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Mohrenbrauerei ändert Logo und Flaschenetiketten

Mohrenbräu Logo
Mohrenbräu Logo, Quelle: Mohrenbrauerei

Die Mohrenbrauerei, 1736 erstmals urkundlich erwähnt und damit die älteste Bierbrauerei im Vorarlberg (Österreich), hat sich eine neue Markenidentität zugelegt. Vor dem Hintergrund einer zuletzt zunehmend kontrovers in den Medien geführten Debatte hatte die Brauerei einen Markenprozess in Gang gesetzt. Vor wenigen Tagen nun wurde das Ergebnis präsentiert.

Seit ihrer Gründung verwendet die Mohrenbrauerei einen als Silhouette dargestellten Kopf eines dunkelhäutigen Mannes als Markenzeichen. Dabei geht der Markenname „Mohrenbräu“ auf den Gründer Johann Mohr zurück, der 1736 im Vorarlberg ein Gasthaus eröffnet hatte. In den letzten Jahren sah sich die Mohrenbrauerei zunehmend der Kritik ausgesetzt, ihr Markenlogo sei rassistisch. Die gewählte Darstellung des Kopfes mit überzeichneten Attributen wie krauses Haar und wulstigen Lippen verletze die Gefühle vieler Menschen, so der Vorwurf.

Ein Thema, über das in jüngster Zeit teilweise heftig gestritten wird. Befördert durch die in vielen Gesellschaften/Ländern geführten Rassismus-Debatten hatte beispielsweise die Reismarke Uncle Ben’s einen neuen Namen und auch ein neues Verpackungsdesign erhalten. Seitdem verzichtet der Hersteller auf seinen Verpackungen auf die Darstellung des Kopfes eines afroamerikanischen Mannes. Die Baseball-Mannschaft der Cleveland Guardians (zuvor Cleveland Indians) verwendet seit letzten Sommer anstelle eines Indianerkopfes ein „G“ als Franchise-Logo. Auch beim traditionsreichen Delikatessenhaus Julius Meinl in der Wiener Innenstadt hatte man sich im vergangenen Jahr vom Logo verabschiedet, welches einen Fes tragenden jungen Mann als Silhouette zeigt. Das international agierende Unternehmen Julius Meinl, vom genannten Delikatessenhaus unabhängig, setzt hingegen weiterhin auf dieses Markenzeichen.

Wie die Mohrenbrauerei vor wenigen Tagen bekannt gab, werde das Unternehmen auch weiterhin sowohl am Namen Mohrenbräu wie auch an der Verwendung einer Kopfsilhouette im Logo festhalten. Im Rahmen eines Markenprozesses seien umfassende Beratungen durchgeführt und Einschätzungen von zahlreichen Experten eingeholt worden. Die Darstellung des Kopfes wurde allerdings überarbeitet. Als Unternehmen habe man die vorgebrachte Kritik, das bisherige Logo sei überzeichnet und karikaturhaft, gehört und verstanden. Deshalb habe man entschieden, alle „kolonialistischen und diskriminierenden Darstellungsmerkmale“ zu entfernen, wie es in einer ausführlichen Stellungnahmen seitens der Mohrenbrauerei heißt. Das neu geschaffene Markenbild solle verbinden und nicht spalten, so Mohrenbräu.

Auszug der Stellungnahme der Brauerei

Seit Jahren arbeiten wir an uns – als Marke, aber auch als Arbeitgeber und regionales Unternehmen. In diesem unserem Markenprozess haben wir insbesondere in den vergangenen Jahren viel zugehört und uns Zeit genommen, uns selbst und unsere Position kritisch zu hinterfragen. […] Die Diskussion um unser Logo wurde in den vergangenen Jahren mehrmals und in zunehmender Heftigkeit geführt. Weder können und wollen wir uns Rassismus unterstellen lassen, noch lassen wir uns von Menschen mit ausländerfeindlicher Haltung vereinnahmen. Der Kopf wird künftig in Form einer schwarzen Silhouette auf allen Produkten einheitlich und sehr neutral dargestellt. Es gibt keine Merkmale mehr, die als rassistisch angesehen werden können. Zusätzlich haben wir den bestehenden Schriftzug durch einen historischen Schriftzug ersetzt und berufen uns nun auf das Entstehungsjahr 1763 anstelle des Übernahmejahres durch die Familie Huber. Das spiegelt unsere lange Tradition wider.

Mohrenbräu Logo – vorher und nachher
Mohrenbräu Logo – vorher und nachher, Bildquelle: Mohrenbrauerei, Bildmontage: dt

Die Bildmarke der Mohrenbrauerei wurde insbesondere in Bezug auf die Form der Lippen und Nase überarbeitet – beide sind nun flacher. Auch die Haare wurde abgeflacht, wenngleich weniger stark. Die Haare sind auch weiterhin als lockig bzw. kraus erkennbar. Anhand der gewählten Darstellung lässt sich keine eindeutige Aussage hinsichtlich des Geschlechts der gezeigten Person sagen – es könnte ebenso ein Mann, eine Frau oder eine diverse Person sein.

Die Umstellung des gesamten Produktsortiments auf das neuen Markenbild werde schrittweise erfolgen. Bis Ende des Jahres 2022 werde der Prozess voraussichtlich abgeschlossen sein, so das Unternehmen.

Kommentar

Die im Zuge der Vorstellung des Rebrandings durch die Brauerei bereitgestellten Erläuterungen in Form von FAQ und als PDF-Dokument verdeutlichen: Mohrenbräu stellt sich der Kritik. Das ist auch gut so. Denn Unternehmen müssen sich diesbezüglich, heute mehr denn je, klar positionieren und ihre Haltung, ihre Werte hinterfragen und gegebenenfalls anpassen. Transparenz ist gerade in diesem Zusammenhang entscheidend, einfach um Kunden, eigene Mitarbeiter wie auch generell die Öffentlichkeit mitzunehmen und Entscheidungen ihnen gegenüber nachvollziehbar zu machen. Eine enorme Herausforderung für jede Kommunikationsabteilung.

Herausfordernd ist die Debatte insgesamt, schon allein deshalb, da, so mein Eindruck, in Boulevardmedien in Bezug auf entsprechende Namensgebungen, visuelle Darstellungen und dem jeweiligen inhaltlichen-geschichtlichen Kontext recht wenig Differenzierung erfolgt und vieles vereinfacht dargestellt wird. Es gibt leider keine Blaupause, die für alle Marken, Unternehmen, Vereine und Verbände gleichermaßen anwendbar wäre. Jeder Fall gehört einzeln betrachtet und bewertet. Das ist mühsam. Die betroffenen Unternehmen, so wie jetzt Mohrenbräu, investieren Zeit und viel Geld. Wie das Unternehmen schreibt „eine Investition in Millionenhöhe“. Wenn wir eine freie und offene Gesellschaft schätzen, kommen wir nicht umhin, diese Diskussionen zu führen und diese Investitionen zu leisten.

Da das Unternehmen die Bezeichnung „Mohr“ quasi im Familiennamen trägt, kann auch ich keinen überzeugenden Grund erkennen, der für eine Umbenennung spräche. Was nicht heißen soll, dass Namen mit dem Zusatz „Mohr“ generell als unproblematisch eingestuft werden. Differenzierung ist wichtig. Insofern scheint in diesem Fall die Beibehaltung am traditionellen Erkennungszeichen als Bildmarke auf der Hand zu liegen.

Die Überarbeitung der Bildmarke geht mir persönlich nicht weit genug. Nach wie vor wirkt das Profil recht unförmig, erscheint die Linienführung zum Teil eher zufällig als bewusst gewählt. In Stil und Ausdruck sehe ich in dem Zeichen nichts, was man als eine zeitgemäße Formensprache oder als eigenständigen Illustrationsstil bezeichnen könnte. Sicherlich: die karikatureske Darstellung ist gewichen. Es war richtig, dass dies korrigiert wurde. Geblieben ist jedoch eine biedere und uninspiriert wirkende Form. Das ließe sich auch moderner, mehr im hier und jetzt gestalten.

Den klassischen Schriftzug aus dem Firmenfundus zu reaktivieren, passt zum Trend in Sachen Rückbesinnung, siehe Volkswagen, Pizza Hut, Beyerdynamic und Bahlsen. Beim neuen-alten „Mohrenbräu“-Schriftzug kam mir spontan die Marke Ahoi-Brause in den Sinn.

Das Redesign der Flaschenetiketten würde ich als halbherzig bezeichnen. Das im Unternehmen in den letzten Jahren offenkundig gewachsene Bewusstsein in Bezug auf die Außendarstellung lässt sich anhand der nach wie vor altbacken wirkenden Aufmachung nicht wirklich ablesen.

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Dieser Beitrag hat 63 Kommentare

  1. Eines vorweg: Ich kannte diese Brauerei nicht. Und deren oben beschriebene namentliche Entstehung schwächt meine erste Reaktion ein wenig ab, verstärkt aber fast im gleichen Zug den rassistischen Anklang. Und das scheinbar seit Gründung.

    Ich muss ein wenig ausholen. Ich möchte in diesem Zusammenhang zwischen gezieltem, aktiven Rassismus und naivem, ungewollten Rassismus unterscheiden.

    Als Kind liebte ich Negerküsse. Heutzutage bezeichnet man die leckere Süßigkeit logischerweise nicht mehr so. Man sagt Schaumküsse. Und das ist auch richtig so, weil man das N-Wort aus jeglicher Kommunikation streichen sollte, ja muss. Waren wir damals rassistisch? Das würde ich klar verneinen. Waren wir naiv? Ein wenig wohl schon.

    Ich kann nur für mich argumentieren, dass diese Süssigkeit nur positive Assoziationen bei mir auslöste. Ich kann mich nicht an Begegnungen mit dunkelhäutigen Menschen in meinen ersten 10 Lebensjahren (damals in der DDR) erinnern, aber ich hätte es sehr begrüßt, wenn deren Küsse so süss und lecker zu sein schienen, wie es mir diese Leckerei vermuten ließ. Jedenfalls löste diese Bezeichnung bei mir keinerlei negative Gedanken aus. Im Gegenteil.

    Hätte ich in einer Region gelebt, in der man die Schaumküsse als Mohrenkopf bezeichnet, hätte ich wohl, nachdem mir meine Eltern erklärt hätten, was ein Mohr ist, kaum noch Lust gehabt, diese „Köpfe“ zu essen. Ich hätte wohl eher gefragt, warum man so etwas Leckerem solch einen verstörenden Namen gibt. Nicht weil es ein schwarzer Kopf war, sondern weil es abartig, gar kannibalisch klingt.

    Was muss man sich bei der Mohrenbrauerei damals gedacht haben, als man sich für dieses Signet entschied? Den Namen Johann Mohr mag man über die Stadtgrenzen hinaus bei der Gründung nicht gekannt haben. Die Bezeichnung Mohr als Synonym für “den schwarzen Mann” allerdings schon. Doch was hat jener mit einem Bier aus dem Alpenraum gemein? Enthielt das Bier Zutaten aus dem afrikanischen Raum? Wohl kaum. Waren die Bierbrauer, die Johann Mohr beschäftigte, vorwiegend dunkelhäutig? Vermutlich nicht. Und falls doch, hätten sich die vermutlich auch schon im 18 Jahrhundert bei ihrem Chef darüber beschwert, wenn dieser ein karikierendes Konterfei auf seine Bierflaschen hätte drucken wollen. “¨“¨Oder war deren Bier damals sehr dunkel? Was jedoch als Argument für die Wahl des Signet auch nicht zählen darf. Doch hätte es dieses Schwarzbier gegeben, würde man es wohl immer noch im aktuellen Sortiment, zumindest aber unter deren Klassikern finden. Dem ist nicht so. Folglich kann man schon damals von aktivem Rassismus sprechen, den diese Brauerei zu Werbezwecken für sich “nutzte”.

    Man kann wohl auch von gewisser Naivität sprechen. Doch über die Jahrzehnte, ja Jahrhunderte, sollte die Erkenntnis gereift sein, dass dieses Signet zwar die Wortverwandtschaft des Gründernamens teilt, aber dennoch völlig unangebracht ist.

    Und wenn man dann in der heutigen Zeit der Aufgabe gegenüber steht, den offensichtlichen Rassismus der eigenen Marke entgegen zu wirken und mit solch einer “Lösung” kommt, kann man nur von völligem Versagen sprechen. Ich mein, diese Brauerei ist fast 300 Jahre alt. Dieser Herr Mohr hat etwas geschaffen, was über so lange Zeit Bestand hat. Da verdient er es natürlich, dafür wertgeschätzt zu werden, indem das Bier weiterhin seinen Namen trägt. Ja genau, den Namen des Gründes. Nicht die völlig aus der Zeit gekommene Bezeichnung einer ethnischen Gruppe.“¨“¨Und genauso wie die alte Bildmarke „ein Witz“ ist, speziell in der sogar noch überzogeneren Darstellung auf deren „Creative Bieren“, kann man auch deren Anpassungen bezeichnen. Die Nase und Lippen etwas kleiner. Die Haar minimal glatter. Das fällt erst beim zweiten Blick auf. Verändert wurde quasi nichts. Es ist weiterhin klar als das erkennbar, was es seit jeher war: eine rassistische Karikatur, die mit dem Bier, der Brauerei und oder dem Namensgeber nichts gemein hat.“¨“¨Und dann wird noch behauptet: „Schaut her, wir haben uns dem Thema Rassismus angenommen. Wir waren es zwar nie, haben aber dennoch ALLES getan, um jeglichen rassistische Assoziationen aus unserer Bildmarke zu entfernen.“ Unfassbar!

    1. Folglich kann man schon damals von aktivem Rassismus sprechen, den diese Brauerei zu Werbezwecken für sich „nutzte“.

      Aktiver Rassismus zu Werbezwecken? Dein Ernst Toralf? Einen solchen Vorwurf in den Raum zu stellen, ohne diesen belegen zu können, halte ich für schwierig, und auch riskant, muss ich sagen. Wenns ganz blöd läuft, kann das auch schon einmal in eine Verleumdungsklage münden, wenn das beispielsweise von Seiten eines Mitbewerbers so artikuliert wird.

      Ich möchte dafür werben, ganz allgemein gesprochen, in der Sprache nicht zu scharf zu werden.

      Doch was hat jener mit einem Bier aus dem Alpenraum gemein? Enthielt das Bier Zutaten aus dem afrikanischen Raum? Wohl kaum. Waren die Bierbrauer, die Johann Mohr beschäftigte, vorwiegend dunkelhäutig? Vermutlich nicht. Und falls doch, hätten sich die vermutlich auch schon im 18 Jahrhundert bei ihrem Chef darüber beschwert, wenn dieser ein karikierendes Konterfei auf seine Bierflaschen hätte drucken wollen. Oder war deren Bier damals sehr dunkel?

      Offen gestanden klingt das recht naiv. Die genauen Beweggründe, die zur Namensgebung und zur erstmaligen Verwendung des Mohrenkopf-Signets seinerzeit geführt haben, kennen wir, die wir hier darüber diskutieren, alle nicht. Was wir aber sagen können, ist folgendes:

      Gemeinden wie Coburg, die einen Mohren im Wappen führen, oder auch Apotheken, die sich namentlich auf diese Bezeichnung beziehen, weisen darauf hin, dass die Bezeichnung Ausdruck von Verehrung ist, im Falle Coburgs die für den aus Oberägypten stammenden Mauritius. In Coburg gilt die stets als dunkelhäutig dargestellte Figur des Mauritius als Schutzpatron. Rassisten bekämpfen anders aussehende Menschen, sie erklären diese nicht zu ihrem Schutzpatron.

      Einige Apotheken, die die Bezeichnung „Mohren“ im Namen führen, verweisen darauf, dass die Verwendung der Bezeichnung Ausdruck von Wertschätzung gegenüber der damaligen Heilkunst und der im Mittelalter hierzulande als modern angesehen Pharmazie ist, die von Mauretanien (Nordafrika) den Weg nach Mitteleuropa fand. Bezeichnungen in der Literatur wie „Mohrenkönig“ oder „Mohrenfürst“ und dazu passende Abbildungen in Gemälden zeigen, dass „Mohr“ ursprünglich vielfach positiv konnotiert gewesen ist.

      Ich spreche mich keineswegs generell für die Verwendung des Mohren innerhalb von Namen oder in Logos aus. Soweit ich das überschaue ist eine positive Zuschreibung geschichtlich gut dokumentiert. Und diese gilt es mitzuberücksichtigen und mitzudenken.

      Aber klar. Es gibt halt auch gut gemeint, und trotzdem schlecht gemacht. Kritisch und problembehaftet sind aus meiner Sicht tatsächlich eindeutig stereotypisierte und verletzende Darstellungen. Im 21. Jahrhundert haben diese in visuellen Erscheinungsbildern und Markenidentitäten keinen Platz.

      Das wiederum heißt nicht, dass auch Abbildungen in klassischen/alten Kinderbüchern überarbeitet gehören. Sie sind Teil unserer Geschichte. Menschen tendieren dazu, das belegen Denkmalstürze und Gebäudesprengungen, den unschönen Teil ihrer Vergangenheit auszuradieren. Köpfe, die uns an unsere Fehler erinnern, werden von uns vergraben. Das sollten wir nicht tun. Was wir tun sollten, ist weiterhin über all diese Fragen zu diskutieren und zu streiten. Um gute Lösungen zu finden.

      1. »Soweit ich das überschaue ist eine positive Zuschreibung geschichtlich gut dokumentiert. Und diese gilt es mitzuberücksichtigen und mitzudenken.« Nein: Das M-Wort ist in seinem Ur-Sprung bereits rassistisch und es wurde auch schon immer dispektierlich genutzt. Der heilige Mauritius ist übrigens nur deshalb Schutzpatron, weil er als Märtyrer für weiße Christen starb. Und eine Verbindung vom Namen Mohr zum M-Wort herzustellen, um Exotik darzustellen ist genauso rassistisch. Mit Verlaub, hier wird offenbar über Rassismus geschrieben, ohne sich vorher ernsthaft mit dem Thema auseinander gesetzt zu haben …

  2. Danke Achim für die Aufklärung der Begrifflichkeit Mohr. Das war mir so nicht bewusst. Ich hatte dies ähnlich negativ wie das N-Wort abgespeichert und daher auf ähnliche Art und Weise “verurteilt” (ggf. auch eine falsche Wortwahl) und meine Argumentation ja deshalb mit dem Beispiel der Umbenennung des Schaumkusses eingeleitet.

    Meine Formulierung des “aktiven Rassismus” ist dahingehend wohl auch leicht falsch zu interpretieren, wie sich an deiner Reaktion zeigt. Aktiv war hier im Sinne von “wir sind uns der negativen Assoziierbarkeit durchaus bewusst, verwenden diese Worte/Symbolik aber dennoch”. Es sollte nicht als anfeindende oder bewusst diskriminierende Art [des Rassimus] verstanden werden, welche ja eineindeutig aktiver bzw. proaktiver Natur sind. Damit möchte ich weder die Brauerei noch die Werber gleichsetzen.

    Es zeigt sich auch in der Diskussion über das Thema Rassismus – was ist rassistisch? wo fängt Rassismus an? – wie heikel die Thematik ist. Woran mancheiner sich nicht stört, mag für andere zu tiefst verletzend sein. Wie formuliert man Kritik, ohne sich selbst vorwerfen lassen zu müssen, in dieser Äußerung zu “aggressiv” zu wirken?

    Ähnlich verhält es sich mit der Deutung der Bildmarke. Was darf karikiert werden, ohne verhöhnend/verletzend zu wirken? Legitimiert die Wortgleichheit des Namens die Karikatur? Doch woher weißt das der Betrachter, dem die Namensherkunft unbekannt ist, weil sie gar nicht kommuniziert wird?

    Ich selbst bin ein “weißer Mann”. Auf mich “zielt” weder die Wort- noch die Bildmarke persönlich. Ich werde nicht angegriffen, ich möchte aber auch nicht mitlachen. Eine solche Darstellung in der heutigen Zeit weckt Unbehagen und Mitgefühl Denjenigen, die sich durchaus von dieser Symbolik bzw. Darstellung angegriffen fühlen.

    1. Nachsatz: ich störe mich nicht an der Begrifflichkeit Mohr, da hier ja Namensgleichheit mit dem Gründer besteht. Die Beispiele von Coburg und den Apotheken teile ich durchaus, wenn durch die symbolische Verwendung des Begriffes bzw. des stilisierten Konterfei Bewunderung bzw. Wertschätzung ausgedrückt werden soll.
      Doch wo ist der Zusammenhang zum Bier? Und vor allem: drückt man Wertschätzung durch Karikaturen aus?

      1. Einen Zusammenhang zum Bier wie auch zu anderen Konsumgütern lässt sich schon benennen. Denn zur damaligen Zeit übte alles, was als exotisch und fremdländisch angesehen wurde, auf die Menschen eine große Faszination aus. Denken wir an Geschichten, die ein Alexander von Humboldt aus Süd- und Mittelamerika von seinen Reisen und Exkursionen mit nach Deutschland brachte. Es war die Zeit der Entdecker. Erzählungen und Zeichnungen von bis dato nie gesehenen Tieren und Pflanzen. Das wirkte ungemein reizvoll: fremdländische Kulturen, exotische Speisen, andere Gebräuche, und auch das, im Vergleich zu Mitteleuropa, unterschiedliche Aussehen der Menschen.

        Das mag ein Grund dafür gewesen sein, dass sich Gewerbetreibende in hiesigen Breiten damals dazu entschlossen haben, diese Faszination aufzugreifen, um selbst als reizvoll und attraktiv angesehen zu werden. Eben, indem sie mit einem als exotisch angesehenen Zeichen für sich werben. Marketing zur Zeit der Aufklärung. Der von mir beschriebene Reiz des Exotischen ist gut dokumentiert, in der Literatur, in der Kunst (Gemälde, Theater, siehe Othello). Die angenommene Intention hingegen ist eine These.

        drückt man Wertschätzung durch Karikaturen aus?

        Das ist in der Tat eine Schlüsselfrage! Bezogen auf Logogestaltung kann die Antwort nur lauten: Nein, natürlich nicht. Wenn eine im Wappen oder im Logo abgebildete Mohren-Darstellung als Ausdruck von Wertschätzung angesehen werden soll, darf sie nicht karikierend sein, sondern dann muss sie eine überzeugende und glaubhafte visuelle Entsprechung der Textaussage sein. Andernfalls ist die Textbotschaft unglaubwürdig.

  3. Ich muss da Carl Brandt widersprechen mit der Behauptung, dass das M-Wort in seinem Ursprung schon immer rassistisch gewesen sei. Eigentlich ist das Wort ursprünglich sogar positiv belegt und nur meinen jetzt manche Menschen, dass es rassistisch sein müsste. Es meinen vor allem Menschen die eigentlich gar nicht davon betroffen sind.

    Bestes Beispiel ist das Restaurant “Zum Mohrenkopf” in Kiel. Dort gab es auch eine Entrüstung der Leute und Forderungen, dass es umbenannt werden sollte. Aber der Betreiber sieht das gar nicht so, der übrigens selbst Afrikaner aus Nigeria ist. Wenn man danach googelt findet man genug Berichte darüber. Und in den Interviews erklärt er auch, warum das vor allem im Mittelalter ein Qualitätsmerkmal war und vor allem von Fürsten und Adeligen geschätzt war. Und er meint auch, dass er stolz ist ein Mohr zu sein und die Menschen sich auch zu ihrer Hautfarbe bekennen sollten.

    Und hier noch ein Zitat aus dem Interview von ihm:
    Und auch an seine weißen Mitmenschen hat Onuegbu einen Appell: “Ich möchte als Schwarzer nicht erklärt bekommen, wann meine Gefühle verletzt werden. Das ist auch eine Form von Rassismus.“

    Über karikierende Logos die Stereotypen überspitzt zeichnen, kann man sicher streiten. Aber der Begriff ist per se nicht negativ.

    1. Wunderbar geschrieben und teile ich zu 100%. Gleiches habe ich bereits neulich in der Diskussion um die Umbenennung des Washington Football Teams zum Ausdruck bringen wollen.
      Wörter die eine Minderheit bezeichnen, müssen nicht zwangsläufig beleidigend oder gar rassistisch sein. Es ist das Mindset, wie man zu etwas positioniert ist, nicht allein um die Vokabel. Und entsprechende Personengruppen von außen immer die diskriminierte Opferrolle zu zuschreiben ist der eigentliche Rassismus. Man kann eben auch stolz darauf sein. Sehr schön an dieser Stelle dein angeführtes Zitat von Onuegbu – trefflicher kann man es nicht sagen!

  4. Wann kommen wir endlich in einer pluralen, diversen Gesellschaft an?
    Wann können wir stolz auf unsere Unterschiedlichkeit/ Vielfalt sein und uns mit selbstverständlichem Respekt begegnen?
    Mit geht die wohl gut gemeinte Gleichmacherei, die in’s Abstruse reichende politische Korrektheit am echten Bedarf der Menschen vorbei.

    Diversity braucht gelebte Vielfalt!
    Seid stolz auf Eure Hautfarbe, Abstammung, Geschlecht, Behinderung ….
    Zeigt Euch wie Ihr seid; lasst Euch zeigen!
    … und spart Euch die unsäglichen, teils ohne Hintergrundwissen aufgebauschten Wortklaubereien.

    Wie lernen schon die Hasenkinder:
    “Man sagt nicht Möhrchen, sondern kleine Karotte”

  5. Nun stellen wir uns mal ganz dumm und vergessen, dass der Gründer Mohr mit Nachnamen hieß:

    Welche Assoziation drängt sich förmlich auf, wenn man die Karikatur eines “schwarzen Kopfes” mit dem begriff Mohr… zusammen sieht? Eben.

    Das Problem ist doch, dass der gemeine Konsument eben keine Pressemitteilungen liest und sich nicht für die Unternehmensgeschichte interessiert.

    Also finde ich ganz persönlich die Überarbeitung nicht gelungen.

  6. „Da das Unternehmen die Bezeichnung „Mohr“ quasi im Familiennamen trägt, kann auch ich keinen überzeugenden Grund erkennen, der für eine Umbenennung spräche…“

    ….da das Unternehmen die Bezeichnung im Familiennamen trägt, kann ICH keinen überzeugenden Grund erkennen, der für die Verwendung einer Silhouette einer Person aus Afrika spräche!

    1. Was hat eine ernsthafte und und wichtige Auseinandersetzung mit dem Thema mit dem 1. April zu tun, der traditionell eher mit Scherzen verbunden wird?

  7. Lustigerweise könnte man Menschen, die das Logo als “Karikatur” definieren auch vorwerfen, bodyshaming zu betreiben, um ein weiteres neudeutsches Wort zu nutzen. Denn es gibt ja durchaus schwarze Menschen, die dickere Lippen haben, warum ist dies also eine Karikatur? Die dicken Lippen und das abgebildete Profil gibt es auch bei Menschen aus unserem Kulturraum – manchmal glaube ich, dass wir heutzutage sehr gerne über das Ziel hinausschießen.

    Haben sich denn schwarze Mitbürger beschwert, dass diese Brauerei “ihre Gefühle verletzt”? Ich kann das verstehen, wenn der Zusammenhang z.B. eine eher negativ konnotierte Dienstleistung/Ware ist, z.B. eine Kanalreinigung, ein Mülleimer etc. – niemand möchte damit in Verbindung gebracht werden und eine Verletzung der eigenen Würde ist hier schon wesentlich verständlicher.

    Aber bei einer Brauerei?

    1. Übrigens PoC (People of Color) und nicht “Schwarze” Danke :)

      Auch bei einer Brauerei! Wo ist die Logik Brauereien auszuschließen oder gar zu sagen, da ist die Kombination des potenziell-defamierenden Begriffes “Mohr” mit einem Abbild eines PoC in Ordnung und hier nicht?

      Der bemühte Versucht die Narrative woanders hin zu verschieben ist leider nicht die geile Art :/
      Und – ja – es gibt genug PoC Mitbürger, die sich solche Darstellungen beschämend finden. Literatur, Blogs, Videos und Tweets gibt’s da zu genüge. :)

      1. Und auch hier möchte ich zu dem Thema PoC oder “Schwarze” widersprechen. Auch hier wieder das Zitat aus dem Interview mit dem Koch/Besitzer aus dem Restaurant “Zum Mohrenkopf” in Kiel – der wie schon geschrieben selbst aus Afrika/Nigeria kommt”:

        Und auch an seine weißen Mitmenschen hat Onuegbu einen Appell: “Ich möchte als Schwarzer nicht erklärt bekommen, wann meine Gefühle verletzt werden. Das ist auch eine Form von Rassismus.“

        Und ich habe auch noch ein paar Freunde die ebenfalls aus Afrika kommen und das Thema genauso sehen und eher mit einer Bezeichnung “PoC” Probleme hätten.

      2. PoC ist ein selten dämlicher Begriff der meiner Erfahrung nach mehr von Leuten verwendet wird die zeigen wollen wie aufgeklärt sie sind um der eigenen Überlegenheit ihrer Haltung wegen.

    1. Liebe Christine,

      genau das wollte ich grade schreiben. Alles anderes ist Gerede, Gerede und noch mehr Gerede.

  8. Es tut mir leid, aber ich sehe immer noch das selbe im überarbeiteten Markenzeichen, wie im ursprünglichen …

Kommentare sind geschlossen.

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