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Madeira präsentiert sich mit neuem Tourismusmarkenauftritt

Madeira Logo
Madeira Logo, Quelle: Associação de Promoção da Madeira

Madeira Logo

Madeira, die zu Portugal gehörende im Atlantik gelegene Inselgruppe, hat vor wenigen Tagen einen neuen Tourismusmarkenauftritt präsentiert. Das neue visuelle Erscheinungsbild, davon zeigen sich die Verantwortlichen überzeugt, solle den schon bald wieder einsetzenden Aufschwung im Tourismussektor positiv begleiten. Die Bewohner der Inselgruppe sind hingegen alles andere als positiv auf das neue Branding zu sprechen.

Die Regierung der Region Madeira sieht sich ungeachtet des aktuellen Infektionsgeschehens – Madeira ist anders als das Festland Portugals derzeit Risikogebiet – gut vorbereitet, um in einigen Monaten die Wiederaufnahme des touristischen Verkehrs zu managen. Man werde einen grünen Korridor haben, um Menschen willkommen zu heißen, wie die autonome Regierung Madeiras im Rahmen einer Pressmeldung erklärt.

Der kürzlich lancierte farbenfrohe neue Markenauftritt versprüht, rein visuell, schon einmal Wohlfühlatmosphäre und gute Laune. Vor Ort sorgt das Rebranding allerdings für große Empörung. Insbesondere die damit verbundenen Kosten zur Erstellung des neuen Markenauftritts in Höhe von 560.000 Euro schlagen in den lokalen Medien derzeit hohe Wellen. Wie es etwa auf Funcial Noticias heißt, wird die Gesamtinvestition seitens der Regionalregierung sogar auf eine Millionen Euro beziffert. Unzufrieden sind viele Madeirer auch mit dem Marken-Claim, der da lautet: „Madeira belongs to all“.

Der Umstand, dass der Auftrag zur Erstellung eines neuen Markenauftritts bereits Ende 2017 erfolgt ist, die Umsetzung jedoch erst Jahre später geschieht, sorgt dort ebenfalls für Verwunderung. Den Auftrag erhielt seinerzeit die Agentur BAR aus Lissabon. Recherchen lokaler Medien hätten ergeben, dass die Regierung seit vielen Jahren regelmäßig Aufträge an das Unternehmen vergeben hat, auch über das Madeira Promotion Bureau (APM), das Auftraggeber für das Redesign war. Der Vorwurf steht im Raum, bei der Auftragsvergabe zum Rebranding an BAR sei nicht alles mit rechten Dingen zugegangen. Auch deshalb fallen die Reaktionen innerhalb der Facebook-Community erwartungsgemäß durchweg negativ aus. Das Design und die Formgebung als solche werden dabei kaum thematisiert. Ein User meint, die Buchstabenform wie sie in der Madeira-Wortmarke dargestellt ist, habe man von einem anderen Typedesign-Entwurf abgeschaut.

Madeira Logo – vorher und nachher
Madeira Logo – vorher und nachher, Bildquelle: Associação de Promoção da Madeira, Bildmontage: dt

Madeira wird seit langem als Blumeninsel beworben. Das bisherige Logo greift diese Idee auf, wenn auch nicht in visuell überzeugender Weise. Beim neuen Markendesign greift hingegen ein völlig anderer Ansatz. Das neue Logo basiert auf der Idee eines rekonstruierten Kreises. Der Kreis, so ist es im zugehörigen Brandbook (PDF) beschrieben, sei ein Symbol für Einheit, Gemeinschaft und Familie – diese reflektierten die Seele der Madeirer. Die gewählten 11 Farben repräsentierten zudem die 11 Regionen der Inselgruppe. Die Vielfarbigkeit sei ein Ausdruck für die Vielfalt der Erfahrungen. Neben dem Logo, das in unterschiedlichen Farbkomposita verwendet werden kann, wurde auch ein Monogramm entwickelt, welches beispielsweise als Absender im Umfeld von Social Media zum Einsatz kommt.

Kommentar

Oberflächlich betrachtet ein ansprechendes, attraktives und einladendes Markendesign, das bei der Zielgruppe punkten dürfte. Dass die Formgebung der Buchstaben besagtem anderen Entwurf ähnelt, ist unwesentlich. Erstens handelt es sich bei den von Philippe Cossette entworfenen Buchstaben lediglich um ein Konzept, zweitens ist die Madeira-Wortmarke insgesamt betrachtet im Kontext Tourismus-Logos originär und eigenständig.

Den Unmut vieler Madeirer kann ich gleichwohl nachvollziehen, denn auch mir erscheinen 560.000 Euro, die im Rahmen des Auftrags zur Entwicklung des Markendesigns investiert wurden, unverhältnismäßig. Wobei es zu differenzieren gilt: es ist nicht so, wie im Umfeld von Social Media verkürzt kommentiert wird, dass die Erstellung allein des Logos so viel Geld gekostet hätte. Um ein solches Logo zeichnen zu können, braucht es eine Idee. Neben der Umsetzung ist die Entwicklung einer Idee DER zentrale Baustein einer Kreativleistung. Darüber hinaus wurde nicht nur ein neuer Markenauftritt für Madeira entwickelt, sondern auch umfangreiche begleitende Medien wie eine Marken-Website produziert, um so das neue visuelle Erscheinungsbild gesondert zu präsentieren und verständlich zu machen. Bestandteil des Auftrags war offenbar auch die Erstellung eines Brandbooks, eines Werbespots (siehe unten), sowie der Entwurf entsprechender Banner und Anzeigen. Das relativiert die hohen Kosten, da nicht nur ein Logo, sondern ein komplettes Designsystem inklusive Imagefilme und Werbemittel entwickelt wurden. Das Ergebnis schaut insgesamt sehr professionell aus.

Der Umstand, dass die verantwortliche Agentur BAR (Lissabon) unter barlisboa.com seit mehreren Jahren keinen funktionierenden Webauftritt aufweist und unter facebook.com/barlisboa/ gänzlich inaktiv ist, stiftet nicht eben Vertrauen (zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe war der Webauftritt noch aktiv). Zur Verbesserung der Akzeptanz der neuen Marke innerhalb der eigenen Bevölkerung trägt dies ganz sicherlich nicht bei. Wenn man die Aussagen im Brandbook den zahlreichen kritischen Stimmen in den lokalen Medien und der Bevölkerung gegenüberstellt, entsteht unweigerlich der Eindruck, dass es den Markenverantwortlichen, entgegen eigener Aussagen, nicht gelungen ist die Bevölkerung in den Entstehungsprozess einzubinden.

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Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Ich bin recht unentschlossen. Im Prinzip sieht es schon sehr schön, professionell und trotz der elf Farben auch wertig aus. Allerdings finde ich den Schriftzug an sich eher schlecht leserlich – insofern ganz gut, dass er noch mal zusätzlich dazugeschrieben wird. Auch vermisse ich das Thema Blumeninsel, was für zahlreiche Touristen der Grund für einen Besuch sein dürfte. Wenn man sich davon verabschieden möchte, passt es natürlich. Beim Monogramm kommt mir spontan ein Bühnenvorhang in den Sinn.

    Ein ähnlich modular aus geometrischen Formen aufgebautes Logo gibt es übrigens auch bei der Tourismusgesellschaft des Osnabrücker Landes:
    https://www.osnabrueck.de/start/aktuelles/news/das-osnabruecker-land-wirbt-mit-neuem-look-und-logo-tourismusgesellschaft-startet-im-marketing-neu-d/

  2. Hat sich die Agentur eventuell umbenannt?
    Im Brandbook steht ein Name, mit dem man zu dieser Website kommt, und die sieht noch ganz lebhaft aus: barogilvy . pt

  3. Nur zum Artikel selbst: Schwierig, dass zuerst der Plagiatsvorwurf als “unwesentlich” beurteilt wurde (warum eigentlich?), nur um später die “Ideenfindung” als Erklärungsversuch zu den Kosten anzuführen… Mir scheint hier wird etwas leichtfertig eine Absolution erteilt.

    1. Schwierig, dass zuerst der Plagiatsvorwurf als “unwesentlich“ beurteilt wurde (warum eigentlich?)

      Hmm… eine Begründung liefere ich doch gleich im Folgesatz: „Dass die Formgebung der Buchstaben besagtem anderen Entwurf ähnelt, ist unwesentlich. Erstens handelt es sich bei den von Philippe Cossette entworfenen Buchstaben lediglich um ein Konzept, zweitens ist die Madeira-Wortmarke insgesamt betrachtet im Kontext Tourismus-Logos originär und eigenständig.“ Bei einem nicht-realisierten Konzept besteht KEINERLEI Verwechslungsgefahr. Deshalb ist es für die Rezeption des Markenzeichens unerheblich, ob irgendwo von irgendwem schon einmal ein ähnliches Zeichen entwickelt worden ist.

      Ich kann wirklich nicht erkennen, dass im Beitrag dem Projekt und dem Ergebnis, wie Du schreibst, eine „Absolution“ erteilt würde. Ich finde eine solche Zuschreibung offen gesagt etwas unsachlich und frage mich, wie man zu dieser Einschätzung gelangen kann. Denn sowohl an den vergleichsweise sehr hohen Kosten wie auch den fragwürdigen Umständen hinsichtlich der Vergabe habe ich sehr wohl Kritik geübt. Dass die Gestaltung und das Ergebnis der Zusammenarbeit optisch ansprechend ist, kann man dennoch differenziert davon betrachten, wie ich meine.

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