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Wahlplakate in Zeiten der Politikverdrossenheit

Wahlplakate

Die Parteien lassen sich dieser Tage etwas einfallen. Weniger neutral könnte man natürlich auch schreiben, den Parteien – oder zumindest einigen politisch Aktiven – ist zur Zeit jedes Mittel recht um aufzufallen. Was Audrey Landers im Musical “A Chorus Line” schon lange wusste, scheinen nun einige Politikerinnen für sich entdeckt zu haben: “Tits and Ass”.

Prima. Frau Lengsfeld präsentiert ihr Dekolleté auf einem Plakat und freut sich über 31.000 Besucher in ihrem Blog, die sich größtenteils über die Kandidatin lächerlich machen. Das ist Marketing! Und natürlich auch Web 2.0 pur. Der Sieg in Kreuzberg ist schon eingetütet. Der Umstand, dass zahlreiche Plakate schon entfernt wurden und nun bei Ebay für 7,50 € auftauchen ist natürlich sehr gemein. Aber hey, was solls. Auch darüber wird ja wieder berichtet und so landen sogar noch mehr Menschen im Blog. Besser gehts nicht. Über die politischen Ziele und die Inhalte spricht kein Mensch. Man muss halt Prioritäten setzen.

Auch Die Grünen und Die Linke zeigen auf ihren Plakaten statt kluger Sprüche lieber –  mehr oder weniger – formschöne Hintern. Klar könnte man jetzt sagen, endlich mal etwas Abwechslung. Vermutlich verhält es sich mit Porträts auf Wahlplakaten ähnlich, wie mit Bannern auf einer Website. Irgendwann sieht man sie überhaupt nicht mehr. Und mal unter uns. Wenn man sich anschaut, was da zum Teil an Porträtfotografie zusammenkommt, dann ertappt man sich beim Gedanken:”Da hätte er auch gleich seinen Arsch hinhalten können”. Zumindest mir gehts so. Was soll also die künstliche Aufgeregtheit?

Regt sich denn jemand auf? Nach dem, was ich so gelesen habe, kaum einer. Die Verantwortlichen müssen sich lediglich die Kritik gefallen lassen, die Plakate seien inhaltslos und platt. Politik – nach meinem Verständnis – darf gerne das genaue Gegenteil sein. Auch sollten die Auftraggeber hinterfragen, ob eine kurzfristige Marketing-Aktion im Stande ist, Politikverdrossene langfristig wieder für politische Themen zu begeistern. Da habe ich so meine Zweifel.

Das Thema ist ja nicht neu. In anderen Ländern werden auch Busen und Po zu Wahlwerbezwecken abgelichtet. Hierzulande ist die Junge Union Wittmund ja bekanntermaßen „sehr kreativ“, wenn es darum geht politische Inhalte mal außen vor zu lassen und nackte Haut in die Kamera zu halten. Die Wahlplakate, die dieser Tage in den Medien die Runde machen, schlagen in die gleiche Sex-sells-Kerbe. Zum Teil sind sie ein Symbol der Aussichtslosigkeit. Weniger nackte Haut und mehr ehrliche Haut wäre nicht schlecht.

Mich interessiert, wie politisch die dt-Leser sind, deswegen habe ich noch eine kleine Umfrage eingestellt.

Am 27. September 2009 ist die Bundestagswahl. Wirst Du wählen gehen?

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Dieser Beitrag hat 54 Kommentare

  1. @ Jürgen

    Das stimmt nicht. Die “Kreativen” sind in dieser Hinsicht nur viel rückschrittlicher als z.B. Programmierer die damit nicht so ein Problem haben.
    Die arbeiten ähnlich kreativ, erzeugen mit ihrer Arbeit aber nicht so einen “Künstler-“Mythos an dem nicht gerüttelt werden darf.

    Ich finde das Creative Commons-Prinzip sollte auch vor dem Designbereich nicht Halt machen.
    Deren Arbeit ist auch nicht höherwertiger als die von Programmierern und Softwareentwicklern (und ich sage das aus der Sicht eines Kommunikationsdesigners)

  2. @ Jürgen

    achso.
    zum Thema gibts auch ein gutes Beispiel.
    Titillium ist eine frei Open Source Schrift an der die unterschiedlichsten Leute mitarbeiten.

    Titillium Open Source Font

    Das heißt jetzt nicht das alle Schriften Open Source werden sollen. Nur man muss solche Entwicklungen auch zulassen.

  3. “Wenn man sich anschaut, was da zum Teil an Porträtfotografie zusammenkommt, dann ertappt man sich beim Gedanken:“Da hätte er auch gleich seinen Arsch hinhalten können“. Zumindest mir gehts so.” (Zitat aus dem Eingangsartikel)

    Auch nicht sehr niveauvoll oder? Ich hab das Gefühl, das Niveau der Plakate färbt hier ein wenig ab.

  4. Also die Plakate richten sich im allgemeinen an die Wechselwähler, hier im Blog nach Umfrage gerade mal ein Drittel. Der Rest hat im allgemeinen schon seine Meinung vordefiniert.
    Ich selbst blende auch rotes und gelbes gleich aus :)

    Ich finde es aber allemal besser, wenn hier ein “schlüpfriges” oder hinterteiliges Niveau genutzt wird als wenn man “Heimreisen” oder “Kinder statt Inder” fordert.

    Übrigens das Plakat der Grünen Provinzgruppe Kaarst ist ein bisschen selbstironisch. Will man regieren führt kein Weg an Schwarz vorbei. Und nur Stunk machen wie die Linken wollen die doch eigentlich nicht, oder?

  5. Denk ich an Deutschland in der Nacht ….

    Der gute Heine fällt mir da ein.
    Gäbe es eine Werbepolizei – spätestens jetzt wäre es an der Zeit tätig zu werden und die Verantwortlichen Herren Creativ- und ArtDirektoren für derlei bewußte Dummheiten hinter Schloß und Riegel zu bringen.
    Entschuldigen Sie Frau Lengsfeld? Waren Sie bei der Präsentation dieses kreativen Tiefschlag(f)s vielleicht geistig nicht anwesend? Ist das alles was Sie anzubieten haben? Ein dümmliches Lächeln zu einer höchst zweifelhaften Aussage? Was ist denn da bitte von Ihrer Partei an umsichtiger Politik für die nächsten vier Jahre zu erwarten? Was erlauben Sie sich? Haben Sie keinen Respekt vor einem der höchsten Bundesämter? Generationen von Frauen vor Ihnen haben für die Beendigung der Diskriminierung der Frauen gekämpft und Sie kommen daher mit einem … dummen Plakat muß man schon sagen. Da bleibt gar keine andere Wortwahl übrig. Die beiden anderen gezeigten geistigen Tiefschläge will man schon gar nicht mehr kommentieren. Schlimmer noch, das es scheinbar niemand aus den Entscheidergremien wagt sich gegen solchen kreativen Sondermüll (zumal diskriminierend) entgegenzustellen – das macht mich fassungslos. Wer als Wähler so wenig erst genommen wird… ja der überlegt sich zurecht die Piratenpartei.
    Was wir in Anbetracht dieser Motive die nächsten 4 Wochen noch zu erwarten haben – da sollte man sich das mit der Werbepolizei vielleicht doch mal ernsthaft überlegen Herr Schäuble.

  6. Ja gut, das meinte ich auch mit besser diese Schublade als “Heimreisen“ oder “Kinder statt Inder” fordern. Denn eine “Werbepolizei” lässt mich an ein altes Deutschland in der Nacht denken, an das ich nicht denken mag und das einen um den Schlaf bringen sollte.

    Früher war alles … jünger.

  7. Also zu meinen Vorrednern:
    Piratenpartei ist doch der letzte Schwachsinn nur weil die ein Wahlprogramm entwickelt haben was sich an Webuser wendet…
    Ich finde man sollte die anderen Bereiche wie Wirtschaft, Gesundheitssystem, Arbeitsmarktlage, Bildung und Familienpolitik nicht ausser Acht lassen.

    Von all diesen Bereichen ist nähmlich unser alltägliches “reales” Leben betroffen und nicht nur die Zeit die wir im Internet verbringen. Und für die stolpersteine die in Sachen Datenschutz und all die themen die Internet relevant sind uns im Weg liegen gibts doch auch immer kleine helferchen in form von neuen Programmen

  8. Naja in den 70ern hat sich auch niemand in der Politik für Umwelt interessiert, bis die Grünen kamen. ;)
    Es verlangt ja niemand, dass die Piraten gleich die Regierung stellen sollen. Sie haben zwar nur ein kleines Programm, aber zu dem stehen sie und sie sagen ja selbst, dass sie von allem anderen die Finger lassen. Im Gegensatz zu den “etablierten” Parteien, die ein größeres Wahlprogramm haben und überall mitreden und entscheiden wollen, egal ob sie davon Ahnung haben oder nicht.
    Was bei sowas rauskommt sieht man ja derzeit zum Thema Internet… “niemand hat die Absicht die Internetzensur auszuweiten” Hat man ja gesehen. Und wenn ich sehe wie sich die von der Leyen alles zurechtlügt und diverse Politiker der großen Parteien sogar offen sagen, dass ihnen das Grundgesetz oft im Weg ist und sie es am liebsten ignorieren wollten, dann ist halt Schluss.

  9. @Patrick

    Seh ich genauso.

    Das gefährliche ist, dass diese ganze Schmutzkampagne von Zensursula in den Offline-Medien kaum Beachtung findet (die ganze Thematik bleibt meist oberflächlich beim Thema Kinderpornographie hängen) und das nach dem Willen der CDU-Familienministerin hinter dem Rücken der Öffentlichkeit heimlich drauflos zensiert werden soll. Die merkts dann wahrscheinlich erst wenn es schon zu spät ist.

    hier aber mal ein ganz guter Artikel aus der ZEIT:
    DIE ZEIT – Keine Allmacht für das BKA

  10. @Nana: ohne hier nun eine völlig offtopic Diskussion vom Zaun zu brechen: Einfach mal den Blick über den Tellerrand wagen und dafür z.B. auf der Webseite der Piraten die Leser-kommentare zum Punkt Urheberrecht lesen: Da melden sich Kreative aus allen möglichen Bereichen und machen deutlich das es so einfach (wie es sich momentan die Piraten vorstellen) eben nicht ist (und nebenbei: Es ist heute schon jedem erlaubt alles und jedes zu verschenken… warum aber bestimmte Berufsgruppen gezwungen werden sollen ihre Erzeugnisse zu verschenken ist mir bis dato noch nicht schlüssig dargelegt worden..)

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