Freie Universität Berlin erhält neues Corporate Design
Die Freie Universität Berlin hat sich aus Anlass ihres 75-jährigen Bestehens ein neues Corporate Design zugelegt. Die Universität bricht damit mit ihrem bisherigen traditionellen Erscheinungsbild und möchte, der eigenen Leitidee folgend, freies Denken im Lernen, Lehren, Forschen und Experimentieren an der Hochschule auch im Logo visualisiert sehen. Viel Zuspruch findet das neue visuelle Konzept bislang nicht.
Mit dem Ziel, die Besonderheiten und Alleinstellungsmerkmale der Universität herauszuarbeiten und klar vermitteln zu können, wofür die Freie Universität stehe, wurde Anfang 2022 ein Markenbildungsprozess angestoßen. In einem mehrstufigen Verfahren und mit unterschiedlichen Formaten wurden Angehörige der Universität, externe Stakeholder sowie die Berliner Stadtbevölkerung danach befragt, wie sie die Universität wahrnehmen und was sie ihrer Ansicht nach auszeichnet.
Ein Ergebnis der vielfältigen Beteiligung war, wie die Uni auf ihrer Website erklärt, dass der Begriff „Freiheit“ – sowohl in historischer als auch in gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Perspektive – immer wieder mit der Universität assoziiert wurde. „Mit dem neuen Logo wollen wir der Freiheit als lebendigem Prinzip eine Gestalt geben“, so Gösta Röver, Leiterin des Designteams der Universitätsbibliothek. „Die Freie Universität ist eine moderne und innovative Universität. Sie ist relativ jung, international vernetzt, au…
Die Idee der Marke finde ich nicht schlecht. Sie ist außerdem sehr am Zeitgeist. Und genau das ist das Problem. Das bisherige Logo wirkt neben dem neuen seriöser und transportiert die Exzellenz einer so renommierten Hochschule viel besser. Hier hätte ich mir eine Modifikation gewünscht. Wir werden in ein paar Jahren sehr viele Relaunches von Hochschullogos haben, weil sie schlecht altern werden.
techno lebt.
Bei Universitäten schwingt immer der Dualismus aus traditioneller Institution vs extrem junge Hauptzielgruppe (16-25 jährige) mit. Hier ist man vom einen Extrem direkt zum anderen gewechselt, mutig.
Hilfe, ich sehe das U nicht, bin ich formenblind? Nein, aber die obere F-Hälfte als nach rechts gekipptes U zu lesen, erscheint mir nicht zwingend. Egal, jedenfalls ein mutiger Schritt, der auffällt. Da die FU keine jahrhundertealte Tradition besitzt, lässt sich ein Verzicht auf das Siegel ganz gut begründen. Ob dem Zeitgeist verhaftet oder schon wieder Retrolook aufgrund der Reminiszenz an Pixelgrafiken, vermag ich nicht zu entscheiden. Die Schriftart hätte etwas origineller sein können, harmoniert aber mit dem Logo. Also ich find’s insgesamt ok und deutlich besser als das alte Logo.
Da ein Uni-Logo heutzutage Modernität ausstrahlen soll, kreiert man bei Überalterung dann eben ein neues. Apropos Modernität: Dynamik, Offenheit sind auch gängige Schlagworte, diese lassen sich ebenfalls hineininterpretieren.
Gruß aus Berlin
Das ist einfach nur schrecklich und traurig und ein wahres Verbrechen.
Besonders viel Liebe, scheinen aber einige Unis nicht für ihr Siegel übrig zuhaben. Zuletzt hat da auch die Bergakademie Freiberg einiges an Ihrem, zugegeben nicht so traditionellen Siegel, umgebaut.
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Historisches Siegel? Eher historisierendes Siegel. Schon in den Zwanziger Jahren war Design weiter als so pseudo-tradierte Wappen einzusetzen. Bei der Uni Heidelberg sehe ich es als historisch ein.
Danke Christoph, für den interessanten Einwurf.
Im Allgemeinen wird angenommen, dass Ereignisse, die vor etwa 50 bis 100 Jahren (oder noch weiter) zurückliegen, als historisch angesehen und als solche bezeichnet werden. In diesem Fall halte ich die Bezeichnung historisch für zutreffend und passend, im beschreibenden Sinne. Die insbesondere im Sport zu beobachtende übermäßige Verwendung als Superlativ einmal außen vor lassend.
Das erste Siegel der Freien Uni Berlin wurde 1949 entworfen, und zwar von Prof. Edwin Redslob, seines Zeichens Kunst- und Kulturhistoriker und der erste Rektor der Uni.
Siegel wie das 1949 von Redslob entworfene waren im Nachkriegsdeutschland weit verbreitet. Das Siegel trägt mehr Züge eines heraldischen Wappens, denn eines modernen Logos. Aus meiner Sicht stellt das Siegel, im Kontext visuelle Identität von Hochschulen(!), ein damals als zeitgenössisch angesehenes Design dar. Denn zur damaligen Zeit nutzten Hochschulen/Universtäten in aller Regel als Absender entweder Siegel oder schlichtweg simpel gehaltene Schriftzüge, oftmals zentrisch in Versalien und Serifenschrift gesetzt. Die im Siegel angewandten bewährten, konservativen Gestaltungsmittel lassen die damals noch junge Hochschule als verlässlich und ebenbürdig (-> Wettbewerb) erscheinen. Dazu gleich mehr.
Corporate Design fand zu jener Zeit noch kaum Anwendung – die Disziplin, der Begriff und die Vorstellung hinsichtlich eines visuellen Erscheinungsbildes etablierten sich erst einige Jahre später. Echte Logo-Neukreationen, die keinerlei oder nur geringen geschichtlichen Bezug hatten, waren in diesem Segment eher selten. Man bedenke: ein damals als modern angesehenes Uni-Logo, sofern es keine Wappen- oder Siegel-Form besaß, galt Vielen als ein Bruch mit Traditionen und konservativen Werten. Gerade im Nachkriegsdeutschland, einer Zeit, in der meines Wissen 16 Universitäten neu- oder wiedergegründet wurden, ging es aus der Perspektive dieser Universitäten nicht bzw. weniger darum, als zukunftsorientiert / fortschrittlich angesehen zu werden – so wie zwei Dekaden zuvor das Bauhaus, das nicht zuletzt aufgrund seiner fortschrittlichen, mit Konventionen brechenden Haltung und Pädagogik aufgelöst werden musste –, sondern Hochschulen wollten im Wiederaufbau befindlichen Deutschland Verlässlichkeit, Solidität und Vertrauen vermitteln. Ganz selbstverständlich hat man sich im Bemühen darum an bewährten Stilmitteln orientiert, eben an traditionellen Siegel-Emblemen, die Freie Universität Berlin (1948) ebenso wie etwa auch die Technische Universität Braunschweig (1945) oder die Universität Regensburg (1962).
Das von Redslob entworfene Siegel ist demnach keine Rekonstruktion, vielmehr eine zeitgenössische Interpretation traditioneller Universitätssiegel. Logos von Mittelaltermärkten kann man als historisierend bezeichnen, auch das vom Disneyland Resort (Kalifornien) zählt hierzu. Zeitungswortmarken, ebenfalls in gebrochenen Lettern gesetzt, sind hingegen NICHT historisierend, sondern historisch. Denn sie entstanden im Zuge der Gründung der Zeitungen vor vielen Jahrzehnten, teils Jahrhunderten unter dem Einfluss damals gebräuchlicher Kommunikations- und Ausdrucksformen (z.B. Fraktur).
Erinnert mich stark an die CRT-Glitcheffekte. Modern und auffallend ist es auf jeden Fall. Da frag ich mich aber wie dann die Drucksachen aussehen werden. Ob das dann eher so ein matschiges gelb-grün wird? Alles in Sonderfarben drucken wird denen sicher zu teuer sein.
Wirkt auf mich völlig einfallslos und generisch. Wenn man schon derart mit einer etablierten Marke bricht, vor allem bei Siegeln und Wappen das gleichzeitig noch die Stadt verkörpert, sollte man schon einen angemessenen Gegenentwurf vorlegen, und nicht ein Icon, dass von einer Stock Vector Website stammen könnte.
Ein Blick auf das 2006 von Adler & Schmidt umgestaltete Logo und Designkonzept der HTW Berlin lohnt sich. Stand es hier Pate?
War tatsächlich auch meine allererste Assoziation. Merkwürdig, dass man das in Kauf genommen hat.