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Corporate Wording: wie Corporate Identity, Corporate Design und die Schreibweise des Markennamens zusammenhängen

Corporate Wording Markenname
Corporate Wording Markenname

Markenkommunikation braucht, um die intendierte positive Wirkung entfalten zu können, eine durchdachte, passgenaue, konsequente Sprache. Nicht selten verursacht die Schreibweise des Markennamens aufgrund der Vielschichtigkeit von Design und Markenkommunikation Konflikte. Schon oft wurde das Thema hier im dt angerissen. In diesem Beitrag soll einmal näher auf die Zusammenhänge eingegangen werden.

Die Vorstellung und die Ansicht, der Marken-/Unternehmensname müsse im Text so aussehen wie im Logo, ist weit verbreitet. Es gibt diesbezüglich keine feste Regeln, seien es gestalterische oder grammatikalisch-sprachliche, auch keine Blaupause, die sich auf jede Marke, jeden Fall und jeden Namen übertragen ließe. Konventionen, Bedingungen und Erfordernisse in dieser Hinsicht gibt es gleichwohl sehr viele, etwa Einheitlichkeit.

Konsistenz ist nicht alles

Konsistenz ist zweifelsfrei ein zentrales Merkmal guter Marken- und Unternehmenskommunikation. Ohne eine gewisse Einheitlichkeit, im Visuellen, Geschriebenen, Gesprochenen und Akustischen, lässt sich Wiedererkennbarkeit nicht erreichen. Und Wiedererkennbarkeit ist essenziell. In Anlehnung an eine populäre Redewendung ließe sich im Kontext Marke bedeutungsvoll sagen: Konsistenz ist nicht alles, aber ohne Konsistenz ist alles nichts.

Corporate Design (CD) hat sich im Zuge der Digitalisierung und dem damit einhergehenden veränderten Medienkonsum von einem starren Baukasten, einem rigidem Regelwerk, hin zu einem fluiden, adaptiven, responsiven System mit Handlungsempfehlungen entwickelt. Inhalte einer Website etwa werden, bedingt schon allein aufgrund des kleineren Bildschirms, auf einem Smartphone ganz anders darstellt als auf einem großen Monitor. „Einheitlich“ bedeutet also keineswegs „immer gleich“, sondern vielmehr eine, der Markenidentität / Corporate Identity folgend, durchgängige, wiedererkennbare Sprache, zielgerichtet auf die jeweiligen Medien- und Anwendungskontexte und Zielgruppen zugeschnitten.

Die fortschreitende Diversifikation im Bereich der Medien erfordert bedarfsgerechte Lösungen und eine punktgenaue, situative Kommunikation. Botschaften nach dem Gießkannenprinzip auszuschütten, ist wenig hilfreich. Modulare Flexibilität ist nicht nur im Visuellen gefragt, auch in anderen Kommunikationsformen ist diese gefordert.

Botschaften, die verstanden werden und verfangen sollen, müssen, dem klassischen Marketing-Grundsatz „speak your customer’s language“ folgend, im Sprachstil der jeweiligen Zielgruppen formuliert sein. Den damit verbundenen Perspektivwechsel konsequent in Richtung Design-Approach weitergeführt, kann weit mehr als einen flotten Werbespruch an die Oberfläche befördern: nachgefragte Lösungen, die nicht vom Produkt, von der Marke aus, sondern vom Kunden, vom Menschen aus gedacht sind.

Aus inneren Strukturen und Grenzen leiten sich externe kommunikative Maßnahmen ab

Viele Unternehmen unterscheiden zwischen Markenkommunikation (B2C) und Unternehmenskommunikation (B2B). Was auch sinnvoll ist, denn schließlich sind an ein Unternehmen ganz andere Aufgaben, Funktionen und Ziele geknüpft als an eine Marke. Je größer ein Unternehmen, desto deutlicher treten diese Unterschiede hervor. Bei einem Startup ist Unternehmenskommunikation vielfach gleichbedeutend mit Markenkommunikation. Was unter anderem ein Grund dafür ist, dass diese Begriffe oftmals synonym verwendet werden (ungeachtet der Unterschiede). Das visuelle Erscheinungsbild etwa des Volkswagen Konzerns unterscheidet sich aus den genannten nachvollziehbaren Gründen vom Markenauftritt der Marke Volkswagen.

Ikea wählt innerhalb der Markenkommunikation die typische persönliche, emotionale Ansprache und die Du-Form – die Unternehmenskommunikation Ikeas ist hingegen, wie bei vielen anderen Unternehmen auch, sachlich-neutral. Diese Unterscheidung ist wichtig, und sie findet in allen Teilgebieten der Corporate Identity (CI) Anwendung. Allerdings differenzieren bei weitem nicht alle Unternehmen und mit Marketing Verantwortlichen in dieser Weise.

Corporate Identity ist ein auf Ganzheitlichkeit angelegtes Konzept, in dem die Gesamtheit einer Entität angelegt, beschrieben und definiert ist. Die Schreibweise des Markennamens, im Logo wie in Texten, betrifft mehrere Teilgebiete der CI. Es ist also wichtig, das Thema aus der Gesamtperspektive zu betrachten. Doch zuvor möchte ich auf die eingangs erwähnte Konsistenz und auf eine ganz konkrete Frage aus der Praxis eingehen.

GROẞ oder klein? Eine Frage, die sich in jedem Designprojekt stellt

Die Frage, die dt-Leser Michael zuletzt in einer Diskussion aufgeworfen hat, ist im Grunde für jeden Markenprozess relevant: „Gibt es Gründe, die dafür sprechen, den Markennamen innerhalb eines Logos anders zu schreiben als in einem Text?“ Es gibt Gründe, ja. Sehr gute Gründe sogar. Doch insbesondere bei Wortmarken, die in Kleinbuchstaben gesetzt sind, Beispiel „amazon“, wird es kniffelig.

Die Schreibweise des Namens (jedweder Entität) muss in Texten und im Logo grundsätzlich nicht identisch sein. Vielfach besteht die Annahme, die Wortmarke des Logos müsse die Rechtsform abbilden und im orthografischen Sinne korrekt sein. Dem ist nicht so! Für Entitäten, deren Namen aus Zusammensetzungen oder aus mehreren Wörtern bestehen, Beispiel „Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.“ oder „World Wide Fund For Nature“, können im Logo von derlei Normen abweichende Schreibweisen gewählt werden. Bindestriche müssen nicht in die visuelle Wortmarke übernommen werden. In vielen Fällen sollte für die Wortmarke sogar eine abweichende Schreibweise gewählt werden, um so die Prägnanz des Logos zu erhöhen und dem identitätsstiftenden Charakter dieses Zeichens zu entsprechen, Beispiele: Federal Express Corporation Inc. (Fedex), Minnesota Mining and Manufacturing Company (3M).

Die gewählten Schreibweisen sollten allerdings möglichst wenige, im besten Fall keine Widersprüche und Konflikte erzeugen (in Bezug auf Corporate Wording, Rechtschreibung, Syntax, Semantik, Semiotik). Ebay etwa, um ein Negativbeispiel zu benennen, nutzt im Logo die Schreibweise „ebay“, hingegen in Texten „eBay“. Auch das Unternehmen PricewaterhouseCoopers („pwc“ versus „PwC“) oder die Textilkette Kik („kik“ versus „Kik“) setzen auf eine willkürlich anmutende „Schreiblogik“.

Aus zeichentheoretischer Perspektive

Die Schreibweisen des Namens im Logo und in Texten müssen schon deshalb nicht zwingend identisch sein, da auch die Zeichensysteme, im Kontext der Semiotik, nicht identisch sind. Buchstaben in einem Textkörper sind Zeichen in einem Zeichensystem. Die Farb- und Formgebung eines Logos sind Zeichen in einem anderen Zeichensystem. Beide Zeichensysteme dienen der Kommunikation, werden allerdings in unterschiedlicher Weise rezipiert. Ein Logo, das in einem Stadion auf Großdisplays erscheint, dient zudem anderen Zwecken, als der Text in einem Geschäftsbericht. Die genannten Zeichensysteme werden obendrein von unterschiedlichen Personengruppen erfasst und in unterschiedlichen Anwendungskontexten konsumiert.

Aus diesen Bedingungen und Anforderungen heraus leitet sich die Erfordernis einer ziel- und bedarfsorientierten Kommunikation ab. In diesem konkreten Fall, die Schreibweise des Namens betreffend, ist im Hinblick auf die Rezeption der Marke also weniger Konsistenz entscheidend, als vielmehr Passgenauigkeit. Und auch sonst ist Passgenauigkeit ein zentrales Kriterium.

So gibt die Deutsche Bahn im Rahmen ihrer Markenting-Strategie (marketingportal.extranet.deutschebahn.com) als Handlungsempfehlung vor: „Passe dich deiner Zielgruppe an. Unsere Bilder sollen auf den jeweiligen Kanal und die jeweilige Zielgruppe abgestimmt sein.“ Diese Maxime zieht sich wie ein roter Faden durch den Themenkomplex Corporate Identity. Ein Instagram-Post folgt in vielerlei Hinsicht anderen Regeln als eine Corporate News – beide unterscheiden sich inhaltlich, in ihrer Ansprache, stilistisch und sehr oft auch qualitativ. Während die Bahn im Rahmen des Personenverkehrs Kunden förmlich mit „sie“ anspricht, wird von ihr in der Werbung und in Social Media die Du-Form verwendet, um so Nahbarkeit zu vermitteln.

Dass Konsistenz innerhalb eines Kommunikationskanals wichtig ist, darüber herrscht weitestgehend Konsens. Durchaus unterschiedliche Auffassungen gibt es jedoch hinsichtlich der Frage, ob eine einheitliche Schreibweise des Namens über alle Kommunikationskanäle hinweg und in allen Zeichensystemen gleichermaßen gelten sollte. Schauen wir uns an, wie Unternehmen diesbezüglich agieren.

Wie machen es die Großen?

Viele Unternehmen / Marken, deren Logos in Versalien gesetzt sind, darunter Netflix, Sony, Bayer, Nike, Tesla, Epic Games, Visa, Cisco, Bird, Airbus und Samsung, schreiben ihren Namen in Texten schlichtweg in Gemischtschreibweise, also wie ein Nomen/Substantiv.

Viele Unternehmen / Marken, deren Logos in Minuskeln gesetzt sind, darunter Amazon, Intel, Facebook, Kleinanzeigen, Zalando, Airbnb, Axel Springer, Vimeo, Target, Crocs, Vodafone, Swatch, Flickr und Accenture, schreiben ihren Namen in Texten ebenfalls in Gemischtschreibweise.

Um die Befolgung der korrekten Rechtschreibung geht es hierbei nicht. Vielmehr wird so der Unterschiedlichkeit der Kommunikationskanäle entsprochen und zielgerichtet kommuniziert, auch barrierearm.

Inklusivität, die Zugänglichkeit von Angeboten, Inhalten und Informationen, ist ein Aspekt, der unter dem Einfluss der digitalen Transformation stark an Bedeutung gewonnen hat, und zwar nicht nur zur Freude von Menschen mit Behinderung. Denn von Informationen, die leicht zugänglich sind, profitieren alle Menschen. Leichte Sprache und die Barrierefreiheit/-armut von Anwendungen sind für die sogenannten Träger öffentlicher Gewalt verpflichtend. Barrierefreiheit/-armut ist darüber hinaus ein Merkmal guten Designs (da User-zentriert). Wörter und Texte in Gemischtschreibweise sind grundsätzlich leichter lesbar als Wörter, die rein in Minuskeln oder rein in Versalien gesetzt sind (Verweis leserlich.info).

Eine permanente Zeichenrelation von Textname < > Logo kann in einem Fließtext als störend/ablenkend empfunden werden, sofern der Name hervorsticht. Die Schreibweise wirkt sich auf das Schriftbild aus. Ein ähnlicher Effekt lässt sich im Zusammenhang mit Gendern benennen. Ein durchgängig in Gemischtschreibweise gesetzter Fließtext wirkt harmonisch, natürlich und verfügt über eine formal-ästhetische Qualität. Zugleich ermöglicht dieser einen niedrigschwelligen Zugang zu Informationen. Nebenbei gesagt stellt eine konsequente Kleinschreibung diesbezüglich eine enorme Barriere dar. Eine Hürde, die von ihren Befürwortern, zu denen u.a. Otl Aicher zählte, oftmals übersehen wird / wurde. Kleinschreibung in der deutschen Sprache hemmt den Fixationsprozess.

Demgegenüber stehen Unternehmen, die den Aspekt der Repräsentanz der Marke und die Relation zum Logo in Texten offenbar stärker gewichten – einem Marken-zentrischen Ansatz folgend, könnte man sagen. Zu den Unternehmen/Marken, die ihren Namen in beiden Zeichensystemen in Minuskeln setzen, gehören z.B. Adidas, Tesa, BP (ehemals British Petroleum), Nutella, Comdirect, Iglo, Komoot und die Drogeriekette „dm“. Eine solche Handhabe ist in Bezug auf die Schreibweise des Namens zwar konsistent und einheitlich, doch sie birgt, im Vergleich zu anderen Lösungen, mehr Konflikte.

Wenn Unternehmen/Marken wie z.B. „adidas“ ihren Namen sowohl im Logo als auch im Text konsequent klein schreiben, führt dies in Texten dazu, dass am Anfang eines Satzes ein Kleinbuchstabe steht, so dieser mit dem Namen beginnt. Was optisch unglücklich, und innerhalb der Orthografie so nicht vorgesehen ist. Die Drogeriekette „dm“ steht in dieser Hinsicht vor dem Dilemma, dass eine Gemischtschreibweise (Dm) und noch mehr eine Versalschreibweise (DM) zu einer anderweitig besetzten Bedeutung führt (Semantik). Gewisse Zeichenkonstellationen (Syntax) in Akronymen sind, da sie wenig Differenzierung bieten, per se problematischer als andere.

Zu den Unternehmen/Marken, die ihren Namen in beiden genannten Zeichensystemen in Versalien setzen, gehören etwa Ikea, Freitag (Taschen), About you, AT&T, Uhu, Chanel, Falke, Lego, Nivea und Ergo (Versicherung).

Hier im dt wird seit Langem, dies sei an dieser Stelle eingeschoben, die Eigenschreibweise einer Marke, ähnlich wie auf Wikipedia (siehe Meinungsbild Schreibweisen), durch eine klassische Gemischtschreibweise ersetzt. Es sei denn der Name stellt ein Initialwort / Akronym dar (z.B. „NASA“, „SPD“, „AOK“). Namen, die aus einem Akronym bestehen und deshalb durchgängig in Versalien gesetzt sind, sind in Bezug auf den hier beschriebenen Kontext weniger problematisch, da die Versalschreibweise in diesem Fall als die übliche, korrekte, somit „natürliche“ Zeichenform angesehen wird. Hier dient die Versalschreibweise tatsächlich dem besseren Verständnis, auch im Sinne einer Abgrenzung: PUMA (die Marke) versus Puma (das Substantiv). Was, wie gesagt, nicht heißen soll, ausschließlich in Versalien gesetzte Markennamen seien grundsätzlich unproblematisch. Je länger der Name, um so problematischer ist die Versalschreibweise.

Eine andere Art Markenidentität innerhalb der Zeichensysteme Logo und Text zu signalisieren, ist die Verwendung einer unkonventionellen, „kreativen“ Gemischtschreibweise. Bei YouTube, TikTok, WeLT, rOtring und LeVIS korreliert die im Logo verwendete Zeichenkombination – anders als bei eBay – mit der in Textform verwendeten Schreibweise. Das mag nicht immer schön aussehen, dient jedoch der Abgrenzung und Sichtbarkeit als Marke. Die Schreibweise mit Anführungszeichen – „Rotring“ – erfüllt gleichwohl den selben Zweck.

Schließlich gibt es Unternehmen / Marken, die ihren Namen sowohl im Logo wie auch im Text durchgängig in Gemischtschreibweise setzen, hierzu zählen beispielsweise Coca-Cola, Google, Beiersdorf, Spotify, Lufthansa, Unilever, Nikon, Teufel und Audi – wobei Audi die Konzernentität in Großbuchstaben setzt (AUDI AG).

Ist die Gemischtschreibweise eine Best-Practice-Lösung? In vielen Fällen schon. Wie gesagt: bei Namen, die ein Substantiv darstellen, geht im Wort die Relation zur Markenentität verloren. Da der Name allerdings so gut wie nie kontextlos verwendet wird – in einem Radio-/TV-Spot zum Beispiel erschließt sich die Bedeutung von „Teufel“ im Kontext der Bewerbung von Lautsprecher- und Kopfhörerprodukten –, stellt dies in der Praxis kein wirkliches Problem dar.

Bei der visuellen Gestaltung Konventionen berücksichtigen … und diese gegebenenfalls bewusst brechen

Als pragmatisch veranlagter Funktionalist könnte man sich fragen, warum denn nicht alle Marken/Unternehmen ihren Namen in der konventionellen Gemischtschreibweise durchgängig sowohl im Logo wie auch in Texten setzen, wo diese doch offenbar die wenigsten Konflikte verursacht. „Konventionell“ wird oftmals mit „gewöhnlich“ gleichgesetzt, gerade im Themenspektrum Design/Marke. Völlig zu unrecht, wie ich meine. Doch so sind es oftmals jene als unkonventionell angesehenen Entwürfe, die den Vorzug erhalten, obwohl diese teilweise unpraktisch und in gewisser Hinsicht wenig pragmatisch sind. Vor allem in der Werbung sind konventionelle Lösungen verpönt. Hier gilt es bestehende Normen und Konventionen bewusst aufzubrechen und auszuhebeln, um so Aufmerksamkeit zu erreichen, Interesse zu wecken und die viel bemühte „Sexyness“ auszustrahlen.

Eine von Rechtschreibnormen abweichende Schreibweise im Logo kann, um ein Pro-Argument für Inkonsistenz zu nennen, für mehr Prägnanz und Eigenständigkeit auf der visuellen Ebene sorgen. Das „adidas“-Logo beispielsweise verfügt aufgrund der Gemischtschreibweise über eine charakteristische Rhythmik und einen spezifischen Ausdruck, der Dynamik und Nahbarkeit vermittelt, auch Understatement. Ändert man die Schreibweise, ändert sich auch der Ausdruck. Anhand der vielen austauschbaren Logos von Mode-Labeln, die einen konformistischen Sans-Serifen-Einheits-Look dokumentieren, ist dies anschaulich ablesbar.

In der Bewertung von Gestaltung mischen sich freilich objektive und subjektive Gesichtspunkte. Es ist jedoch keinesfalls so, dass die Bewertung von Design, in diesem Fall von Logos, einzig eine Frage des persönlichen Geschmacks wäre. Lesbarkeit, auch dieser Aspekt sei angesprochen, ist bei einem Logo ein vernachlässigbares Kriterium – hier sind andere Faktoren wichtiger, etwa Memorierbarkeit, Eigenständigkeit, Wiedererkennbarkeit. Auch deshalb muss die Gestaltung nicht zwanghaft an Konventionen wie der Rechtschreibung ausgerichtet werden.

Im Zeichensystem geschriebener Texte wiederum (Unternehmensmeldung, Werbeanzeige, Recruiting, etc.) kann die Verwendung einer Kleinschreibweise wie auch einer Versalschreibweise für den Namen der besseren Verständlichkeit dienen (man beachte den Konjunktiv). Lesbarkeit ist in diesem System ein elementares Kriterium. Ohne Anführungszeichen und ohne eine von Normen abweichende Schreibweise bliebe in vielen Fällen unklar, ob ein Substantiv oder die gleichnamige Marke gemeint ist: Kraft, Zeit, Spiegel, Puma, Kinder, Welt, Blau, Stern, Lichtblick, Abtei. Eine Versalschreibweise – SPIEGEL – ist in dieser Hinsicht klarer, denn die Relation zur Marke wird so deutlich. Auf diese Weise lassen sich eine bisweilen als unvorteilhaft/störend angesehene Kursivschreibweise (Spiegel) umgehen, ebenso Anführungszeichen. Aus dem Blickwinkel der jeweiligen Markenverantwortlichen gedacht.

Auf eine andere Weise schräg, ist, wie die Namen der Marken Playmobil, HP, Arte, Elf, oder Asics in unterschiedlichen Zeichensystemen geschrieben werden, nämlich entgegengesetzt. Im Logo kommen jeweils ausschließlich Minuskeln zum Einsatz, während der Name in Texten ausschließlich in Versalien geschrieben wird. Ein Wording, das alles andere als widerspruchsfrei ist.

Von innen nach außen, und wieder nach innen

Markenidentität / Unternehmensidentität ist zuweilen nicht durchgängig logisch, nicht immer in sich schlüssig. Wie bei einem Garten – Achtung Metapher – schießt über die Jahre manches ins Kraut. Dann heißt es zupfen, Korridore neu anlegen, Grenzen ziehen und die einzelnen Felder so arrangieren, dass sich in ihnen eine positive Wirkung entfaltet, ohne dabei den anderen zum Verbund gehörenden Feldern zu schaden, versteht sich. Es braucht dafür nicht nur einen grünen Daumen, will sagen, ein gestalterisches Händchen, sondern auch einen ganzheitlichen Ansatz und einen vorausschauenden Blick. So kann von außen Herangetragenes nach innen gelangen, wo es auf die einzelnen Felder stimulierend einwirkt und zum Gedeihen insgesamt des Verbundes beiträgt. Soviel zur Beetpflege.

Übrigens: Apple „umschifft“ die Thematik insofern elegant, da das Unternehmen den Namen innerhalb des Logos nirgends abbildet. Visueller Absender ist seit vielen Jahren einzig eine Bildmarke. In Texten verwendet das Unternehmen durchweg die konventionelle Gemischtschreibweise „Apple“, gesetzt, je nach Anwendungskontext, in den Hausschriften San Francisco oder SF Pro. Eine ziemlich klare und in dieser Hinsicht konfliktfreie Lösung. Das Markendesign von Snapchat ist ähnlich angelegt. Auch die Deutsche Telekom kommt ohne Wortmarke aus.

Abschließend soll auf die in diesem Zusammenhang verwendeten Fachbegriffe und Disziplinen erklärend eingegangen werden. Natürlich freue ich mich über ergänzende Infos und Kommentare, denn das Thema ist vielschichtig und mit einem einzelnen Beitrag bei weitem nicht zu Ende gedacht.

Appendix / Begrifflichkeiten

Corporate Communication (CC) ist Teil der allgemeinen Kommunikationsstrategie und strukturell auf der gleichen Ebene verankert wie das Corporate Design (CD, visuelles Erscheinungsbild) und die Corporate Behaviour (CB, Verhaltensweisen und Werte). Diese sind Teilgebiete der Corporate Identity (CI). Es gibt noch weitere Teilgebiete der CI, auf die hier jedoch nicht näher eingegangen wird (Corporate Behaviour (CB), Corporate Social Responsibility (CSR)).

Die Corporate Language (CL), auch als Unternehmenssprache bezeichnet, ist der Corporate Communication zugeordnet. Vielfach werden die Begriffe Corporate Language und Corporate Communication auch synonym verwendet. Es können jedoch unterschiedliche Merkmale benannt werden: während die Corporate Communication alle Formen der Kommunikation umfasst und darauf abzielt die Wahrnehmung des Unternehmens insgesamt zu stärken, bezieht sich Corporate Language auf die spezifische Sprache und den sprachlichen Stil, auch „Tone of Voice“ genannt. Wie ein Unternehmen mit Kunden spricht, ist in der Corporate Language definiert. Weshalb das Unternehmen in dieser Weise spricht, ist Inhalt der Corporate Communication.

Corporate Wording (CW) wiederum ist dem Bereich Corporate Language ungeordnet. Im Corporate Wording wird unter anderem die Schreibweise des Marken- bzw. Unternehmensnamen definiert. Nachfolgend die Unterschiede der in diesem Beitrag behandelten CI-Teilgebiete:

Corporate Design:

  • Das visuelle Erscheinungsbild. Ein Designsystem, das aufeinander abgestimmte grafische Elemente, Zeichen, Logos, Farben, Schriften und anderen visuellen Komponenten enthält.
  • In einem Design-Manual werden konkrete Vorgaben zur Verwendung aller grafischen Elemente festlegt.
  • Ziel: Einheitlichkeit innerhalb der gesamten visuellen Darstellung der Entität und Wiedererkennbarkeit als Marke/Unternehmen.

Corporate Language:

  • Übergeordneter Begriff: In der CL geht es nicht nur um einzelne Wörter, sondern um den gesamten Sprachstil und die Tonalität einer Entität (Tone of Voice, emotionale Dimension der Sprache).
  • Strategischer Ansatz: Die Corporate Language ist Teil der Markenidentität und wird bewusst eingesetzt, um sich von der Konkurrenz abzuheben.
  • Ziel: Ein unverwechselbares Sprachprofil zu schaffen, das die Werte und die Zielgruppe der Marke / des Unternehmens widerspiegelt.

Corporate Wording:

  • Fokus auf einzelne Wörter und Formulierungen: Es geht um die Auswahl der richtigen Begriffe, um die gewünschte Botschaft zu vermitteln.
  • Regelwerk: Häufig wird ein Wording-Guide erstellt, der konkrete Vorgaben für die Verwendung bestimmter Wörter und Phrasen festlegt.
  • Ziel: Einheitlichkeit und Wiedererkennbarkeit in der gesamten Marken-/Unternehmenskommunikation zu schaffen.

Anhand dieser Beschreibung ist zu erkennen, wie verwoben die Thematik rund um die Schreibweise des Namens innerhalb der Corporate Identity ist, auch die Mehrdimensionalität der in einem Namen enthaltenen Zeichen wird deutlich.

Dieser Beitrag hat 15 Kommentare

  1. Zwei meiner ehemaligen Arbeitgeber waren Firmen, die im Logo den Nachnamen des jeweiligen Firmengründers in Minuskeln verwenden (plus Rechtsform als Anhang). Beide hatten sich darauf versteift, den Firmennamen auch immer klein zu schreiben, sei es am Satzanfang, bei Adressen, überall. Dies kann man als konsequent ansehen und intern vielleicht durchsetzen, aber der Großteil derer, die diese Firmen anschreiben oder über diese Firmen schreiben, nutzen die Gemischtschreibweise. “Herr Schmidt von der Firma schmidt GmbH” sieht ja auch, in meinen Augen, einfach falsch aus. “Frau Müller von der Firma MÜLLER AG” würde ich noch eher schreiben.

    Daher halte ich persönlich die konsequente Gemischtschreibweise von Firmennamen trotz Firmenlogos mit ausschließlich Klein- oder Großbuchstaben für eine pragmatische Entscheidung, trotz vermeintlicher optischer Inkonsequenz.

    1. Danke Roger.

      Dir entgeht offenbar nichts. Tatsächlich habe ich das Thema Schreibweise zum Anlass genommen, um auch hier im dt die Gestaltungskorridore neu zu ordnen. Die Milo macht nach vielen Jahre guter Dienste Platz für die Source Sans. So hält hier (endlich) auch das Versal-Eszett Einzug.

      1. Schön das Versaleszett hier zu sehen! 😊
        Soviel ich weiß haben die aktuellen Versionen der Milo auch eins – allerdings weiß ich nicht ob die sich auch so einfach ansteuern lassen. Aber das nur am Rande.

  2. Vielen lieben Dank, Achim, für diesen ausführlichen Artikel! Ich habe ihn mit großem Interesse gelesen. Nicht oft bekommt man auf eine simple Frage gleich eine derart umfangreiche Abhandlung geliefert. Und, welch Überraschung: das Thema ist natürlich vielschichtiger, vieldimensionaler als mir es beim schnellen Eintippen meines Kommentars unter dem Pfister-Post in den Sinn kam. Auf jeden Fall wieder viel dazu gelernt bzw. neu reflektiert.

    Unbeabsichtigt bin ich wohl auch dir selbst auf die Füße getreten. Jedenfalls nehme ich erst jetzt bewusst wahr, dass auch du mit dem “dt” einerseits und dem orthografisch ebenfalls nicht ganz korrekten “Design Tagebuch” andererseits dein eigenes Spannungsfeld pflegst.

    Ein Gedanke, der sicher nicht neu ist, der mir aber beim Lesen deines Artikels mehrmals in den Sinn kam: Vertrauen wir hier als Kommentatoren und vielleicht auch du als Blog-Inhaber den Großen der Branche regelmäßig, unterbewusst und tendenziell mehr? Will sagen: während ich spontan die Schreibweise von Pfister (und die dahinter hoffentlich/bestimmt angestellten Überlegungen) kritisiert habe, wäre mir das bei Adidas, Amazon, Intel und vielen anderen von dir genannten “Negativ”-Beispielen nicht in den Sinn gekommen. Nach dem Motto: die (Großen) werden schon wissen, was sie tun; aber wer ist bitte nochmal Pfister!? Wobei es möglicherweise gar nicht die Größe einer Organisation bestimmt, welche Kompetenz wir ihr zugestehen, sondern schlicht das Alter eines Logos den Ausschlag gibt, quasi ein Gewöhnungseffekt. Kennen wir aus anderen Lebensbereichen ja auch: jemand, der ständig in Talkshows vertreten ist, muss ja geradezu zwangsläufig kompetent sein. Keine Unterstellung an irgendjemanden hier, ich habe mich nur selbst dabei ertappt.

    Noch ein letzter Gedanke zu einem mir recht nahe stehenden Unternehmen: der PC-Hersteller Lenovo pflegt mit ThinkPad, ThinkCentre, ThinkSmart, ThinkVision, ThinkReality, ThinkStation etc. gleich einen ganzen Zoo von teilweise von IBM übernommenen und in sich zwar konsistent verwendeten Markennamen, die aber natürlich objektiv auch ganz schnell auf der Liste der “schwierigen” Schreibweisen landen. Das ThinkPad-Logo gehört wie die Geräte-Serie selbst für mich ohne Zweifel zu den Design-Ikonen (mehr oder weniger unverändert seit 1992!). Dennoch folgen ganz viele Fachmedien und Blogger (sicherlich aus gutem Grund) dem auch von dir hier praktizierten Ansatz, die Eigenschreibweise durch eine Gemischtschreibweise zu ersetzen. Richard Sapper würde sich dennoch wahrscheinlich im Grabe umdrehen.

  3. > Hier im dt wird […] die Eigenschreibweise einer Marke […] durch eine klassische Gemischtschreibweise ersetzt.

    Außer, wenn es um einen selber geht? Ich musste etwas schmunzeln. :-)

    Davon abgesehen, vielen Dank für den ausführlichen und gut zu lesenden Artikel. Den sollte ich mal unserer Geschäftsführung zeigen. Sonderzeichen in Firmennamen sind im Logo vielleicht noch toll, aber im Text können die interessante Probleme machen.

    1. Dank Dir Tobias.
      Die Abkürzung „DT“, explizit in Versalien gesetzt, hat sehr viele Bedeutungen – in Wikipedia werden mehr als zwanzig gelistet. Für die Abkürzung „dt“, in Kleinbuchstaben gesetzt, sind hingegen lediglich zwei weitere andere Bedeutungen bekannt (deutsche Sprache, Dezitonne). Die Kleinschreibweise „dt“ ist also weniger missverständlich.
      Zugegeben: Würde ich hier im Blog in Texten die Schreibweise „DT-Leser“ wählen, würden wohl die allerwenigsten einen Bezug z.B. zum Deutschen Theater herstellen (das diese Abkürzung als Absender verwendet). Da die Zeichenkonstellation „dt“ seit Anbeginn dieses Blogs (05/2006) als Absender im Logo verwendet wird, kann diese Schreibweise innerhalb von Texten, da diese mit der Wortmarke korreliert, als die übliche, natürlich Schreibweise angesehen werden, aus Sicht der (Stamm)Leser. Diese Handhabe hat, ähnlich wie etwa bei der Drogeriekette „dm“, die Problematik, dass Satzanfänge, die mit „dt“ beginnen, nicht optimal sind. Deshalb verzichte ich in der Regel darauf. Beim ausgeschriebenen Namen wird von mir hingegen die Gemischtschreibweise „Design Tagebuch“ verwendet. Wer es möchte, darf den Namen auch zusammenschreiben („Designtagebuch“), oder mit Bindestrichen kombinieren (Designtagebuch-Autor). Ähnlich wie Apple und Snapchat nutze ich seit vielen Jahren keine Wortmarke, in der der Name ausgeschrieben ist. Aus Gründen :-)

    1. Die in der Wissenschaft/Forschung tätigen Unternehmen stehen zweifellos in besonderer Weise vor der Herausforderung, ihre Arbeit, ihr Tun sprachlich zu vermitteln und zugänglich zu machen. Auch deren Texte sind zum Teil sehr speziell. Unter CI-Aspekten stellt sich die Frage, ob dies so sein muss.

      Exemplarisch einige Titel von Pressemeldungen

      Biontech: „BioNTech und DualityBio erhalten Breakthrough-Therapy-Status der FDA für ADC-Kandidaten BNT323/DB-1303 zur Behandlung von Gebärmutterkrebs“

      Merck: „Merck hat heute neue Real-World-Daten angekündigt, die das JAVELIN Bladder Regimen als ein Therapiestandard unterstützen“

      Fraunhofer (im direkten Vergleich zugänglicher): „Bioaktives Komposit unterstützt Heilung von Knochenbrüchen“

  4. Danke für diesen spannende, lehrreichen und doch kurzweiligen Beitrag zum Wochenende und deine damit in Verbindung stehende zeitliche Investition. Ich habe es mit größtem Interesse gelesen…

  5. Mir ist auch gleich das Versal-Eszett aufgefallen :) Allgemein gerade wieder für jemanden wie mich ein super informativer Artikel, danke!

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