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SPÖ richtet sich visuell neu aus

SPÖ Logo, Quelle: SPÖ
SPÖ Logo, Quelle: SPÖ

Die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ), zuletzt 2017 in Regierungsverantwortung, richtet sich aktuell visuell neu aus. Das Parteilogo wurde modifiziert, und der Umgang mit Typographie neu definiert. Da den SPÖ-Landesverbänden traditionell ein großer Spielraum bei der Ausgestaltung der Markenkommunikation zugestanden wird, scheint eine einheitliche Außendarstellung noch in weiter Ferne.

Seit 2017 ist die SPÖ nicht mehr Teil der Regierung. Im November 2018 übernahm Pamela Rendi-Wagner als Bundesparteivorsitzende. Rendi-Wagner ist die erste Frau in der Geschichte der SPÖ, die diese Position bekleidet. Die nächste Nationalratswahl steht für den Herbst 2024 an. In aktuellen Umfragen steht die SPÖ in etwa gleichauf mit der FPÖ und vor der ÖVP.

Vor gut 25 Jahren hat die SPÖ ihr Parteilogo, in Anlehnung an die „Schwesterpartei“ SPD in Deutschland, auf eine Darstellung mit roter Kachel umgestellt. 2019, unter dem Vorsitz Rendi-Wagners, wanderte der Schriftzug aus der Mitte in den unteren Bereich der Kachel. Auf diese Weise wurde die Verwandtschaft zum SPD-Logo verstärkt. Die SPD wiederum verzichtet seit einigen Jahren, etwa auch im Rahmen des letzten Bundestagswahlkampfs (2021), weitestgehend auf die Abbildung des Logos inklusive roter Kachel. Diese Gestaltungslinie verfolgt seit Kurzem auch die SPÖ, allerdings nicht durchgängig.

Im Herbst 2022 begann die SPÖ ihr visuelles Erscheinungsbild dahingehend anzupassen, als Logoabsender allein den Schriftzug zu verwenden. In den auf Facebook veröffentlichten Bannern wird der Schriftzug nunmehr freistehend vor farbigem Hintergrund abgebildet, sowohl in roter Farbe wie auch in weiß als Negativform.

Anfang des Jahres hielt das neue Logo Einzug auf der Website spoe.at. Zeitgleich wurde auf Facebook das Profilbild ausgetauscht. Auf YouTube hingegen wird derzeit noch das alte Logo verwendet.

SPÖ Logo – vorher und nachher, Bildquelle: SPÖ, Bildmontage: dt
SPÖ Logo – vorher und nachher, Bildquelle: SPÖ, Bildmontage: dt

Freigestellt statt im Quadrat eingebunden: das neue Parteilogo der SPÖ ist nunmehr ein reines Typologo. Statt schräg gestellt (kursiv) stehen die Lettern der neue Wortmarke gerade. Bildlich gesprochen schwenkt die SPÖ also nicht nach rechts, sondern nach links.

Im Umfeld der Website spoe.at und innerhalb verschiedener Anwendungen wird der „SPÖ“-Schriftzug inklusive Tagline „Soziale Politik für Österreich“ verwendet. Bei der SPD greift für das Logo seit mehreren Jahren ein identischer Aufbau:

SPÖ / SPD Schriftzug, Bildquelle: SPÖ, SPD, Bildmontage: dt
SPÖ / SPD Schriftzug, Bildquelle: SPÖ, SPD, Bildmontage: dt

Abbildung oben: während die Taglines in beiden Fällen in der Schriftart TheSans gesetzt sind, unterscheidet sich in „SPD“ und „SPÖ“ die Form der Lettern. Letztgenannter Schriftzug ist ebenfalls in der Schriftart TheSans gesetzt, 1994 von Lucas de Groot entworfen. Die in der Futura gesetzte SPD-Wortmarke wurde in dieser Form hingegen bereits Anfang der 1980er-Jahre verwendet, damals noch ohne umgebendes Quadrat.

Sukzessive hat die SPÖ in den vergangenen Monaten Medienanwendungen und Werbemittel auf eine neue Optik umgestellt. In dem im November 2022 veröffentlichten 5-Punkte-Plan „Zeit für die Wende“ kommt nicht nur das neugestaltete Logo zum Einsatz, auch beim Schriftbild und der Typographie wurde Anpassungen vorgenommen. In den letzten Jahren hat die SPÖ innerhalb ihrer visuellen Kommunikation zahlreiche Schriftarten eingesetzt, darunter die Schriften Kievit, WorkSans, Arial, Calibri, DIN, GTSectra, Neue Haas und TheSans. In jüngster Zeit veröffentlichte Medien sind vorrangig in der TheSans gesetzt, so auch der zuvor genannte 5-Punkte-Plan – nachfolgend eine Abbildung daraus:

SPÖ – visuelles Erscheinungsbild / Typographie, Quelle: SPÖ
SPÖ – visuelles Erscheinungsbild / Typographie, Quelle: SPÖ

Bislang wird die Modifikation des visuellen Erscheinungsbildes seitens der Partei mit keinem Wort kommentiert – entsprechende Pressemeldungen und -aussendungen wurden keine veröffentlicht. Auch der Austausch des Logos auf Facebook blieb bislang weitestgehend unbemerkt.

Kommentar

Die visuelle Kommunikation einer Bundespartei – im Sinne einer Dachmarke – in die einzelnen Landesverbände zu tragen, ist eine Sisyphusaufgabe, heute mehr denn je. Bis ein von der Parteiführung verabschiedetes Corporate Design von allen Landesverbänden übernommen ist, zumindest größtenteils beziehungsweise ansatzweise, können viele Jahre vergehen. Noch bevor der Umstellungsprozess halbwegs abgeschlossen ist, rollt bereits eine neue Werbe- und Kommunikationslinie an.

Während sich früher der Wahlkampf auf den Zeitraum wenige Wochen vor einer Wahl beschränkte, ist unter dem Einfluss der digitalen Medien Wahlkampf zum Dauerzustand aggregiert, so jedenfalls der Eindruck. Und wenn sich Gesellschaften verändern und vielfachem Wandel unterliegen, muss auch die Kommunikation von Marken auf neue Schwerpunkte (inhaltlich), Ziele (strategisch) und Anforderungen (technologisch, sprachlich) ausgerichtet werden. Parteien, respektive die von ihnen beauftragten Agenturen, sind diesbezüglich nicht minder einfallsreich und kreativ als Consumer-Marken. Ob sie damit erfolgreich sind, ist eine ganz andere Frage, auch da der Erfolg von derlei Kommunikationsmaßen sich nicht direkt in Stimmenanteile umrechnen lässt. Klicks auf Werbebanner lassen sich messen, ob Zugewinne oder Verluste auf Kommunikationsmaßen zurückzuführen sind, ist empirisch kaum nachweisbar.

Markenführung im Kontext politischer Parteien gleicht überdies einem Drahtseilakt. Denn nicht nur in Bezug auf inhaltliche Positionen, auch in der Frage der Außendarstellung nehmen Landesverbände gemeinhin eine gewisse Eigenständigkeit für sich in Anspruch. Eine Bevormundung durch die Bundesspitze kommt in den Ländern, und generell bei der Basis, nicht sonderlich gut an. Dies führt im Kontext der Markenführung zwangsläufig zu Konflikten. Denn Markenkommunikation braucht, um erfolgreich sein zu können, eine gewisse Konsistenz und Verbindlichkeit.

Mit Blick auf die Logos der SPÖ-Landesverbände (Abb. 2) wird deutlich, und die SPÖ steht hier exemplarisch auch für andere Parteien, auch in anderen Ländern: Verbindlichkeit und Einheitlichkeit sieht anders aus. Jeder SPÖ-Landesverband macht sein eigenes Ding, so der Eindruck. Die Logos unterscheiden sich hinsichtlich Farbgebung, Formen, im Aufbau wie auch in Bezug auf die jeweils verwendete Typographie. Ein Stil-Wirrwarr, der nicht etwa Gemeinsamkeit und politische Übereinstimmung kommuniziert, sondern der Unterschiedlichkeit und somit auch inhaltlichen Dissens (metaphorisch) verkörpert.

SPÖ Landesverbände Logos, Quelle: SPÖ Landesverbände
Abb.2 SPÖ Landesverbände Logos (Auszug), Quelle: SPÖ Landesverbände

Als Landesverband inhaltliche Schwerpunkte zu setzen, die auf die jeweilige Landespolitik ausgerichtet sind, ist selbstverständlich. Bei der Fokussierung auf die eigene Landespolitik geht allerdings offenkundig der Blick für das „große Ganze“ verloren. Denn die Stilvielfalt vermittelt nicht etwa Zugehörigkeit zu einem Verbund und einer übergeordneten Marke/Partei, deren Werte, Vorstellungen und Programmatik man teilt, sie kommuniziert vielmehr Unterschiedlichkeit.

Demokratie lebt von der Unterschiedlichkeit der Standpunkte. In der Markenführung ist Heterogenität jedoch kontraproduktiv. Es sollte klar sein, dass auf Grundlage einer kakophonischen Kommunikation eine klar umrissene Position und eine eindeutige Botschaft schwerlich erreicht werden können.

Es sagt viel über eine Marke aus, wenn sie, so wie die SPÖ in den letzten Jahren, im Rahmen ihrer Kommunikation fortwährend die Schriftart ändert: Kievit, WorkSans, Calibri, DIN, TheSans, GTSectra, Neue Haas …. – so kommuniziert eine Marke, die nicht weiß, wofür sie steht. Eine Marke in der Selbstfindungsphase. Sollte die TheSans durchgehend als Hausschrift zur Anwendung kommen, könnte dies im Visuellen der Anfang hin zu mehr Homogenität sein.

***

Edit 17.02.2023: Angesprochen auf die Ähnlichkeit der Erscheinungsbilder von SPÖ und SPD teilt mir die SPD-Zentrale in Berlin auf meine Anfrage folgendes per E-Mail mit: „Die SPD steht seit jeher in einem engen Austausch mit den europäischen und internationalen Schwesterparteien. Dabei werden neben inhaltlichen auch strategische und kampagnentechnische Fragen besprochen. Nach der erfolgreichen Bundestagwahl gab es vielfaches Interesse über die Idee und Umsetzung unserer Wahlkampagne, insbesondere aus der SPÖ. Wir freuen uns über den engen und vertrauensvollen Austausch, auch auf Arbeitsebene. Die Annäherung an unser Corporate Design ist demnach nicht ungewöhnliches. Wir setzen auf einen klar erkennbaren sozialdemokratischen Markenkern und entwickeln diesen zusammen mit den anderen sozialdemokratischen Parteien stetig weiter.“

Mediengalerie

Dieser Beitrag hat 14 Kommentare

  1. Mir war gar nicht bewusst, dass SPD und SPÖ – inhaltlich ähnliche Ausrichtung hin oder her – so dermaßen eng mit einander sind, dass sich die eine Schwester beim Design so dermaßen offensichtlich bei der anderen bedient. Gibt es gar eine gemeinsame Entwicklung? Oder reibt sich hier die eine Schwester gerade verwundert die Augen, dass die andere ungeniert abkupfert?

    1. bei der anderen bedient.

      Ich werde diesbezüglich einmal in Berlin bei der SPD nachfragen, in wie weit die visuelle Annäherung koordiniert und abgestimmt ist. Das interessiert auch mich.

      Dass die SPÖ ebenfalls gerne in Regierungsverantwortung kommen möchte, ist klar. Und dass auf dem Weg dorthin jüngste SPD-Kampagnen eine Art Vorbildcharakter einnehmen, wird anhand verschiedener Äußerungen seitens der SPÖ deutlich.

  2. Vermutlich von BrinkertLück? Die haben ja 2022 den Etat der SPÖ gewonnen und 2021 den fast identischen Auftritt der SPD erstellt. Bisschen einfallslos und wohl die einfachste Kreationsaufgabe ever.

  3. Fürchterlich! Das Ö ist viel zu breit und rupft das Kürzel vollkommen auseinander. Außerdem ist es total unförmig und wirkt, als sei es einer anderen Schriftfamilie entsprungen, oder noch schlimmer: inhouse dazu konstruiert worden. Vielleicht wollte man so den Blick gezielt auf das Ö lenken, was auch funktioniert, aber leider im negativen Sinne, denn als Ganzes passt es in meinen Augen nicht.

    1. Stimmt, das “Ö” passt überhaupt nicht zum Rest. Es ist nicht nur zu breit sondern erzeugt im unteren Bereich ein riesiges Loch zwischen “P” und “Ö”. Das war in der kursiven Version deutlich besser gelöst, da sich das “Ö” etwas unter das “P” schieben konnte. Und – nur so nebenbei – das “Ö” sieht aus wie das Krümelmonster das nach Keksen schreit.

  4. Liebes Designtagebuch,

    danke für den Artikel. Und ja: das steht bewusst Absicht dahinter. Gerade auch politische Marken können beim Thema Markenführung sehr viel von anderen Branchen lernen (lokal, regional, national, international).

    Das Design für Österreich unterscheidet sich aber dennoch in einem markanten Teil. Mehr dazu in den kommenden Kampagnen ;)

    Viele liebe Grüße, Raphael.

  5. Das Ö in der The Sans scheint mir das Problem zu sein, verstärkt durch eine kleine Korrektur des Gestalters. Ich habe mir das Logo jetzt einmal kurz nachgebaut – das Ö ist nicht symetrisch, es kippt leicht nach rechts – was mich wundert. Dem hätte man entgegensteuern müssen. Desweiteren wurden die Ö-Punkte (Trema) etwas vergrößert, sind aber dabei leider etwas nach rechts verrutscht – das verstärkt das kippende Ö. Mit symetrischem Ö sähe das viel harmonischer aus.

  6. Mich irritiert am „Ö“ vor allem, dass es aussieht, als sei es unten leicht abgeschnitten, sowohl in „SPÖ“, als auch im direkt daneben stehenden kleineren „Österreich“. Davon abgesehen finde ich das Logo nun deutlich freundlicher, was wahrscheinlich sinnvoll ist, um sich von der politischen Konkurrenz abzusetzen, die häufig weniger freundlich auftritt.

  7. Auch einige Monate nach der Veröffentlichung finde ich den Weg der SPÖ bedenklich. Wenn man die Logos der Bundesländer auch ein wenig vereinheitlichen möchte, fände ich das noch den gelungensten Ansatz – Diversität kann man auch anders ausdrücken. Formal wurden die Details des Logos hier schon richtig benannt (das etwas ungünstige Ö …).
    Inhaltlich finde ich die Sache noch viel schwieriger. Es ist kein Geheimnis, dass die SPÖ in den letzten Jahren nicht von großen Erfolgen erzählen kann. Nach meiner Wahrnehmung ging viel vom „sozialen“ Charakter verloren, man ist zur großen Oppositionspartei ohne wirklich eigene Inhalte geworden – Dagegensein ist das Einzige was, was ich mittlerweile noch mit dieser Partei verbinde.

    Dass man sich in dieser Position ein neues Gesicht verpassen möchte, scheint logisch, fast schon unausweichlich, dass diese neue Gesicht, aber der deutschen Schwester mehr als nur ähnlich sieht, halte ich für fatal. Man schätzt in Österreich den deutschen Nachbarn sicherlich in vielen Punkten, aber nichts geht über die Eigenständigkeit und die klare Differenzierung zu Deutschland – eigentlich möchte man vieles doch besser oder zumindest anders machen. Es überrascht also sehr, dass man sich im Lager der SPÖ derart an die SPD anlehnt. Für manche mag das neben einer „gesichtslos-anmutenden“ Parteispitze nur der logische Folgeschritt sein, ich finde es hingegen aber sehr schade, dass man sich nicht mehr Eigenständigkeit gönnt.

    Zudem finde ich es schade, dass man der heimischen Kreativszene offensichtlich nicht mehr zutraut – gerade von einer österreichischen Partei hätte ich es mir erwartet, dass man mit Agenturen aus Österreich zusammenarbeitet, weniger wegen des Nationalstolzes, viel mehr wegen deren besseren Verständnis der Östereicher·innen und deren Alltag, vor allem aber wegen eines leichteren Storytellings hinsichtlich der Wähler·innen-Gunst.

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