Eine Nachricht, die ins Krisenjahr 2020 passt. Das Fachmagazin „novum“ wird eingestellt. Nach 96 Jahren und über 1.000 Ausgaben ist Schluss. Ein düster gestaltetes Cover verkündet das Ende des traditionsreichen Designmagazins. Eine gute Nachricht gibt es für designinteressierte Printlektüre-Leser dennoch.
Mit der Ausgabe 01/02.2021 verabschiedet sich das Magazin „novum – World of Graphic Design“, so ist es auch auf einer Seite des herausgebenden Stiebner Verlags nachzulesen, von seinen Lesern. Der Verlag begründet die Einstellung mit einer nicht mehr gegebenen „wirtschaftlichen Tragfähigkeit“. Wie Melanie Stiebner, Geschäftsführerin und Leiterin Marketing & Vertrieb, dem dt auf Anfrage mitteilt, habe die Auflagenentwicklung „die Entscheidung nötig gemacht“. Stiebner verweist dabei auf die in den letzten Jahren rückläufigen Zahlen, einzusehen bei IVW. Zum Vergleich: während im 1. Quartal 2009 noch 9.219 Exemplare verkauft wurden, waren es im 1. Quartal 2019 5.928. Ein Rückgang um knapp 36 %. Die Auflagenentwicklung sei bereits seit vielen Jahren Trend und habe sich auch in 2020 fortgesetzt, allerdings nicht in erhöhtem Maße. Die Corona-Krise habe keinen besonderen Ausschlag für die Entscheidung gegeben, so Stiebner gegenüber dem dt. Unter der Leitung Melanie Stiebners hat der Verlag zuletzt seine Ausrichtung im Bereich Handarbeit, Mode und Sport ausgebaut.
Für die meisten Abonnenten dürfte die Einstellung überraschend kommen. Noch vor wenigen Tagen konnte man ein Abo der novum abschließen. Ehemaligen novum-Abonnenten bietet der Verlag den Bezug des Magazins PAGE an. Alternativ können sich Abonnenten auch das Guthaben auszahlen lassen. Von Seiten der PAGE-Redaktion wird die Partnerschaft als „Vertriebskooperation“ bezeichnet. Die PAGE werde, so novum-Herausgeber Dr. Jörg Stiebner im Editorial der novum-Ausgabe 01/02.2021, „wie bisher novum, umfassend im Berufsalltag unterstützen, über die neuesten Entwicklungen und Trends informieren, herausragende Arbeiten aus Design, Kommunikation und Medien präsentieren rund um Print, Web und digitale Produkte“.
Für die ehemaligen Macher der novum komme der Schritt hingegen weniger überraschend, wie Christine Moosmann, bis zuletzt Chefredakteurin der novum gegenüber dem dt erklärt. Bereits im letzten Jahr habe der Stiebner Verlag die novum verkaufen wollen, so Moosmann, da sich der Verlag rein aufs Buchgeschäft konzentriere. Das Magazin novum war bisher die einzige Zeitschrift im Portfolio. Die novum-Redaktion sei nicht in die Entscheidung eingebunden gewesen. „Wir hatten selbst ein Angebot abgegeben, um die novum in Eigenregie weiter zu führen, die Kooperation mit der PAGE erschien dem Stiebner Verlag aber wohl attraktiver“, so Moosmann weiter. Die novum habe zwar, wie alle Print-Titel, Einbußen hinnehmen müssen, aufgrund des bis zuletzt soliden Abonnentenstamms und der ordentlichen Anzeigenumsätze teile das ehemalige Grafik- und Redaktionsteam allerdings nicht die Einschätzung der Verlagsführung hinsichtlich der wirtschaftlichen Tragfähigkeit.
Auch Bettina Schulz, bis Sommer 2019 Chefredakteurin der novum und insgesamt 25 Jahre für das Magazin tätig, bedauert die Entscheidung. Gleichzeitig übt Schulz Kritik am Vorgehen des Verlags. „Ich halte es für stillos, langjährige Leser einfach möglichst unauffällig zu einem Abo-Wechsel zu bewegen“. Die Außenkommunikation der beiden Verlage, Stiebner und Ebner, empfindet Schulz als sehr ärgerlich. Ihrer Ansicht nach sei die novum nie ein Herzensprojekt des Verlags gewesen.
In wie weit sich die Kooperation der Verlage auch inhaltlich/redaktionell auswirkt, wird man erst mit Erscheinen der kommenden PAGE-Ausgabe sehen, der ersten „Kooperationsausgabe“. Eine Übernahme bzw. ein vollständiges Aufgehen der Inhalte der novum in der PAGE, wie es die Überschrift „Novum goes PAGE“ suggeriert, wird es jedenfalls nicht geben.
Das Ende der novum bedeutet zugleich ein Neuanfang. Auf der Crowdfunding-Plattform Startnext sucht das ehemalige Grafik- und Redaktionsteam der novum Unterstützer, um nun in Eigenregie unter dem Namen „Grafikmagazin“ eine neue gedruckte Fachzeitschrift für Kommunikationsdesign herauszubringen zu können. Moosmann und ihre Kollegïnnen sind davon überzeugt, dass „Print alles andere als tot ist“. Handwerk und Haptik würden gerade jetzt mehr geschätzt denn je.
Das Team besteht aus Christine Moosmann (Redaktion), Sonja Pham (Redaktion), Tobias Holzmann (Art Director) und Christian Meier (Marketing). Angetrieben werden die Grafikmagazin-Macher dabei von ihrer Leidenschaft für herausragendes Grafikdesign, optisch wie haptisch. Mit dem ab Februar im Zwei-Monats-Rhythmus erscheinenden Grafikmagazin wolle man sich „für Vielfalt in der Medienlandschaft, für Qualitäts-Journalismus für die Kreativ-Branche sowie für faire Arbeitsbedingungen und Entlohnung“ einsetzen. Die Einzelausgabe soll 19,80 Euro kosten.
Hier gehts zu Kampagnenseite von Grafikmagazin auf Startnext:
- https://www.startnext.com/grafikmagazin/
Viel Erfolg liebe Tine!
Eine traurige Nachricht. Danke, dass du so umfassend über die Umstände informierst, Achim. Das »Grafikmagazin« habe ich natürlich sofort auf Startnext unterstützt.
Als langjähriger Novum-Abonennt bin ich gerade voll überrascht worden. Natürlich habe ich auch gleich das neue Grafikmagazin auf Startnext unterstützt.
Oh, welch ein Verlust!
Page kenne ich schon, da geben ich dem Grafikmagazin eine Chance …
Eine Bemerkung zum Cover: Der arabische Text (links unten) und der hebräische Text (rechts oben) sind falsch gesetzt. Die Reihenfolge der Buchstaben muss genau umgekehrt sein, und im Falle von Arabisch müssen zusätzlich die Buchstaben verbunden sein. Was da steht, ist “eknad” statt “danke”.
Zum Vergleich, so sollte es aussehen (ggf. entsprechend gedreht):
תודה
شكرا جزيلا
Schade, dass sowas einer Grafik-Fachzeitschrift passiert.
Ich bin ja nur interessierter Laie – aber kann es sein, dass diese Grafikmagazin-Werbegrafik sehr … schlimm ist? Der gelb-blau-Farbverlauf, der unmotiviert in den Ecken rumstehende Text, das von der Linie überdeckte Wort unten?
Ja, das seht sehr laienhaft aus… leider wird dieser Stil durchaus oft verwendet (z.B. “Brutalismus” im Web) und soll vielleicht irgendwie artsy wirken, keine Ahnung.
Vielleicht gewollt fragwürdig gestaltet um Diskussionen anzuregen. Mein Fall ist es jedenfalls auch absolut nicht, sieht leider sehr sehr lieblos aus und erzeugt keinerlei positive Gefühle oder Interesse an der neuen Zeitschrift.
Ich bin zwiegespalten. Zum einen ist es natürlich traurig, dass ein Fachmagazin kurz vorm 100. eingestellt wird und es ist schade, sich künftig nicht mehr an der immer wieder aufregenden Covergestaltung und Abwechslung im Kiosk-Regal zu erfreuen. Allerdings hatte mich die Novum schon lange nicht (mehr) inhaltlich interessiert oder gefesselt – den Anspruch den das Cover vermittelte, konnte ich für mich nie so recht im Magazin finden …
Natürlich, schade wenn Vielfalt verloren geht, aber vielleicht auch eine Chance, die ganze Nummer auch inhaltlich neu zu konzipieren. Ein weiter wie bisher wäre wohl fatal … Ich werde das Projekt wahrscheinlich unterstützen, aber weder weil mich die Novum, noch weil mich die visuelle Aufbereitung der Startnext-Kampagne überzeugt, sondern schlichtweg, weil ich eine Chance auf einen Neustart unterstützen möchte. Also bitte nutzt diese Chance, macht keinen arty fancy geilen Scheiß sondern ein richtig gutes Grafikmagazin – das hätte der Designstandort Deutschland wirklich mal verdient und nötig …