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Die Plakate zur Bundestagswahl 2013 – Teil 1

plakate bundestagswahl 2013

Nun geht es los. Gut 8 Wochen vor der Bundestagswahl lassen die Parteien wieder tausende von Freiwilligen ausschwärmen, um ihre politischen Botschaften unter das Volk zu bringen. Ungeachtet der Tatsache, dass Kommunikation heutzutage durchaus effizientere Wege kennt, lässt es sich nach wie vor keine Partei nehmen, den Städten dieser Republik ihr Branding aufzudrücken. Kein Laternenmast, der den Sommer unbestückt übersteht. Das Stadtbild wird wieder bunt.

Der frühe Vogel fängt den Wurm, scheinen sich Bündnis 90/Die Grünen, Die Linken und die Piratenpartei gedacht zu haben, denn sie gehören in diesem Jahr zu den ersten, die mit dem Plakatieren begonnen haben. SPD, CDU und die FDP lassen sich hingegen noch etwas Zeit. Sie wollen erst 6 Wochen vor der Wahl am 22. September 2013 die Plakate aufhängen. Das ist auch der Grund, weshalb in diesem Fall die Wahlplakatanalyse hier im dt in zwei Teilen erfolgt. Sobald die Plakate der letztgenannten Parteien vorliegen, werden diese in einem zweiten Teil vorgestellt. In diesem Zuge erfolgt auch die abschließende Bewertung samt Gesamtfazit. Darüber hinaus wird die Plakatbewertung von einer Umfrage begleitet, zu der jeder dt-Leser herzlich eingeladen ist: Welchen Einfluss haben Wahlplakate?

Schauen wir uns also an, was sich Bündnis 90/Die Grünen, Die Linken und die Piratenpartei haben einfallen lassen.

Die Grünen

Bündnis90/Die Grünen Wahlplakat 2013 – Jürgen Trittin

Und? Fällt es Ihnen auf? Keines der Plakate der Grünen zeigt das offizielle Parteilogo. Ein Novum. Zwar ist auf den Plakaten das typische Sonnenblumenmotiv, die Bildmarke des Logos zu sehen, allerdings wird die Sonnenblume in einem bis dato völlig neuem Kontext gesetzt, indem diese in verkleinerter Form dem Kampagnenmotto „UND DU?” zur Seite gestellt wird.

Und dennoch lassen die Plakate keinen Zweifel an ihrem Absender. Dafür sorgt die Farbe Grün, die sowohl in Form eines Kreises wie auch innerhalb jedes einzelnen Fotos zum Einsatz kommt. Zudem sorgt die unkonventionelle Bildsprache für eine (weitestgehend) klare Zuordnung. Verwechslungsgefahr mit anderen (großen) Parteien besteht nicht.

Gutes Branding funktioniert auch ohne, dass ein Logo oder ein Name abgebildet werden muss. In Anzeigen etwa von Apple taucht der Firmenname niemals auf. Der angebissene Apfel reicht stets als Erkennungszeichen aus. Ein ähnliches Selbstverständnis prägt die Plakatkampagne der Grünen zur Bundestagswahl 2013, die vor allem von einer, für Wahlplakate ungewöhnlichen Porträtfotografie sowie lockeren Sprüchen getragen wird. „Meine Mudda wird Chef“. Integrationspolitik einmal anders.

Für den eigentlichen Hinguck-Effekt sorgen jedoch die Porträts, die dank geringer Brennweite stark verzerrt erscheinen. Wie aufgepumpt wirken auf diese Weise fotografierte Köpfe, und natürlich schaut das Auge hin. Die beiden Parteivorsitzenden Trittin und Göring-Eckardt wurden freilich, um möglichst fotogen und natürlich zu erscheinen, mit einem Objektiv mit hoher Brennweite abgelichtet. Statt der aus dem Konzept herausfallenden Kuh hätte man sicherlich auch ihren Bauer darstellen können. Dann wäre das Konzept stimmig. Den auf dem Kopf stehenden Text „Ich seh das anders.“ werden die meisten Menschen im Vorbeifahren nicht entziffern. Und warum das kleine Mädchen „Hello“ statt „Hallo“ sagt, bleibt ebenfalls ein Rätsel.

Fazit

Weniger Logo, mehr Marke. Was viele Werber und Gestalter empfehlen, wurde bei der diesjährigen Kampagne der Grünen beherzigt. Die unkonventionellen Porträts sorgen für Aufmerksamkeit, ebenso die zum Teil witzigen Werbebotschaften. Locker, flockig, anders.

Verantwortlich für die Kampagne zeichnet die Agentur Zum goldenen Hirschen. Die Fotos kommen von dem zwischen Paris und Berlin pendelnden Fotografen Edzard Piltz.

Alle Plakate von Bündnis 90/Die Grünen gibt es unter: https://www.gruene.de/wahl-2013/gruene-wahlplakate-zur-bundestagswahl-2013.html Hier wird auch angeregt diskutiert.

Die Linke

Plakat-Die-Linke-Bundestagswahl-2013

Wahlplakate der Linken sind traditionell typographielastig. So fokussiert auf die Textaussage und gleichzeitig so farblos wie dieses Mal waren Plakate der Linken wohl noch nie. Während man noch bei der letzten Bundestagswahl für kräftige Farbtupfer im Straßenwahlkampf sorgte, löst sich die Partei nun ein Stück von ihrer identitätsstiftenden Hausfarbe Rot. Dies übrigens ein Umstand, den man mit der SPD teilt. Schon seit geraumer Zeit hat bei den Sozialdemokraten ein „Purpurrot“ das Signalrot abgelöst. Mag sein, dass vom kräftigen und aufmerksamkeitsstarken Signalrot deshalb abgelassen wird, da es im Kontext von Werbung eher aggressiv und laut wirkt.

Die Einfachheit der Plakatgestaltung weiß die Pressestelle der Bundespartei der Linken durchaus gekonnt zu verargumentieren: „Schwarze Schrift auf weißem Grund, das ist die einfachste und ursprünglichste Form der Kommunikation seit der Erfindung des Papiers. Es ist eine Form, die zur LINKEN passt. Unverstellt und gerade heraus. Die Plakate zur Bundestagswahl 2013 sind nicht bebildert, behaupten sich in der bunten Werbewelt und bleiben so unterscheidbar, auch von denen der politischen Konkurrenz. [–¦ ] Bei den Plakaten muss sich niemand etwas hinzu denken. Sie sind, was sie sein sollen: plakativ. Emotional, fordernd, rebellisch und auch augenzwinkernd.“

Tatsächlich verhilft die simple Gestaltung den Plakaten zu einer gewissen Eigenständigkeit und zu einer leichten Erfassbarkeit des Gedruckten auf Seiten des Betrachters. Anders als etwa die überladenden Plakate zur Landtagswahl 2013 in Niedersachsen, kommen nun alle Themenplakate mit nur drei Elementen aus: Thematischer Leitspruch + Parteilogo + Domain „100-Prozent-sozial.de“. Das kann man als Verbesserung werten.

Sicherlich – die Textanordnung lässt einen Gestaltungsanspruch vermissen. 30–40 Satzzeichen zentriert auf einem Plakat runterrattern, wirkt dröge. Muss man die Plakate der Linken aber nicht genau deshalb als gelungenes Produkt einer Weniger-ist-mehr-Maxime feiern? Nein, muss man nicht. Bei aller scheinbaren Effizienz, die eine solch simplifizierte Gestaltung in sich birgt, bleibt die Gestaltung von einer zähen Einfallslosigkeit, die kein gutes Licht auf die dahinter stehende Partei wirft. Passend dazu der gelangweilte Gesichtsausdruck von Gregor Gysi.

Fazit

Die Einfachheit ist Konzept, für das es nachvollziehbare Gründe gibt. Sie verleiht der Kampagne im Reigen des politischen Mitbewerbs die notwendige Unterscheidungskraft, gleichwohl wirkt die puristische Gestaltung uninspiriert.

Verantwortlich für die Kampagne zeichnet DiG | TRIALON.

Alle Plakate der Linken gibt es unter: https://www.die-linke.de/wahlen/kampagne/themenplakate/

Piratenpartei

Piratenpartei Wahlplakat 2013

Die Kopieraktion der Pirtatenpartei zur Landtagswahl in Niedersachsen Anfang dieses Jahres mag der Partei vielleicht zu einer gewissen Aufmerksamkeit verholfen haben, zumindest innerhalb der Designszene. Letztendlich geholfen hat es der Partei nicht. Die Piratenpartei erzielte 2,1 Prozent aller Stimmen. Statt auf fremdes Corporate Design zu setzen, schickt sich die immer noch junge Parte nun an, mit einer eigenen visuelle Identität zu punkten. Zumindest ist man bemüht, eine solche zu vermitteln. Noch wechselt die Farbgebung mit jeder Wahl – (siehe Saarland 2012, NRW 2012). Zweifellos wäre mehr Kontinuität in Sachen (Farb)Gestaltung zielführender. Auch dies gehört zum Profil einer Partei.

Diesmal gesellt sich zur Hausfarbe Orange ein Gelb sowie Blautöne. Gelb-Blau, da war doch was? Mit den Plakaten der Liberalen werden die Motive allerdings ganz sicher nicht verwechselt. Dafür sorgen neben der (im Vergleich zur FDP zu) peppigen Hintergrundgestaltung vor allem die abgebildeten Personen. Menschen wie du und ich, könnte man sagen. Menschen, die freundlich lächelnd in die Kamera schauen. Auch Schnutenziehen und Grimassenreißen dürfte Teil des Konzepts sein, das da lautet: wir zeigen echte Menschen, so wie sie sind, natürlich und authentisch.

Während die Gestaltung der Plakatserie weitestgehend konsistent ist, lassen die Textbotschaften jegliche Tonalität vermissen. Mal wenden sich die abgebildeten Personen in direkter Rede an den Betrachter („Stell Dir vor–¦“), mal führen sie ein Selbstgespräch („Warum häng ich hier–¦“) und mal wird schlicht ein politischer Leitspruch abgebildet („Religion privatisieren“). Dass eine Textbotschaft wie „Vater Vater Kind“ einem Anzugträger zur Seite gestellt wird, mag zwar ein gewollter Klischee-Bruch sein, allerdings dürfte solch ein Plakat viele Betrachter vor ein Rätsel stellen. Das genaue Gegenteil sollte ein Plakat erreichen. Möglichst schnell auf den Punkt kommen. Genau dies gelingt der Kampagne nur bedingt.

Fazit

Im Vergleich zur Landtagswahl in Niedersachsen gestalterisch eigenständig und als Piratenpartei erkennbar. Weniger eckige Textfelder würde die Erfassbarkeit deutlich verbessern. Vom Sprachduktus her uneinheitlich.

Alle Plakate der Piratenpartei gibt es unter: https://piratenpartei-bayern.de/wahlplakate-2013/

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