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Warum Volkswagen nicht mehr „Das Auto.“ als Claim verwendet

Volkswagen Logo (ab 2016)
Volkswagen Logo (ab 2016), Quelle: Volkswagen

Volkswagen wird den Claim „Das Auto.“ nicht mehr weiter verwenden. An dessen Stelle rückt im neuen Jahr schlicht und einfach der Markenname, was man auch als Zeichen verstanden wissen möchte. Zukünftig wolle man sich auf das Wesentliche konzentrieren.

Das Jahr startet nicht sonderlich gut für Volkswagen. Anfang der Woche hatte das amerikanische Justizministerium Klage gegen Volkswagen eingereicht. Für den Autohersteller könnte das Jahr 2016 ein entscheidendes werden. Unter anderem wird sich zeigen, wie groß die tatsächlichen finanziellen Belastungen aus dem Skandal um manipulierte Abgaswerte von Dieselautos sein werden.

Der Wechsel auf den Markennamen im Logo erfolgt sukzessive. Während das „neue“ Logo bereits in der vor wenigen Wochen vorgestellten Allstar-Sondermodell-Kampagne (siehe Video unten) zu sehen ist, kommt beispielsweise auf der Website volkswagen.de derzeit noch die Version mit Claim zum Einsatz. Die Umstellung ist Teil eines 12 Punkte umfassenden Konzeptes, mit dem VW-Markenvorstand Herbert Diess die von konzernweiten Einsparungsmaßnahmen begleitete Neuausrichtung der Marke Volkswagen vorantreiben will.

Nach „Aus Liebe zum Automobil“ (2003–2007) und „Das Auto.“ (2007–2015), letzterer Claim wurde seinerzeit vom damaligen Marketingchef Jochen Sengpiehl entwickelt, wird es demnach erst einmal keinen neuen Claim geben. Von Seiten Volkswagen heißt es zur Umstellung:

„Unsere Marke steht für Produkte und Services, die Menschen weiterbringen, die Menschen bewegen, auf der Straße und darüber hinaus. Es ist die Gesamtheit unseres Angebots, mit der wir uns das Vertrauen von Millionen Kunden in unsere Marke immer wieder aufs Neue verdienen. Vertrauen, das uns auch in schwierigen Zeiten stärkt. Vertrauen, das uns zur originalen ’people’s brand’ macht, überall auf der Welt. All dies drückt sich aus in nur einem Wort: Volkswagen.“

Gesetzt ist der Markenname nunmehr in der Corporate-Schrift VW Head Bold, die Volkswagen seitdem Frühjahr letzten Jahres als offizielle Hausschrift verwendet (siehe „360° Brand Experience“ – Die neue Hausschrift von Volkswagen).

Kommentar

Der Verlust des Markenclaims erscheint vor dem Hintergrund des Abgasskandals als eine läppische Randnotiz. Und doch ist es in Zeiten, in denen man im Marketing nach bestmöglicher Differenzierung strebt, ungewöhnlich, wenn ein Unternehmen auf ein solches Instrument, das ein Markenclaim darstellt, verzichtet. Ohne Nennung des Absenders erkennen wir anhand eines solchen Werbespruchs, wer beispielsweise hinter „Wenn’s um Geld geht …“ oder „Da weiß man, was man hat.“ steht. Derlei Claims bzw. Slogans werden mitunter zum geflügelten Wort und brennen sich ein. Die Möglichkeit eines solchen „Brandmarkens“, das in der Regel auch das Sound-Branding der Marke betrifft, lässt man sich als Markenmacher eigentlich nicht entgehen.

„Das Auto.“ war von Beginn an mehr Besitzanspruch als Differenzierungsmerkmal. Denn Autos bauen auch andere Hersteller, zum Teil ja durchaus sehr gute und dies sehr erfolgreich. Erstrecht nach Bekanntwerden des Skandals ist ein solcher Alleinanspruch, wie er im bisherigen Claim betont wird, nicht nur anmaßend, er ist nunmehr völlig Fehl am Platz, will man sich in der Werbung nicht lächerlich machen. Im Grunde genommen verkörpert „Das Auto.“ ein Selbstverständnis und ein Anspruchsdenken, das die jetzige Situation bei Volkswagen ein Stück weit mitbefördert haben dürfte. Seit Anfang September 2015 ist der Nimbus des einzig Wahren jedenfalls in unerreichbare Ferne gerückt. Und das hat man auch in der Marketing-Abteilung bei VW erkannt. Die Weltmarktführerschaft noch vor wenigen Monaten anstrebend geht es Volkswagen nunmehr darum, das bei vielen Menschen verloren gegangene Vertrauen zurückzugewinnen. Dem uneingeschränkten Expansionswillen folgt die Besinnung auf das Einfache, das Solide und Beständige. Dass es nicht ohne Werbung geht, ist klar. Dann aber doch ohne das übliche „Werbe-Chichi“, möchte Volkswagen vielleicht signalisieren.

Da man nach Watzlawick bekanntermaßen nicht nicht kommunizieren kann, ist freilich auch der Verzicht auf einen Claim eine Botschaft. Eine Botschaft, die kaum Widerhall finden wird. Unter den gegebenen Umständen muss man dies absurderweise als Erfolg werten, eben weil VW diesbezüglich nirgends aneckt. Denn was Volkswagen am allerwenigsten bräuchte, wäre ein womöglich gestelzt und unecht wirkender Claim, der den Anschein erweckte, Volkswagen wolle sich mit einer Markenkampagne reinwaschen. Zumindest dieser Shitstorm bleibt Volkswagen erspart.

Volkswagen Logo – vorher und nachher

Volkswagen Logo – vorher und nachher

Anwendungsbeispiele

Volkswagen Anwendungsbeispiele, Quelle: Volkswagen
Volkswagen Anwendungsbeispiele, Quelle: Volkswagen

Volkswagen Logo mit Claim „Das Auto.“ (von 2007–2015 verwendet)

Volkswagen Logo (bis 2016), Quelle: Volkswagen
Volkswagen Logo (bis 2016), Quelle: Volkswagen

Dieser Beitrag hat 21 Kommentare

  1. Das Navigationssystem im Werbespot sollte eventuell auch mal überprüft werden. “Im Kreisverkehr nehmen Sie die dritte Ausfahrt” – Angezeigt wird aber die zweite Ausfahrt…(Ab Minute 0:55)

    Überzeugt mich nicht =D

    Zum Claim-Wechsel: Aus Marketingsicht wohl die beste Lösung bis sich die Lage wieder beruhigt hat bzw. verjährt ist!

  2. Guten Tag!
    Spannender Artikel. Danke!

    Was ist denn die Quelle des Zitates, dass VW nun eine “peoples brand” ist?

  3. Prima! Ich finde diesen Schritt richtig und hoffe dass auch andere Marken diesem Beispiel folgen. In unserer Zeit gibt es viel zu viel Lärm, Müll, Ablenkung, “noise”. Wenn das Produkt nicht stark genug ist, braucht es eben einen fanzy Claim. Am besten noch einen dummen und wenn das nicht reicht bekommt die Produktinie eben auch noch einen spendiert. In manchen Werbespots gibt es deshalb gleich mehrere Claims. Konzentration auf das Wesentliche ist dagegen viel zeitgemäßer; eine Marke die mich nicht nervt sympathischer.

    Und dass die erfolgreichste Firma mit der erfolgreichsten Marke schon lange keinen Claim benötigt, vergessen viele.

  4. Erst die Schriftart weg, jetzt auch noch der weltweit bekannte Claim… Beides waren fundamentale Elemente der Marke, die weltweit enormen Wiedererkennungswert hatten (und haben). Mit anderen Worten: es ist mir absolut schleierhaft, warum sich VW dazu entschieden hat. Die Begründung mit dem Abgasskandal leuchtet mir nicht ein.

  5. Auf die bräsige Art, wie VW ihn eingesetzt hat, war der Claim einfach nur selbstherrlich und anmaßend.

    Natürlich hätte man ihn auch als Differenzierung zu all den anderen Marken verstehen können, die da Mobile, Karossen, Schlitten, usw. bauen. Aber dann hätte man den Bereich der Ober- bis Luxusklasse eben den Konzernmarken Audi, Bentley, Porsche & Co. überlassen müssen – und selbst eben “Volkswagen” bauen. Von Polo bis Golf, von Sharan bis Bully – dazu putzige Werbung mit dem sympathischen Claim “Das Auto”. Da wäre auch kein Ingenieur in die Verlegenheit gekommen, Schummel-Software einzubauen.

  6. “Das Auto.” kam mir schon immer überheblich vor, genauso übrigens “Das Beste oder nichts.”.

  7. Was sich bei Volkswagen hervorragend zeigt und heute so oft missverstanden wird ist, dass im Zentrum eines Unternehmens starke Produkte und eine aufrichtige Kommunikation stehen muss … die man dann entsprechend mit Design, Kommunikation und Marketing inszenieren kann. Wenn ein Weltkonzern aus Profitgier zu betrügen beginnt, sagt das viel über den gegenwärtigen Zustand des Kapitalismus aus.

    Was bei VW vorne für ein Claim (oder auch nicht) und für ein Logo draufklebt ist meiner Meinung nach völlig zweitrangig. Ein verändertes Geschenkpapier kann niemals die Qualität des Geschenks beeinflußen. Der verursachte Schaden für die Deutsche Automobilindustrie und die Marke “Made in Germany” muss auf viel fundamentalerer Ebene behoben werden. Ich wünsche VW, dass ihnen das gelingt.

  8. ein sehr interessanter Beitrag. Der neue Claim gefällt mir auch besser als der alte. liebe Grüße aus Rodeneck

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