Die Bundeswehr hat dieser Tage ihr neues Erscheinungsbild präsentiert. Im Mittelpunkt des überarbeiteten Erscheinungsbildes stehen zwei Elemente: das Eiserne Kreuz als Logo der Bundeswehr sowie das sogenannte „Tarn-Polygon“ als gestalterische Klammer.
25 Jahre, nachdem das Erscheinungsbild der Bundeswehr zuletzt grundlegend überarbeitet wurde, bekommen die Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland ein neues visuelles Profil. Das sogenannte Eiserne Kreuz, seit 1956 als Hoheitszeichen der Bundeswehr in Verwendung, erfährt in diesem Zuge eine Redesign.
Auszug der Pressemeldung
„Das Eiserne Kreuz hat einen hohen Wiedererkennungswert in der Gesamtbevölkerung, allerdings ist bei den jungen Menschen das Polygon noch bekannter. Für das neue Design kombinieren wir daher beide Elemente. Wir haben das Eiserne Kreuz behutsam weiterentwickelt, es ist sozusagen schlanker geworden und funktioniert jetzt auch vor allem digital“, sagt Ministerialrat Dirk von Holleben, Leiter des Referates 3 „Arbeitgebermarke Bundeswehr; Social Media“ im Presse- und Informationsstab des Verteidigungsministeriums.
Das tarnfarbene Polygonmuster fungiert als optische Klammer des neuen Erscheinungsbildes der Bundeswehr. Seit 2015 wird dieses Designelement in der Kommunikation der Arbeitgebermarke der Bundeswehr (bundeswehrkarriere.de) eingesetzt, auch auf Plakaten. Zum Missfallen von Ford und Volkswagen warb die Bundeswehr zuletzt auch mit Plakatmotiven, in denen der jeweilige Markenname aufgegriffen wurde. Zuvor hatten beide Autobauer bekannt gegeben, mehrere tausend Stellen abbauen zu wollen. Es ist nicht das erste Mal, dass die Bundeswehr mit ihrer Werbung provoziert.
Das Eiserne Kreuz bleibt als Erkennungszeichen erhalten. Seit 1996 ist das vom Hamburger Designer Peter Schmidt entworfene Logo fester Bestandteil in der öffentlichkeitswirksamen Außendarstellung der Streitkräfte. Beim neuen Logo wurde die Gewichtung von Kreuz (Bildmarke) und Schriftzug (Wortmarke) zugunsten ersterem verändert, und zwar so stark, dass das Kreuz nun innerhalb der Wahrnehmungshierarchien an erster Stelle steht. Mit Verkleinerung der Wortmarke ändern sich auch die Außenmaße. Inklusive Schutzzone ist das Logo nun eher quadratisch statt horizontal-rechteckig. Die zentrische Anordnung bleibt erhalten.
Auch wenn das Polygonmuster in der Werbung dominiert – Dunkelblau bleibt weiterhin die Primärfarbe der Bundeswehr. Die einzelnen Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche erhalten jeweils eigene Farben, die zum Teil auch vorher schon genutzt wurden (Streitkräftebasis = Orange, Heer = Dunkelgrünen, Luftwaffe = Petrolblau, siehe Abbildung). Auf Basis einheitlicher Gestaltungsrichtlinien und mit Hilfe gemeinsamer Schrifttypen soll das Erscheinungsbild der Bundeswehr professionalisiert und harmonisiert werden. Ziel des neuen Corporate Designs sei es, als EINE Bundeswehr wahrgenommen zu werden.
Der Internetauftritt bundeswehr.de soll zum Herbst dieses Jahres auf das veränderte Design umgestellt werden. In diesem Zuge sollen insgesamt über 60 Einzelauftritte von Teilstreitkräften, Organisationsbereichen und Instituten unter der Domain bundeswehr.de zusammengeführt werden.
Verantwortlich für das Corporate Design ist der Presse- und Informationsstab im Bundesministerium der Verteidigung (BMVg). Auf Grundlage des bestehenden Rahmenvertrags wurde die Agentur Castenow beauftragt, das bestehende Corporate Design weiterzuentwickeln.
Kommentar
In einem aufwendig aufbereiteten Magazin (PDF) informiert die Bundeswehr über die bevorstehenden Änderungen, die mit Einführung des neuen Corporate Designs verbunden sind. Das ist lobenswert, zeigt es doch, wie wichtig es den Verantwortlichen auf Seiten der Bundeswehr zu sein scheint, die Bevölkerung wie auch die eigenen Mitarbeiter bei dem bevorstehenden Wechsel mitzunehmen. Durch verschiedene Marketing-Maßnahmen, die die Bundeswehr in den letzten Monaten durchgeführt hat, werden jedoch alle Bemühungen im Bereich Corporate Design jäh zunichte gemacht.
Den Stellenabbau bei Volkswagen und Ford für eigene Werbezwecke zu instrumentalisieren, empfinde ich als ein Armutszeugnis. Wenn man derart marktschreierisch mit Hilfe von Werbefahrzeugen, die vor den Werkstoren der Autobauer auf- und abfahren, gewissermaßen in Guerilla-Marketing-Manier um eigene Mitarbeiter werben muss, vermittelt dies nicht eben Zuverlässigkeit und Souveränität, im Gegenteil.
Die Bundeswehr, wer hätte es gedacht, macht es der Piratenpartei gleich, die 2013 ebenfalls Markenlogos Anderer plagiierte (dt berichtete). Die Piraten erlebten seinerzeit ein Wahldebakel und verpassten den Einzug ins niedersächsische Parlament. Ähnlich hilflos wirkt, wie die Bundeswehr derzeit auf der visuellen und sprachlichen Ebene in Bezug auf ihre Werbeaktivitäten agiert. Es gibt, wie ich meine, adäquatere, dem Bundesverteidigungsministerium angemessenere Kommunikationsmöglichkeiten, um sich als Arbeitgeber anzubieten. Zumal die eher auf junge Menschen ausgerichtete Ansprache in diesem Fall völlig fehl am Platz ist, da offenbar die Mehrheit der von den Stellenstreichungen Betroffenen älteren Jahrgangs ist und daher auch in Rente gehen wird. Eine konzeptionell, inhaltlich, sprachlich wie auch visuell vermurkste Werbeaktion, die vor allem auch aus ethisch-moralischer Sicht höchst fragwürdig ist. Genau dafür steht, und zwar selbstverschuldet, nun auch das tarnfarbene Polygonmuster der Bundeswehr.
Tragischerweise wird das zentrale Stilmittel der jüngsten Plakataktion nun auch noch fester Bestandteil des visuellen Erscheinungsbildes der Bundeswehr. Ob sich mit plumpen Job-Abwerbe-Sprüchen, gewaltverharmlosenden Plakatmotiven, Plagiieren und modischen Polygonmustern die Wahrnehmung der Bundeswehr in der Öffentlichkeit zum Positiven beeinflussen lässt, möchte ich bezweifeln.
Mediengalerie
Weiterführende Links
Rein nach Bauchgefühl: Gelungen!
Und was sagt der Verstand?
Den Polygon-Look finde ich ja ganz okay für die Bundeswehr. Gibts ja schon wie schon gesagt. Ich mag aber die Typokästen nicht. Zumindest nicht wie man die Headlines darin gesetzt hat.
Kleiner Funfact am Rande über die Agentur. Sie betreut auch das Bistum Münster der katholischen Kirche.
Kleiner Funfact am Rande: An der Webseite sieht man, dass die Agentur Gestaltung von vor 15 Jahren verfolgt und absolut nicht auf dem Stand der Dinge ist. http://www.castenow.de
Ein Polygonmuster von vor 10 Jahren, Icons die nach 2000er aussehen und die Wortmarke unleserlicher gestaltet in Versalien – auch ganz im Stil von vor 10 Jahren. Glückwunsch, jetzt ist die Bundeswehr wenigstens nicht mehr nur von innen heraus ein Wrack, sondern stellt sich auch so nach außen dar. Aber eins muss man dem CD lassen: Es passt hervorragend zur Bundeswehr.
Ich finde es erstaunlich das eine Institution wie die Bundeswehr nicht mit den großen Partner in der Brange zusammenarbeitet und somit sicherstellt das Qualität Vorrang hat. Anstattdessen sind es Argenturen die tatsächlich in den 90ern hängen geblieben sind. :/
Jetzt, da ich es immer mehr verstehe, beginnt mir das Wort Argentur zu gefallen.
Selten unharmonischere Icons gesehen. Eine Einrichtung wie die Bundeswehr sollte doch die Mittel haben sich ein stringentes Icon-Set erstellen zu lassen. Dafür hätten sie mal Berater engagieren sollen. Das für Infrastruktur ist ja wohl ein schlechter Witz!
Das Eiserne Kreuz an sich gefällt mir in der abgespeckten Variante besser, wenn es durch die “Verlängerungen” in den Ecken nicht eine quadratische Form hätte, die ich fürchterlich finde. Optisch hätte es mehr her gemacht, wenn man das Kreuz pur genommen hätte.
Pur geht nicht, aber das dünnere Kreuz ist in meinen Augen auch klar besser. Ich finde die neue Variante hat was von der “fetten Henne” die im Bundestag hängt und so nach 50er Jahren aussieht.
Das ist ja wirklich witzig, wenn man die beiden CD’s vom Bistum Münster und der Bundeswehr miteinander vergleicht. Ich wette beides kommt vom demselben Gestalter / derselben Gestalterin.
https://www.castenow.de/cases/bundeswehr/
https://www.castenow.de/cases/bistum-muenster-markenentwicklung/
Bitte die Kritik sachbezogen halten. Ich möchte nicht, dass der Eindruck entsteht, hier im dt würde Agentur-Bashing betrieben. Wie das Portfolio einer verantwortlichen Agentur aussieht, ist für das Ergebnis unerheblich. Das Erscheinungsbild der Bundeswehr gibt eigentlich genug Anlass, um darüber zu diskutieren.
Rückwärtsgewandte Gestaltung für eine im Stillstand befindliche Armee.
Sagt mal Leute… ich bin ja hier nur Laie, aber warum darf eine Agentur nicht ihren eigenen Stil vertreten? Und wenn diese auf dem 90er-Wagen fährt? Wo ist das Problem, wenn man Mitarbeiter an einer Art “Handschrift”, wegen ähnlicher Gestaltungselemente in verschiedenen Projekten, wiederfindet? Kann ich grad nicht ganz verstehen…
Einerseits wird hier immer drüber gemeckert, dass alles dem “aktuellen Einheitsbrei” entspricht und wenn dann eine Agentur (aus Eurer Sicht) etwas in die Retrokiste greift, oder das generell deren Stil ist, kommt die Klatsche von der anderen Seite…
Bleibt doch dem Kunden überlassen, wo er einkauft. Am Ende entscheidet vielleicht ja auch der Preis, schließlich macht es sich auch nicht so gut, wenn Millionen von Steuergeldern für ein Redesign rausgeschleudert werden?!
Gebe dir da soweit Recht, als mündigem Kunden bleibt die Entscheidung der Agentur und des Designs dem Bundesheer vorbehalten. Das nun auf dieser Agentur hier ein wenig rumgehakt wird, finde ich nicht sonderlich fair oder kollegial!
Einzig wo der Kunde einkauft ist ein heikles Thema. Denn wenn beispielsweise jemand zu einer Werbeagentur geht und dort ein packaging Design bestellt, dann ist man vermutlich nicht so ganz gut beraten. Nicht dass die Werbeagentur das nicht technisch kann, aber das Fachwissen und die Expertise liegen eben woanders, das Ergebnis kann dann “Schwächen” haben.
Ich schließe aber nicht aus, dass in einer “Consultant/Branding”-Agentur auch kompetente Menschen sitzen, die ein CD stemmen können. Erfahrunsggemäß leiten dann aber nicht Kreative den Laden, was wiederum auch zu weniger starken Ergebnissen führt.
Kurzum: klar kann ich ne Pizza in ner Döner-Bude kaufen, aber im Zweifel gehe dann doch in ne Pizzeria und setze auf die Expertise.
Das kommt davon, wenn man sich das CD von einer Employer Branding Agentur machen lässt; die sind halt keine Designagentur. Die ganze Polygon- und Kasten-Gestaltung funktioniert halt temporär als Werbemittel, aber taugt absolut nichts (schon gar nicht nachhaltig) als Corporate Design. Dafür sind allein die Polygone schon viel zu zeitgeistig. Hier fehlt es an intelligenten Ideen für ein Branding, das ist alles zu kurz gedacht. Am neuen Logo ist auch nichts besser, als es vorher war. Zum Gähnen langweilige und zudem vorkommen inhomogene Icons. Die moralisch sehr fragwürdigen Kampagnen lasse ich jetzt mal ganz außen vor.
Konzeptlos, mutlos, den Zeichen der Zeit hinterherhechelnd – alles in allem ganz schwache Vorstellung! Da passen die Einzelelemente mal so gar nicht zusammen. Die Polygongeschichte fand ich als Kampagnenkeyvisual ganz ok, aber darauf ein CD aufzubauen, das auch mal ein paar Jahre halten soll?! Rein grafisch – von der uninspirierten Farbsystematik, den heterogenen Icons, über die blutleere Headlinetypografie und andere Elemente – soweit man das alles über das CD-Magazin beurteilen kann – gibt es nichts, was selbstbewusst “Wir sind *eine* Bundeswehr” sagt (Zumal das Außenstehende sowieso nicht interessiert, ob die Einzelstreitkräfte sich grün sind oder nicht).
Das Eiserne Kreuz-Logo zeigt wohl einen konzertierten Flankenangriff aus vier Richtungen und die dazugehörige Wortmarke passt weder zur restlichen Gestaltung noch zu anderen Bundes-Gestaltungen und ist so einschläfernd belanglos, das das wohl zur psychologischen Kriegsführung zählt.
Noch was? Die Headline-Ideen für die Personalwerbung sind an Dummbräsigkeit kaum zu überbieten, das Spiel mit den Markenlogos war ca. 1992 auf T-Shirts noch der ganz große Hit –aber heute? (Und nicht zuletzt glaube ich auch nicht, dass eine Bundeswehrkarriere für irgendwelche IG-Metall-Autobauer die allererste Alternative wäre.)
Es bleibt zu hoffen, dass das Konzept so richtig schön teuer war und ein paar darbende Beratungsfirmen beschäftigt hat.
Es gibt leider so viel, was mir daran nicht gefällt.
Ich fange mal mit dem Logo an. Dadurch, dass das Eiserne Kreuz (mir war gar nicht bewusst, dass das noch so genannt wird) schmäler wurde, sieht es nicht mehr aus wie das Eiserne Kreuz, sondern eher wie von den Kreuzrittern. Trotzdem sieht es optisch rein in weiß auf dem Polygonhintergrund ganz gut aus. In Farbe allerdings wird das Kreuz fast unsichtbar, die Winkel treten in den Vordergrund. Eigentlich sieht es aus wie ein Minimieren-Icon von einem Videoplayer. Die Schrift in Versalien kann man mögen oder auch nicht, auf jeden Fall ist die Schrift viel zu dünn unter diesem massigen Symbol. Und auch zu klein.
Das Polygonmuster: Ja, naja, in Maßen eingesetzt ist es ganz schön (Wie jetzt gerade rechts in der Sidebar), aber es wird ja so dermaßen “In your face” eingesetzt, dass es echt nervt. Diese Busse… Und dass dann halbtransparente Flächen für den Text darauf liegen, sieht ja digital schon schlecht aus, aber jetzt wird das ja zu allem Überfluss auch noch ins Print übertragen.
Icons: Also, ich kann den Vorrednern nur zustimmen, selten solch belanglose Icons gesehen, sieht aus wie von einer generischen Iconfont.
Branding insgesamt: Bin ich der Einzige, den es stört, wie und mit welch dürren Schriften dieses “Wir sind eine Bundeswehr.” gesetzt ist? Wenn ich mir die Broschüre so ansehe, wo fast jede Seite anders aussieht, so ziemlich alles an Elementen genutzt wird, was sich jemals jemand ausgedacht hat, sehe ich echt schwarz. Sprechblasen? Seltsame Bildbeschriftungen, Kästchen überall, wilde Linien… Jeder zweite Absatz hervorgehoben. Also echt grauenhaft. Einzig die Bildsprache finde ich echt gelungen, wobei mir direkt klar ist, dass das für die meisten zu heroisch rüberkommen wird.
Und dann noch diesen Beraterskandal im Hinterkopf.
Ich bin traurig.
Vielleicht auch ein bissi vom österreichischen Bundesheer inspiriert?
https://www.bundesheer.at/
haha, naja, die wiederum haben aber wohl vom Arbeitsamt abgeguggt.
Cyber!
Mal jemanden fragen, ob er zwei Zahnräder für “Bundeswehr-Basis” halten würde. Ich glaube nicht.
Nur jemand, der Infrastruktur für einen Baum vorm Haus hält.
Muss hier allen Kommentaren beipflichten, ich hab allerdings auch nicht viel erwartet. Irgendwie auch wieder passend, verkorkstes CD und verkorkste Bundeswehr ergeben auch wieder einheitliches Bild.
Schreckliches Design, und ansonsten bloß: Tucholsky hatte Recht!
Man mag von besagten Werbeaktionen halten was man möchte, aber ich bezweifele, dass allein aufgrund dieser – nur von einem geringen Bruchteil der Bevölkerung wahrgenommenen – Aktionen wirklich Zweifel berechtigt sind, ob sich durch das neue CD “die Wahrnehmung der Bundeswehr in der Öffentlichkeit zum Positiven beeinflussen lässt.”
Mit geht es hier schlicht um die Argumentation: bei allem nachvollziehbaren Ärger über diese wahrlich misslungenen Aktionen muss man doch die Kirche im Dorf lassen, denn zwei Aktionen mit begrenzter Reichweite können für meine Begriffe einfach nicht die gesamte öffentliche Wahrnehmung einer solch “großen” Marke wesentlich beeinflussen.
Dies zugrundegelegt würde mich interessieren, welches Fazit Sie Herr Schaffrinna, für die Wahrnehmung der übrigen Bevölkerung ziehen?
Ich denke, lieber WS, dass Sie bezüglich der Einschätzung zur Reichweite der jüngsten Plakataktion der Bundeswehr vollkommen falsch liegen. Entsprechende Beiträge über die Plakatierungen wurden in nahezu jedem nennenswertem Nachrichtenangebot in Deutschland veröffentlicht, was zur Folge hat, dass die Suchbegriffe “Bundeswehr Ford Plakat” bei Google rund eine halbe Millionen Treffer produzieren (bei “Bundeswehr Volkswagen Plakat” sind es 400.000). Die Reichweite ist enorm, sodass davon ausgegangen werden kann, dass ein Großteil der Bevölkerung die Aktion mitbekommen und auf diese Weise auch das Tarn-Polygon zu Gesicht bekommen hat, letzteres möglicherweise zum ersten Mal überhaupt. Wenn das Tarn-Polygon mit Image-schädigenden Aktionen der Bundeswehr konnotiert ist, denn dies scheint mir der Fall zu sein, sollte man, aus Marketing-Sicht, nach anderen visuellen Ausdrucksformen suchen, zumal Polygonmuster, wie auch einige Kommentatoren angemerkt hatten, vor 10 Jahren angesagt gewesen sind. Das Tarn-Polygon ist schlichtweg verbrannt – es nun auch noch mit in das Corporate Design aufzunehmen, halte ich für eine Fehlentscheidung.
Und was die öffentliche Wahrnehmung der Bundeswehr betrifft, sowohl die Institution wie auch die Marke, denn das lässt sich nicht so ohne weiteres trennen, so gibt es ganz bestimmt andere Ereignisse, Themen und Faktoren, die hier stärkeren Einfluss ausüben als etwa das Corporate Design. Für das IMAGE, dem Gesamteindruck einer Marke, spielt das Corporate Design eine untergeordnete Rolle. Ganz allgemein gesprochen: wenn das Produkt und der Inhalt nicht überzeugen können, lässt sich dies auch mit der besten Verpackung nicht ausbügeln. In diesem Fall scheint mir wiederum das visuell veraltete und gestalterisch wenig überzeugende neue Corporate Design der Bundeswehr tatsächlich eine passende Entsprechung für das Gesamtbild zu sein, das die Bundeswehr schon seit mehreren Jahren in der Öffentlichkeit abgibt (grundlegende Strukturprobleme/Defizite bei der inneren Führung, überbordende Bürokratie, veraltete Technik, Flugzeug-Pannen, PFC, Moorbrand, etc. pp.). Und natürlich trägt auch das Bundesverteidigungsministerium und die Regierung hierfür eine Verantwortung. Mit einem, aus Sicht der Verantwortlichen, schicken Tarnmuster, wird man die Attraktivität der Bundeswehr sicherlich nicht verbessern können.
Vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Ihren engagierten Austausch weiß ich sehr zu schätzen.
Wenngleich ich nach wie vor bezweifele, dass die Aktionen (selbst wenn siedoch von größerer Reichweite waren) nunmehr untrennbar und dauerhaft mit dem neuen CD verbunden bleiben werden (es also wirklich langfristig “verbrannt” ist), gehe ich doch so weit mit, dass eine Übernahme ins CD vor diesem Hintergrund auf jeden Fall wohl überlegt sein und zumindest sehenden Auges entschieden werden sollte. Die interne Begründung hierzu würde mich jedenfalls sehr interessieren, da es mich nicht überraschen würde, wenn dies schlicht übergangen worden ist.
Vollkommen einig sind wir uns dagegen dahingehend, dass mit solchen Kampagnen kein noch so geniales CD eine Imageverbesserung bewirken kann. Da zeigt sich, dass CI weitaus mehr als nur CD ist und ein echtes rebranding deutlich mehr als nur neue Logos, Schriftarten und Farben bedeutet. Hier liegt vermutlich auch eines der Probleme: die verschiedenen internen Aktuere scheinen nicht “abgeholt” worden zu sein. Bei einer Institution wie der Bundeswehr ist genau das sicherlich eine viel größere Herausforderung als das Entwerfen eines neuen CD.
Natürlich kann man unterschiedlicher Ansicht sein, ob das Tarn-Polygon nun tatsächlich als „verbrannt“ angesehen werden kann. Es ist dies lediglich meine persönliche Einschätzung. Im Hinblick auf die zahlreichen Kommentare, in denen dem Muster eine veraltete, wenig zeitgemäße Formensprache attestiert wird, lässt sich jedoch ablesen, dass auch unter gestalterischen Aspekten vieles GEGEN die Aufnahme ins CD gesprochen hätte. Wobei hierbei natürlich wieder zu berücksichtigen ist, dass im dt die meisten Leser/Kommentatoren vom Fach sind. Was Kreativschaffende als gestalterisch altbacken empfinden, muss nicht zwingend in der Wahrnehmung Anderer ebenso wirken. Da wir sehr nah dran sind, ist ein solches Votum gleichwohl ein sehr guter Indikator hinsichtlich Trends und Entwicklungen.
Jaja die Herren Designer hier hätten es natürlich alles viel stimmiger/geiler gemacht. NICHT.
hätten sie, schlimmer geht es nämlich nicht …
Jeder Beitrag, der hier im dt veröffentlicht wird, ist eine Einladung zur Diskussion, zum Meinungs- und Erfahrungsaustausch und ja, auch zum gepflegten, konstruktiven und mit Argumenten ausgetragenen Streit. Es geht dabei überhaupt nicht darum, so wünsche ich es mir jedenfalls, Andere in die Pfanne zu hauen oder das eigene Ego bauchzupinseln. Dieses Diskussionsangebot lediglich für einen polemischen und abschätzigen Einwurf gegen einen gesamten Berufszweig zu nutzen, ist gleichermaßen schade wie schwach.
Wie ist denn Ihre Einschätzung, NBG, hinsichtlich des hier vorgestellten Designs? Ich bin sehr an der Meinung eines Nicht-Designers interessiert.
“wir” haben letztes Jahr als eine der vier agenturen mit gepitched für die neue website und das neue cd der bundeswehr.
dieses ergebnis hier ist schlimmer, als es beim pitch eh schon war.
unterirdisch, mutlos … bitter. wirklich bitter.
die bundeswehr hat als marke, als institution so viel potenzial für ein starkes selbstsicheres auftreten nach außen, leider vertan herr veteran.
Grundsätzlich zum Design finde ich das Eiserne Kreuz gut gemacht, auch die Schrift darunter sieht sauber aus. Das Polygon als Designelement im Hintergrund ist nicht aufdringlich und passt zur Marke. Grad wenn ich das hier im Kommentarbereich neben mir sehe, wirkt das für mich ganz fein.
In der farbigen Variante finde ich das Logo allerdings lahm, ich hätte nichts gegen das schwarz-weiße eiserne Kreuz, wie es an den Militärfahrzeugen ist.
Die verschieden gestatlteten Bildmarken finde ich unpassend, das wirkt für mich eher amateurhaft (“Hey probieren wir noch diese Variante!”)
Zum Thema Design-Kritik und Designer… @Achim wäre es mal eine nette Idee die Leser des dt dazu aufzurufen eines ihrer Designprojekte vorzustellen und du stellst diese Werke dann im dt vor, nebst anschließender Diskussion? Dann sind es nicht nur Designs / Logos / CIs von “Fremden”, die man vorstellt, sondern Projekte aus der Community? Oder meinst du das artet dann in gegenseitiges Bashen aus? (“Mein Logo fandest du blöd aber deins ist auch nicht besser!!1”)
Danke für die Anregung Florian. Designprojekte werden im dt tagtäglich vorgestellt :-) In der Regel sind es jedoch nicht die Projekte der Kommentatoren.
Im dt-Forum hätte man eigene Arbeiten vorstellen können. Mangels Zuspruch wurde das Forum jedoch wieder eingestellt. Hin und wieder teilen Follower auf Facebook oder auf Twitter ihre alternativen Entwürfe.
Am Schluss bekommt jeder Kunde, was er gerne mag. Wenn es nun an allen Ecken und Enden nach Aufmerksamkeit schreien, Heroisch sein und knallen muss (ist im Militär ja so nicht verkehrt), soll er das haben. Da nützt auch die beste Gestaltung nichts. So gesehen sind die Entscheider eher nicht Designaffin. Da ist es halt dasjenige, das lauter schreit oder besser schmeckt.
Bundesbetriebe sind auch träge, der Zeit hinterher und viele dürfe Salz in die Suppe schmeissen. Sozusagen sind 10 Jahre zurück ja eigentlich noch gut. Sieht in der Schweiz nicht besser aus ;)
Als aussenstehender (Schweizer) empfinde ich es als passend für die Bundeswehr und spricht das Kundensegment an, das es muss. Das heiss aber nicht, dass ich es mag ;)
Ich persönlich würde der Bundeswehr hier keine Plattform bieten um sich zu präsentieren. Das machen sie schon genug bei Youtube, Außenwerbung etc. “Komm zu uns, das Abenteuer wartet!” Dass es hier um Krieg und Tod geht sehen leider die wenigsten. Aber ich bin ja nicht der Seitenbetreiber.
Missverstehe diesen Beitrag nicht als virales Marketing! Die Bundeswehr hat hier nicht zwingend die Gelegenheit, sich zu präsentieren. Diskussionen über die Außenwahrnehmungen von Institutionen in der Form, wie sie auf dieser Seite ausgefochten werden, beinhalten auch viel Kritik und dürften manchen der besprochenen Marken gar nicht gefallen. Schließlich will man positiv rüberkommen; wenn hier fachmännisch begründet zu lesen ist, warum das überhaupt nicht gelingen kann, ist dies keine positive Präsentation, die sich mit Selbstvermarktung über eigene Youtube-Kanäle etc. vergleichen lässt.
Mich beißt immer die gleichzeitige Verwendung von diesem zarten Blau und den Flecktarn-typischen Grün-Braun-Tönen. Da hätten sie sich mal wirklich auf eine einheitliche Farbfamilie einigen können.
Das Kreuz erinnert mich an die Coursor aus alten Strategiespielen – “wähle diesen Panzer aus, er soll sich dorthin bewegen und dieses Ziel angreifen”. Gleichzeitig sieht es für mich sehr nach Kirchentag aus. Mit dem Kreuz ist es wohl ähnlich wie mit dem fünfzackigen Stern – seit Ewigkeiten in Verwendung, gestreut in unterschiedlichste Themenfelder, bedeutungsbeladen ohne Ende… Als Logo und Erkennungszeichen kann es so eigentlich nicht mehr funktionieren, aus Traditionsgründen muss es aber, wie so oft, beibehalten werden.
Die Zahnräder beim Icon für “Streitkräftebasis” greifen nicht ineinander und könnten so niemals innerhalb eines Getriebes funktionieren (großes mit vielen Zähnen muss in kleines mit wenigen Zähnen greifen, beide mit gleich vielen Zähnen klappt nie) – ob das etwas bedeuten soll..?
Infrastruktur – ich lach mich schlapp, mit dem Bäumchen, ach wie süß! Oh weh, wer kommt auf sowas? Dagegen ist die Bezeichnung des Brückenbaupanzers als “Biber” ja geradezu fantastisch.
Mir fallen zwei Polygonvarianten auf: Eines mit und eines ohne Outlines. Das mit finde ich wirklich grauenhaft, das ohne gefällt mir trotz alle Kritik sogar recht gut. Ich finde das auch eine gelungene, “hippere” Variante des klassischen Flecktarn-II, das – seien wir ehrlich – das eigentliche Erkennungszeichen der Bundeswehr ist. Denn wodran erkennt man eine echte Bundeswehrjacke? Woran kann man eine Bundeswehrhose von einer American-Military-Style-Hose unterscheiden? Es ist das typische Flecktarn-II. Und bis auf das Schwarz, vermute ich jetzt mal, wurden die Farben auch nahezu unverändert ins Polygon übernommen – Assoziation geglückt.
Dass eine staatliche Einrichtung sich auf das Niveau von Eigenwerbung, wie man sie von den schlimmsten Wirtschaftsunternehmen kennt (inklusive des Lügens und Verheimlichens), begibt, ist würdelos!
Selbst ich als Laie halte das Tarn-Polygon nicht mal für mittelfristig verwendbar und das schon ohne dass ich es mit den Aktionen verbinde.
Meiner Einschätzung nach nutzt sich das schnell ab und ist nicht wirklich vielseitig sondern sogar ziemlich eindimensional.
So oder so braucht diese Organisation nicht nur hinsichtlich ihres CD nichts geringeres als einen home run, einen Geniestreich – wie auch immer man es bezeichnen möchte. Der Karren steckt fest im Dreck und diese Neuerung wird ihn da nicht herausziehen können.
Also Polygone sind ja wohl echt abgedroschen. Die BW will hip und modern wirken, aber für mich irgendwie ähnlich peinlich, wenn Eltern längst abgenutzte Begriffe aus der Jugendsprache übernehmen. Polygon-Muster bekommt man auf kostenlos-Platformen tonnenweise hinterhergeworfen. Sowas kommt raus, wenn Ahnungslosen was von Einfallslosen vorgeschlagen wird.
Neben der Kritik an der Gestaltung, sollte an die Vernunft der Bundeswehr appelliert werden, die für das ganze Spektakel nämlich verantwortlich ist. Natürlich können Gestalter ihre absurdesten Ideen und Vorstellungen umsetzen, dennoch entscheidet der Kunde, was er will oder eben nicht.
Dass die Gestalter hier „erneut“ das Polygon nutzen, kann natürlich der Stil des Entwerfers sein, es wirkt aber als wäre es bei den Österreichern abgeschaut und somit nicht wirklich unique.
Die Broschüre sieht aus, als wäre sie eine Sammlung gestalteter Seiten von mehreren Designern und anschließend zusammengesetzt worden. (Beispiele: Wieso andere Markenlogos und deren zeitliche Entwicklung als Beispiele anführen und vergleichen in einer Broschüre, in dem es eigentlich nur um die Erklärung der Gestaltung des CDs der BW geht? Unter welchen Umständen wurde die Timeline gefüllt?)
Die Bilder sind sehr gelungen.
Es gibt auch Auftraggeber mit absurden oder unprobaten Ideen.
Da das Polygon augenscheinlich auch bei den Österreichern existiert plus die als Konglomerat beobachtete Broschüre … das könnte genausogut umgekehrt darauf hinweisen. Begründung: Man kennt seine Pappenheimer. Auftraggeber wie Designer.
Wenn den Sanitätsdienst tatsächlich die Schweizer Luftwaffe übernimmt,
dann könnte endlich wieder was funktionieren bei der Bundeswehr!
@Gerold das ist die neue Air Force One der Schweizer, kein Sanitätsflugzeug.
@Tim Das ist klar. Gerold spielt mit seinem Beitrag auf das neue Bundeswehr-Icon für Sanitätsdienst an, das identisch mit der runden Schweizer Flagge auf der abgebildeten Air Force One ist. Daher auch die Aussage: Wenn die Schweizer Luftwaffe den Sanitätsdienst der Bundeswehr übernimmt…
Als völliger (interessierter) Laie und ehemaliger finde ich das Polygon ganz ok und unaufdringlich, zumal in der Farbgebung. Ich empfinde es nicht als altbacken, an mir ist die Zeit der polygonmode unbewusst wohl vorbeigegangen. Allerdings befürchte auch ich, es könnte sisch schnell abnutzen.
Was daneben ist, ist das eiserne Kreuz (zu fett) und auch die Farbgebung ist eher lala. Wer es nicht eisernes Kreuz nennen mag, der kann problemlos Balkenkreuz sagen.
Die Schrift passt mMn auch nicht dazu und der Claim auch nicht. Aber das wiederum passt ganz gut zur Bw, schon immer irgendwie ungeliebt, und per “Friedensdividende” auch relativ nutzlos gemacht, trotz der Einsätze.
[…] https://www.designtagebuch.de/bundeswehr-setzt-im-neuen-corporate-design-auf-tarn-polygon/ […]
[…] auch noch ein Logo präsentiert und einsetzt. Ähnlich wie Unternehmen setzen Armeen, etwa auch die Bundeswehr, auf Corporate Design zum Zwecke der Professionalisierung ihres visuellen Erscheinungsbildes. Dass […]
Die Bundeswehr sollte keinen Werbeetat haben! Meine unumstößliche Meinung!