Der Fußballclub Leeds United, seit 2010 in der englischen 2. Liga (Football League Championship) spielend, hat sich ein neues Vereinswappen zugelegt. Der Verein beteuert, im Vorfeld über 10.000 Unterstützer befragt zu haben. Die Fans jedoch fühlen sich übergangen und verspotten auf Facebook und Twitter zu Tausenden das neue Emblem.
Während der Club Ende der Sechziger und Anfang der Siebziger Jahre große Erfolge feierte (englischer Meister 1969 und 1974), lief es in den letzten Jahren nicht mehr rund. Mit der Einführung eines neuen Vereinswappens, so lässt es der Verein im Rahmen der Vorstellung des neuen Wappens wissen, wolle man den Beginn einer neuen Ära beschreiten. Das große Ziel für 2019, dem Jahr in dem der Club seinen 100. Geburtstag feiert, ist der Wiederaufstieg in die erste Liga, der Premiere League.
Anscheinend hat man sich in beiden Fällen zu ambitionierte Ziele gesetzt. Derzeit steht der Verein auf Platz 10 der Tabelle. Und der Plan, die Fangemeinde unter einem neuen Wappen zu vereinen, ist vorerst gescheitert. Denn in der englischen Presse und auf Social Media wird das neue Wappen gnadenlos ausgebuht. Selbst Fans anderer Vereine gaben zu, Leeds hätte besseres verdient als dieses Signet, das bei Gary Lineker Sodbrennen verursacht. Der Verein sieht sich auf Facebook und Twitter einem Sturm der Entrüstung ausgesetzt.
Das neue Vereinszeichen – es zeigt den Oberkörper eines Spielers, der seinen rechten Arm quer über die Brust hält, sodass seine zur Faust geballte Hand über dem Herz platziert ist –, ist für einen englischen Fußballverein sehr ungewöhnlich. Es verzichtet auf den für englische Vereinswappen typischen heraldischen bzw. pseudo-heraldischen Prunk (Löwen, Raubvögel, Türme, Kanonen, Ornamentik). Was in vielerlei Hinsicht so verkehrt nicht ist. Aber genau dieser Umstand ist für viele Fans offenbar Anlass, Kritik zu üben, und zwar vehement. Wenn es um ihren Verein geht, sind insbesondere englische Fans traditionsbewusst, um nicht zu sagen Traditionalisten. Als der Everton FC vor fünf Jahren ein neues Logo präsentierte (dt berichtete), gab es von Seiten der Fans so heftig Kritik, dass sich der Verein dazu veranlasst sah, umfangreiche Nachbesserungen am Logo vorzunehmen. Nach einem zweiten Anlauf wurde das Wappen dann von den Fans akzeptiert. Je größer der Druck, desto wahrscheinlicher ist es, dass eine Vereinsführung nachgibt. So die Erfahrung in Everton. Und das wissen auch die Fans von Leeds United, die nun ihrerseits darauf drängen, dass der Verein das aus ihrer Sicht unpassende Arm-Signet gar nicht erst flächendeckend einführt. Denn auf der Vereinswebsite ist derzeit noch das alte Wappen im Einsatz. Ob es auch in Leeds einen zweiten Anlauf geben wird?
Kommentar
Die Kritik der Fans, und damit meine ich nicht den Spott, wie er auf Facebook, Twitter und Instagram zu finden ist, ist grundsätzlich nachvollziehbar. Denn das vor wenigen Tagen vorgestellte Vereinszeichen ist mehr Illustration als Logo, mehr Kampagnenmotiv, denn zentraler Absender eines Fußballvereins. Als Geste mag der über die Brust gerichtete Arm eine identitätsstiftende Kraft besitzen, beispielsweise wenn vor Spielbeginn beim Singen der Vereinshymne auf diese Weise die Verbundenheit zum Club auch visuell zum Ausdruck gebracht wird. Als zentraler Absender eines Vereins ist diese Form der illustrativen Darstellung allerdings eher ungeeignet, zumindest im „alten Europa“. Im US-amerikanischen Franchise-System (NFL, NBA, MLS), wo die Außendarstellung der Teams weniger traditionsbehaftete ist, wird man dies freilich anders sehen. Aber genau diese Nähe zum US-Sport ist es, die in weiten Teilen der Fanbasis europäischer Clubs als verpönt angesehen wird. Auch deshalb stößt das Leeds-Wappen auf großen Widerstand.
Logos, auch die von Vereinen, müssen einfach, klar und wiedererkennbar sein. Der HSV hat beispielsweise so ein Zeichen, was allerdings nichts über die sportliche Qualität eines Clubs besagt. Im Idealfall ist die Form so simpel, das sich das Logo aus dem Gedächtnis nachzeichnen lässt. Darüber hinaus fehlen in dem neuen Leeds-Wappen die für den Verein typischen Symbole, etwa die Rose (seit 1984 Erkennungszeichen) oder die diagonalen Streifen in den Farben Gelb und Blau. Ein weiterer Grund, weshalb das neue Wappen abgelehnt wird. Solche über mehrere Jahrzehnte hinweg verwendeten identitätsstiftenden Erkennungszeichen gänzlich zu verwerfen, birgt immer die Gefahr fehlender Wiedererkennbarkeit. Es ist in diesem Fall weniger, wie oftmals bei der Entwicklung von Logos, die mangelnde handwerkliche Qualität des Logos, die kritisch zu bewerten ist, als vielmehr die grundsätzliche Idee, die Arm-Geste mit in das Vereinswappen aufzunehmen. Angesichts der starken Ablehnung, die das neue Wappen erfährt, müssen sich die Verantwortlichen im Verein die Frage stellen, was bei der Befragung und Marktforschung im Vorfeld schief gelaufen ist.
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Update 07/2019: Das in diesem Beitrag vorgestellte Signet wurde aufgrund der heftigen Proteste seitens der Fans wieder eingestampft. Mehr als 75.000 Fans hatten eine entsprechende Petition unterzeichnet, mit der die vollständige Einführung des sogenannten „Salute-Logos“ gestoppt werden sollte, was auch gelang. Rund eineinhalb Jahre später führt der Club im Rahmen des 100-jährigen Bestehens eine Art „Jubiläumswappen“ ein, siehe nachfolgende Abbildung.
Mediengalerie
Weiterführende Links
Die Vereinsführung hat schon auf den Missmut der Fans reagiert und wird das Ganze wohl nochmal überarbeiten: https://www.facebook.com/BBCMOTD/videos/10154554138017824/
Besten Dank für das Update Julian!
Also meiner Meinung nach ein gelungenes Redesign, wenn man das alte Logo betrachtet. Natürlich ist es immer schwer etwas umzugestalten, das mit einer langen Tradition verbunden ist. Es zeigt Verbundenheit und bezieht die Fans mitein. Ich finde es schade, dass sie sich noch mal umentscheiden werden…
Auch wenn es handwerklich stimmig erscheint, wirkt es doch – besonders wenn es neben den Emblemen der Tradtitionsvereine dargestellt wird – ziemlich infantil. Jugendlichen Fans mag die stolze Mannesbrust wohl eher gefallen, der (gesetzte) Traditionalist könnte ein gewisses Understatement vermissen.
Als Werbekampagne aber durchaus machbar.
Ein bisschen sehr martialisch ist diese dargestellt Geste schon. Wirkt fast wie als sollte die Verbundenheit zum Verein wie mit einer Art heiligen Schwur und kompletter Lebenswidmung symbolisiert werden.
Vielleicht geht das einigen Fans auch zu weit; die Liebe zum Verein wird hier zu krass und zu vordergründig dargestellt. Durch diese offensichtliche Darstellung erhält sie auch eine Art geforderte/erwartete Selbstverständlichkeit, die so wohl nicht jeder Fan unbedingt erfüllen will.
Andernfalls finde ich es ganz schön, dass man mal von den üblichen Objekten (Raubtiere, Fussbälle, Kanonen etc) wegkommt und sich etwas abhebt.
Könnte auch das Logo für die gesamte Liga sein wenn man statts Leeds United den Liganamen einsetzt. Für mich leider ein deutlicher Fehlgriff der Verantwortlichen – da ist deutlich mehr drin!
… siehe Juventus Turin: https://www.designtagebuch.de/juventus-turin-blickt-mit-neuer-visuellen-identitaet-in-die-zukunft/
die wissen wie’s geht!
Also das Juve Logo, war ja wohl der größte Fehlgriff überhaupt. Als Logo auf einem Briefkopf ok, aber auch juve wird herausfinden müssen, dass man in einem Verein ein Wappen und kein Logo will. Ein Verein ist keine Firma und wenn er so dargestellt wird, entfernen sich die, ohne die der Club nichts ist – die Fans.
Die Fans haben recht.
Was sollen sie mit diesem Meister Proper, der unsympathisch die Ellenbogen ausfährt.
Die Osnabrücker Zeitung widmet sich ebenfalls dem Thema Fan-Kritik:
https://www.noz.de/deutschland-welt/sport/artikel/1010906/leeds-united-erntet-spott-fuer-neues-logo#gallery&0&0&1010906
Kommt zumindest ohne den üblichen wohlfeilen Hinweis in Pressekreisen auf exorbitante Logoentwicklungskosten oder überbezahlte Agenturen aus.
Der Hinweis auf Massen-vorher-Befragungen von > 10.000 Personen klingt allerdings nicht mit der sparsamen Kante genäht.
Apropos hands on heart.
Das machen Footballer – außer anscheinend jetzt bei Leeds United^^ – nicht mit der Faust, sondern mit der ganzen flachen Hand:
So sieht das aus.
In Deutschland so
Man sieht Menschen, die beim Saufen diese Geste machen wenn sie rülpsen.
Der Vereinsname ist so auswechselbar, das im grunde alle Vereine der Welt dieses bekloppte Teil benutzen könnten. Nur mal eben den Schriftzug und die Farben ändern.
Was interessiert mich das neue Kack-Logo von irgendeinem Drecks-Provinz-Fußballverein? Jedes zweite hier besprochene “Logo” ist ein Fußballding… büäh. Ich will mehr Frauen-Topic!
Ganz heiße Kandidatin für „Ausgezeichnet kommentiert“ …
Aber Fußball ist doch auch für Frauen. Wir leben doch schließlich im Jahr 2018. ;)
Es geht doch um Logos und Design. Scheiss egal für welche Domäne. Dummer Kommentar.
Ganz spontan: ich find’s super. Mal was anderes.
Eine “Verwappenung” einer Geste macht nicht zwangsläufig Sinn, vor allem nicht in Form eines enthaupteten Mr. Proper.
Wobei man das Motiv ohne den Schildcharakter durchaus 2019 als Aktionslogo zum 100. Bestehen hätte antesten können.
Das Alt-Logo ist natürlich eine ganz eigene Kategorie von Albtraum: vertikale Schreibschrift und eine Rose, filigran wie auf einer Porzellantasse, gepappt auf etwas, was das plump-überladene Kühlerlogo eines ukrainischen Autobauers sein könnte.
Habe die ganze Zeit gegrübelt: Richtig, Meister Proper ist das, nur kopflos. Danke für den Kommentar, sehr treffend.
Irgendwie seltsam, wenn man in einem Signet eine Figur ohne Kopf sieht. Mir fällt zumindest keines ein.
@ Karla Kolumna: Nennen Sie doch bitte Beispiele für Frauen-Topics – vorausgesetzt, dass Ihr Kommentar kein Prank-Versuch ist.
Ich bin übrigens überhaupt kein Fußballfan, finde aber besonders Signets von Fußballvereinen (auch anderen Sportvereinen) interessant. Vor allem auch wegen der darin enthaltenen Pseudo-Heraldik.
Beim ersten Hinsehen hab ich echt überlegt ob dass nicht auch eine (versteckte) faschistische Geste ist….
Wirkt für mich etwas zu martialisch. Und Sherlock vermutet: Eine Frauenabteilung haben die nicht?
Überall Nazis, was?
Das ist nun mal kein Kuschelverein der Hekelkurse beim Kaffee um Vier anbietet, sondern Fußball “” Schweiß, Tränen und nicht selten auch mal Blut (wenn auch nur Schürfwunden).