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Universität für angewandte Kunst Wien veröffentlicht Gestaltungswettbewerb mit inakzeptablen Teilnahmebedingungen, und ändert diese nach kritischer Bewertung

Universität für angewandte Kunst Wien
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Die Universität für angewandte Kunst Wien, mit rund 1.700 Studierenden die größte Hochschule für Gestaltung in Österreich, ruft im Rahmen eines Gestaltungswettbewerbs dazu auf, ein grafisches Erscheinungsbild zur Bewerbung einer Buchreihe zu gestalten. Die Teilnahmebedingungen des Wettbewerbs waren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung in mehreren Punkten inakzeptabel. Deshalb habe ich die für die Ausschreibung verantwortliche Stelle angeschrieben und Kritik an den Rahmenbedingungen geäußert. Zumindest in einem Punkt wurden die Teilnahmebedingungen mittlerweile nachträglich angepasst und verbessert.

Dass Unternehmen, Verbände und auch Stiftungen Gestaltungswettbewerbe mit unfairen Teilnahmebedingungen ausschreiben, ist leider weit verbreitet und ärgerlich. Wenn eine Hochschule für Gestaltung einen Wettbewerb mit inakzeptablen Teilnahmebedingungen ausschreibt, ist dies besonders ärgerlich, denn gerade einer solchen fällt in dieser Hinsicht eine Vorbildfunktion zu.

In dem betreffenden Wettbewerb (Deadline 22.11.2020) werden ehemalige Absolventinnen und Absolventen dazu aufgerufen, ein grafisches Erscheinungsbild/Sujet zur Bewerbung der Buchreihe „Edition Angewandte“ zu erstellen. Lediglich der Sieger des Wettbewerbs erhält eine finanzielle Entschädigung, nämlich 1.500 Euro in bar sowie weitere 1.500 Euro, die in Form eines Büchergutscheins ausgegeben werden. Alle anderen Teilnehmenden gehen leer aus. Bis gestern waren die Bedingungen des Wettbewerbs in Bezug auf den Umgang mit Urheberrechten inakzeptabel gewesen. Denn die ursprüngliche Fassung (PDF) der Teilnahmebedingungen sah vor, dass alle Teilnehmenden bereits mit ihrer Teilnahme die Rechte an ihren Entwürfen an die Universität für angewandte Kunst Wien abtreten mussten. Der entsprechende Passus lautete:

Die TeilnehmerInnen räumen durch und mit der Teilnahme am Wettbewerb der Universität für angewandte Kunst Wien sowie den Verlagen Birkhäuser und De Gruyter unentgeltlich und unwiderruflich das zeitlich, sachlich und räumlich unbeschränkte Nutzungsrecht an den von ihnen zur Verfügung gestellten Inhalten ein. Durch die Teilnahme am Wettbewerb wird die Universität für angewandte Kunst Wien berechtigt, die von den TeilnehmerInnen zur Verfügung gestellten Inhalte bzw. Bilder uneingeschränkt gänzlich und/oder teilweise zu verwenden, zu bearbeiten, zu vervielfältigen, zu verbreiten, zur Verfügung zu stellen oder zu veröffentlichen sowie diese Nutzungsrechte auch an Dritte zu übertragen.

Eine solche Bedingung ist schlichtweg unseriös. Wenn Wettbewerbsbedingungen beinhalten, dass Teilnehmende allein durch die Teilnahme Nutzungsrechte abtreten, dann gilt: Finger weg von einem solchen Wettbewerb! Auch Berufsverbände, wie etwa der BDG, vertreten diese Haltung, siehe Fairward. Mittlerweile wurden die Teilnahmebedingungen dahingehend angepasst, dass nur der Preisträger bzw. die Preisträgerin die Rechte an den Entwürfen an die Uni abtreten muss. Diese Praxis ist, eine entsprechende finanzielle Entschädigung vorausgesetzt, auch in Ordnung und üblich.

Weiterhin ist es so, dass auf der Uni-Wettbewerbsseite weder Angaben hinsichtlich der Auswahlkriterien gemacht werden, noch die Personen namentlich aufgeführt werden, die über die Auswahl und den Siegerentwurf entscheiden. Ein fairer und transparenter Designwettbewerb bedingt jedoch, dass alle Juryteilnehmer namentlich aufgeführt werden.

An der Universität für angewandte Kunst Wien sollen, so ist es der Leitlinie zu entnehmen, Studierende zu „mündigen DesignerInnen ausgebildet werden, die ihre Verantwortung für gesellschaftliche und wirtschaftliche Zusammenhänge ernst nehmen und kritisch hinterfragen“. Die Uni gibt vor, „soziale, ökonomische und ökologische Kompetenz“ zu vermitteln. Und dennoch werden mit der Ausschreibung die ökonomischen Interessen der am Wettbewerb Teilnehmenden mit Füßen getreten. Ohne Intervention wären weiterhin ehemalige Absolventen dazu verleitet worden, gleich mit ihrer Teilnahme ihre Urheberrechte an Wettbewerbsentwürfen abzutreten.

In einer E-Mail habe ich mich am vergangenen Sonntag mit den aufgeführten Kritikpunkten an die für die Ausschreibung verantwortliche Stelle gewandt und die Uni um eine Stellungnahme gebeten. Gleich am Montag wurde mir gegenüber in einer Antwort versichert: „Wir nehmen Ihr Schreiben sehr ernst und möchten den Wettbewerb fair und bestmöglich im Sinne der TeilnehmerInnen regeln.“ Allerdings seien die zuständigen Personen insbesondere aus der Rechtsabteilung derzeit so beschäftigt, dass eine ausführliche Stellungnahme erst zum nächsten Montag erfolgen könne. Da die Einreichphase allerdings bereits in 4 Wochen endet, ist aus meiner Sicht sofortiges Handeln erforderlich.

Immerhin wurde die kritikwürdige Passage in Bezug auf die Abtretung der Rechte mittlerweile abgeändert. Im nächsten Schritt wäre es begrüßenswert, wenn das Preisgeld angehoben und in diesem Zuge eine Staffelung vorgesehen würde, sodass Teilnehmende eine deutlich größere Chance haben, für ihre Arbeit eine (finanzielle) Anerkennung zu bekommen. So wäre beispielsweise denkbar, neben dem Siegerentwurf auch die vier nächstplatzierten Entwürfe jeweils mit Summe x zu würdigen sowie ALLE Teilnehmenden mit einem Buchgutschein auszustatten. Denn schließlich ist der Teilnehmerkreis bereits stark eingegrenzt und die Anzahl der Teilnehmenden überschaubar (ich würde in diesem Fall mit nicht mehr als 50 Einreichungen rechnen). Eine so gestaltete Auslobung/Preisstaffelung wäre eine angemessene Geste, um die Wertschätzung hinsichtlich der geleisteten Arbeit zum Ausdruck zu bringen.

Sobald die Universität für angewandte Kunst Wien zu der Kritik ausführlich Stellung bezieht, werde ich diese an die dt-Leserschaft weiterreichen.

Gerade in der heutigen Zeit, in der die Corona-Pandemie die wirtschaftliche Existenz sehr vieler Agenturen und Selbstständigen bedroht, ist ein solcher Wettbewerb, bei dem alle Teilnehmenden außer dem Sieger bzw. der Siegerin leer ausgehen, ein völlig falsches Signal. Insbesondere von einer Hochschule für Gestaltung darf erwartet werden, dass sie verantwortliches Handeln nicht nur von ihren Studierenden erwartet und einfordert, sondern dieses auch im Rahmen eines Designwettbewerbs selbst vorlebt.

Dieser Beitrag hat 9 Kommentare

  1. Die Angewandte ist in Österreich schon ein Superlativ – dass man hier mit Nutzungsrechten und mit Preisgelder derart schäbig umgeht, ist beschämend. Als Österreicher bin ich entsetzt, dass man als staatliche Einrichtung einer Nation mit großer kultureller Tradition seine eigentliche Verantwortung, Werte zu vermitteln und das Erbe guter Gestaltung zu wahren, zu vermitteln und zu fördern, derart mit Füssen tritt.

    Danke für die Veröffentlichung hier und die Intervention.

  2. Nicht nur in diesem Fall werden die wirklich guten Gestalter nicht an so einem Wettbewerb teilnehmen. Deshalb müssen alle Wettbwerbe damit rechnen nur aus den wirklichen schlechten Designern auswählen zu können.

    1. Wie kann man denn einen solchen Kommentar verfassen?

      Wer beurteilt denn, wer ein (wirklich) guter und wer ein (wirklich) schlechter Gestalter ist? Und was sind da die Kriterien? Festanstellung bei einer großen Agentur wie JvM? Anzahl der Awards? Fame auf Dribbble/Behance? Mitgliedschaft im ADC Deutschland?

      Natürlich gibt es Menschen, die sich Gestalter nennen, aber nicht einmal die gestalterischen Grundlagen beherrschen. Die amateurhafte Werke liefern. Aber man darf doch wohl davon ausgehen, dass das auf Absolventinnen und Absolventen der Universität für angewandte Kunst in Wien nicht zutrifft.

      Man muss jede Arbeit individuell betrachten. Ob das Werk genau das richtige für die Marke/das Produkt ist und auf die Zielgruppe passt. Ohne jegliche Subjektivität wie den eigenen Geschmack. Und da schaffen es auch Vollprofis mit 30+ Jahren Erfahrung, hin und wieder mal am Ziel vorbeizuschießen. Vielleicht ja sogar in der eigenen Werbeagentur.

      Ich habe leider ein paar Kollegen kennengelernt, die aufgrund von finanziellen Engpässen sich von den einschlägigen Plattformen für spekulative Arbeiten und Wettbewerben ausbeuten lassen, immer in der Hoffnung, als Profi ja vielleicht doch schnell mal noch ein paar nötige Euro extra machen zu können. In der Regel vergebens.
      Und jetzt, mit den zusätzlichen Belastungen der Corona-Krise, den Personaleinsparungen, wachsenden Arbeitslosenzahlen, Einstellungsstopps, da gehe ich davon aus, dass das nur noch mehr wird.

      Also bitte: Nicht über die herziehen, die an sowas teilnehmen, sondern die Kritik dahin richten, wo sie hingehört.

  3. Ungeheuerlich, so eine Ausschreibung von einer renommierten Hochschule für Gestaltung in die Welt zu setzen. Hier erwartet man eigentlich eine vorbildliche, perfekte Ausschreibung, die Wertschätzung der Arbeit von Gestaltern zum Ausdruck bringt.
    Aber auch hierzulande erleben wir es oft, dass sich Gestalter unnötig klein machen und den Wert ihrer eigenen Arbeit sabotieren.
    Die Folgen sind z.B. häufiges Unverständnis in der Bevölkerung und bei einigen Auftraggebern für die Kosten eines Corporate Designs oder sonstiger gestalterischen Massnahmen.
    … und wenn dann noch eine solche Hochschule mit schlechtem Beispiel voran geht, wird sich diesbezüglich wenig ändern …

  4. Danke für dein Engagement. Vielleicht hält das Veröffentlichen solcher Teilnahmebedingungen andere Ausschreibende davon ab, ähnliches zu veranstalten. Bitte weiter so.

  5. Gerade die Angewandte, die sich als linke Organisation positioniert und ihrem Ruf als renommierte internationale Institution beinahe vorauseilt, orientiert sich nicht an Moral und guten Sitten, wenn es um einen ausgeschriebenen Wettbewerb geht. Eine Schande für die gesamte Kunst- und Kulturszene, unserem Nachwuchs ein Messer aufzustellen, in das man sie gut zuredend hineinlaufen lässt. Da braucht keine Kapitalismuskritik mehr geübt werden, wenn sich dieser im Denken der Institutionsbeschäftigten kritiklos festgesetzt hat. Einige linke Philosophen und ehemalige Professoren haben sich soeben im Grab umgedreht.
    DANKE!

  6. Erst einmal ein herzliches Dankeschön für ihr Engagement. Ich erlebe immer öfter und schon sehr lange, das Ausschreibungen unrealistisch, inhaltlich nicht vollständig und unfair sind. Meine Haltung dazu ist nicht daran teilzunehmen und als Corporate Design Management Beratung Kunden anzulehnen, die unfaire Wettbewerbe machen wollen. Häufig liegt es aber an Wissensdefiziten, wie z.B. Kostenplanung, professionelles Briefing etc. Am Beispiel hier sollte das eigentlich nicht der Grund sein. Um so respektloser empfinde ich den Umgang mit den Teilnehmern!

  7. Das Ganze beruht einfach auf Angebot und Nachfrage. Es gibt schlicht und einfach zu viele Kreative oder solche, die sich dafür halten. Auf der anderen Seite schaffen es die echten super duper Profis anscheinend häufig nicht sich von der breiten Masse in dem Maße abzuheben, dass aus Sicht der Auftraggeber genügend Mehrwert entsteht. Also läuft es nach dem Pareto-Prinzip. Für 20% des Aufwandes bekomme ich 80% der Leistung und diese 80% sind für die meisten einfach ausreichend. Für die 20% Unterschied sind dann nur die wenigsten bereit 80% mehr Budget zur Verfügung zustellen. Also Augen auf bei der Berufswahl, denn solche Schoten wie die thematisierte Ausschreibung sind ja nun keine Entwicklung der letzten Jahre sondern gehen ja nun schon seit langer Zeit so durch.

Kommentare sind geschlossen.

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