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Die Logos der Olympiastädte als Kandidat und als Ausrichter

Es ist ein ganz weiter Weg für eine Stadt von der Kandidatur bis zur Ausrichtung der olympischen Spiele. Nicht selten spiegelt sich dieser Prozess auch in den Logos der Kandidaten wieder. Die zukünftigen Austragungsorte haben sich nämlich mit Ausnahme von London während der Kandidatur mit einem gänzlich anderem Logo präsentiert.

Beijing 2008

Im Emblem “Beijing 2008” erkennt man in beiden Bildmarken die zu Grunde liegende Idee. “Dancing Beijing” heißt das finale Logo, das aus 1.985 Einreichungen ausgewählt wurde. Entwickelt wurde das Logo von Beijing Armstrong Visual Identity Corp (AVIC). Das Thema Tanz wird auch in der Variante sichtbar, das während der Kandidatur zum Einsatz kam. Es zeigt eine Form, wie sie von einer Bodenturnerin mit einem Band erzeugt werden könnte. Auch im finalen Logo ist Tanz und Bewegung die treibende Idee. Eine kalligrafische Form tanzt mit offenen Armen, umgeben von einer roten Fläche. Sehr gelungen, wie ich finde. Der Schriftzug “Beijing 2008” hingegen erscheint einen Tick zu fett und der kalligrafische Ausdruck ist ein wenig plakativ vorgetragen. Insgesamt aber sicherlich mit das Beste, was in den letzten Jahrzehnten für Großveranstaltungen im Bereich Sport geschaffen wurde. Übrigens diente als Vorlage ein Stein, der Teil einer privaten Kunstsammlung ist.

Vancouver 2010

Das finale Logo des Ausrichters der Winterspiele 2010 Vancouver unterscheidet sich ebenfalls ganz erheblich von der zuerst präsentierten Bildmarke. Statt einer winterlichen Landschaft und dem landestypischen Ahornblatt, ist nun ein indianischer Totem abgebildet. Irgendwo zwischen Gigant aus dem All und dem Michelin-Männchen positioniert, wirkt die Form jedoch ziemlich schwerfällig. Im ersten Eindruck durchaus gefällig, aber ich hoffe die Sportler präsentieren sich etwas beweglicher. Peinlich finde ich den geöffneten Mund a la Pacman, der vermutlich die Freundlichkeit der ausrichtenden Stadt zum Ausdruck bringen soll und mit Sicherheit eine Kompromisslösung darstellt. Tssss, diese Politiker. Nach dem Motto.”Wenn wir schon diese Form nehmen, dann sollte sie zumindest freundlich aussehen”. Nun gut. Das Lächeln ist mindestens genauso peinlich, wie das der unter Drogenkonsum stehenden Smileys des Fußball-WM-Logos 2006. Warum soll es den Kanadiern besser gehen, als uns in dieser Hinsicht? Ich meine, dass ein Totem kein guter Sympathieträger ist. Ob mit oder ohne Grinsen. Warum nicht gleich ein Tomahawk oder ein Skalp?

London 2012

Das Logo der Ausrichterstadt London kommt arg bescheiden und ohne echte Bildmarke daher. Die Bänder, die durch die Großbuchstaben verlaufen, haben die Farben der Kontinente und sollen, wie es bei Olympia und Weltmeisterschaften üblich ist, das verbindende Element symbolisieren. Schön und gut aber muss das auf Kosten der Lesbarkeit erfolgen? Typografie und das Gestaltungselement der Bänder werden in dieser Form nicht betont sondern eher zu einer unausgewogenen Masse vermengt. Der Schriftzug ist so relativ schlecht lesbar. Die Idee Bildmarke und Schriftzug miteinander zu verflechten, anstatt sie wie üblich zu trennen, finde ich vom Ansatz her gut und lobenswert. Die Umsetzung allerdings überzeugt mich zumindest nicht so ganz. Verantwortlich zeichnet die Agentur Kino Design, die aus 1.100 Einreichungen als Gewinner hervor ging.

Wie man sieht gehen die zukünftigen Olympiastädte recht unterschiedliche Wege in Sachen visuelles Aushängeschild. Auf die Spiele in Peking im nächsten Jahr kann man sich schon allein deshalb freuen, weil das Erkennungszeichen von ausgesprochen hoher Qualität ist. Die Tatsache, dass der Entwickler des Logos gerade einmal umgerechnet 10 Cent für seine Arbeit bekommen hat, spottet jeder Beschreibung (siehe Link-Liste unten).

Übrigens wird für die Spiele in Vancouver 2010 noch ein Designer für das Maskottchen gesucht.

Achim Schaffrinna

Achim Schaffrinna ist Designer und Autor. Hier im Design Tagebuch, 2006 von mir gegründet, schreibe ich über die Themen Corporate Identity und Markendesign. Ich konzipiere und entwerfe Kommunikationsdesign-Lösungen und unterstütze Unternehmen innerhalb von Designprozessen. Designanalyse ist Teil meiner Arbeit. Kontakt aufnehmen.

Dieser Beitrag hat 32 Kommentare

  1. Also ich find das London-Logo sehr gelungen. Den Verlauf der Themse dahinein zuinterpretieren finde ich etwas gewagt. Sieht eher aus als sollte das band auch in die zweite Zeile fließen und dort nicht enden da sich das “O” zum verflechten besonders gut geeignet hat.

    Die Vancouver-Entwürfe finde ich nicht wirklich gelungen aber das mag an meiner Symphaty zu London liegen. Wobei hingegen das erste Bejing-Logo flott und schnittig daherkommt. Wirkt auf mich jedoch zu präsent für Bodenturner als für die Gesamtheit der Sportarten. Und das zweite Logo davon… Naja wie soll ich sagen… Ist einfach mal mit Holzhammer rausgeknüppelt. Okay der Stein sieht gespeigelt ähnlich aus aber die Textmarke…. Ich weiss nicht… Find’s zu leicht dahergeholt.

  2. […] Es ist ein ganz weiter Weg für eine Stadt von der Kandidatur bis zur Ausrichtung der olympischen Spiele. Nicht selten spiegelt sich dieser Prozess auch in den Logos der Kandidaten wieder. Die zukünftigen Austragungsorte haben sich nämlich mit Ausnahme von London während der Kandidatur mit einem gänzlich anderem Logo präsentiert. Beijing 2008 Im Emblem “Beijing 2008“³ erkennt man in beiden Bildmarken die zu Grunde liegende Idee. “Dancing Beijing“? heißt das finale Logo, das aus 1.985 Einreichungen ausgewählt wurde. Entwickelt wurde das Logo von Beijing Armstrong Visual Identity Corp (AVIC). Das Thema Tanz wird auch in der Variante sichtbar, das während der Kandidatur zum Einsatz kam. Es zeigt eine Form, wie sie von einer Bodenturnerin mit einem Band erzeugt werden könnte. Auch im finalen Logo ist Tanz und Bewegung die treibende Idee. Eine kalligrafische Form tanzt mit offenen Armen, umgeben von einer roten Fläche. Sehr gelungen, wie ich […]Original post by Achim Schaffrinna […]

  3. Beim “Beijing 2008“³ Logo fällt mir auf, dass das “tanzende” Männchen dem chinesischem Zeichen “JING” “京” (von BEIJING “北京”) sehr ähnelt. Ist bestimmt kein Zufall…

  4. Schöner Artikel! Danke :)

    Leider gehe ich nicht mit vielen Aussagen nicht konform und (im London-Part)
    bei “…aber muss das auf Kosten der Lesbarkeit erfolgen?” und “…unausgewogenen Masse…” musste ich ehrlich gesagt sogar ein wenig lachen.

    Wie kommst Du denn da drauf? Kannst Du das genauer begründen?

  5. Das London-Logo möchte ich mal in der schwarz-weiss Version sehen..da wird wohl nicht mehr übrigbleiben als schwarzer Matsch.

    Es wundert mich immer wieder, dass speziell bei (Re-) Brandings von Städten, Ländern etc solch grobe formale Fehler gemacht werden, für die jeder Designstudent im Erstsemester was auf die Finger bekäme.

    Noch schlimmer, dass diese Art von Logos dann auch oft noch gewinnen, obwohl man doch denken müsste, das vor einer Festlegung auf einen bestimmten Entwurf dieser von Dutzenden Leuten begutachtet wurde und solch grundlegenden Fehler jemandem auffallen müssten..

    Meine Meinung: Ein Logo das ohne grosse Veränderungen nicht auch in s/w funktioniert, funktioniert nicht.

  6. @max
    Ich glaube Frank hat ganz gut beschrieben, wo das Problem beim London-Logo liegt. Ich bin mal gespannt, wie es in 3x2cm auf Pressemappen, Visitenkarten oder noch interessanter in Zeitungen oder auch per Siebdruck auf T-Shirts steht. Ich kann die Drucker weltweit schon fluchen hören.

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