Gut zwei Wochen vor der Bürgerschaftswahl in Hamburg (15. Februar 2015) werfen wir einen Blick auf die Plakatkampagnen der derzeit in der Hamburgischen Bürgerschaft vertretenen Parteien. Wie präsentieren sich SPD, CDU, BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN, FDP und DIE LINKE auf ihren Plakaten und welche Themen stehen im Vordergrund?
Bundespolitisch interessant ist die Wahl in Hamburg vor allem in Hinblick auf die Frage, ob die FDP (wieder) und die AfD (erstmals) den Sprung ins Parlament schaffen werden. Aktuellen Umfragen zufolge werden sich beide Parteien wohl strecken müssen, um die 5-Prozent-Hürde zu überspringen. Für die FDP ist es die erste Bewährungsprobe der veränderten Kommunikationsstrategie samt neuer visuellen Identität, zu der auch ein neues Parteilogo gehört. Es ist für die Liberalen für die Freien Demokraten mehr als nur ein Wahlkampf, es ist der Kampf um das Fortbestehen der Partei.
Die SPD Hamburg hingegen tritt mit ihrem Spitzenkandidaten Olaf Scholz als Sieger der vergangenen Wahl an und hofft in „Hamburg weiter vorn“ zu bleiben, so der Slogan, mit dem sie antritt und gleich einmal Besitzanspruch formuliert. Bei der CDU wiederum geht man jede Wette ein, eine „absolute Mehrheit für die SPD wird es nicht geben“. So gering schätzt Bürgermeisterkandidat Dietrich Wersich also seine Chancen ein, Scholz aus dem Amt zu verdrängen. Wie es scheint, hat man sich bereits vor der Wahl mit Platz 2 abgefunden. Spannender ist das vielleicht die Frage, wie die kleinen Parteien inklusive AfD und DIE LINKE abschneiden werden.
Wenn auch programmatische Profile sich mittlerweile vermischen und Positionen sich nicht immer eindeutig den jeweiligen Parteien zuordnen lassen – die Wahlkampagnen zur diesjährigen Bürgerschaftswahl in Hamburg könnten unterschiedlicher kaum sein. Zumindest anhand der Gestaltung lassen sich reichlich Differenzierungsmerkmale zwischen den Parteien benennen.
SPD
Die SPD geht mit einer dreistufigen Kampagne in den Wahlkampf. Kopflos und ohne Parteilogo startete man zunächst in den Wahlkampf, mit Motiven, die Aufmerksamkeit erzeugen sollen. Etwas, das in unserer übersättigten Medienlandschaft immer schwieriger zu erreichen ist. Das Weglassen des Parteilogos und des Namens ihres Spitzenkandidaten Scholz signalisiert Selbstbewusstsein. Selbstbewusstsein, das die SPD Hamburg dank absoluter Mehrheit seit vier Jahren auftanken durfte.
In der zweiten Stufe beinhalten die Plakate kurze, um nicht zu sagen verkürzte thematische Aussagen, etwa „Wirtschaftskraft. Neue Arbeitsplätze.“ Weniger Inhalt geht nicht. Eine Steilvorlage für den politischen Gegner? Wohl kaum, denn tatsächlich ist im Rahmen einer solchen Kampagne eine Reduzierung sowohl der Bildsprache, der Textmenge wie auch insgesamt der Gestaltung nur von Vorteil. Wahlplakate müssen nichts erklären, sie sollen Zeichen setzen, die sich leicht einbrennen.
Trotz zunächst gekapptem Konterfei: mehr Scholz geht nicht. So sieht die Kampagne einer Partei aus, die einen Personenwahlkampf führt. Mal staatstragend schauend, mal verschmitzt lächelnd ist Olaf Scholz Mittelpunkt der Kampagne. Die Schwarzweiß-Fotografie, ein Novum für die SPD, zumindest in der jüngeren Kampagnen-Vergangenheit, unterstreicht den Führungsanspruch, denn wie wir alle wissen ist Schwarz (auch) die Farbe der Macht und des Souveräns. Mit Hilfe der Farbgebung, Ausleuchtung und Mimik soll die Seriosität des Kandidaten betont werden, der – so lässt sich die Bildsprache deuten – keine andere Person neben sich duldet. Scholz füllt zudem das Format nahezu voll aus. Es ist unmissverständlich, von wem Hamburg zukünftig regiert werden soll.
Von Bundes-Purpur keine Spur. Die Hamburger SPD pflegt ihre eigenen Farbakzente, womit sie Eigenständigkeit und Unabhängigkeit von der Bundes-SPD zu behaupten scheint. In riesigen Lettern kommt die Hausschrift der SPD, die SPD TheSans, in schrillen Farben zum Einsatz, als müsse sie ein Popkonzert ankündigen. Warum auch muss Politik immer aussehen wie Politik? Muss es nicht, wie man sieht. Und das ist auch gut so.
Die Motive der dritten Kampagnenstufe lagen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels noch nicht vor. Wie es in der Ankündigung heißt, wolle man sich hier gezielt auf Olaf Scholz konzentrieren. Noch mehr Scholz?
Entwickelt wurde die Kampagne von der Agentur BUTTER.
CDU
Ein schönes Kontrastprogramm zur SPD-Kampagne bietet die CDU, die mit einer eher konventionellen Plakatgestaltung in den Wahlkampf zieht. Ihr Spitzenkandidat Dietrich Wersich sucht auf den Plakaten, anders als Scholz, das Gespräch mit dem Bürger auf der Straße. Eine sehr klassische Kampagnenidee mit entsprechend oft gesehenen Sujets.
Die Blickführung nahezu aller Gesprächspartner ist einzig auf den Bürgermeisterkandidaten gerichtet. Seine Gestik und Mimik verdeutlichen Gesprächsbereitschaft. Stets von Menschen umgeben und vor urbaner Kulisse abgelichtet, wird der Eindruck erweckt, Wersich stehe für den Dialog. Dialogbereitschaft darf man freilich als Wähler von jedem Kandidaten erwarten. Und doch gelingt es nicht immer, Dialogbereitschaft und Aufmerksamkeit des Spitzenkandidaten einzufangen, wie man etwa im Rahmen der CDU-Kampagne zur Landtagswahl in NRW beobachten konnte, in der Norbert Röttgen lieber den Blick in die Kamera bevorzugte, anstatt sich auf die mit ihm abgelichtete Person einzulassen, in diesem Fall einem Kind. Wersich macht es, angeleitet durch den Fotografen, besser.
Wie schon die SPD, distanziert sich auch die CDU Hamburg mit ihren Plakatmotiven ein Stück weit von der Bundespartei, die bekanntermaßen seit einigen Jahren Orange als zentrale Hausfarbe verwendet. Stattdessen setzt man in Hamburg auf Blau, das Vertrauen wecken soll. Nicht nur die Kleidung des CDU-Politikers wurde darauf farblich abgestimmt (Schal, Krawatte, Trenchcoat), selbst das Polizeiauto samt Blaulicht ist Teil des Farbkonzepts.
Die Kampagne lässt deutlich das Bestreben nach „Sicherheit und Sauberkeit“ erkennen. Solide und durchweg konservativ ist die Plakatgestaltung, die nicht der Aufmerksamkeit wegen um Aufmerksamkeit schreit, sondern sich ganz in den Dienst der Sache stellt. Eine Kampagne, die den größtmöglichen Konsens sucht und in ihrer Beliebigkeit kaum anecken/auffallen wird.
Verantwortlich zeichnet die Agentur Wire.
Bündnis 90 / Die Grünen
Statt mit echten Wahlkampfthemen in den Medien zu punkten, wird die Berichterstattung über die GRÜNEN derzeit von dem angekündigten Parteiausschlussverfahren gegen die eigene Bürgerschaftskandidatin und frühere Bürgerschaftsvizepräsidentin Nebahat Güçlü dominiert. Umso wichtiger ist es für die Partei, ihre Themen über die Werbung zu platzieren. Nach vier Jahren ohne Regierungsbeteiligung erhofft man sich, wieder mitregieren zu können.
„Mit Grün geht das.“, lautet das Kampagnenmotto zur Bürgerschaftswahl 2015. „Mit Dir“ werde man die Themen anpacken, wie man in der für die Partei typischen kollegialen Verbundenheit versichert. Fotografisch wie auch sprachlich sind die Plakate weniger auffällig als etwa die „UND DU?“-Motive zur Bundestagswahl 2013, die über mehr Eigenständigkeit verfügen und schon allein aufgrund der Sprüche zum Gesprächsthema wurden.
Die aktuelle Kampagne ist weniger gewitzt, in ihrer Tonalität eher um Sachlichkeit bemüht, dabei Handlungsfähigkeit signalisierend. In den Achtzigern zunächst noch Protestpartei, gehören die GRÜNEN längst zum politischen Establishment, und das spiegelt sich auch in der Kampagne wider, die nicht als Protest gegen etwas, gegen die aktuelle Politik aufbegehrt, wie es etwa bei der AfD zu beobachten ist, sondern für ein Sache, etwa „für den Klimaschutz“ einsteht. Eine Argumentation, wie sie üblicherweise von regierenden Parteien, von Platzhaltern eingenommen wird. Ein subtiler Machtanspruch, wenn man so will.
Die Stärke innerhalb der Gestaltung ist, dass sie keine handwerklichen oder technischen Schwächen hat. Freigestellte Motive auf grünem Grund kennt man von den GRÜNEN, da sind sie mittlerweile berechenbar. Gerade in der Politik nicht eben die schlechteste Eigenschaft.
Verantwortlich für die Kampagne zeichnet die Agentur BrawandRieken.
FDP
Da sind sie wieder – Katja Sudings Beine. Ein Altherrenschwenk, wie es im Jargon der Fernsehleute heißt, brachte die Spitzenkandidatin der FDP Hamburg zuletzt unfreiwillig ins Gespräch. Immerhin. Die von Vielen bereits totgesagte Partei kann Aufmerksamkeit gut gebrauchen. Wenn es denn die, aus Sicht der Partei, richtige Publicity wäre; öffentliches Interesse etwa für politische Standpunkte. Aber wer will die heutzutage schon lesen, geschweige denn darüber berichten.
Um die Aufmerksamkeit gezielter zu lenken, engagierte die FDP Ende letzten Jahres eine neue Werbeagentur. Erstes Produkt der Zusammenarbeit mit HEIMAT, die auch für die hier vorgestellte Wahlkampagne verantwortlich zeichnet, war „Unser Mann für Hamburg“, ein Plakat, von dem man sich wohl erhoffte, es würde für Kontroverse sorgen, was wenige Wochen nach der verzweifelten Wahlkampagne der FDP Brandenburg schwerlich möglich gewesen ist. Politikverdrossenheit trifft auf Immunität respektive Abgestumpftheit gegenüber provokanter Werbung.
Wenigstens kann man in Hamburg ohne Übertreibung behaupten, die Richtung vorzugeben, sah man doch hier die ersten Anwendungen im aufgefrischten Corporate Design, Wochen bevor es gemeinsam mit dem neuen Parteilogo offiziell vorgestellt wurde. Angelegt in CMYK-Farben und mit deutlich sichtbarem typographischen Akzent, bleibt von der FDP, wie man sie aus Kampagnen vergangener Jahrzehnte her meist kannte – blass, uninspiriert, vorhersehbar –, nicht viel übrig.
Natürlich auch deshalb, des großen Kontrastes zum bisherigen Erscheinungsbild wegen, fallen die Motive der aktuellen Kampagne auf. Fotografisch beweist man Eigenständigkeit. Perspektiven und Blickwinkel, wie man sie auf Plakaten der FDP bis dato noch nicht gesehen hat. Die Gestaltung ist jugendlicher, frischer, wenngleich sie nicht jedermanns Geschmack treffen dürfte, vor allem nicht den der Stammklientel. „Pop Art“ statt gelber Wollpulli. Welch ein Kulturschock.
Will man als Freie Demokraten überleben, müsste man in der Lage sein, neue Wählergruppen zu mobilisieren, was in erster Linie über Inhalte geschieht, aber doch auch über die Werbung. Auch wenn der Einfluss von Wahlwerbung fraglich ist, erfüllt die Kampagne zumindest in ihrer Machart die Grundvoraussetzungen, bisherige Haltungen gegenüber der FDP in Frage zu stellen.
Die Informationsmenge je Plakatmotiv ist überschaubar und somit im schnellen Vorbeigehen/-fahren relativ leicht zu konsumieren, wenn auch einige Farbkontraste dies zum Teil erschweren. Wichtig ist das Gesamtbild, das die Kampagne erzeugt. Das Bild von einer Partei, die gerade dabei ist, sich neu zu erfinden.
Die Linke
Im Gegensatz etwa zu den GRÜNEN hat sich die LINKE bereits vor der Wahl auf die Rolle als Oppositionspartei eingestellt. Eine Koalition mit der SPD schließe man aus, so Spitzenkandidatin Dora Heyenn gegenüber dem NDR. Im Wahlkampf wolle die LINKE zeigen, dass man anders als die anderen Parteien sei.
Egal ob bei Bundestags-, Landtags- oder Bürgerschaftswahlen – Plakatkampagnen der LINKEN entsprechen vom Typus her denen einer Protestpartei: in der Themensetzung stets fordernd, was zuweilen von zahlreichen Ausrufezeichen begleitet wird. Gegenpositionen zu beziehen, etwa gegen Hungerlöhne oder gegen die Rente ab 67 gehört zur Programmatik. 47 mal wird im Wahlprogramm zur Bürgerschaftswahl von dem Wort „gegen“ Gebrauch gemacht, und damit öfter als in den Programmen der vier anderen Parteien zusammen.
Die Typographie bläst ins gleiche Horn und unterstreicht dank fetten, eng geschnittenen Buchstaben die Angriffslust. Schwarz-Rot-Weiß gehört seit langem zur DNA der Partei. So groß die Unterschiede der LINKEN zu rechtsradikalen Parteien – so ähnlich das Farbspektrum zu dem der NPD. Aus markenstrategischer Sicht eine gefährliche Nähe.
Während die Kampagne zur letzten Bundestagswahl aus einer typographisch-puristischen Lösung samt weißem Hintergrund bestand, sind die Plakate zur Bürgerschaftswahl fotografisch angelegt. In schwarzweiß und mit einem Moiré-Effekt versehen, wirken die Plakate roh und handgemacht, als seien die Fotografien mit einer Reprokamera zu grob aufgerastert worden. Eine Stilistik, die an die Studentenbewegung der 1960er Jahre erinnert. Die visuelle Antithese zur GRÜNEN Lieblichkeit. Handwerklich gekonnt. Aus dem Saarland kennt man von der LINKEN auch anderes, weniger ausgefeiltes.
Entwickelt wurden die Kampagnenmotive in Kooperationen mit den Agenturen DiG und Trialon.
Weiterführende Links
Die Plakate von CDU und der Linken sind wie immer wenig überraschend. Ich finde auch, dass sich die Grünen mal etwas Neues einfallen lassen müssen. Die Idee, mit kuriosen Bildmotiven und Sätzen zu punkten, ist allmählich doch ausgereizt.
Die neue Farbigkeit der FDP ist nach wie vor gruselig und passt einfach nicht zum Inhalt der Partei. Hier wird leider versucht, ein neues Image durch eine neue Gestaltung zu schaffen. Außerdem geht das Logo auf dem Plakat mit der Bushaltestelle doch etwas unter.
Die SPD-Plakate gefallen mir da noch am Besten, wenngleich die Pastelltöne nicht so recht passen. Insgesamt hätte die Typografie – passend zu den Motiven – etwas staatsmännischer ausfallen sollen. So wirkt sie recht aufgesetzt.
@ Denis: Was soll ein politisches Plakat denn anderes machen, als ein Bildmotiv mit einem Text zu kombinieren?
Ich habe nichts gegen Bild-Text-Kombinationen. Aber die Grünen setzen seit Jahren immer wieder auf mehr oder weniger lustige und originelle Bilder, die mit einem entsprechenden Text meist eine Zweideutigkeit ausdrücken: Kinder nicht hängen lassen mit hängendem Kind dargestellt; grünes Hamburg mit einem gepflanzten grünen Wappen dargestellt etc.
Ich habe das Gefühl, die grünen Plakate sollen einem immer ein Schmunzeln ins Gesicht zaubern. Aber man kann es ja auch mal mit ernsten Aussagen oder einer anderen Bildästhetik versuchen.
Wahlwerbung ist Markenwerbung, schon mal darüber nachgedacht, warum einige Parteien ihrer »DNA« treu bleiben. Die neue farbige Beliebigkeit und die weitgehende Aufgabe des Logos wird der F.D.P. kaum helfen. In Hamburg gibt es eh gerade zwei davon.
Der Verweis auf die NPD ist der übliche Tiefschlag nach links, das regelmäßige Linken-Bashing.
Das ist kein ‘üblicher Tiefschlag’, sondern eine deutliche Parallele, auf die mMn eine Agentur und auch die Partei durchaus achten müsste. Vor allem, wenn man dann noch Schwarz/Weiss Fotos mit Moiré-Effekt benutzt. Es geht ja nicht darum, die LINKE in eine Ecke zu stellen mit der NPD, es sollte natürlichstes Eigeninteresse der LINKE sein, gar nicht in diese Ecke gestellt werden zu können.
Ich habe ein ganz anderes Problem mit der Kampagne der LINKE:
Protestpartei ist das eine. Doch ich sehe bei dieser Kampagne eine unglaublich negative Grundstimmung, die es zwar schaffen wird, ihre, neben den überzeugten Marxisten/Kommunisten und Sozialisten, verbitterte Kernklientel zu mobilisieren, aber eben nicht mehr. Es ist und bleibt die ewige Kapitalismuskritik. Neue Reizpunkte sind Fehlanzeige.
Ziel einer solchen Kampagne sollte vielmehr sein, die zu erreichen, die einen noch nicht wählen, anstatt die zu bestätigen, die sowieso ihr Kreuz bei einem machen.
“Es ist und bleibt die ewige Kapitalismuskritik. Neue Reizpunkte sind Fehlanzeige.”
Es ändert sich ja auch nichts an den Fakten. Weder bei Rente mit 67 noch sonstigen Themen.
Die makroöknomischen Fehler und Sichten werden Jahr für Jahr weitergetragen. Der Exportüberschussfetischismus wird aufgrund kurzsichtiger mirkookönomischer Ansichten weiter gefeiert.
Daher. Es ist nichts von dem verbessert/geändert worden, was kritisiert wurde. Also braucht es keine neue Reizpunkte, da ja die alten noch nicht mal erfüllt sind/abgehandelt wurden.
Der stete Tropfen höhlt den Stein.
Wird es auch noch eine Betrachtung der Plakate der nicht etablierten Parteien geben (AfD, Piraten, NPD, Neue Liberale)? Vor allem die Neuen Liberalen haben mich persönlich mit überraschend stylischem Design beeindruckt. Da kann sich die Mutterpatei, von der sie sich abgespalten haben, die eine oder andere Scheibe von abschneiden.
Das würde den Rahmen sprengen, zumal ich mir als Autor bei Auswahl der genannten Parteien die berechtigte Frage stellen lassen müsste, warum nicht auch die Kampagnen der anderen Parteien (ÖDP, Die Partei, etc.) vorgestellt würden. Der Schnitt bei derlei Wahlplakatbesprechungen orientiert sich stets an der Repräsentanz der Parteien in den jeweiligen Parlamenten.
@onlime „stylisches Design“ empfinde ich als Widerspruch. Aber natürlich kannst Du gerne meinetwegen Gestaltungsansätze bei Neue Liberale und FDP mit einander vergleichen.
“Schwarz-Rot-Weiß gehört seit langem zur DNA der Partei. So groß die Unterschiede der LINKEN zu rechtsradikalen Parteien – so ähnlich das Farbspektrum zu dem der NPD. Aus markenstrategischer Sicht eine gefährliche Nähe.”
Und vor allem auch noch die nähe zu arabischen Ländern! Hier werden die Farben der Flaggen des Sudans, Ägyptens, Syrien, Jemen usw. genutzt.
Jetzt also auch noch Nähe zu Muslimen. ;)
Ich finde es schon merkwürdig, wie schludrig die Parteien mit ihren mühsam eingeführten Corporate Designs umgehen. Die CDU will nicht mehr Schwarz sein, sondern Orange, ist in Hamburg aber lieber Blau (und verwendet den im letzten Jahr totgerittenen Gold-Gegenlicht-Glow).
Die SPD ist nicht mehr so gern Rot, sondern viel lieber Violett, aber in Hamburg Pink, Türkis und Dottergelb und muss auch für Erstwähler kein Logo mehr zeigen (dabei sollte man Herrn Scholz öfter in Erinnerung bringen, der verschwindet bei seiner Größe hinter jedem Podest).
Die FDP ist nicht mehr Gelb und Blau, sondern möchte lieber mit dem Design eines x-beliebigen Telekom-Startups von vor fünf Jahren antreten (das Blöde ist, wenn Parteien trendy sein wollen, ist das zumeist schon wieder oll und gewollt – so wie hier).
Die Linken sehen aus, als ob Politik bei denen gar keinen Spaß macht und verwendet Fotos wie aus alten Stasi-Archiven.
Die Grünen sind Grün (Hallelujah!!), aber die Bildmetaphern so flach wie ein dreimal überfahrener Crepe.
In einem Unternehmen würde man für dieses ziellose Mäandern der Corporate-Communications-Abteilung auf die Finger hauen – oder der Agentur. Aber vielleicht kriegt Heimat ja einen Preis so wie für Hornbach – weil die FDP jetzt so entstaubt und funky ist (leider überhaupt nicht mehr seriös … ach wurscht). Ich bin, froh, wenn der Plakat-Overkill meine schöne Stadt wieder verlässt.
Wünsche sich niemand designmäßig Ehrgeizige/r, für eine Partei Design oder Werbung machen zu wollen. Enttäuschung vorprogrammiert, da Ausführsklave der diversen “Kampas”.
Da zählt kurzfristige, schnöde optische Aufmerksamkeits-Taktik (neu! immer neu!) mehr als langfristige optische Corporate-Strategie. Vor allem im Regionalbereich (Landeswahlen, OB-Wahlen). So sans. Alles andere ist vergebliche Liebesmüh und nicht realistisch. Besser dann Kunst oder Autoren-Design machen, falls die Bekanntheit denn reicht. Bei den meisten nicht, bei mir auch nicht.
Gruß
Der Design-Sklave
Nach längerer Zeit mal ein Kommentar von mir.
Es ist – denke ich mal – in der heutigen Zeit schwierig sich an feste Corporate Designs zu halten. Es besteht vielmehr ein “Grunddesign” welches sich an die Gegebenheiten, Zeiten und Inhalte anpasst. Behaupte ich jetzt mal so als Laie. ;)
Zu den Plakaten:
Man möchte nach dem Feierabend meist schnell mit dem Fahrrad, Auto, Bus, Bahn nach Hause. Da hat man keine Zeit, sich die Plakate länger anzuschauen. Die Plakate müssen daher auffallen. Das tun die hier vorgestellten Wahlplakate der SPD (und die der Piraten) in Hamburg am Besten. Sie haben eine klare Aussage. Kurz. Prägnant.
Die Plakate der CDU könnten auch TV-Ankündigungen zur neuen Großstadtrevier-Staffel sein und inhaltlich weiß ich nicht immer genau, ob dies Wahlversprechen sind oder eine Aufforderung an die Bürger doch mehr für die Stadt Hamburg zu tun.
Bei den Plakaten der FDP (und der Linke) weiß man gar nicht wo man hinschauen soll. Es sind, für mich, einfach zu viele Elemente auf dem Plakat. Das Hintergrundbild, Katja Suding, der Text, die sich gegenseitig “beißenden” Farben, das Partei-Logo. Das “Hamburg gibt die Richtung vor” geht einfach unter.
Insgesamt gesehen steht aber auf fast allen Plakaten das gleiche. Nur halt immer mit anderen Worten. Aber das ist ja hier nicht das Thema :)
Noch eine allgemeine Frage in die Runde. Sind kursive schräg nach oben gehende Textelemente eigentlich immer noch “in”? Mittlerweile sieht man es ja fast überall.
Zitat: “Ich finde es schon merkwürdig, wie schludrig die Parteien mit ihren mühsam eingeführten Corporate Designs umgehen.”
Mal abgesehen von gestalterischen Gesichtspunkten.
Das passt doch bestens zum Verhalten der Parteien nach der Wahl. Zuerst wird “wir machen alles neu und wollen einen Wechsel” propagiert, und am Ende kommt dieselbe Regierung, nur mit einem ausgewechselten “Juniorpartner” heraus.
=> Bund: CDU/SPD statt FDP (R.I.P.!)
=> Hessen CDU/GRÜNE statt FDP (R.I.P.!)
obwohl ein Richtungswechsel rechnerisch möglich gewesen wäre.
Da hilft doch auch kein neues Design, kein noch so durchdachtes CI-Konzept und keine gestalterische Finesse, wenn die politische Coporate Identity später durch die “realpolitischen” Entscheidungen der Parteien ins Gegenteil verkehrt werden, um den noch nicht “politikverdrossenen” Wähler zu vergraulen.
Also das die Grünen keine technischen und handwerklichen Schwächen in ihren Plakaten haben, finde ich nicht.
Die Machart, mit der das Baby aus dem Originalbild rausgeschnitten und vor den grünen Hintergrund gesetzt wurde, wirkt recht billig, wie man an den Baby-Rändern sehen kann. Auch weil das Baby wohl mit hellem Weißlicht beleuchtet wurde, der Hintergrund dafür aber zu stark grün leuchtet, wirkt alles nicht harmonisch. Mit den anderen Motiven ist es teilweise auch so. Von solchen Montagen gibt es weitaus Besseres.
Die weißen, breiten Pinselstriche sind auf jedem Plakat die gleichen und wurden nur den verschiedenen Texten entsprechend gestreckt oder gestaucht.
Nach handwerklich sauberer, qualitätiver Arbeit wirkt das unter’m Strich nicht auf mich.
Besonders putzig wirkt das Motiv am Laternenpfahl, wo diese Hochformate ja nun mal platziert werden.
Der Herr Wersich redet wohl nur mit Frauen, wenn kein Mann in der nähe ist.
Also mir gefällt die SPD am besten obwohl ich finde dass die Leserlichkeit nicht immer gegeben ist. Vielleicht hätte eine dünner weißer Rahmen gut getan?
Die CDU-Motive finde ich zwar ziemlich langweilig aber das Blau finde ich besser als das Bundesorange.
Die Grünen finde ich okay, aber auch nicht herausragend.
Von der der FDP hätte ich mir designtechnisch etwas anderes erhofft. Leider doch sehr konventionel und langweilig; sieht nich nach Neuanfang aus.
Ich hätte den Begriff “Freiheit” in den Mittelpunkt gestellt und würde vrrsuchen jüngere Wählerschichten anzusprechen. Mit dem Untergang der Piratenpartei liegt deren Wählerschaft mehr oder weniger brach. Freiheit, Bürgerrechte, weniger Überwachung und Progressivismus sollten meiner Meinung nach im Fokus stehen, aber das ist vielleicht meinem eigenem Wunschdenken geschuldet und meiner Sehnsucht nach einer Sozialliberalen Partei. Ich schweife ab.
Die Linke ist für mich am schwächsten. Ich sehe zwar nicht doe Gefahr dass die Partei mit der NPD verwechselt wird, besonders da die Letztere sich scheinbar im Niedergang befindet, allerdings finde ich die Plakatgestaltung als zu hart, pessimistisch und martialisch.
Ich finde die Linke sollte signalisieren dass sie es besser kann als die SPD. Ich vermisse etwas die Lebensfreude in den Motiven. Da machen es die Grünen besser.
[…] “Wahlplakate müssen nichts erklären, sie sollen Zeichen setzen, die sich leicht einbrennen.” – Designtagebuch, Zwischen Konsens und Aufbegehren […]
Fühl’ mich uninformiert, weil hier nur 5 Parteien thematisiert wurden.
Ich finds schade dass im Text sogar darauf hingewiesen wird, dass es mit afd und linken spannend wird und dann hast du nur die linke analysiert
Warten wir doch auf ein neues Logo der AfD – dann dürfen die auch mitmachen.
“So groß die Unterschiede der LINKEN zu rechtsradikalen Parteien – so ähnlich das Farbspektrum zu dem der NPD.”
Sooo groß sind die inhaltlichen Unterschiede gar nicht. Was dem Rechten sein Nationalgefühl, ist dem Linken die Angst vor der Globalisierung. Was dem Rechten die Sorge vor billigen Arbeitskräften aus Rumänien, ist dem Linken der Kampf für höhere Mindestlöhne. Was dem Rechten der Pegida-Spaziergang, ist dem Linken die Friedenswinter-Demo. Was dem Rechten die Skepsis gegenüber TTIP, ist dem Linken die Skepsis gegenüber TTIP.
Und wer einmal Plakate von der Linken und der NPD am selben Laternenmast übereinander hängen sah, weiß, daß Achim mit seinem Hinweis auf die bedenkliche visuelle Nähe nicht ganz unrecht hat.
Letztlich ist es wie in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts: Die Extremen von rechts und links konkurrieren zunehmend um dieselbe Klientel.
[…] und Links: – Design-technisch werden die Plakate ausführlich hier unter die Lupe genommen. Die Plakate zur Bürgerschaftswahl 2015 in Hamburg – Der Spaß darf dabei auch nicht fehlen. Zwei schöne Sammlungen “Wahlplakate from […]
Schade, dass ausschließlich die Fraktionsparteien hier bedacht wurden. Dabei haben die Piraten https://wiki.piratenpartei.de/HH:Bürgerschaftswahl_2015/Plakate und die Neuen Liberalen auch Plakate https://liberale.hamburg/buergerschaftswahl-2015/wahlplakate/ …aber wo hört man dann auf, das ist dann wohl das andere…
Wo sind die Plakate der AfD?
siehe Kommentar #8
[…] 15.46 Uhr: Bunte Hunde, halbe Köpfe, zweideutige Namen: Einige Parteien lieferten mit ihrer Eigenwerbung im Wahlkampf ideale Steilvorlagen für Satiriker. Der Hamburger Wahlbeobachter Martin Fuchs hat wieder die schrägsten “Wahlplakate from Hell” gesammelt. Und während einige Plakate schon für sich amüsant anzusehen sind, wurden andere von dritter Hand “verschönert” – die besten Adbustings präsentiert Urbanshit. Eine fachliche Analyse der verschiedenen Wahlkampagnen bietet das designtagebuch.de. […]
Von allen SPD-Granden ist mir Scholz einer der Sympathischsten. Er ist Scholz! Und kein “Clown von”. Was hier besonders durch die gut gemachten Schwarzweiß-Fotos unterstrichen wird. Die sich wohltuend abheben von der Kunterbuntheit der Köpfe auf den anderen Parteiplakaten. Mal sehen, ob die beim nächsten Wahlkampf auch noch so aussehen. Allerdings, ja, die Schrift wirkt zu klotzig…
[…] es steht für sich. Um mal ein beliebiges Beispiel zu nennen: Wie es besser geht, zeigt das reduzierte Wahlplakat der Hamburger SPD, welches Olaf Scholz 2015 erneut zum Bürgermeister machte. Statt metaphorischer Ebenen gibt es […]
[…] zuletzt bei den Kampagnen der Bürgerschaftswahlen in Hamburg und Bremen zeichnet auch in diesem Fall die Agentur Heimat für die Kreation […]
ja, altes Thema, ich weiss…
Aber bisher ist wohl noch niemandem aufgefallen, dass das Foto von Frau Suding irgendwie aussieht als würde sie gerade einer in Hamburg (geruechteweise) weitverbreiteten Taetigkeit im aeltesten Gewerbe der Welt nachgehen, und zwar Outdoor… Oder liegt meine Phantasie da ob der Uhrzeit und des Wochenendes total daneben?
Was bei der Wahl rauskam, sehen wir ja vor Ort gerade sehr deutlich – Koenig Olaf laesst bitten… :/