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Piratenpartei Niedersachsen kopiert Werbeideen

Bildquelle: Piratenpartei

8 Wochen vor der Landtagswahl in Niedersachsen am 20. Januar 2013 präsentierte die Piratenpartei Niedersachsen gestern ihre Wahlkampagne, mit der erstmalig der Einzug in den Niedersächsischen Landtag gelingen soll. Auf Plakaten und in Wahlwerbespots wirbt die Partei dafür, Werbung zu hinterfragen, da diese ihrer Ansicht nach keine Inhalte vermittele. Dabei bedient sich die Kampagne gestalterischer Mittel, die nun die Rechtsabteilungen der in der Kampagne plagiierten Unternehmen beschäftigen werden dürfte.

Auf (unter anderem) das Urheberrecht aufmerksam machen, indem man dasselbige mit Füßen tritt. Aha. Ein interessanter Ansatz. „Visuelle Raubkopien“ als Vorgeschmack darauf, was Bürger zu erwarten haben, sobald die Piratenpartei an der Macht ist, oder wie darf man das verstehen? Tausche in Heimarbeit gebauten Volkswagen gegen liebevoll kopierten Apple Rechner. Wo kann ich eben noch auf Markenanwalt umschulen?

Aber mal im Ernst. Was ist das für eine seltsame Kampagne! Geht es darum, aufzufallen? Sicherlich auch. Möchte man witzig und kreativ sein? Vielleicht. Offenkundig geht es auch darum, große Unternehmen und Konzerne zu provozieren, was die Initiatoren der Kampagne allerdings ganz anders sehen, sind sie doch der Ansicht, die Aktion würde unisono mit Humor aufgenommen werden. Ich bin mir da nicht ganz so sicher.

Der Umstand, dass die Platzhirsche der Unterhaltungsindustrie Warner, Universal und Sony nicht als Motiv auftauchen, liegt allein daran, dass sie in der Endkunden-Werbung nicht stattfinden. So müssen halt Telekom, Milka, Saturn und andere aus der TV-Werbung bekannte Namen in die Bresche springen. Worum geht es der Partei? Die Piratenpartei fordert bekanntermaßen eine Liberalisierung bzw. Reform des Urheberrechts. Ihre zentrale Forderung diesbezüglich ist die Freigabe der nichtkommerziellen Vervielfältigung kultureller Werke (Texte, Musik, Videos, etc.).

Die Partei erklärt die Idee hinter der Kampagne wie folgt: „Wahlwerbung ist auch nur ganz normale Werbung. Es werden keine Inhalte vermittelt, politische Aussagen werden auf eingängige Slogans reduziert. Also machen wir Piraten diesmal auch Werbung. Wir werben für das Nachdenken über Politik und das Hinterfragen der Werbeslogans. Wir wollen, dass Sie, die Menschen unseres Bundeslandes, nicht irgendwelchen Plakaten vertrauen. Informieren Sie sich; lesen Sie die Wahlprogramme; vergleichen Sie! Ja, wir wollen, dass Sie auch die Programme der anderen lesen. Nur dann haben Sie wirklich eine Wahl.“

Wie die Hannoversche Allgemeine berichtet, ist man etwa bei IKEA von der Idee, das Firmenlogo in dieser Form zu missbrauchen, wenig angetan. Nach Ansicht eines Firmensprechers sei damit eine Grenze überschritten. Innerhalb der Vorstellung der Urheberrechtspositionen der Piratenpartei ist die Partei zwar bemüht, den Eindruck auszuräumen, die Piraten seien für Plagiatentum. Mit der nun vorgestellten Kampagne, in der Werbebotschaften umgewandelt und Markenauftritte plagiiert werden, bestätigt sich jedoch genau dieses Bild, das man in diesem Zusammenhang von den Piraten hat.

Man darf gespannt sein, ob sich die Kampagnenmotive in dieser Form tatsächlich bis zum Tag der Landtagswahl in Niedersachsen halten werden.

Entscheide selbst: Marketing-Desaster oder geniale Wahlkampagne?

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Dieser Beitrag hat 97 Kommentare

  1. Ich finde man sollte da jetzt nicht so ein großes Ding raus machen. Die Kampagnenidee ist aus meiner Sicht sehr gelungen. Handwerklich kann man vielleicht streiten. Wenn das keine Parteienwerbung wäre, wäre es hier bestimmt gefeiert worden…

  2. 1. Die Piraten haben mit der Kampagne – zumindest hier im DT schon mal etwas erreicht: Sie werden wahrgenommen!
    2. Die Plakate regen zum Nachdenken an, was aber fehlt ist:
    3. Die jeweiligen Hintergründe zu den Plakaten – die gehören auch auf’s Plakat (wenn auch nur in untergeordneter Rolle, würden Sie helfen zu verstehen).
    Nachzulesen hier .

    z.B. bei “du wählst/du darfst”: “Wir verkaufen zwar keine Lebensmittel, aber wir möchten trotzdem, dass jeder Mensch im Einklang mit Anderen so leben kann, wie er will.” – Schon ist ein Kritikpunkt weniger

  3. @Jürgen:
    Was mich extrem abstösst, ist der vergiftete Ton, in dem Du Deine Argumente vorträgst.
    Seit dem unglücklichen “Interview” mit Sven Regener gehört es in der Debatte anscheinend zum guten Ton, selbigen mit Füssen zu treten.
    Gern in Kombination mit blankem Un- und gefährlichem Halb-Wissen.
    BTW: Ich bin GEMA-, VGWort, GVL- und KSK-Mitglied und trotzdem (oder gerade deshalb) auch Piraten-Mitglied.

  4. Lieber Hans,

    ich würde mich freuen wenn du mir sagst welche meiner Äusserungen auf dich “vergiftet” wirken. Ich habs grad nochmal quergelesen und finde nicht das sich irgendwo ausfallend geworden wäre.
    Zumindest habe ich bisher noch niemanden “Un- oder Halbwissen” unterstellt…

  5. Ich habe hier bislang glaube ich noch keine Parteiplakate gelobt oder kritisiert, dennoch nehme versuche ich mich jetzt mal an dieser doch zumindest auffälligen Kampagne (erst einmal egal ob nun positiv oder negativ).

    Ich empfinde die Kampagne als zweischneidig. Die Kampagne des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger war mir schon vorher bekannt und beide liegen ja gar nicht soweit auseinander. Es erscheint mir jedoch schon ein gewaltiger Unterschied. Beim ersten handelt es sich schlicht um eine politische Partei, die die Design unabgesprochen verwendet. Ich weiß nicht, inwieweit der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger das damals im Vorfeld abgesprochen hat, kann es mir jedoch gut vorstellen (dann sieht alleine die rechtliche Situation schon einmal völlig anders aus), der zudem noch dafür wirbt Werbung zu schalten und letztlich auch nicht die Unternehmen kritisiert, sondern deren Design lobt (und zum Schluss schlicht keine politische Partei ist). Ich verstehe es durchaus, wenn Unternehmen die Kampagne kritisieren, weil sie sich ansonsten weniger stark politisch hervortun (eine Wahlempfehlung von McDonald’s, Apple, Volkswagen oder der Deutschen Telekom habe ich hierzulande noch nicht gehört). Davon mag man ja halten was man will und ob die jeweiligen Unternehmen für sich gesehen immer alles richtig machen ist auch noch eine, aber eine ganz andere Frage. In der Regel verhalten sich die meisten Unternehmen – zumindest nach außen – neutral gegenüber der Politik, versuchen diese nicht wie Marktschreier zu vertreten, sondern begrüßen allenfalls Einzelfallentscheidungen (beispielsweise war die Autoindustrie über die Abwrackprämie erfreut). Hier werden jedoch schlicht die Designs genutzt, um für eine politische Partei zu werben, was durchaus auch den Eindruck beim Wähler hinterlassen könnte, dass diese Unternehmen die Piratenpartei unterstützen und sich für eine Wahl dieser aussprechen. Hier ginge es dann am Ende nicht einmal um die Frage des Kopieren eines Designs selbst, sondern eine entgegengesetzte Unternehmenspolitik.

    Dass einige Unternehmen generell darauf kritisch reagieren, wenn ihre Logos verfremdet werden, dürfte gerade vielen Abiturienten bekannt sein. Gerade IKEA ist hier das bekannteste Beispiel dafür, dass es Schülerinnen und Schüler untersagt wird das Logo in abgewandelter Form zu nutzen. Gerade dort finde ich es ja noch weniger kritisch, gehe somit auch von einem entsprechenden Vorgehen gegen die niedersächsische Piratenpartei aus (was sich zum einen andeutet und ansonsten auch der bisherigen Haltung konträr entgegenstehen würde). Bei der Telekom sieht es hinsichtlich der Farbe Magenta recht ähnlich aus.

    Mal abgesehen von den handwerklichen Fehler: Das McDonald’s-Plakat erinnert mich übrigens, den Spruch nun außen vor, sogar in erster Linie an Kaiser’s Tengelmann.

    Was man durchaus bekommen wird, das schnitt ich an, ist die Aufmerksamkeit. Vielleicht erhält die liebe, kleine Piratenpartei sogar Sympathiepunkte dafür, wenn Unternehmen sie verklagen und sie damit auch noch an die Öffentlichkeit gehen. Paradoxerweise schafft die Piratenpartei damit gerade das, was sie doch eigentlich kritisiert: Gewählt zu werden ohne politischen Inhalt dahinter. Auf den Plakaten steht zumindest nichts davon, dass ich Wahlprogramme lesen soll, dazu müsste ich mich erst einmal ausgiebiger mit der Partei beschäftigen, um das zu erfahren, aber ob das auf Grund dieser Kampagne wirklich passiert, wage ich mal zu bezweifeln. Dass Plakate nur punktuell Inhalte aus dem Wahlprogramm liefern, ist völlig richtig. Dafür ist diese Werbeform auch schlicht nicht gemacht (ich erfahre aber auch auf einem Plakat von Vodafone nicht alle Vor- und Nachteile eines Handys, dazu muss ich schon im Netz suchen oder in den Vodafone-Laden gehen). Plakate dienen dazu Aufmerksamkeit zu erregen und im Fall von Wahlwerbung speziell auch zu signalisieren, dass Wahlen sind und dass auch diese Partei antritt. Wer es doch lieber inhaltlich mag, muss es so machen wie die Linkspartei, das ganze Plakat mit Text zuklatschen bis man es nur noch im Stehen lesen kann oder schlicht ganz auf Wahlplakate verzichten, dann bliebe man sich zumindest in seiner Haltung auch treu.

    P.S:: Über Safari (Mountain Lion) war es mir übrigens nicht möglich, diesen Artikel abzuschicken, da ich angeblich eine falsche CAPTCHA-Phrase eingegeben habe (bei mehrmaligen wiederholen trat das Problem immer wieder auf). An meinen Rechenkünsten lag es nicht ;-)

  6. Das ist natürlich ganz schlimm, wenn die existierende Ordnung per Plakat einmal nicht bierernst genommen wird, da kommt schnell Unmut auf. Gerade die Designschaffenden, wissen zwar immer alles, große Kommunikatoren, aber sind doch letztlich nur mehr oder weniger bedeutungslose, austauschbare Verkaufsknechte. (Ja, es gibt natürlich auch sinnvolles Design.)

    Eine Frechheit, und dann noch so unprofessionell, konzeptlos, billig, also wirklich, gaaanz schlimm.

  7. Ich finde, die Plakate sind einfach schlecht gemacht. Man erkennt zwar sofort, was die Idee ist, aber richtig echt sieht’s nicht aus. Vor allem erinnert hier kaum etwas an die Piraten – erst recht nicht die ständig umgefärbte Logoflagge! Die Kunst hätte darin bestanden, all den unterschiedlichen „Raubkopien“ eine subtile gemeinsame Komponente zu geben (und damit ist nicht diese unglückliche Logo-Ecke unten links gemeint). Eine gekonnte Neuinterpretation ist eben etwas anderes als eine nur fast gute Kopie. Statt mit einer witzigen Wahlwerbung präsentieren sich die Piraten wie ein mäßig kreativer Abi-Jahrgang („Abi 2013 – Die zarteste Versuchung seit es Schule gibt“) …

  8. Halbwissen:
    “Allerdings habe ich bisher KEINEN Veränderungsvorschlag der Piraten gehört dem ich zugestimmt hätte: deren Vorschläge gehen ausschliesslich (!) zu lasten der Urheber”

    Schlechter Stil / emotionale, verbissene, vergiftete Nicht-Argumente:
    “Ui, “Konservativität“ und “Lobbypolitik“ hört sich ja gleich schrecklich verurteilenswert an! ”

    “Es wirkt so als würdest du gegen höhere Honorare streiten, und gegen das Urheberrecht, das in Teilen die Grundlage deiner Profession ausmacht. Verdienst du zuviel? Hast du ein schlechtes Gewissen oder was treibt dich um?”

    “@PPP: Ach Freiheit und Demokratie jetzt? Und die böse Contentindustrie? Gute Güte!”

    “Wenns um meine Freiheit und mein täglich Brot geht sind mir die Bürger, …, erstmal ziemlich wurscht, weisst du?”

    Was mich vor allem anderen stört, ist, dass es bei Dir (und vielen anderen) nur immer um eines geht: ICH, ICH, ICH.
    Nur nie um die Gesellschaft, der Du es verdankst, hier als Kreativer arbeiten zu können.

  9. @ Flötenschlumpf

    schon nach der Berlinwahl wurden die Piraten von L’tur Werbung, auch in der Berliner Ubahn, verwendet. https://lh4.googleusercontent.com/–Xd2USBva_Y/Todm_kIvoiI/AAAAAAAAC38/s8uEI0tRxBc/ltur-piraten.jpg

    Die Antwort der Partei war:”Finden wir gut”.

    Auch das man in letzter Zeit viel von Streitereien hört, zeigt das die Piraten absolut integer sind und es ernst meinen mit der Politischen Transparenz.

    Solche streitereien gibt es in jeder Partei, vermutlich gibts bei den anderen noch viel schlimmeres. Dort kiregts eben nur keiner mit!

  10. Hallo Hans,
    Danke für das Feedback. Auf die in deinen Augen “giftigen” Formulierungen mag ich nicht eingehen, an einer stelle hab ich mich entschuldigt und die anderen Dinge find ich persönlich wenig schlimm.
    Allerdings möchte ich ein Wort zum großen “ICH” verlieren. Ich weiß nicht ob ich eine Gesellschaft erstrebenswert finde, die ihren Künstlern die Lebensgrundlage aberkennt. Und ja, die Verteidigung meiner rechte ist wohl naturgemäß egoistisch – was aber ist an den Forderungen der Piraten bzgl. Des UrhG nicht egoistisch motiviert? Da bin ich aber mal gespannt!
    Grüßle und gute Nacht!

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