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Rebranding: Eddie Bauer trennt sich von historischer handschriftlicher Wortmarke

Eddie Bauer Logo / Bildmarke, Quelle: Eddie Bauer
Eddie Bauer Logo / Bildmarke, Quelle: Eddie Bauer

Die Bekleidungs- und Outdoor-Marke Eddie Bauer, 1920 vom gleichnamigen Geschäftsmann, Erfinder und Outdoor-Enthusiast Eddie Bauer in Seattle gegründet, präsentiert sich seit Kurzem mit neuem Markenauftritt. Wie schon Johnson & Johnson vor drei Wochen trennt sich auch Eddie Bauer von seiner historischen handschriftlichen Wortmarke.

Die Geschichte des US-amerikanischen Einzelhandelsunternehmens für outdoor-inspirierte Freizeitbekleidung beginnt vor über hundert Jahren, als Firmengründer Eddie Bauer in Seattle (US-Bundesstaat Washington) ein kleines Sportgeschäft eröffnete. Das von ihm entwickelte Jackendesign (Skyliner) ließ sich Eddie Bauer 1936 patentieren, laut Firmenangaben die erste Patentanmeldung in den USA für eine mit Gänsedaunen gefütterte Jacke. Fortan war Kleidung mit Gänsedaunenfüllung eine Art Markenzeichen von Eddie Bauer.

Von US-Amerikanern in den 1950er- und 1960er-Jahren geleitete Expeditionen auf den Mount Everest und ins Karakorum-Gebirge (Pakistan) waren mit Daunenjacken von Eddie Bauer ausgestattet. 2009 meldete das Unternehmen Insolvenz an. Heute hat Eddie Bauer von einst 500 Filialen noch 370 Filialen, mehrheitlich in Nordamerika. In Deutschland ist die Marke Eddie Bauer seit 1993 vertreten. 

Unter der Leitung von Tim Bantle, seit September 2022 CEO, vollzieht die Marke Eddie Bauer derzeit ein globales Rebranding. Für das US-Unternehmen ist dies das erste signifikante Rebranding seit vielen Jahren. Das seit Ende der 1960er-Jahre verwendete Markenlogo, eine Abwandlung der Originalunterschrift von Eddie Bauer, wird im Zuge des Rebrandings zudem ausgetauscht.

Eddie Bauer Logo – vorher und nachher, Bildquelle: Eddie Bauer, Bildmontage: dt
Eddie Bauer Logo – vorher und nachher, Bildquelle: Eddie Bauer, Bildmontage: dt

Versal-Antiqua-Lettern statt handschriftlichem Typologo – so sieht das neue Logo von Eddie Bauer aus. Das seit Ende der 1960er-Jahre verwendete Markenlogo (Trademark Eintrag 0880280, TESS) wurde gegen eine mutmaßlich leichter lesbarere Wortmarke ausgewechselt. Der Wortmarke nachgestellt ist eine vereinfachte Darstellung einer fliegenden Gans.

Tatsächlich war für Firmenchef Bantle die beschienene bessere Lesbarkeit der Hauptgrund für das Redesign. „Eine meiner Hauptaufgaben besteht darin, Eddie Bauer, diese großartige Traditionsmarke, der nächsten Generation näherzubringen“, so Bantle im Interview gegenüber Fast Company.Und Kinder lernen in der Schule heutzutage nicht mehr kursive Schriften zu lesen.“ Für Bantle stellt das historische Logo demnach eine potenzielle Kommunikationsbarriere dar. Und so wurde ein Redesign vorgenommen.

Eddie Bauer – Branding Visual Store, Quelle: Eddie Bauer
Eddie Bauer – Branding Visual Store, Quelle: Eddie Bauer

Bevor Tim Bantle den Chefposten bei Eddie Bauer übernahm war er zuvor unter anderem für die Marken Patagonia, The North Face, Vans und Timberland tätig. Nach seinen Vorstellungen soll das veränderte Markendesign die Bekanntheit der Marke weltweit wie auch das Engagement der Verbraucher steigern. Die Modernisierung der Marke Eddie Bauer diene dazu, die nächste Wachstumsphase einzuleiten.

Die Einführung der Gans-Bildmarke im Logo möchte das Unternehmen als eine Hommage an das Erbe von Eddie Bauer verstanden wissen. Gleichzeitig verbindet das Unternehmen mit der Symbolik des im Flug befindlichen Vogels eine positive Aufwertung der Marke in psychologisch-metaphorischer Hinsicht, gilt dieser doch gemeinhin als Ausdruck für Freiheit/Ungebundenheit.

Vor einigen Jahren wurde eine Gans-Bildmarke innerhalb der Eddie-Bauer-Markenarchitektur zwecks Kennung für die Outdoor-Sparte eingeführt. Die nun im Markenlogo enthaltene Bildmarke basiert auf deren Form.

Entstanden ist das Rebranding in Zusammenarbeit mit dem selbstständigen Creative Director David Carrewyn (Atlanta, USA).

Kommentar

Wenn es so weiter geht, bleibt bald nur noch Coca-Cola übrig, als einzige Marke mit einer scriptualen Wortmarke als Logo. Überspitzt formuliert. Douglas (2018), Dribbble (2023), kürzlich Johnson & Johnson, jetzt Eddie Bauer – handschriftliche Typologos haben seit einigen Jahren einen schweren Stand. Obschon die individuelle Form des Schriftzugs der Marke jeweils zur Einzigartigkeit verhilft.

Um einer Marke neues Leben einzuhauchen, um sie auch für eine nachwachsende Generation wieder attraktiv zu machen, muss man sich nicht ihrer handschriftlichen Wortmarke entledigen. Es gibt auch andere Wege und Mittel, wie etwa das Redesign der Marke Steiff verdeutlicht. Eine lediglich dezent überarbeitete kalligraphische Wortmarke, auch wie bei Kneipp, eine veränderte Bildsprache, eine neue Typographie und/oder ein aufgefrischtes Farbkonzept, wie bei MyToys, können sehr viel in dieser Hinsicht bewirken.

Anders als bei Johnson & Johnson überzeugt mich das Redesign bei Eddie Bauer nicht. Zweifellos sind Bildmarken gerade bei Outdoor-Marken von großer Bedeutung. Denn mit bildhaften Zeichen (Vögel, Tiere, Bergsilhouetten) lassen sich Geschichten von Natur, Freiheit und Abenteuer sehr gut erzählen und transportieren. Marken wie Patagonia, Teva oder Yeti, die über KEIN Bildelement im Logo verfügen, sind vergleichsweise selten. Seltenheit erzeugt Differenzierung! Auch die Marke Eddie Bauer war in dieser Hinsicht bislang besonders.

Wie die meisten anderen Marken im Outdoor-Business besteht das Logo von Eddie Bauer nunmehr ebenfalls aus einer Wortbildmarke. Es wird sicherlich Konsumenten geben, die das neue Logo als weniger spießig und als moderner ansehen. Das neue Logo ist zudem, zumindest in der zweizeiligen Form, kompakter und somit flexibler in der Anwendung. Wichtige Punkte auf der Habenseite also.

Eddie Bauer Wortmarke – gewollte Imperfektion, Bildquelle: Eddie Bauer, Bildmontage: dt
Eddie Bauer Wortmarke – gewollte Imperfektion, Bildquelle: Eddie Bauer, Bildmontage: dt

Eine Sache empfinde ich allerdings als besonders störend, ja geradezu als verstörend. Bei genauerem Hinsehen ist zu erkennen, dass die Buchstaben der Wortmarke über leichte Abweichungen und minimale Bögen verfügt (siehe Abb. links). Diese „Unschärfen“ innerhalb der Linienführung wurden offenkundig bewusst angelegt. Die Wortmarke soll auf diese Weise nicht als perfekt angesehen werden, nicht wie geschliffen wirken. In meiner Wahrnehmung schaut die subtil-wackelige Linienführung jedoch wie ein handwerklicher Fehler aus, eben da sie beim flüchtigen Blick gar nicht erfasst wird, etwa im Zuge des Betretens eines Stores. Ähnlich konzeptionell gedacht sind Markenlogos von Mountain Hardwear oder Bedrock: die gewollte Imperfektion also, um so „Roughness“, „Toughness“ zu suggerieren. Doch in diesem Fall verfängt das Konzept im Visuellen nicht, eben da es kaum sichtbar ist. So jedenfalls mein Eindruck.

Was mir im Zuge der Recherche aufgefallen ist: sowohl Tim Bantle wie auch der verantwortliche Designer David Carrewyn hatten in früheren Jahren mit der Marke The North Face zu tun. David Carrewyn hat für The North Face das Markendesign weiterentwickelt. Bantle war 2017 in leitender Funktion bei The North Face tätig. Der jeweiligen Vita / bzw. dem Portfolio zufolge nehme ich stark an, dass sich die Wege der Beiden bei Eddie Bauer nicht das erste Mal gekreuzt haben. Dass Auftraggeber gerne auf vertraute Agenturen und Designer zurückgreifen, sieht man beispielsweise im Kontext Schauspiel/Musik häufig, zum Teil ist diese Verbindung im Design auch offensichtlich.

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Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Die Versalien sehen wirklich kaputt aus. Das wirkte vorher wertiger, auch wenn da sicher noch Luft nach oben war und Marken wie Lundhags oder Bergans gestalterisch nochmal ein Liga drüber sind.
    Schon irgendwie eigenartig: Die anderen von ihm betreuten Marken(zeichen) wie The Northface sehen handwerklich deutlich makelloser aus. 🤷🏼‍♂️

  2. Nachvollziehbar, dass das Logo ein Update erhalten sollte. Auch die Gans kann ich aufgrund der Daunenhistorie nachvollziehen. Sie ist auch gut der Wortmarke zugeordnet. Diese überzeugt mich jedoch nicht vollkommen. Das liegt für nicht nicht in der Unregelmäßigkeit und Unschärfe der Buchstaben. Mein Problem ist die (meines Erachtens fast) Unmöglichkeit, die Versalien in EDDIE BAUER bei der gewählten Type ganz perfekt und harmonisch auszugleichen. Zwischen den beiden D entsteht für mich immer eine optische Trennung – ED DIE. Nicht ganz so gravierend, aber auch die Leerräume neben dem A machen Das BAUER für mich etwas holprig.

  3. Unregelmässigkeiten einzubauen finde ich eine spannende Idee – dann allerdings deutlicher und als erkennbares Stilmittel. So unterschwellig eingesetzt wie hier hat es fast den einen manipulativen Charakter.

    Ein Beispiel für ein schönes Logo in Schreibschrift ist Rohloff, Hersteller von Schaltnaben für Fahrräder – mit einem ähnlich angeordneten Vogel, hier allerdings ein Rabe. https://fahrrad.fandom.com/de/wiki/Rohloff

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