob Vodafone, E.ON, Sparkasse, Ferrari oder CocaCola – anders, als die oben dargestellten Marken, bietet die Corporate-Farbe dieser Unternehmen kein Unterscheidungsmerkmal. Das bedeutet natürlich nicht, das Branding dieser Marken wäre schwach. Im Verbund mit weiteren Elementen, dazu zählt auch das jeweilige Markenlogo, entsteht allerdings ein wiedererkennbares Erscheinungsbild, das über ausreichend Eigenständigkeit verfügt. Wie stark das Branding von Coca-Cola ist, erkennt man unter anderem auch daran, dass allein die Farbe in Kombination mit dem bekannten weißen Band, der sogenannten „Dynamic Ribbon Device“, ausreichen, um die Marke eindeutig zu identifizieren. Ein wunderbares Beispiel für die Leistungsfähigkeit eines nachhaltig konzipierten Corporate Designs, in dem Farben eine wichtige Rolle einnehmen: Markenpräsenz, ohne das eigentliche Markenlogo abbilden zu müssen.

Wenn bereits Corporate-Farben in der Lage sind, die Identität zu transportieren, dann liegt zweifelsfrei ein besonders starkes Branding vor. In dieser Liga, in der scheinbar Unmögliches möglich wird, spielen allerdings nur wenige Marken. Marlboro zählt ganz sicherlich dazu, wie das mittlerweile berühmte Beispiel des Pseudo-Logo-Barcodes zeigt. Als die EU dem Formel1-Team von Ferrari untersagte, das Marlboro-Logo auf den Fahrzeugen anzubringen, bewiesen die Italiener ihre Kreativität. Anstelle des Markenlogos kam ein speziell entwickelter Barcode zum Einsatz, der das Logo nachahmte und dabei subliminal wirkte. „Gesetz der Erfahrung“ nennt man das. Fehlende Fragmente einer bekannten Form, in diesem Fall die des Marlboro-Logos, werden von unserem Gehirn ergänzt. Menschen suchen in Allem das Bekannte und so sehen wir Hunde und Autos in Wolken. Wir sehen, was wir sehen wollen. Diesen Umstand machte sich beim Marlboro-Barcode zu nutze. Das auf diese Weise gestaltete Ferrari-Fahrzeugdesign musste kurz nach Einführung allerdings wieder entfernt werden, da es trotz höchstmöglicher Abstraktion immer noch Marlboro als Absender kommunizierte. Das Branding war einfach zu stark.

Mehr als tausend Worte

Es ist erstaunlich, was Farben im Stande sind zu leisten. Farben berühren unsere Sinne. Sie transportieren spielerisch sehr klare und prägnante Botschaften, allein aufgrund ihrer ureigenen Wirkung. Es heißt: Bilder sagen mehr als tausend Worte. Wenn man so will, ist eine Fläche mit einer Farbe bereits ein Bild, das unzählige Assoziationen erzeugt. Insofern trifft diese Redewendung vor allem auch auf Farben zu. Die kindlich naive Farbgebung des Google-Logos ist kein Zufall, sie ist Teil der Firmenphilosophie und sie ist sehr bewusst gewählt. In erster Linie soll das Logo Sympathie für die Marke wecken. Die thematisch veränderten Google-Logos (Doodles) fußen auf der gleichen Strategie. Ich behaupte einmal, der Gegenwind – berechtigt oder unberechtigt –, der Google vor allem in Deutschland entgegen weht, wäre noch einmal größer, wenn das Image der Marke, zu dem ja auch die visuelle Identität einen Teil beiträgt, nicht bereits mit soviel Sympathie aufgeladen wäre. 2009 war Google eine der beliebtesten Marken in Deutschland (Quelle: wiwo.de). Es klingt sicherlich etwas gewagt, aber die Farbwahl des Logos spielt beim Erfolg von Google keine unwesentliche Rolle. Sicherlich muss zunächst einmal eine „Utility“ existieren, ein gewisser Nutzen vorliegen, der für die Verwendung eines Produktes spricht. Das Erscheinungsbild bestimmt allerdings, ob zusätzlich eine Marken-Affinität aufgebaut werden kann. Eine Marke, die den Charme einer Kinderzimmer-Fensterscheibe transportiert, hat es da gewiss etwas leichter, wenn es darum geht Sympathiepunkte zu sammeln.

Farbnischen finden und besetzen

Was bringt einem nun dieses Mosaik und welche Schlussfolgerungen lassen sich aus den hier abgebildeten 25 Farbkacheln ziehen? Zunächst einmal machen sie auf plakative Weise deutlich, welch zentrale Rolle die Farben in Bezug auf das Branding einer Marke oder eines Unternehmens spielen. Eine Binsenweisheit, gewiss. Es schadet aber nicht, wenn man sich diese Tatsache immer wieder einmal vergegenwärtigt. Hat man es einmal geschafft, eine Farbe oder ein Farbspektrum zu besetzten, das vom Betrachter eindeutig mit dem Absender in Zusammenhang gebracht werden kann, dann sollte man alles dran setzen, diesen Trumpf nicht mehr abzugeben. Kreative, und wie ich kürzlich wieder einmal feststellen durfte, auch Kunden neigen dazu, „Dinge auszuprobieren“. So wird schnell einmal die Farbe im Logo „etwas aufgefrischt“. Veränderung der Veränderung wegen, schadet mehr als dass sie Vorteile mit sich bringt. Langfristig bleibt bei solchen Aktionen vieles auf der Strecke. Design muss wandelbar sein, die Herausforderung ist es, sich dabei nicht in der Beliebigkeit zu verlieren. Der Verlust der Identität ist bei jedem Redesign-Projekt ein denkbares Szenario, ihn gilt es zu verhindern.

Der einmal mit Hilfe von Farben erreichte Wiedererkennungswert macht die Markenführung um einiges leichter. Wesentlich schwieriger ist es heutzutage jedoch, einen solchen Wiedererkennungswert allein mit Hilfe der Farben zu erreichen. Mittlerweile sind die Reviere weitestgehend abgesteckt. Einzelfarben lassen sich nur in wenigen Ausnahmen einer Marke zuzuordnen. Zuletzt gelang der Telekom Mitte der Neunziger ein Coup als sie für ihre Hausfarbe Magenta Markenschutz beantragte und vom DPMA auch bewilligt bekam. Abmahnungen und Klagen, mit denen die Telekom anderen Unternehmen die Verwendung der Farbe Magenta untersagt, zeugen vom Wert, dem dieser Farbmarke seitens der Telekom eingeräumt wird. Das Nivea-Blau (Pantone 208 C) verfügt ebenfalls, und dies seit 2005 über Markenschutz (DPMA Registernummer: 30571072) und kann als Einzelfarbe eindeutig zugeordnet werden.

In jüngerer Vergangenheit wagte Evonik (ehemals RAG) den Versuch mit einem Lila ein Unterscheidungsmerkmal zu ersetzen. Und es funktioniert. Um die für Evonik typische Abrundung versehen, wäre die Zuordnung der hier aufgeführten Farbkachel noch leichter. Heutzutage muss man allerdings meist etwas tiefer in die Farbkiste greifen, will man mit der Farbwahl in Bezug auf ihre Originalität und Memorierbarkeit punkten. Congstar verfügt mit seinem vielfarbigen Erscheinungsbild, bei dem die Basis ein Schwarz stellt, ebenfalls über ein sehr prägnantes Farbkonzept. Von je her begeistert mich auch die Bordeaux-Gelb-Kombination von Germanwings. Das Firmenlogo wird hier als identitätsstiftendes Element fast nicht mehr benötigt. Alle positiven Beispiele haben gemein, dass sie massiv im Markt beworben werden. Neben dem Händchen der Kreativen bei der Farbwahl, braucht es zudem in den meisten Fällen auch noch einer starken Werbe-Penetration, damit sich die Corporate-Farben zu einer Art Markenrepräsentant entwickeln können. Wer bei der Farbwahl nicht nur auf Blau oder Rot zurückgreift, sondern Nischen besetzt, dem winken viel eher die mit originären Corporate-Farben verbundenen Privilegien. Der hier investierte Aufwand zahlt sich später doppelt und dreifach aus.

Sein und Schein liegen beim Branding nah beieinander, dass wissen wir nicht zuletzt seit BP für „beyond petroleum“ steht. Wer weiß denn, weshalb das Facebook-Logo blau ist? Die Antwort: Marc Zuckerberg hat eine Rot-Grün-Sehschwäche und die Farbe Blau nimmt er schlichtweg noch am deutlichsten wahr. Irgendeiner im Team dürfte ihm jedoch auch gesteckt haben, dass Blau Vertrauen und Verlässlichkeit symbolisiert, was in diesem Beispiel gewissermaßen eine schöne Form von „Blue-Washing“ darstellt. Ob Facebook heute über 550 Millionen Nutzer hätte, wenn das Logo und die Website feuerrot, neongrün oder schweinchenrosa wären? Wir werden es nie erfahren.

Bevor nun die Auflösung folgt, sei noch gesagt, dass in den Farbkacheln lediglich gerade Balken und Linien Verwendung finden. Weder wurden Teile des Unternehmenslogos wiedergegeben, noch imitieren die so gestalteten Farbflächen typische Formen des jeweiligen Corporate Designs. Beispiel: So wird etwa in der Marlboro-Farbkachel ganz bewusst darauf verzichtet, die charakteristische weiße Ausbuchtung innerhalb der roten Fläche darzustellen. Auf diese Weise soll sicher gestellt werden, dass die Wiedererkennbarkeit ausschließlich über die Farben erfolgt.

Welche Marke / welches Unternehmen steckt hinter den Farben?

(Antwort bei Mousover)

Congstar

Commerzbank

Yellow Strom

Tesa

Telekom

Subway

Pepsi

Nivea

NBA

Milka

Microsoft

Marlboro

Langenscheidt

Lätta

Kinder

Google

Eurowings

Spotify

Twitter

Facebook

Evonic

Europcar

Douglas

DHL

Benetton

AOK

Anmerkung: Die den jeweiligen Marken/Unternehmen zugeordneten Farben spiegeln den Stand wider, wie er 2010 bestand. Da sich auch die Corporate Farben der Unternehmen weiterentwickeln, kann es mitunter zu Inkohärenzen kommen.

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