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In Clermont-Ferrand können die Bürger über das neue Stadtlogo abstimmen

Clermont-Ferrand Logo Entwürfe
Clermont-Ferrand Logo Entwürfe, Quelle: Clermont-Ferrand

Clermont-Ferrand Logo Entwürfe

Clermont-Ferrand, die größte Stadt der französischen Region Auvergne-Rhône-Alpes, will sich nach mehr als 30 Jahren ein neues Logo zulegen. Auf der offiziellen Beteiligungsplattform der Stadt können alle Clermontois zwischen drei zur Wahl stehenden Entwürfe entscheiden.

Das aktuelle Stadtlogo von Clermont-Ferrand wurde im Jahr 1988 eingeführt. Seitdem habe sich das Gesicht und das Image der Stadt, die seit 2018 den Rang einer Métropole-Region innehat, grundlegend verändert, wie die städtische Verwaltung erklärt. Die Veränderung dynamischen, ökologischen, vereinten, bürgerlichen und lebendigen Stadt müsse nun auch in eine starke und moderne visuelle Identität überführt werden.

Von drei lokalen Agenturen ließ die Stadtverwaltung entsprechende Designs entwickeln. Von insgesamt 20 erarbeiteten Vorschlägen wurden von einem Gremium drei Entwurfslinien ausgewählt, zwischen denen nun bis 24. September alle Clermontois ihren Favoriten wählen können. Einwohner von Clermont-Ferrand können entweder direkt im Rathaus wählen oder per Internet auf der Bürgerplattform der Stadt ihre Stimme abgeben. Das Logo mit den meisten Stimmen wird das neue Logo der Stadt.

Wie die Stadtverwaltung auf der Plattform erklärt sei man bemüht die Einführung des neuen Corporate Designs inklusive Stadtlogo möglichst kostensparend durchzuführen. Sukzessive werde man zu Beginn des kommenden Jahres das Logo an Gebäuden, Fahrzeugen und kommunalen Unterlagen ausrollen.

Entwurf 1

Entwurf 2

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Kommentar

Wenn Abstimmungen zu Logoentwürfen online durchgeführt werden, dann in der Regel deshalb, weil die Initiatoren Aufmerksamkeit erzeugen möchten. Aufmerksamkeit für ein Produkt, eine Marke oder ein Event. Maßnahmen wie die Logo-Abstimmung zur EXPO 2025 sind ein reines Marketing-Instrument. Mit gesellschaftlicher Teilhabe und Partizipation hat ein solches Voting nichts zu tun. Ein Indikator für Qualität kann eine solche auf Öffentlichkeitswirksamkeit ausgerichtete Abstimmung zudem nicht sein, im besten Fall für Popularität.

Bürgerbeteiligung im Bereich Corporate Design ist einerseits sinnvoll und wichtig, anderseits herausfordernd bis heikel. Sinnvoll, weil eine Stadtmarke die Unterstützung möglichst vieler Gruppen innerhalb der Bevölkerung benötigt, auch die der städtischen Mitarbeiter. Je mehr Markenbotschafter, umso stärker die Marke. Insofern ist es erstrebenswert, ein visuelles Erscheinungsbild auf den Weg zu bringen, das bei vielen Menschen Anklang findet. Wobei eine Corporate-Design-Lösung mehr als bloß gefällig sein sollte. Heikel ist Bürgerbeteiligung in diesem Kontext, weil es natürlich ein Wagnis darstellt, „Volkes Wille“ im Rahmen eines komplexen Fachthemas nicht nur zu berücksichtigen, sondern diesem bedingungslos zu folgen. Was gewiss kein Garant für hochwertige Gestaltung ist, wie sich anhand von Würzburg zeigt, wo die Bürger für ein Logo mit orientalisch-wirkender, überladener Silhouette als Bildmarke votiert haben, das so ziemlich alles vermissen lässt, was ein zeitgemäßes Markenzeichen benötigt. Damit Bürgerbeteiligung im Bereich Corporate Design gelingt, braucht es neben professionellen Partneragenturen vor allem eines: Designverständnis auch auf Seiten der Stadtverwaltung. Dann kann auch eine solche Abstimmung, wie sie derzeit im französischen Clermont-Ferrand durchgeführt wird, gelingen.

Alle drei auf der Bürgerbeteiligungsplattform zur Wahl stehenden Entwurfslinien verfügen über eine erkennbare, zum Teil hohe Gestaltungsqualität. Auffällig ist, dass alle drei Logos reine Wortmarken darstellen. Das ist ungewöhnlich im kommunalen Umfeld, denn hier machen meist nicht typographische als vielmehr bildhafte Zeichen das Rennen. Man denke an die unzähligen Signets mit Stadt-Land-Fluss-Idylle und Silhouetten-Darstellungen. Wenn also in diesem Fall drei Wortmarken zur Wahl stehen, dann deshalb, weil das für die Organisation des Designprozesses eingesetzte Gremium sich im Vorfeld mit den beteiligten Agenturen auf eine solche Lösung verständigt hat. Auch die grundsätzliche Festlegung auf ein rot-blaues Farbspektrum ist bereits erfolgt. Beide Entscheidungen wurden den Bürgern also abgenommen. Es ist imminent wichtig, dass ein solcher Bürgerbeteiligungsprozess von Experten begleitet wird, und zwar nicht nur produktiv und kreativ, sondern vor allem beratend und moderierend. Denn ohne eine Einengung auf einen Designkorridor, gerät jede Onlineabstimmung zum Vabanquespiel.

Das Modell Bürgerplattform, das zeigen die kürzlich ins Leben gerufenen Plattformen in Duisburg (Du aktiv), Wolfsburg wie auch das im Frühjahr 2021 auf EU-Ebene initiierte Projekt futureu.europa.eu, erfährt zunehmend Unterstützung. Viele Menschen wünschen sich Mitsprache, die nicht nur an bestimmte Projekte und Initiativen gebunden ist. Sie wünschen sich dauerhaft zivilgesellschaftliche Teilhabe und Einfluss. Mehr und mehr Verwaltungsorgane unterstützen bürgerschaftliches Engagement und launchen entsprechende digitale Angebote. Denn Politik braucht Beteiligung und den Dialog. Neu ist die Idee der Community Organizing nicht. Aktuell scheint die Idee jedoch an Fahrt aufzunehmen.

In einer von der Universität Cardiff 2015 herausgegebenen Studie wird Frankreich bescheinigt, dass es im Vergleich zu Deutschland viel aufzuholen habe. In Folge der sogenannten Gelbwestenbewegung, sagte die Regierung Macron mehr Bürgerbeteiligung zu. Mit partizipativer Demokratie, das zeigt der Umgang mit den vom Bürgerkonvent erarbeiteten Vorschlägen, tut sich das seit je her zentralistisch und streng hierarchisch regierte Frankreich immer noch schwer. Clermont-Ferrand scheint den Beweis antreten zu wollen, dass Design, obschon immer wieder von Kreativschaffenden negiert, sehr wohl basisdemokratisch ist.

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Dieser Beitrag hat 9 Kommentare

    1. Das „O“, so die Beschreibung, formt „einen Krater, ein Rad, ein Auge, das uns einfängt und transportiert“. Clermont-Ferrand wird überragt vom Puy de Dôme, einem hohen erloschenen Vulkan.

      1. Mir fiel dabei auch die zentrale Lage von Clermont Ferrand, im Zentralmassiv und relativ in der Mitte des Landes ein. Zumal es keine weiteren Grossstaedte naeher am Zentrum des Landes gibt. Deswegen war diese Variante mein persoenlicher Favourit.

  1. Mein Favorit ist Variante 2, obwohl mir auch diese nicht zu 100 % gefällt. Die anderen Logos wirken auf mich leider zu generisch, Variante 3 erinnert mich sogar an ein Logo eines Einkaufszentrums.

  2. Variante 3 wird das rennen machen, nicht weil es so toll ist, sondern weil es der kleinste gemeinsame Nenner ist und keinem weh tut. Persönlich gefallen mir 1 und 2 wesentlich besser, wobei die 1 durch ihre eher klassische Ausarbeitung vermutlich etwas eingängiger und (zumindest auf den ersten Blick) flexibler ist. Variante 2 hat mit Abstand die stärkste visuelle Identität, bietet dadurch aber auch eine grosse Angriffsfläche (z.B. CLEAMONT?). Spannend wird es sein zu sehen, inwieweit die Stadt sich dem Bürgerentscheid zu beugen bereit ist, wie man noch vom Bud-Spencer Tunnel weiß ist das ja so eine Sache mit den Entscheiden, wenn sie dann doch „falsch“ ausgehen.

  3. Ich hab mich eher gefragt, was denn die Stadt ausmacht. Gibts da was interessantes, spezielles? Das erste Logo betont das “M”, könnte ne Brücke sein. Das zweite hat ein auffälliges “O”. Sieht mit dem M und T daneben aus wie ein Walzwerk oder sowas. Das Dritte ein auffälliges “R”. Aber soll wohl nur schön aussehen.

  4. Der 1. Entwurf wirkt formal leider etwas auseinander fallend, ihm fehlt eine deutliche formale Idee außer diesem “verrückten” M.

    Der 2. Entwurf ist hochinteressant und kreativ, aber in der Ausführung zu wild und zu eckig.

    Der 3. Entwurf hat wenigstens irgendeine formale Idee, die dem Mainstream gefallen wird. Gefällig. Sie wirkt verbunden durch den R-Unterbogen und dadurch nicht auseinanderfallend. Nur empfinde ich den gewählten Rotton der Hauptvariante als langweilig und verwaschen.

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