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Au revoir Gotham – Neues Design für ARTE

Der deutsch-französische TV-Sender ARTE hat seit letztem Samstag ein neues On-Air-Design. Im Mittelpunkt des visuellen Konzepts steht das Senderlogo, das fortan vertikal gesetzt wird und als eine Art Fixpunkt fungiert. Die damit verbundene Botschaft: ARTE, der „Kulturmagnet“ in Europa.

Das letzte Redesign bei Arte liegt sechs Jahre zurück (dt berichtete). Mit dem neuen On-Air-Auftritt werde bei ARTE ein Prozess der Veränderungen eingeläutet. Im nächsten Schritt ist ein umfassender Relaunch für den Webauftritt geplant. Ende April soll dieser erfolgen. Bis Dezember 2017 werde das Sendedesign sukzessive um neue Elemente (Idents, Numbers sowie mehr Verweise auf Online-Inhalte) erweitert.

Auszug der Pressemeldung:

Mit Engagement und Begeisterung leistet ARTE seit 25 Jahren einen wesentlichen Beitrag zur Darstellung des künstlerischen Lebens und des kulturellen Erbes in Europa und darüber hinaus. Dadurch ist ARTE für die Menschen in Europa gleichermaßen Referenz- und Anziehungspunkt, der die kulturelle Vielfalt in all ihren Erscheinungsformen abbildet. Dieses Selbstverständnis findet seinen visuellen Ausdruck in einem neuen Sendedesign.
Schlüsselelement des neuen Designs ist das nunmehr vertikal ausgerichtete Logo des Senders, das an die Form eines Magneten erinnert und als solcher auf dem Bildschirm agiert: Texte und Bilder gleiten über den Screen und werden vom ARTE-Logo scheinbar magnetisch angezogen.

Für das neue On-Air-Design zeichnet Cécile Chavepayre verantwortlich, seit Mai 2012 künstlerische Leiterin von ARTE. Mit der Entwicklung und Umsetzung des Konzepts wurde die britische Agentur The Partners beauftragt.

Kommentar

ARTE kippt sein Senderlogo um 90 Grad und führt eine Schablonenschrift (Barna stencil) ein, die Rohheit und Schroffheit vermittelt und damit im krassen Gegensatz zur bisher verwendeten geometrischen, stets geschliffen wirkenden Gotham steht. Eine kleine Revolution, die bei ARTE stattgefunden hat, zumindest eine Zäsur.

Schablonenschriften, die bekannteste dürfte die von Gerry Powell gezeichnete Stencil sein, haben ihren Ursprung im Militär, wo die Beschriftung von Kisten und Containern schnell vonstatten zu gehen hat und somit Pinsel und Schablonen zum Einsatz kamen. Die meisten Schablonenschriften wirken wie handgemacht, zuweilen schroff. Merkmale, die nun auch im Senderdesign bei ARTE Einzug halten. Die Vorliebe für Schablonenschriften hat ARTE bereits vor einigen Wochen/Monaten erkennen lassen. Die Reihe „Typo-Safari“ mit einem ebenfalls in Schablonenschrift gesetzten Titel hat das Senderdesign offenbar maßgeblich inspiriert.

Das bisherige Design von ARTE war ungemein ausdrucksstark, identitätsstiftend und darüber hinaus ausgesprochen ästhetisch. Dass das Design nach gerade einmal sechs Jahren komplett ausgetauscht wird, ist zunächst einmal ein Verlust. Das im Jahre 2011 eingeführte Design war so eigenständig, typografisch so fein ausgearbeitet (Herburg Weiland) und wirkte nicht die Spur angestaubt, dass man sich kaum von den dynamischen, vom 3D-Logo ausgehenden Animationen satt sehen kann. Idents und Trailer vermitteln, auch heute noch, einen hohen künstlerischen Anspruch.

Im Medium Fernsehen sind sechs Jahre eine große Zeitspanne. Und klar – als künstlerischer Leiter möchte man natürlich auch die eigene Handschrift erkennen können und nicht nur ein bestehendes Konzept verwalten. Voilà, hier ist es nun.

Mediengalerie

Sendedesign ARTE (2017)

Weiterführende Links

Dieser Beitrag hat 21 Kommentare

  1. Ja, natürlich sieht das alles sehr eng/gequetscht aus, aber alles andere wäre der Magneten-Kernidee nicht gerecht. Ein Magnet, der in einem cm Abstand vom Kühlschrank schwebt? :-P
    (Und jetzt fangt mir nicht mit Hoverboards an.)
    Mutig, und ich find’s schön. Und selbst, wenn nicht: Arte darf das.

  2. Erinnert mich offen gesagt etwas an die 1970er, als es plötzlich in Mode kam nur noch Minuskeln zu verwenden, um darzustellen wie unkonventionell man doch sei (bzw. gerne wäre/sich selbst sieht). Da wurde dann z. B. aus der Odenwaldschule die odenwaldschule.

    Arte (oder “arte”?) ist zwar ein Sender mit ansprechendem Programm und IMHO auch der einzige ÖR Sender, der den Qualitätsanspruch, mit dem immer die GEZ gerechtfertigt wird, auch wirklich einlösen kann, aber er ist dennoch keine “Avantgarde”. Der Sender bietet gutes Programm von journalistischer und filmischer Qualität, wie man sie z. B. auch bei der BBC bekommt. Nicht mehr und nicht weniger. Ich hätte da offen gesagt eher einen “no bullshit” Ansatz einer Reduktion bevorzugt. Onscreen Design ist für den Zuschauer ohnehin eher lästig, als bereichernd.

    Einen von der Grundidee angenehmen Weg geht da bereits seit einigen Jahren Euronews. Ein sehr reduziertes und stetiges Onscreen Design, das sich nie in den Vordergrund spielt und auch keine “Mühe” erfordert, wie es dass sicherlich ein plötzlich um 90° gedrehter Schriftzug erfordert. Ich persönlich empfinde das als Zuschauer z. B. schlicht als lästig.

    1. Gebe Eric in allem recht.
      Arte ist keine Avantgarde. Das Problem ist eher: Die anderen öffentlichen Sender sind so schlecht, dass Arte im Vergleich plötzlich so elitär wirkt. Die Fallhöhe.

      Habe mich nun gestern extra bei Arte herumklickend herumgetrieben und ja, das gedrehte Item stört auf Dauer schon, wenn man z. B. einen Film guckt. Es spießt sich spitzig oben links rein. Es drängt sich vor – obwohl man es kaum liest sondern als Bild wahrnimmt.

      Typografie-Mecker:
      Sollte man es nicht bei einer (1!) Verfremdung belassen? Der horizontale Schriftzug Arte ist bereits einmal deutlich verfremdet worden durch das Absenken/Abschneiden der Minuskeln. Das Drehen um 90° als jetzt vertikalen Schriftzug stellt eine zusätzliche Verfremdung dar. Dieses Anhäufen/Clustern von mehreren Verfremdungsideen in einem einzigen Objekt sollte man im Sinne einer klaren Ideenführung und einer klaren Typografie eigentlich vermeiden. Das macht es billig.

      Dass Webdesigngaragen für Autolack-Onlineshops das mit Fleiß machen und noch Tropfen draufsetzen und das Ding kursiv machen mit Schlagschatten und dynamisch-schief einwinkeln, weil das in Photoshop so schön geht, heißt ja nicht, dass das für ein Logo gut ist.

  3. Mal unabhängig vom ganzen On-Air-Design, denke ich dass es keine gute Idee ist mal das Logo um 90 Grad zu drehen. Erstmal ist das respektlos gegenüber dem Urheber und zweitens keine Weiterentwicklung der Marke, sondern eine Dekonstruktion. Der 90er Jahre Schatten gibt dann dem Logo den Rest. Das ist wirklich traurig. Ich bin auch gespannt wie lange die Magnet-Idee trägt bis sie einfach langweilg wird.

  4. Den Versuch das Logo zu kippen, finde ich sehr gelungen. Den Magneteffekt mag ich ebenfalls sehr. Konzeptionell ist da nichts zu beanstanden.

    Aber…

    Die Schablonenschrift passt überhaupt nicht zum Arte-Schriftzug. Da war die alte Schrift wesentlich harmonischer. Nein, auch der Bruch ist nicht gelungen. Wenn man denn einen mit aller Macht erzwingen wollte. Da ist jetzt viel zu gestaucht und gedrungen. Da hätte man, gerade wegen dem magnetischen Effekt, was besseres machen können.

  5. Als Filmschaffender und freier Videoartist ist dieses neue Design ein Affront.
    Vergleichbar mit dem Re-Design des Deutsche Bahn Logos vor etlichen Jahren.
    Viel Geld ausgegeben für eine flüchtig und ohne Liebe ausgeführte Arbeit.
    So kommt es auf jeden Fall bei mir an.
    Allein das Timing der Animation des arte.tv Logos ist so sperrig, dass es niemals mit den vorhergehenden Trailern, Moods oder sonstigen Inhalten eine analoge, geschmeidige und aussagekräftige Kombination eingehen kann. Habe es gerade anlegen müssen: Nicht schön.
    Schade, arte……

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