Das US-Baseball-Team Cleveland Indians, 1901 als „Cleveland Blues“ gegründet, haben sich vor dem Hintergrund einer langjährigen Rassismus-Debatte einen neuen Namen und damit einhergehend ein neues Logo zugelegt.
Wie das Franchise am vergangenen Freitag bekannt gab, soll nach Abschluss der Saison 2021 eine Umbenennung des in der Major League Baseball spielenden Teams von „Cleveland Indians“ in „Cleveland Guardians“ erfolgen. Der Schritt als solcher war erwartet worden. Seit vielen Jahren wurde von verschiedenen Seiten das von der Franchise verwendete Markenzeichen, ein im Comic-Stile gezeichneter Indianerkopf („Chief Wahoo“), kritisiert. Insbesondere auch viele Menschen aus der Gruppe der Native Americans sehen in der karikaturhaften Zeichnung eine beleidigende und rassistisch konnotierte Darstellung.
Bereits Anfang 2018, und damit eineinhalb Jahre vor der Tötung von George Floyd, kündigte die Franchise-Führung der Indians an, den Indianerkopf zukünftig nicht mehr verwenden zu wollen. Nun wurde der zukünftige Name des Baseball-Teams bekanntgegeben. Ab der kommenden Saison tritt das Franchise als „Cleveland Guardians“ an. Damit sind die Cleveland Indians die zweite Mannschaft im US-amerikanischen Profisport, die aus diesem Grund ihren Namen und das Teamlogo ändert. Die Führung des Franchise wie auch die Leitung der MLB stimmten darin überein, dass die Verwendung der Indianerdarstellung im Rahmen des Baseballsports nicht mehr zeitgemäß sei.
Wie das Franchise erklärt, sei „Guardians“ der von Fans am meist genannten Vorschläge für einen neuen Namen gewesen. Innerhalb der Hope Memorial Bridge, einer für die Stadt Cleveland bedeutenden Landmarke, wachen die sogenannten „Guardians of Traffic“ über den Verkehr der Stadt. Zentrale Elemente des veränderten Erscheinungsbildes sind ein neugestalteter Schriftzug, ein Monogramm („Diamond C“), die Beschriftung der Spielkleidung sowie das offizielle Logo („Guardians Fastball Logo“). Rot, Weiß und Blau bleiben als Farben des Teams erhalten.
Kommentar
In einer von Freiheits- und Gleichheitsrechten geprägten Gesellschaft sind Diskussionen über die Frage, ob ein Wort als rassistische, diskriminierende Bezeichnung gedeutet werden muss, unentbehrlich. Auch hierzulande wird diskutiert ob etwa „Mohren-Apotheke“ eine rassistische Fremdbezeichnung ist, ob die Darstellung eines afroamerikanischen Mannes auf einer Reisverpackung rassistisch konnotiert ist, ob „Negerkönig“ in Pipi Langstrumpf nachträglich ersetzt werden sollte oder ob „Zigeuner-Schnitzel“ heutzutage noch eine zeitgemäße Bezeichnung auf einer Speisekarte ist. Es ist wichtig diese Kontroversen zu führen, diese auszuhalten und sich mit der eigenen Identität und Geschichte einer Kultur auseinanderzusetzen.
Zeichen und Bildsprache sind ein wesentlicher Bestandteil von Kultur. Wenn bestimmte Symbole und Namen aus Sicht der so Dargestellten und Bezeichneten als diskriminierend empfunden werden, kann man nicht so tun als fände über die Sprache keine Ausgrenzung statt. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma etwa hat sich bezüglich der Bezeichnung „Zigeuner“ sehr eindeutig ablehnend positioniert. Dies sollte eigentlich Grund genug sein, den eigenen Sprachgebrauch zu hinterfragen. Sprache verändert sich überdies fortwährend. Veränderung bedingt die Anpassung des Einzelnen. Und weil Anpassung Aufwand bedeutet, lehnen viele Menschen jegliche Veränderung ab. Wir kommen jedoch nicht umhin, uns über die Bedeutung von Symbolen und Namen auszutauschen, und zwar differenziert.
Womöglich wäre es hilfreicher gewesen „Negerkönig“ mit einem erklärendem Vermerk im Kinderbuch zu versehen, als diese Bezeichnung durch „Südseekönig“ zu ersetzen. Ein wenig ähnelt der Versuch, Geschichte auf diese Weise ausradieren zu wollen, dem Sturz von Denkmälern. Denn die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte bleibt einem so erspart. Statt den Kopf in den Sand zu stecken braucht es in einer offenen, pluralistischen Gesellschaft jedoch den Mut, Scham zu überwinden. Gelingt dies, können wir einen Kopf, wie den von Lenin, auch wieder ausgraben, um uns mit dessen wie auch unserer eigenen Geschichte auseinanderzusetzen.
Das Baseball-Franchise in Cleveland hat sich mehrere Jahre Zeit genommen, um die Umbenennung sowie ein Redesign zu vollziehen. Beides ist sinnvoll. Denn insbesondere die Kopfdarstellung wurde von Seiten indigener Gruppen seit vielen Jahren als stereotyp kritisiert. In Deutschland muss auch weiterhin darüber gesprochen und diskutiert werden, inwieweit Darstellungen von dunkelhäutigen Menschen, etwa innerhalb von Stadtwappen und -logos oder auf Produkten, stereotype und veraltete Vorstellungen bedienen. Wenn „Mohr“ im Sinne eines Ehrentitels gemeint ist und verstanden werden soll, so ein Argument, dann braucht es nach meinem Verständnis auch eine dementsprechende visuelle Formensprache, frei von karikaturhafter Stilistik, wie sie in vielen heraldischen Wappen zu finden ist. Nehmen wir uns die Zeit, über Symbole, Zeichen und deren Bedeutung zu sprechen und zu streiten. Vor allem sollten wir jenen Menschen zuhören, die Diskriminierung erfahren, nicht denen, die diskriminieren.
Vielen Dank für diesen Beitrag, ich kann dir nur zustimmen! Der letzte Satz ist besonders wichtig: Es tut allen gut, mal die Perspektive zu wechseln. Mir haben dabei zuletzt u.a. Podcasts wie “Halbe Katoffl” oder “Rice & Shine” viel geholfen.
Treffend kommentiert und natürlich ein richtiger Schritt.
Angenehm, dass stilistisch alles “old school“ angelegt ist. Der neue “Fastball“ ist ein tolles Symbol. Allerdings habe ich den Eindruck, dass die zwei Gs zu nahe beisammen sind – da passt kein runder Ball dieser Größe dazwischen.
Sieht so aus, als wären die Fans hier mal zur Abwechslung ganz gut mitgenommen worden:
https://www.mlb.com/indians/fans/cleteamname/branding-process
Der Name hätte durchaus bleiben können. Oder ist das Wort “Indianer” diskriminierend? Mal sehen, wer als nächster beleidigt ist oder meint, die Rechte eines anderen “verteidigen” zu müssen – vielleicht Tierschützer, die es als nicht mehr zeitgemäß betrachten, dass Vögel, Fische oder Raubkatzen als Maskottchen herhalten müssen?
Darüberhinaus finde ich, dass dieses abstürzende Konstrukt aus Ball, Flügeln und Buchstaben schlecht und altbacken umgesetzt ist. Schade, denn gerade die MLB hat so gute, beinahe zeitlose Logos hervorgebracht. Immerhin ist das neugestaltete “C” etwas spannender spannender gestaltet als das langweilige alte Monogramm.
Ja, das Wort “Indianer” ist beleidigend. Es ist der Name, der den Ureinwohnern Amerikas von den Leuten verliehen wurde, welche später einen Völkermord an ihnen verübten.
Wenn man jeden gesellschaftlichen Fortschritt ins Lächerliche zieht, hat das aber natürlich auch eine gewisse Aussagekraft.
Der Name Indianer ist laut Wikipedia
Darauf könnte man – wenn man es nicht schon weiß oder kurz recherchiert – sogar selbst kommen. Das diskriminierende Ausmaß dahinter mag ich nicht bewerten, aber nachdem das in dem Zuge geändert wurde, läßt es sich durchaus vermuten.
Und an dem Tiervergleich ist gerade so viel dran, als dass es dein Vermögen an einem sinnvollen Beitrag zeigt.
Es gibt einen guten Grund warum in den US of A seit Jahren schon die Bezeichnung “Native Americans” verwendet wird.
Nachvollziehbar auch, wenn dies bei uns noch nicht in Gänze angekommen ist, sind wir doch deutlich geringer betroffen – dennoch nicht mehr zeitgemäß.
Ein Kommentar mit weniger Häme und mehr Feingefühl wäre auch angebracht. Ich halte die konstruktive Diskussionskultur in diesen Kommentaren sehr hoch.
Persönlich finde ich das Logo ganz gut und garnicht altbacken. Klar die “G” stehen auf für mich etwas eng aber alles in allem eine gelungene Gestaltung die komplett “Baseball” atmet.
@ Achim: Immer toll wie feinsinnig wichtige und sensible Themen im Text verarbeitet werden.
Möchte da dieses Video noch zu einbringen, dass es auch da komplexer ist, als man denken mag:
https://www.youtube.com/watch?v=kh88fVP2FWQ
Ändert allerdings am Ende nichts an der Tatsache, dass es gut ist, wenn dieses Franchise sich nicht an Begrifflichkeiten der Minderheit bereichert.
Vor allem, da die Verantwortlichen es tatsächlich geschafft haben, ein Branding zu bauen, was Hand und Fuß hat… oder Handschuh und Fastball…
Wenn Jörg Hansen das Wort nicht diskriminierend findet, dann sollen sich diese Indianer bitte mal nicht so anstellen. Wo kämen wir denn da hin, wenn Menschen, sie nicht nur beinahe ausgelöscht wurden, sondern die fortwährend benachteiligt sind, selbst entscheiden dürfen, was sie als diskriminierend empfinden? Das kann Jörg Hansen doch viel besser.
Was dann natürlich nicht fehlen darf: Irgendeine alberne Übertreibung, um ein völlig nachvollziehbares Ansinnen ins Lächerliche zu ziehen.
Solche wie dich, Jörg Hansen, gibt es. Das weiß ich und das kann ich aushalten. Es werden nämlich immer weniger, und lauter werdet ihr auch nur, weil ihr merkt, dass ihr an Einfluss verliert.
Der neue Name gefällt mir, das Logo finde ich bestenfalls durchschnittlich – aber natürlich um Dimensionen besser als das alte, das wirklich gar nicht ging.
@neandertaler76: 100%
Gut, dass man den Schritt gegangen ist.
Aus gestalterischer Sicht bleiben bei mir doch ein paar Fragen offen: die zwei „G“s um den Ball wirken irgendwie arg willkürlich. Klar, die Paarung zitiert die Namensgeber, die Pylone der Brücke, aber sonst? Einfach nur ein irgendwie mittelprächtig gezeichneter Buchstabe und ein Baseball? Das ganze noch schön „negativ“ nach unten fliegend? Das wirkt mir inhaltlich fast ein wenig amateurhaft und ohne jedes bisschen emotionaler Aufladung.
Auch verstehe ich nicht, wieso der Guardians- und der Cleveland-Schriftzug, und folgerichtig auch das Logo und das Monogramm so gar keine Verwandschaft aufweisen? Hätte man da nicht eine verbindendere Typografie wählen können? So wirkt es ziemlich kunterbunt, als würde man sich schon jetzt vorbereiten, das „Guardians“ bald austauschen zu können.
Tut mir leid, das überzeugt mich gestalterisch so gar nicht…
Die beiden “G”s mit Flügeln spielen auf die Helme der “Guardians of Traffic” an:
https://i.pinimg.com/originals/c8/05/ba/c805babc8934e1ef81b07682f77672bf.jpg
Ja, schon klar. Mit etwas Fantasie könnte man auch annehmen, dass die Formensprache des „cleveland“ schriftzuges an die Formensprache der Pylone anlehnt. Aber trotzdem bleibt es so vage. Und betont unemotional. In den Figuren und dem Formenschatz dieser Guardians steckt ja doch eine Menge drin, am Ende nimmt man ein großes „G“? Und zeichnet dass dann noch eher kindlich naiv, statt irgendwie cool, oder konstruktiv, an die Vorlage angelehnt? Wie gesagt: es ist poppig, aber in meinen Augen ist da viel Potential ungenutzt geblieben.
Das ist ein Detail, aber warum man das zeichen quasi von oben sieht erscheint ebenfalls total willkürlich und bestenfalls unglücklich: kein Mensch sieht diese guardians von oben, sie thronen erhaben oberhalb der strasse, sie „über“-wachen. Warum man dann das Emblem visuell klein macht, in dem man eine Draufsicht gewährt, bleibt rätselhaft, von der in der westlichen Kultur als negativ konnotierten Flugrichtung ganz abgesehen.
Unentbehrliche Rassismusdebatten? Ganz ehrlich? Ich kann diesen Schwachsinn nicht mehr hören. Heute ist es schlimmer als je zuvor. Jeder darf alles sein, jeder darf sich über alles aufregen. Es nervt nur noch. Männer “werden” zu “Frauen”, Frauen zu “Männern”. In jeder Stellenausschreibung steht nun zusätzlich “Divers”. Am Schwulen- und Lesbentag kleben sich alle einen Regenbogen ins Gesicht. Filme, Firmen und Gestaltungen werden geächtet, weil sie das Wort “Mohr” oder “Neger” benutzen. Wer in der Öffentlichkeit steht und sich vor 30 Jahren zu Fasching als Mexikaner oder Indianer verkleidet hat, muss sich öffentlich entschuldigen. Als ob es keine wichtigeren Dinge gäbe.
Als ‘Popetown’ auf Sendung ging, empörten sich einige christliche Vereinigungen darüber; als Mohammed-Karikaturen aufkamen, empörten sich Muslime darüber; Kasachstan empörte sich über ‘Borat’ – man fühlte sich beleidigt, respektlos behandelt, falsch verstanden und quasi diskriminiert. Zu dieser Zeit kam die Antwort, das sei künstlerische Freiheit, das sei Satire, das müsse man aushalten, man solle sich nicht so anstellen, die Beleidigten sind in der Minderheit.
Es ist idT gut und richtig, über diskriminierende Inhalte In kreativen Arbeiten und in der Sprache zu reden, aber ich erkenne auch dort durchwechselnde Trends und Inkonsequenz in der Mehrheitsmeinung, für welche Gruppierung man Sympathie und Empathie zeigt – und für welche nicht.
Die Flügel wirken etwas schief und die beiden Gs sind zu nahe beieinander für einen Ball dazwischen (wenn das hintere überhaupt ein G sein soll). Ansonsten kein schönes, aber ein stimmiges Logo für diesen Sport, der auf mich generell weniger bierernst wirkt wie z.B. Football.
Das alte Logo war – mal die Rassismus-Sache komplett ausgeblendet – einfach grässlich weil viel zu cartoonhaft. Space-Jam beim Baseball.
Bei dem Logo hier kann ichs noch verstehen, es gab aber schon andere Logoänderungen, da wars weniger verständlich. Nämlich bei den Red Skins. Da fand ich das etwas befremdlich, da die Mehrheit der Ureinwohner nichts gegen den Namen hatten und das Logo selber sogar von einem entworfen wurde. Das Logo war auch nicht überdreht wie bei den Indians. Trotzdem wurde es “wegen Rassismus” weggecancelt.
Wer hat denn das bisherige Logo der Indians gestaltet?
Das Gegenteil ist richtig: A timeline of the Redskins name change debate – The Washington Post
In Anbetracht der breiten Front, die sich gegen den Namen errichtet hatte und die über die Jahre immer stärker wurde, finde ich es bedenklich, wenn derlei unbelegte Behauptungen in die Welt gesetzt werden.
Danke Wilhelm.
Super Kommentar Achim. Sehr gut formuliert.
Ein furchtbar schwieriges Thema… Ich versuche für mich persönlich abzuwägen, ob die gezeigte Karikatur oder der Name (heute) in einem positiven oder negativen Sinn eingesetzt wird. Wenn man nun einen vermeintlich rassistischen Namen für ein Geschäft, eine Marke oder einen Verein verwendet, dann ist das m.M.n. eher Anerekennung als Diskriminierung. Schließlich musste jemand mal entschieden haben: “Als Indianer wollen wir uns darstellen/identifizieren”… Tilgt man nun die “Indianer” oder “Onkel Ben” aus der Öffentlichkeit, ist das für mich eher negativ behaftet. Nach dem Motto: “Blos weg damit!”
Am Einfachsten ist es da, die Namen zu ändern und sich dadurch zukünftig Erklärungen zu ersparen. Kann ich auch nachvollziehen, sollte es tatsächlich vermehrt kritisiert worden sein. Aber auch hier darf man sich noch die Frage erlauben: Waren es die Betroffenen selbst oder jene, die ohne gefragt worden zu sein für Minderheiten ihr Wort einlegen?
Aber wie eingangs gesagt: Schwieriges Thema, mit dem ich mich in diesem Beispiel nicht tief genug befasst habe, um ein faires Fazit zu ziehen. Selbst wenn etwas im Ursprung auf negativem Wortlaut beruht, darf man dem Ganzen die Change geben, sich auf positive Weise über viele Jahrzehnte zu verändern. Ob als Wertschätzung oder auch eine Art Mahnmal. Keine Ahnung, ob jemand meinem Gedankengang folgen kann…
Noch zum neuen Logo: Die verbliebenen Indianerfedern sind zumindest in Gedenken an den alten Namen verblieben. Finde es von der Dynamik ganz gelungen. Stimme aber auch Worn zu, dass ein Ball nur gequetscht zwischen die beiden gefiederten G’s passen würde. Vermute aber, dass ein größerer Abstand das Gesamtbild ruiniert hätte.
“Aber auch hier darf man sich noch die Frage erlauben: Waren es die Betroffenen selbst oder jene, die ohne gefragt worden zu sein für Minderheiten ihr Wort einlegen? ”
Diese Frage ist sehr leicht zu beantworten: Es waren die Betroffenen selbst, die das unzählige Male selbst so geäußert haben.
Eine Frage aufzuwerfen, die gar keine ist, sondern eine Unterstellung, ist ein wenig unangenehm.
Und: Nein, das ist kein “furchtbar schwieriges Thema”. Es ist das einfachste Thema der Welt: Verwende keine Sprache, keine Bilder, die andere Menschengruppen wegen ihrer Herkunft, ihres Glaubens, ihrer sexuellen Orientierung beleidigen und verletzten. Schwierig ist das Thema nur, wenn man das ständig gegen die unerheblichen eigenen Empfindlichkeiten abwägt. Das kann man tun, dann ist man aber halt ein Idiot.
Neandertaler hat vollkommen recht:
Das Argument
ist absolut nicht nachvollziehbar. Uncle Ben’s u.ä. ist kein Mahnmal, das man behalten sollte, um auf Rassismus und Diskriminierung in der Produktkommunikation aufmerksam zu machen.
Einfach gesagt: Man läßt auch kein Haus brennen, um zu zeigen, das Feuer gefährlich ist. Es wird gelöscht und an anderer Stelle (präventiv) Aufklärung betrieben. Darum hat das auch nichts mit Cancel Culture zu tun.
Nur mal zur Info: Allein die Nutzung der Ausdrücke “Rassismus” oder “rassenfeindlich” ist fragwürdig! Jeder Mensch gehört zur Spezies des Homo Sapiens. Auf unserer Erde lebt nach dem Aussterben des Neandertalers nur noch eine Rasse. Abweichungen bei Hautfarbe oder Gesichtszügen sind rein durch regionale Gegebenheiten bzw. das umgebende Klima entstanden.
Aber nun werde ich gleich aufgeklärt, dass ja nur die Rassisten unterschiedliche Rassen sehen wollen und der Begriff davon abgeleitet wird… Da bleibt für mich aber trotzdem die Frage offen, in wie weit jeder die Bezeichnung “Rasse” in seinem Kopf einordnet, denn die Verwendung der Begriffe suggeriert erstmal, dass es unterschiedliche Rassen gäbe.
Man merkt also schnell, dass es oft auch nur Erbsenzählerei ist, wenn es um die Verwendung von Begriffen in der täglichen Umgangssprache geht. Mich stört ja nur, dass jeder, der einen eingebürgerten Begriff ohne böse Absicht nutzt gleich in die rechte Ecke gestellt wird. Schaut man sich die aktuelle Diskussion über die Grünen-Chefin Annalena Baerbock an, dann wird klar, dass sie verurteilt wird, weil sie das N-Wort auch nur als Zitat verwendet hat.
Ich bin strikt gegen eine Umschreibung etwaiger Bücher und Texte, weil diese eben den Zeitgeist widerspiegeln. Eine Revision erlaubt nur das Vergessen und Vergessen führt unweigerlich zur Wiederholung vergangener Fehler. Nur so viel dazu.
Das Logo an sich ist handwerklich sauber gemacht und entspricht der heutigen Designsprache. Ich weiß nur nicht, inwiefern ich es gut finden soll, dass der Ball nach “unten” fliegt. Nach oben würde dem ganzen eine positivere Assoziation verleihen – auch wenn man sich anschauen müsste, wie das dann im Gesamtbild wirkt.
Kurz gesagt, kein perfektes Logo, das Motiv ist auch eher unkreativ, erfüllt aber seinen Zweck und sagen wir so, es gibt schlimmere Logos für diesen Sport.
Ich kann den Schritt nachvollziehen, das alte Logo und der Name haben zu viele Stereotype bedient, die nicht zeitgemäß sind, dennoch sollten wir aufpassen, dass wir bei unserer akribischen Suche nach einer gerechteren Sprache nicht das Kind mit dem Bade ausschütten.
Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma hat sich gegen die Verwendung des Begriffs Zigeuner ausgesprochen, das heißt aber nicht so viel, wie man vermuten würde, denn der ZDSR repräsentiert nicht alle Menschen, die zigeunisch sind, wie z. B. die Jenischen. Seitdem der Begriff durch Sinti und Roma ersetzt wurde, gehen diese Menschen in der gesellschaftlichen Wahrnehmung unter. Sie können nur noch dazugedacht werden, werden aber nicht mehr angesprochen. Darüber hinaus gibt es eine große Anzahl innerhalb der Sinti und Roma, die sich keines Wegs vom dem Wort Zigeuner beleidigt fühlen, sondern den Begriff als stolze Eigenbezeichnung verwenden – nicht als Trotzreaktion, sondern sehr bewusst. Der ZDSR repräsentiert nicht alle Anspruchsgruppen es ist also etwas anmaßend, den Begriff für alle Angesprochenen zu bewerten, da wäre etwas mehr Sensibilität angebracht, zumal der ZDSR für sich ja auch einen sensiblen Umgang erwartet.
Ähnliches gab es auch schon bei dem Begriff Eskimo, der angeblich “Rohfleischfresser” bedeuten sollte und weswegen die Eigenbezeichnung Inuit zu verwenden sei. Dass das Wort Eskimo “Rohfleischfresser” bedeuten soll, ist längst widerlegt, das Wort Eskimo wird dennoch nicht verwendet. Inuit stammen allerdings nur aus Nordamerika, die Yupik in Sibirien werden von dem Begriff Inuit nicht mehr erfasst und werden wie die Jenischen unsichtbar. Westliche, aktionistische Überkorrektheit, insbesondere von halbwissenden Stellvertrerbetroffenen, schadet meiner Meinung nach oftmals mehr, als sie verbessert.
…eine kleine Anmerkung zum Begriff “Eskimo”: In Kanada leben fünf voneinander zu unterscheidende “First Nations”, darunter befinden sich zwei Gruppen (Stämme), die keinesfalls als “Inuit” bezeichnet werden wollen, sie bestehen ausdrücklich auf der Bezeichnung “Eskimo” (Mitteilung eines Freundes, der längere Zeit in Kanada verbracht hat – kann ich nicht authentisch nachprüfen und Wikipedia traue ich nur im Hinblick auf überprüfbare Zahlen, Daten und Fakten).
Was ich bei solchen Diskussionen, denen man aktuell zu Hauf folgen kann, feststelle, ist, wie sehr man sich (global betrachtet) im Klein-Klein verliert. Ich denke einer Eskimo/Inuit/Yupik-Gruppe in Sibirien geht es mehr um rechtliche Gleichstellung, Anerkennung von Besitz und Lebensweise (Stichwort Ölindustrie Raubbau), statt darum, dass sich der Westen um politisch korrekte Bezeichnungen zerfleischt. Ähnliches dürfte für viele andere in verschiedensten Gegenden der Welt gelten, die von höchster staatlicher Stelle aus ihrer Menschenrechte beraubt werden.
Ich will damit nichts relativieren oder entschuldigen, aber ich fühle mich da häufig an die Bekämpfung von Drogenkriminalität erinnert, wo man sich auf die kleinen Dealer konzentriert, weil halt irgendjemand vor Gericht gestellt werden muss. An die großen Bosse kommt oder traut man sich jedoch nicht ran.
Ansonsten eine sehr spannende Diskussion hier!
Was ich an diesen Diskussionen so erstaunlich finde, ist mit welche Mühseligkeit versucht wird die Legitimation jeglicher Bemühung in Richtung weniger Rassismus und weniger Diskriminierung sofort in Frage zu stellen. Dabei scheint nicht mal der abstruseste Vergleich zu weit hergeholt und keine Bagatellisierung (“im Klein-Klein verlieren”, “Überkorrektheit” …) zu schade zu sein.
Und genau das machst du (und andere hier) in deinem Kommentar. Du unterstellst den Änderungen bei den Gardians nicht nur keine Relevanz, indem du – analog zu deinem Drogenpolitikvergleich – sie mit der Rolle des Bauernopfers gleichsetzt. Vielmehr soll damit vor den großen Rassismusbossen (?) abgelenkt werden; what? Im Zirkelschluss läge dann deine Lösung darin, jeden Rassismus zu legitimieren, ähnlich wie bei Drogen eine Entkriminalisierung?
Wenn man schon Vergleiche anstellt – und damit eine gewisse Aussage tätigen möchte – dann sollte man diese auch aussprechen und nicht als “offenen Beitrag” tarnen.
Spannende Diskussion.
Klares Nein. Ich schreibe ja bewußt, dass nichts relativiert oder entschuldigt werden soll. Eine Entkriminalisierung der Drogenpolitik stelle ich auch nicht als Lösung dar. Korrekt wäre es, den kleinen Dealern UND den Bossen polizeilisch und juristisch nachzustellen.
Alles, was ich meine, ist, dass wir der Diskriminierung durch politisch unkorrekte Sprache viel Diskussionsraum geben, der Diskriminierung durch staatliche Gewalt und hoheitlichste Anordnungen vergleichsweise wenig Raum gegeben wird, obwohl sie doch als schlimmer zu bewerten ist.
Oder – ganz banal reduziert:
Wenn Aufregung über N-Wörter, dann auch mehr Aufregung über die systematische Zerstörung der Uriguren!
Wenn Aufregung über fehlende Gendersternchen, dann auch deutlich mehr Aufregung über Erdogans Austritt aus dem istanbuler Abkommen (und damit klares Ja zu Straffreiheit gegenüber Gewalt gegen Frauen)!
Noch eine Anmerkung zum auch hier aufgeworfenen Thema:
Sind derartige Namen als Wertschätzung oder unangebrachte Vereinnahmung zu interpretieren?
Ich kenne die Geschichte des Namens nicht. Vielleicht war er damal wertschätzend gemeint. Zb weil die Mannschaft ebenso hingebungsvoll kämpft, wie ein Indianer. Oder weil der Indianer der “noch echtere” Amerikaner ist. Oder weil der Indianer mit seinen lustigen Federn und Stammestänzen damals eine sympathische Identifikationsfigur war. Egal wie es gemeint war – es ist nicht mehr zeitgemäß und wirft im besten Fall Missinterpretationen auf.
Eine Baseballmannschaft ist kein Kunstprojekt, das als Stachel der political correctness bewusst provozieren kann, sonder muss den zeitgemäßen Konsens suchen.
Legitim wäre der Name etwa, wenn dort zb viele native Americans mitspielen. Dem ist aber eindeutig nicht so.
Vorschlag an alle Skeptiker: Stellt euch mal vor, eine deutsche Bundesliga-Mannschaft hieße “Die Juden” – kommt gut oder? Natürlich wertschätzend gemeint.
Dazu passend: um zu verdeutlichen, wie unangemessen das bisherige Indians Logo gewesen ist, eben da es rassistisch konnotiert ist, hier eine hilfreiche Darstellung:
Quelle: creativebloq, Bild: Jesse Alkire
Diesbezüglich kann es keine klare Antwort geben. Jeder Begriff ist einzeln zu bewerten, ebenso jeder Anwendungskontext. Auch WER eine der weiter oben von mir genannten Bezeichnungen verwendet und WANN sie verwendet wurde, ist mitzuberücksichtigen. Wenn eine Bezeichnung oder ein Name für viele Menschen vor 50 Jahren ok gewesen ist, spielt dies heutzutage eigentlich keine Rolle mehr. Wie wir in einer Gesellschaft leben wollen, gilt es HEUTE neu auszuhandeln. Und die Diskussion über die Sensibilisierung im Bereich der Sprache, der gesprochenen, geschriebenen, wie auch der visuellen, ist Bestandteil eines solchen Prozesses. „Mohrenkopf“ als Bezeichnung für ein Gebäck kann wohl kaum als Zeichen von Wertschätzung angesehen werden. Bei einer Apotheke, die im Namen „Mohren“ trägt, verhält es sich schon ganz anders. Wichtig erscheint mir hier, nicht zu pauschalisieren.
Wofür ich sehr dankbar bin, ist die von gegenseitigem Respekt getragene Diskussionskultur hier. Vielen Dank für die zahlreichen konstruktiven Beiträge!
Übrigens: auch der EC Hannover Indians wird sich der Diskussion nicht entziehen können. Im Unterschied zu Cleveland beinhaltet deren Logo allerdings keine karikatureske Darstellung.
Ich glaube es ist extrem wichtig, die Herrkunft des Namens und die Interpretation zu hinterfragen. Sportmannschaften heißen in Amerika “Adler”, “Krieger”, “Falken” oder Ähnliches. Alles Begriffe, die Stärke, Stolz etc. verkörpern. Zu der Zeit der Namensgebung – das unterstelle ich jetzt mal im besten – war “Indianer” wohl hier auch so verstanden worden.
Weiße, bekannte Sportler haben Namen und Wappen stolz auf der Brust getragen, nicht weil sie sich als die “Besieger der Indianer” verstanden haben, sondern durch die Assoziationn die davon ausgehen.
Nun haben sich diese Assoziationen halt geändert, bzw. die eigentliche Wortherkunft wird hinterfragt und deshalb das Design überarbeitet.
Schade finde ich aber, das die positiven, prominenten Assoziationen nun nicht mehr gezeigt werden. Vllt hätte man einen neuen Namen wählen können, der dem heutigen Sprachgebrauch entsprechend trotzdem an den Stolz und die Stärke der Ureinwohner erinnert (Idee: einen Fluss / mytische Figur aus der Region o.Ä.).
Weil nun ein Denkmal an die Ureinwohner wegen nicht mehr zeitgemäßer Wortnutzung leider Geschichte ist.
Danke für den klugen Einwurf. Ich habe ebenfalls den Eindruck, dass mit besten Absichten und auch guten Gründen immer öfter das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird, indem nicht nur rassistische oder andere diskriminierende Konnotationen sondern auch ehedem positiv besetzte Erinnerungen ausgelöscht werden und damit der Sache ein Bärendienst erwiesen wird. Genau das führt meines Erachtens auch zu der Schärfe der Reaktion, weil im Sinne der guten Sache die Meinungshoheit beansprucht wird, ohne den auf individuellen Assoziationen beruhenden möglicherweise völlig diskriminierungsfreien Haltungen gerecht zu werden.