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Stadt Köln erhält ein weiteres Markenzeichen

Neue Marke Stadt Köln
Neue Marke Stadt Köln

Neue Marke Stadt Köln

Stadtmarketing-Wochen hier im dt. Nachdem mit Florenz und Genua kürzlich zwei italienische Städte neue Markenzeichen präsentiert haben, folgt mit Köln nun eine deutsche Metropole. Im Gegensatz zu den Italienern verfügen die Kölner bereits über städtische Logos und Absender, durchaus in Hülle und Fülle. Mit Hilfe einer zweifarbigen Bildmarke sollen nun alle bisherigen Logos unter einem Dach vereint werden. Profilschärfung durch Erweiterung der nicht eben wenigen bereits bestehenden Gestaltungsprinzipien. Kann das gut gehen?

In Köln wird derzeit in den lokalen Medien heiß diskutiert, ob das neu erdachte Markenzeichen sein Geld wert sei. Natürlich. Wie könnte es auch anders sein. Ein Logo, eine Summe und schon nach wenigen Minuten finden sich Kommentare wie: „Hätten die das Geld mal besser in etwas Sinnvolles gesteckt“. Überraschenderweise komme auch ich zu diesem Ergebnis. Aber der Reihe nach.

Das neue Zeichen, eine stilisierte Darstellung des Kölner Doms und des Rheins, soll im Sinne einer Dachmarke als visuelle Klammer fungieren und die bestehenden visuellen Identitäten, seien es die der Stadt oder die von Unternehmen wie etwa KölnTourismus vereinen. Das neue Element, das offiziell nicht als Logo, sondern als „Gestaltungsmuster“ verstanden werden soll, ergänzt also bereits bestehende Erscheinungsbilder. Dies allerdings erfährt man weder auf Koeln.de, noch auf Report-k.de, ksta.de und auch nicht auf rundschau-online.de. Selbst in der offiziellen Presseerklärung der Stadt wird auf diesem Umstand nicht eingegangen. Stattdessen wird von Seiten der Stadt vollmundig gelobt, dass Unternehmen und Institutionen der Stadt Köln nun „Flagge zeigen“ könnten. Unter dem neuen Markezeichen, entworfen von der Wuppertaler Agentur Boros, solle fortan der Außenauftritt Kölns gebündelt und „kraftvoll in die Welt“ getragen werden. Unternehmer und Wirtschaftspolitiker lieben eine solche Sprache. Mir ist sie offen gestanden ein Graus, weil eine solche Sprache dazu neigt, Inhalt zu kaschieren. Inhalt, der sich nicht durch Animationen kompensieren lässt (siehe Video unten).

Worum geht es denn eigentlich? Braucht Köln tatsächlich eine neue Marke, ein weiteres Erkennungszeichen? Zumindest in dieser Frage scheint man sich in Köln mit Düsseldorf einig. Nicht, weil Einigkeit zwischen diesen beiden Städten per se, gewissermaßen traditionell bedingt, Anlass für Skepsis sein müsste, das auch, aber viel entscheidender ist, dass Köln bereits über eine Vielzahl an Markenzeichen, Logos und Absendern verfügt, die allesamt im Dienste der Stadt sind. „Köln ist ein Gefühl“ so das aktuelle Marketing-Motto der Stadt. Mich beschleicht mit Hinblick auf besagtes Überangebot an Logos eher das Gefühl, dass ein weiteres Zeichen das letzte ist, was Köln benötigte.

Da kann das neue Markenzeichen im Prinzip aussehen wie es will hübsch, nett, hässlich, langweilig. Es ist schlichtweg egal, denn Probleme lösen wird die blau-rote Doppellinie nicht. Eine visuelle Klammer schafft man nämlich nicht dadurch, indem man zu den bereits vorhanden visuellen Identitäten eine weitere oben drauf packt. So stiftet man nur Verwirrung. Im Sinne einer echten Dachmarke wirken könnte die Marke nur, wenn diese andere ablöste und die visuellen Identitäten von Stadtverwaltung und städtischem Marketing harmonisiert würden, was beides jedoch nicht geschehen wird.

Wollte man tatsächlich den Außenauftritt der Stadt Köln bündeln, so die an die neue Marke geknüpfte Erwartung, müsste man sich vieler der über die Jahre angehäuften visuellen Absender entledigen. Was macht die Stadt? Sie lässt ein weiteres entwickeln. Natürlich kann man, wie in Köln in den vergangen Jahren geschehen, für jeden Marketing-Schwerpunkt im Jahrestakt ein neues Zeichen entwickeln lassen. Mit einer nachhaltigen und konsequenten Markenentwicklung, bei der Corporate Design eine entscheidende Rolle spielt, hat das freilich nichts zu tun.

Was hätte denn dagegen gesprochen, das in den Jahren 2001/2002 von der Agentur TIOC konzipierte (das Unternehmen besteht heute nicht mehr), nach wie vor gültige Corporate Design der Stadt Köln weiter zu entwickeln? Hier hätte man ansetzen und ein Konzept auf den Weg bringen können, das die unterschiedlichen Institutionen und Unternehmen unter einer gemeinsamen Gestaltungslinie vereinte, etwa wie Bremen es praktiziert. Denn das auf einem roten Rechteck basierende Konstrukt mit ausgesparten Domtürmen bringt eigentlich alles mit, um trotz Themen- und Interessenvielfalt das Gemeinsame, den Bezug zur Stadt, zu unterstreichen. Es lässt sich modular auf verschiedenste Einsatzzwecke hin ausrichten, so fungiert das Stadtlogo als hoheitliches Zeichen und auch als Erkennungszeichen im Tourismus-Marketing. Der Bevölkerung, zumindest die im Raum Köln, ist das rote Stadtlogo seit vielen Jahren vertraut. Woran es allerdings mangelt, ist der Wille, dieses Erkennungszeichen in konsequenter Art und Weise zu nutzen.

Es sind Beispiele wie diese, die dafür sorgen, dass sich in der Gesellschaft das Bild vom überbezahlten, unterbeschäftigten, schöngeistigen Designer hartnäckig hält. Denn wer 40.000 Euro dafür einstreicht, dass er ein paar Linien zusammen bzw. übereinander schiebt so viel hat die Kreation des neuerlichen Markenzeichens gekostet , dem geht es offenbar einfach zu gut. Auch deshalb ist das Ergebnis mehr als enttäuschend, wohl gemerkt das des gesamten Marketingprozesses, weil es suggeriert, Designer seien für die mit dem Markenzeichen verbundene strategische Ausrichtung verantwortlich. Leider sind sie dies nicht in dem Maße, wie man es sich wünschte.

Hätte man Designer nicht nur mit Ausführungsarbeiten beauftragt, sondern auch beratend konsultiert, dann wäre den Kölnern womöglich ein weiteres, unnützes Zeichen erspart geblieben. Statt ein weiteres Gestaltungselement einzuführen, hätte man das Geld, und hier geht es um ein Vielfaches der angesprochen 40.000 Euro, in die Entwicklung eines schlüssigen, stringenten und dabei flexiblen Corporate Designs stecken sollen. Das wäre aus strategischer Sicht die bessere Entscheidung gewesen. Stattdessen muss man nun den Spott ertragen, der sich vom Rheinland aus in die Niederungen überregionalen Boulevards ergießt. Kluges Design hätte so viel mehr bewirken können.

Stadt Köln Markenzeichen

Anwendungsbeispiele

Stadt Köln Markenzeichen  Anwendungsbeispiele

Das Markenzeichen in animierter Form

Mediengalerie

Weiterführende Links:

Dieser Beitrag hat 49 Kommentare

  1. Ein Fluss, ein M, dass als Kirchtürme oder Anfangsbuchstaben der Stadt interpretiert werden kann. Na, ist doch eindeutig… Mainz am Rhein!

  2. Ein sehr toller Beitrag! Das erinnert mich an einen Kunde, der hin zu einer anderen Agentur gewechselt ist. Natürlich wurde gleich als erstes das Logo über den Haufen geworfen. Der Kunde hat diesen Wunsch auch davor bereits an meinen Chef getragen. Nun sind sowohl Web- als auch Print-Auftritt die nächsten Jahre inkonsistent.

    Deshalb ergänze ich mal aus meiner Sicht den letzten Absatz dieses Beitrags:

    Designer machen das, was sie am besten können. Entscheider nicht immer. Denn wenn von oberster Ebene seitens des Kunden ein Defizit wahrgenommen wird (“Wir haben kein einheitliches Logo” / “Wir haben ein Logo, das uns nicht gefällt”), kommt schnell der Lösungsvorschlag (“Wir brauchen ein (neues) Logo”). Design ist aber Problemlösung, und nicht nur bunte Hülle, deshalb sollte man das auch Experten überlassen.

    Genauso, wie man bspw. Anwälte für Rechtsprobleme hinzuzieht und nicht schon den Lösungsweg (“Verklagen!” / “Abmahnen!”) vorgibt, wenn es bessere Lösungen gibt. Statt seinem eigenen Ego nachzugehen.

    Ist man als Kunde zwar gut beraten, aber beratungsresistent, hat man es nicht anders verdient.

  3. @ Robin TN
    Ist auch meine Beobachtung (das nette lose-lose-Deko-Aufhübscher-Karussell).
    Wir wissen aber nicht, ob das hier auch so war, ob da wirklich keine Beratung stattgefunden hat. Es ist maximal eine Spekulation. Die kann ins Auge gehen.

    Mir wäre im Designbereich dieses geschilderte niederländische Grundverständnis, so es wirklich so ist, auch lieber.

  4. Es geht bei der Entwicklung eines Logos nicht unbedingt darum den Geschmack von jedem Einzelnen zu treffen. Das Logo sollte aber so gestaltet sein, dass die Leute das assoziieren was mit dem Logo ausgedrückt werden soll. Mit diesem Hintergrund ist das Logo von Köln als absolut untauglich einzustufen.
    Der Grundansatz der Reduktion ist ja gut. Aber warum hat man diesen Ansatz nicht konsequent durchgezogen. Warum ist der Dom abstrahiert und der Rhein mit seinen Windungen so detailliert gezeichnet. Für mich ein klarer Stilbruch.
    Ich kann mir allerdings auch gut vorstellen, dass die Stadt der Agentur da gehörig ins Handwerk gepfuscht hat…

  5. MGo hat es fast perfekt getroffen. Der Dom ist aber etwas anders, also weder Köln noch Mainz, sondern:

    Magdeburg an der Elbe!

  6. Hallo,
    musste beim durchlesen des Beitrags sehr schmunzeln. Zu den finanziellen Aspekten und der Marketing Beurteilung wurde hier ja schon sehr treffend geschrieben. Deshalb wollte ich mal meinen Eindruck zum Logo/Markenzeichen schreiben, rein subjektiv betrachtet!
    Als ich das Logo das erste Mal sah, war mein Gedanke, das ist irgendwie leer, blutlos. Und dann kam bei mir die Assoziation zu den Ausschlägen bei einem EKG. War lange tot, dann schlug das Herz zwei mal und der Patient Köln ist wieder verstorben. ;-))
    LG, Jens

  7. Vermutlich waren während der Entwicklung sämtliche DesignerInnen krank und ein Schülerpraktikant dachte sich: „Toll, dann kann ich endlich mal was mit Flash ausprobieren.“

    Dieses Dachmarken-„Logo“ hat mich als Kölner in den letzten zwei Tagen mehr Schimpfwörter benutzen lassen als sonst in einem ganzen Monat.

  8. @Christoph
    Er mag vieles sein, aber bestimmt ist er nicht eindeutig.

    Dann geh ans Rheinufer und schau.
    Verwechselt man den mit anderen Kirchen/Wahrzeichen?
    Nein. Das ist eindeutig.

    Sicher ist er von vielen Baumeistern in unterschiedlichen Epochen fertiggestellt worden.
    Das hat seinen klaren eindeutigen Umrissen nicht geschadet.
    ________________________________________
    Müssen Designer erst mal hinkriegen so etwas.
    Statt dessen liefern sie beständig und eifrig den Logoverhau, den sich der Kunde wünscht.
    Und vergrößern das optische Chaos, statt es als Informationsarchitekten geschickt zu zähmen.

  9. Abgesehen davon, dass so ein Projekt, wie von Achim dargelegt, im Grundsatz fehlgeleitet ist, finde ich das neue Zeichen durchaus ansprechend. Ich hab hier noch kein Argument gelesen dass mich von der Schlechtigkeit dieses Zeichens überzeugt hätte, ganz im Gegenteil:
    Nur zwei Linien? Perfekt! Eine derart konsequente Reduktion unter Beibehaltung der Aussagekraft ist eigentlich ein Qualitätsmerkmal, zumindest nach meinem Dafürhalten.
    Der Dom sieht anders aus? Also als Nicht-Kölner hatte ich die Köln Assoziation sofort (!) im Kopf, tut mir leid wenn ich damit anderen Rheinstädten oder gar den Kölnern zu nahe trete…
    Ich empfinde das Konstrukt aus Dom und Rhein formal sehr schön gelöst. Die strenge Silhouette, die vom freien Rhein durchkreuzt wird, aus der Überschneidung, der Kombination zweier Perspektiven, dem Kontrast zwischen Rund und Eckig kann man einiges herauslesen und viel hineininterpretieren (Da freuen sich auch die Marketing-Kollegen). Diese Mischung ist optisch spannend und mir sehr sympathisch.

    Wie gesagt, das Zeichen selbst ist eigentlich unnötig und wird seinen Zweck nicht erfüllen. Aber die rein grafische Qualität dieser Linien als Symbol für die Stadt Köln ist in meinen Augen sehr gut gelungen (Um mal die ausführenden Designer zu loben die, ich vermute, evtl. nicht so arg in die eigentlich nötige Konzeptions-beratung eingebunden waren.

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