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Airport Nürnberg – wo Albrecht Dürer als „Frequent Traveller“ abhebt

Der Flughafen Nürnberg, nach Fluggästen in Deutschland derzeit auf Platz zehn rangierend, legt sich im Zuge einer für 2015 geplanten Marketingoffensive einen neuen Namen sowie ein neues Logo zu. Die Umbenennung von „Airport Nürnberg“ zu „Albrecht Dürer Airport Nürnberg“ ist Teil eines Entwicklungskonzepts, mit dem der hoch verschuldete Flughafen wieder auf Kurs gebracht werden soll. Anlass vor Freude abzuheben gibt das bislang Präsentierte allerdings nicht.

Sinkende Passagierzahlen und ein anwachsender Schuldenberg haben den Nürnberger Flughafen in den vergangenen Jahren immer tiefer in die roten Zahlen rutschen lassen. Die Stadt Nürnberg und der Freistaat Bayern sahen sich veranlasst, dem Flughafenbetreiber mit Krediten in Höhe von 70 Millionen unter die Arme zu greifen. Gelder, mit denen auch das Erscheinungsbild modernisiert werden soll. Eigenen Angaben zufolge erwarte man für das laufende Jahr erstmals seit 2010 wieder die Zahl von 4 Millionen Passagieren zu erreichen.

Airport Nürnberg Logo – vorher und nachher

Sichtbares Zeichen der Umgestaltung ist nicht nur ein dezent modifiziertes Signet, das weiterhin ein in einem Kreis eingeschlossenes „N“ als Bildmarke vorsieht, auch die im Webauftritt des Flughafens erstmals integrierten Marken-Unterseiten signalisieren ein verändertes Selbstverständnis. Die Umbenennung geht auf das vom Beratungsunternehmen Uniconsult erarbeitete Entwicklungskonzept (PDF) zurück, in dem es heißt, der Name „Albrecht Dürer Airport Nürnberg“ könne zu einer „Emotionalisierung der Reisewahl“ beitragen sowie die „Identifikation- und Wiedererkennungsmöglichkeiten mit der Region“ erhöhen. In den beiden Aufsichtsräten Finanzminister Markus Söder und Oberbürgermeister Ulrich Maly fand der Vorschlag zwei prominente Unterstützer.

Wenn das Ziel lautet, die Identifikation mit der Region zu verbessern, hätte man über die Wiederaufnahme der Bezeichnung „Flughafen“ anstelle des Begriffs „Airport“ im Namen nachdenken können, der im Zuge des Globalisierungstrends vor einiger Zeit eingeführt worden ist. Denn einerseits einen regionalen Bezug schaffen zu wollen, um anderseits einen englischsprachigen Terminus zu verwenden, beißt sich nun einmal, auch wenn dies zweifellos die weltweit am häufigsten verwendete Bezeichnung ist. Hier prallen jedoch zwei Ansätze aufeinander. Ein Widerspruch, den auch die nachträglich angeheftete, bemüht wirkende Namensherleitung nicht aufzulösen vermag, in der es heißt: „Würde Albrecht Dürer heute leben, wäre er ein ’Frequent Traveller’ und damit einer der besten Kunden des Flughafens. Dürers Lebensweise passt zu den Unternehmenswerten des Airports, galt er doch als leidenschaftlich und weltoffen und blieb gleichzeitig heimatverbunden.“

Soweit so ungut, denn abgesehen vom Namen findet sich im aktuellen Erscheinungsbild an keiner anderen Stelle ein Bezug zu Dürer. Sein Name, ein reines Etikett. Nachhaltigkeit, Konzept? Fehlanzeige. Eine undankbare Ausgangssituation für Kreative: aus einer von in erster Linie Wirtschaftsfachleuten auf den Weg gebrachten Idee ein Konzept zu entwickeln, von dem in einer solchen Konstellation und Situation zu erwarten ist, dass es aufgrund der Zeitknappheit halbherzig umgesetzt werden wird. Als Ausdruck des Zeitdrucks werten muss man wohl auch die in diesem Zusammenhang verwendete Dürer-Fälschung, die man eiligst wieder von der Website entfernte. Der Flughafenbetreiber bedauere den Vorfall, wie es heißt.

Noch bedauerlicher ist allerdings, das der Name Albrecht Dürer nun offenbar ausbügeln soll, was neben generell veränderten Rahmenbedingungen wohl auch auf Missmanagement zurückzuführen ist. Dürer war ein großer Künstler, die Namensgebung des Flughafens hingegen wirkt aufgesetzt und künstlich. Schade ist vor allem, dass den Verantwortlichen offensichtlich der Mut fehlte, dem Flughafen zu einem nachhaltigen visuellen Konzept und zu einem wirklich eigenständigen Markenauftritt zu verhelfen, der dem Namen Dürers Ehre erweist. Man muss ja nicht gleich, wie der ADC, Dürers einzigartige Signatur in Beschlag nehmen. Visuell wäre deutlich mehr möglich gewesen. Und was die von Uniconsult im Entwicklungskonzept empfohlene Werbung mit Prominenten betrifft, die man in Franken/Bayern sicherlich in nächster Zeit noch wird sehen können: in der aktuellen West-Ost-Markenstudie (WOM) wurde wieder einmal bestätigt, dass Deutsche Werbung mit Promis mehrheitlich ablehnen. Auch die Prominenten sind in diesem Fall zu bedauern €“ denn neben Dürer werden sie allesamt klein aussehen.

Was bleibt, ist der Eindruck des Halbherzigen. Ob man damit den Standort Flughafen Nürnberg auf Dauer flott bekommt, erscheint fraglich. Die derzeit vorgestellten visuellen Neuerungen tragen jedenfalls nicht zu einem verbesserten Profil bei. Eine gut gemeinte Empfehlung an Vorstände und Aufsichtsräte: wer einer Marke zu mehr Professionalität verhelfen möchte, sollte Markenprofis konsultieren, keine Wirtschaftsberater.

Entwickelt wurde das neue Logo von der Nürnberger Agentur Ideenhaus.

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Dieser Beitrag hat 33 Kommentare

  1. Ich kann mir recht plastisch vorstellen, welchen Stellenwert die Gestaltung im gesamten Entwicklungsprozess bekommen hat: Ca. 15 Treffen fanden statt, Designer waren niemals anwesend, danach war das Konzept “fertig”, es muss nur noch die Grafik “fertiggemacht” werden. Aber ganz schnell – ist ja aber “kein Problem”, übers Wochenende sollte das klappen. Ja, meine Schreibe klingt frustig, ich habe das einmal mit einer “Kommunikations”-Agentur erlebt, danach habe ich als Freelancer die Finger von solchen Mistbuden gelassen. Das Ergebnis sieht jedenfalls nach genau einem solchen Laden aus.

    1. Bei allem Respekt aber “euer” VA Logo sieht genau so aus wie genau die erste Idee wie man ein VA Logo gestalten sollte. Dafür muss ich nur Google Bilder “VA Logo” eingeben und finde das in der Art 5x auf den ersten drei Seiten. Plus Sony VAIO Logo…
      Klassischer Fall von “Schöpfungshöhe nicht erreicht”.

      Aber da ihr nur eine Werbeagentur seid war das wohl lediglich der schlecht versteckte Versuch seinen Link unter einem Thema zu platzieren.

      1. Haha, “Schöpfungshöhe nicht erreicht“. Sehr geil! Googelt einfach mal dt Logo. “.. sieht genau so aus, wie die erste Ideen, wie man ein “dt Logo” gestalten sollte.” Diese Problem haben leider die meisten Typo-Logos.

  2. Dieses Logo ist der beste Beweis, dass man einfach nicht alles in ein Logo packen muss, was man mit einem Unternehmen assoziiert. Es muss ans alte erinnern, es muss die globale Thematik beinhalten, es muss Entspannung visualisieren und es muss den guten alten Herrn Dürer zitieren – DAS IST ZU VIEL! Letzteres ist sicherlich der Anspruch um dem neuen Namen gedacht zu werden, hat meines Erachtens visuell aber nicht im Ansatz funktioniert. Mit viel gutem Willen erkenne ich diese etwas befremdlich wirkenden Ecken (die den blauen Kreis an den weißen Unterbrechungen des “N” ergänzen) ein bisschen die Serifen des bekannten “AD” – aber eben nur wenn ich es danach auch suche!

    Und ich sehe es ähnlich, das Ü ist zu breit! Durch die Unterbrechung des Stammes wird der Weißraum noch größer, dadurch vermutlich die optische Breite noch größer. Wer von Schrift Ahnung hat, hätte da wohl nachgebessert, einem guten Gestalter sticht das doch sehr ins Auge.

    Der Name Nürnberg Airport hakt auch für mich – entweder Nürnberg Flughafen oder Nuremberg Airport. Dieses Mischmasch ist einfach weder regional noch international. Dass man den Namen Dürer missbraucht, visuell gar nicht darauf eingeht, finde ich sehr dreist. Ich denke auch nicht, dass das allein den Flughafen auf die Erfolgsseite bringt. Wenn man auf der Karte (siehe Link am Ende) schaut, wäre Nürnberg eigentlich durchaus als Alternative für München für viele Bayern denkbar, vielleicht hätte man darauf mehr eingehen sollen. Tatsächlich liegt man zwischen München und Frankfurt (von den Flughäfen her gesehen), aber ich denke, man ist regional zu wenig präsent. Ich habe vier Jahre in Würzburg gelebt, aber kenne kaum jemanden, der je von Nürnberg aus geflogen wäre. Das gibt mir zumindest schon zu denken! Ein Ende des Flughafens wäre aber wahrlich bitter, schließlich sollte man es als “Metropolregion” dann doch ein Tor zu internationalen Geschäften offen halten … ;-)
    Aber das Projekt beweist für mich ganz gut, etwas nur aufzuhübschen allein, reicht weder um erfolgreich zu werden, noch entspricht es einem anspruchsvollem Designgedanken.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Verkehrsflughäfen_in_Deutschland#mediaviewer/File:Flughäfen_in_Deutschland.png

    Ich möchte in dem Zusammenhang noch auf diesen Beitrag von ZDF zoom verweisen, passt gut zum Thema und beschreibt sehr gut die generelle Problematik (auch wenn man bei zoom ab und an gerne sehr “negativ kritisch” ist):
    https://www.youtube.com/watch?v=60bRDtEIDCA

    1. Guter Beitrag, kann dem allgemein schon zustimmen, aber die Logik, nach einem Flughafen zu suchen, der einem “gefällt” verstehe ich nicht ganz. (Thema “Erfolgsseite”) Als Flugreisender suche ich mir den nächstmöglichen Flughafen an meinem Wohnort, welcher mich an mein gewünschtes Ziel bringt. Die Fluglinie kann ich mir immer noch aussuchen, ob Billigflieger oder nicht. Dass ich von Nürnberg beispielsweise nicht direkt in die USA fliegen kann, zwingt mich nunmal z.B. von Frankfurt zu fliegen. Aber wenn ich als Bewohner der “Metropolregion” ein Reiseziel mit Abflugmöglichkeit in Nürnberg habe, dann werde ich keine unnötigen Reisekosten per Bahn oder Auto auf mich nehmen. Und das ist m.M.n. unabhängig vom Namen oder der Gestaltung.

      Oder habe ich da etwas grundlegend falsch verstanden?

      1. Danke. Ich sehe das gleich wie du – der nächstmögliche Flughafen zum Wohnort macht am meisten Sinn, was natürlich mit dem Angebot dort zusammenhängt. Ich kann schwer beurteilen, wie viele Menschen tatsächlich wie oft in die USA fliegen … gefühlt hat Frankfurt, schon alleine wegen der Größe und Möglichkeiten, mehr Präsenz als etwa Nürnberg. Daher bräuchten die Franken eine klarere Position, denn Inter- bzw. zumindest Multinationalität ist ja generell Thema bei allen Flughäfen.

        Wie du schön schreibst, ist deine Wahl unabhängig von Namen und Gestaltung und da hakt der Ansatz, denn man wolle mit dem AD Airport Nbg ja internationales Interesse wecken, so habe ich es zumindest verstanden – siehe auch https://www.sueddeutsche.de/bayern/werbung-fuer-flughafen-nuernberg-soeder-posiert-vor-falschem-duerer-1.2259091
        Ich hätte als Stärke dann ja eher das Regionale als Vorteil gesehen, bzw. unterstrichen, quasi die Welt als Nachbar.

  3. Es mag bedauerlich sein, dass Albrecht Dürer bei diesem Flughafen nur als aufgepapptes Edel-Etikett dient und der neue Name dann nirgendwo mehr kreativ-konzeptionell aufgegriffen wird.

    Obä, mia san ja in Bayern host mi …:
    Andere Flug- und Unfughäfen bringen wesentlich interessantere Kunststücke fertig:
    sich mit den Namen eines flugunfähigen Vogels zu schmücken.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Flughafen_M%C3%BCnchen

    Wie’s so kommt: Beim Franz-Josef-Strauß-Flughafen bin ich sehr froh, dass man meines Wissens Namen und Person bei Design und inhaltlicher Konzeption nicht weiter aufgegriffen hat.

  4. Hier hat das Ideenhaus seinem Namen keine Ehre gemacht. Von der Bild- bis zur Wortmarke eine furchtbar schlechte Arbeit der Kollegen! Da war ja das alte Logo besser. Dabei hätte man angesichts des Airport-Namensgebers – dem genialen Albrecht Dürer – einen ganzen Kosmos an Ideen ausschöpfen können. Aber so stehen wir leider wieder vor dem Ergebnis einer verpassten Chance. Vielleicht war ja die Vorgabe an die Agentur: »Wir sind nur ein Provinzflughafen. Das sollte sich auch in einem provinziellen Logo widerspiegeln.«

  5. Ein wie immer sehr gut geschriebener Artikel. Mir macht es Freude nicht nur Meckerkritiken lesen zu können, sondern auch welche, die Hand und Fuß haben, ordentlich begründet sind und von jemandem geschrieben wurden, der weiss was er schreibt. Bitte weiter so Herr Schaffrina!

    So viel Zeit für Lob muss sein.

    Es ist einfach nicht mehr die Zeit Marken zu “Greenwashen” … wobei hier “Imagewashing” vermutlich eher zutrifft. Prominente und hinkende Konzepte sind heute keine hinreichenden Stützpfeiler und Begründungen mehr um derartiges zu rechtfertigen. Ein Logo ähnlich einem Albrecht Dürer Signet und als “Flughafen” bezeichnet wäre an dieser Stelle angebrachter um die alten Werte zu zeigen, als ein nach längst überholter Manier gestaltetes Ding das nicht einmal ein neues Logo der Marke Nivea sein sollte.

    1. Volle Zustimmung. Aus dem “AD” (Albrecht Dürer) hätte man eine modernisierte Version mit “AN” (Airport Nürnberg) machen können. Hier wäre zumindest das “Airport” gerechtfertigt gewesen. Wäre dann auch naheliegend und selbst ohne die Wortmarke für die meisten Leute als “Dürer-Stil” erkannt worden. Oder gibt es da womöglich Markenrechte, die nicht verletzt werden durften?
      Naja, allgemein wurde wohl wiedermal nich lange und gut genug nachgedacht, sondern einfach wieder etwas unter Druck rausgepresst. Da entsteht meistens nur Brei… Sehr schade!

  6. Ich habe etwas gebraucht um statt einer amplitudenähnlichen Welle ein “N” zu erkennen. Ohne Artikel und Überschrift zu lesen hatte ich etwas wissenschaftliches erwartet. Etwas besser wäre es sicherlich geworden, wenn man den Neigungswinkel des alten Zeichens aufgegriffen hätte. An die beiden Ü’s kann ich mich einfach nicht gewöhnen.

    Die Deutung “entspannt abheben” ist offensichtlich aus der Luft gegriffen oder im Nachhinein als Deutung formuliert worden. Entspanntes abheben impliziere ich mit einem sanften Aufstieg und nicht mit einer Berg- und Talfahrt. Selbst wenn der linke Teil des “N” die Landung darstellen soll, würde ich dann doch lieber, oder gerade deswegen, mit dem Auto fahren wollen.

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