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Neues Corporate Design der Stadt Amsterdam, und wie niederländische Medien darüber berichten

Amsterdam Corporate Design
Amsterdam Corporate Design

Corporate Design und Lokalpresse – das habe ich bereits mehrfach und auch ausführlich geschrieben – das endet in der Mehrzahl der Fälle meist in der Banalisierung und Polemisierung von Kommunikationsdesign. Das ist in Deutschland nicht anders als anderswo. Derzeit erlebt die niederländische Kreativbranche, wie das hochkomplexe Thema Corporate Design in den Medien auf einen Zahlenwert reduziert wird.

Gemeinhin wird den Niederländern, gerade auch den Nicht-Designern, ein hohes Maß an Sensibilität für und die Kenntnis um die Notwendigkeit von Corporate Design zugesagt. Dass in der Bevölkerung natürlich auch andere Meinungen vorherrschen, davon kann man sich derzeit überzeugen. Von der Presse wird das neue Corporate Design der Stadt Amsterdam, für das die Agentur EdenSpiekermann (NL) verantwortlich zeichnet, vorwiegend schlampig und undifferenziert aufbereitet, was Designmanagement-Berater wie Roel Stavorinus an der Qualität von Journalismus zweifeln lässt. Es wird pauschalisiert, verkürzt, gezielt polemisiert und natürlich darf das Thema Steuergelder nicht fehlen.

Ganz bewusst stelle ich in diesem Fall einmal das neue Design inklusive modifiziertem Stadtlogo nicht dem alten gegenüber, so wie es etwa „De Telegraaf“ macht und damit suggeriert, die visuellen Änderungen seien marginal, die Kosten hingegen vergleichsweise hoch, was beides falsch ist, wie Edo van Dijk von EdenSpiekermann richtigstellt. Ausführlich präsentiert van Dijk in einem Artikel mit der Überschrift „It’s not the logo“ das Corporate Design, für das die Stadt insgesamt 100.000 Euro ausgibt. Vor diesem Hintergrund ist auch für Laien nachvollziehbar, weshalb das neue Corporate Design zukünftig dafür sorgt, Ausgaben zu senken.

Denn nach der Implementierung eines vereinheitlichten Erscheinungsbildes als Maßnahme zur Rationalisierung müssen nicht mehr x Dienstleister mit dem Pflegen und Produzieren unterschiedlicher Gestaltungslinien beauftragt werden. Dadurch können auch regelmäßige Ausschreibungskosten eingespart werden. Sicher – es dauert Jahre, bis dieser Effekt greift. Die Vorteile hingegen (Vereinheitlichung der Gestaltung, leichtere Identifizierbarkeit, Schärfung des Profils der Stadt sowie einer klaren Zuordnung der Verantwortlichkeiten) werden sofort beziehungsweise schon nach kurzer Zeit sichtbar.

Auch in diesem Fall wäre die Stadtverwaltung Amsterdam gut beraten gewesen, hätte sie entsprechende Hintergrundinformationen vorab veröffentlicht. Dann hätte sie sich die Richtigstellung* sparen können, zumal diese von den „1oo.ooo-Euro-für-ein-Logo-Kommentierern“ unbemerkt geblieben sein dürfte. Nur gut, dass auch in den Niederlanden Designer sich in derlei Diskussionen einbringen, dort wo einige Journalisten schluderig ihre Arbeit verrichten.

Mediengalerie

Weiterführende Links:

 

*amsterdam.nl/gemeente/bedrijfsvoering/stijlweb/hoofdartikelen/huisstijl-media-zit/

Dieser Beitrag hat 13 Kommentare

  1. Der Behauptung, dass die Berichterstattung über dieses Redesign vor allem „schlampig“ und „undifferenziert“ ist, kann ich nach Durchsicht einiger Artikel dazu nicht zustimmen. Das wäre ein, wie ich finde, schlampiges und undifferenziertes Urteil. Selbst der Text aus dem Telegraaf berichtet nicht nur vom Logo (nicht mal in der Überschrift), sondern von einem „komplett neuen Erscheinungsbild“, und nennt auch Pro-Argumente, zum Beispiel „Einsparungen beim Papier“. In den meisten anderen Artikeln, die Edo van Dijk von Edenspiekermann in seinem Blogpost zitiert, kommt er auch selbst (oder jemand von der Stadtverwaltung) zu Wort und darf die Vorzüge des neuen, vereinheitlichten Corporate Designs erläutern. Es erscheint mir journalistisch unanstößig, den ersten Eindruck des naiven Betrachters („Hä? Das Logo ist doch fast dasselbe!“) als Ausgangspunkt zu nehmen und von dort aus die (möglichen) Pluspunkte eines neuen CD zu erläutern. Gegen das gute alte Prinzip „Audiatur et altera pars“ wird nicht mal in dem RTL-Beitrag verstoßen, der auch für meinen Geschmack zu reißerisch anfängt. In jedem Fall kann man Journalisten meines Erachtens nicht vorwerfen, dass sie auch der Kritik an dem Projekt und dem Unverständnis darüber Raum geben. Vielleicht ist die Kritik ja berechtigt. Nur weil oft reflexartig auf Corporate-Design-Arbeiten mit sechsstelligen Budgets geschossen wird, heißt das nicht, dass man nicht im Einzelfall auch mal sagen darf: Das finde ich keine 100.000 Euro wert! Bedauerlich erscheint mir im Übrigen, dass die „Kommunikationsexperten“ hinter dem Redesign offenbar wieder mal nicht geahnt haben, dass eine unauffällige gestalterische Weiterentwicklung unweigerlich zu Entrüstung führen wird. Im Wissen darum hätte man die Vorstellung des CD gleich stark darauf ausrichten können, denjenigen, die „100.000 für ein neues Logo?!“ schreien, den Wind aus den Segeln zu nehmen – statt auf derartige Kommentare ein paar Tage später mit einer zweiten Pressemitteilung reagieren zu müssen.

  2. Christoph, es ist richtig, dass im DeTelegraaf-Artikel auch darauf hingewiesen wird, dass sich die Stadtverwaltung von der Maßnahme Einsparungen erhofft. Ich bleibe jedoch bei meiner Einschätzung, dass der verantwortliche Redakteur hier unsauber gearbeitet hat. Als was soll man es denn anderes bezeichnen, wenn bei der Gegenüberstellung der Logos (siehe unten) einzig als Bildunterschrift der Hinweis: „Das alte Logo der Stadt Amsterdam… und das neue Logo. Kosten 100.000 Euro“ eingestellt wird? Ich halte das für unseriös und für Meinungsmache.

    Diese Form der Zuspitzung findet man leider allzu oft. In der Sache falsch ist die Textbild-Aussage dennoch, beziehen sich die Kosten doch auf die Erstellung des gesamten Erscheinungsbildes.

    Indem Redakteure, wie auch in diesem Fall, bewusst nur eine Abbildung auswählen, meist ist es das Logo, steuern sie ganz gezielt die Annahme, die Gesamtkosten entfielen auf die Erstellung des Logos. Während bei jedem Stadtfest, bei jeder Veranstaltung und selbst bei Meldungen über Verkehrsunfällen gleich eine ganze Bildergalerie dargereicht wird, wird ausgerechnet bei einem Thema wie diesem, das sich umso mehr erschließt, je mehr visuelle Eindrücke man präsentiert bekommt, auf die Abbildung von Anwendungsbeispielen verzichtet. Schlampigkeit zeigt sich nicht nur in dem, was geschrieben wird, sondern vor allem auch in dem, was nicht geschrieben und gezeigt wird.

  3. Dann sind wir wohl einfach unterschiedlicher Meinung, was das angeht. Ich empfinde es, wie gesagt, als pauschalisierend und unfair, die Berichterstattung als „vorwiegend schlampig und undifferenziert“ zu qualifizieren. Das tut den Journalisten so sehr Unrecht, wie du offenbar das Gefühl hast, dass der Arbeit von Edenspiekermann hier Unrecht getan wird.

    Die Artikel, die angeführt werden, sind in ihrer Güte meines Erachtens völlig unterschiedlich – von differenziert (etwa die Rubrik “ºNext checkt“¹ in nrc.next, leider hinter der Paywall) über durchschnittlich (De Telegraaf, wo Überschrift und Text akzeptabel sind, aber die Bildunterschrift enttäuscht) und grenzwertig (der RTL-Beitrag, der sensationsheischend anfängt, aber das letzte, erläuternde Wort Edo van Dijk überlässt) bis zu irreführend (NOS.nl, wo lange der Eindruck bestehen bleibt, es gehe nur um „het nieuwe logo“). Der Vorwurf, dass teilweise „ganz gezielt die Annahme“ gesteuert werde, 100.000 Euro entfielen nur auf das neue Logo, geht meines Erachtens zu weit. Natürlich gibt es verkürzende, schludrige Artikel über Redesigns, aber dass dahinter eine bewusste Strategie stecken soll, um Empörung zu erzeugen oder die Designindustrie in ein schlechtes Licht zu rücken, ist mir, ohne Belege, zu verschwörungstheoretisch.

    Der globale Eindruck einer unangemessenen Berichterstattung kann meines Erachtens unter anderem aus einer übertriebenen Erwartungshaltung und starken Sensibilisierung für das Thema entstehen: Erstens sehe ich Journalisten nicht als diejenigen, die den Leuten beizubringen haben, warum ein neues Corporate Design eine tolle Sache ist. Sie sollen die Neuerungen angemessen darstellen (das machen die meisten) und alle Seiten zu Wort kommen lassen (das machen so gut wie alle). Welche Sichtweise dem Leser letztlich überzeugender erscheint, ist in vielen Fällen auch davon abhängig, wie man überhaupt an das Thema herangeht. Es ist wahr, dass die Einengung auf „Das neue Logo“ der Sache nicht gerecht wird, aber gerade in den hier angeführten Artikeln findet das kaum statt. Ich sehe jedenfalls keine gezielte Meinungsmache. Zweitens gilt es zu bedenken, dass das Thema Gestaltung vielleicht für dich die Welt bedeutet, aber für die meisten Zeitungsleser eine öde Randnotiz ist. Viel weniger als einen manipulierenden Impuls sehe ich bei den Journalisten eher den naiven, bisweilen missglückten Versuch, dieses für viele fade Thema spannend zu machen. Sowohl die Urheber der jeweiligen Gestaltung wie auch die Pressevertreter wären glücklicher, wenn die Bekanntgabe eines neuen Corporate Designs nicht, wie hier, in Form einer dürren Pressemitteilung über einen Stadtratsbeschluss stattfände, sondern auf eine Weise, die Bedenken antizipiert und darauf direkt eingeht. Daraus lässt sich auch viel leichter ein ausgewogener, interessanter Artikel stricken – gerade, wenn man kein Experte für Gestaltung ist.

  4. Erstens sehe ich Journalisten nicht als diejenigen, die den Leuten beizubringen haben, warum ein neues Corporate Design eine tolle Sache ist.

    Darum geht es auch gar nicht. Dir ist schon bewusst, dass Du an dieser Stelle zu ähnlich polemischen Stilmitteln greifst, wie die von mir kritisierten Schreiber, die, wie Du selbst sagst, zum Teil mehr auf den Effekt und die Spannung setzen als auf fundierte Hintergrundinformationen? Ich schätze sehr, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, viele der betreffenden Artikel zu lesen, hier überspitzt Du allerdings Christoph.

    Natürlich ist mir bewusst, dass dies kein spezifisches Designthema, keine ausschließlich das Fachthema Corporate Design betreffende Problematik ist. Je spezifischer ein Thema, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass es im Umfeld eines „Nachrichtengeneralisten“ zu kurz kommt bzw. falsch wiedergegeben wird.

    Was ich hier vermisse und kritisiere, ist das Fehlen journalistischer Sorgfalt. Ich bin mir nicht sicher, ob man diese Kritik mit „übertriebener Erwartungshaltung“ vom Tisch wischen sollte. Ich verfolge keine idealistischen Ziele, will nicht, dass Jeder Design toll findet, auch hier triffst Du meines Erachtens nicht den Punkt. Was ich mir wünsche, ist eine wahrheitsgetreue Berichterstattung.

    In der Frage der präventiven Maßnahmen von Seiten der Stadtverwaltung wie auch der Agentur scheinen wir uns hingegen einig. Mit der Bereitstellung einer entsprechend üppigen Pressemappe hätte man sich in der Tat einigen Gegenwind erspart.

  5. Ich möchte hier jetzt nicht komplett jede Überschrift, jeden Absatz, und jedes Wort in den verschiedenen Artikeln und Beiträgen durchzitieren, aber insgesamt finde ich die Berichterstattung auch nur durchschnittlich gelungen. Zumindest aus journalistischer Sicht. Klar kommen beide Seiten zu Wort, es wird nicht nur vom Logo gesprochen, aber ich habe oftmals das Gefühl, dass bei Berichten über die Ergebnisse solcher Projekte oftmals trotzdem die subjektive Meinung des Autors bzw. eine vorherrschende Meinung gegenüber der Zunft genutzt bzw gebracht wird um Meinungsmache zu betreiben.

    Denn wenn es darum nicht gehen würde, könnte ein solcher Bericht m.M.n. aussehen wie ein Bericht über einen Unfall. Ablaufen, Fakten, Ergebnisse. Was wurde erwartet, was wurde geleistet, wurde das Erwartete seitens der Auftraggeber vom Auftragnehmer erreicht, was hat es gekostet. Aber mit solchen Angaben wie in dem Logovergleich inkl. Kosten (siehe Achims Kommentar) wird einfach ein falsches Bild vermittelt, was dazu führt, dass sich der Laie denkt “schau mal her, das wurde ja fast gar nicht verändert und hat 100.000 Eur gekostet!?”. Das ist für mich der Unterschied zwischen Journalismus und Boulevard. Von Journalisten erwarte ich objektive Berichterstattung. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

  6. Wirklich spaßig finde ich, wie sich hier eine Branche ohne Selbstvertrauen Woche für Woche der eigenen Wichtigkeit versichern muss. Jeder designkritische Zeitungsartikel kratzt am Ego, und die Kontoauszüge tun auch nichts, um etwas gelassener zu werden.

    Fakt ist: Ausgaben für Design sind der Öffentlichkeit nicht zu verkaufen, und den Entscheidern in den Unternehmen (und deren “Auftraggeber” wie z.B. Aktionären) auch nicht. Dagegen könnte man vielleicht etwas machen, aber mit dem Fuß aufstampfen und schreien “Aber wir machen SO wichtige Arbeit.” ist vielleicht nicht die beste aller Strategien.

  7. fabienne, ich schätze, du hast da was falsch verstanden. die diskussion um randbedingungen von design ist nicht wichtigmachen sondern auseinandersetzung. wenn man etwas „unter die lupe nimmt“ wird das bild detailreicher.

  8. Diese Diskussion ist nicht viel mehr als ein Sturm im Wasserglas.

    Jeder weiß, dass Journalismus gerne die Grenzen ethischer Grundregeln auslotet und sich am Rande derer bewegt. Allerdings sehe ich bei der Berichterstattung nichts, was in irgendeiner Weise gegen den Pressekodex verstoßen würde. Die zum Teil reißerische Aufmachung im Hinblick auf Bezahlung / Geld / Lohn finden wir jeden Tag in Tageszeitungen, Magazinen, auf Newsportalen… oft geht es dabei um (vermeintlich) “astronomische” Gehälter im Profisport, um Pensionen von Politikern, oder oder oder…

    Der Beißreflex der von den Journalisten anvisierten Zielgruppen ist dabei immer der gleiche, ein kurzer Sturm der Entrüstung, der so schnell abflacht wie das gedruckte Papier im Müll landet.

    Eine adäquate Präsentation der Arbeit mit den Inhalten aus Edo van Dijks Blogpost hätte einiges an Irritationen verhindern können. Eine fundierte Berichterstattung hängt eben auch von den Informationen ab, die den Journalisten zur Verfügung gestellt werden.

  9. Oha, „XXX“.

    Naja, also die Niederlande und speziell Amsterdam war doch vorher schon für sein Erotik-Angebot bekannt… Schön, dass dieser Aspekt jetzt einen weitaus visuelleren Fokus erhalten hat.

  10. Als die Baumängel am Berliner Flughafen festgestellt wurden, war es das Versagen der Politiker, “die sich mit Dingen beschäftigen, von denen sie keine Ahnung haben”. Auf keinen Fall waren die Architekten dafür verantwortlich. So war es (und ist es ja immer noch) bei vielen anderen öffentlichen Bauten. Und das liebe Geld spielt bei diesen Diskussionen immer die Hauptrolle. Die Verantwortungslosigkeit der Politiker, die das Geld mit vollen Händen aus dem Fenster werfen (“Ist ja nicht ihr eigenses, dann wäre das nämlich echt was anderes.”) Die gebeutelten Architekten können ja bald gar nicht anders, als diese katastrophalen Auftraggeber durch ordentliche Honorarrechnungen zu erziehen.

    So ist es auch bei anderen grafischen und gestalterischen Aufgaben, z.B. beim Erscheinungsbild der Stadt Amsterdam oder erst kürzlich bei der neuen Marke Schleswig-Holsteins (“Der echte Norden”). Und wer erinnert sich nicht an die sinnlose Geldausgabe des überarbeiteten Arbeitsamt-Logos (als es zur Agentur für Arbeit wurde)?

    Die Bevölkerung wird in allen Fällen auf das plakative “Ein-Logo-für-500.000-Euro”-Gleis geschoben und kann sich nach Herzenslust am Stammitsch darüber auslassen. Die Journaille trägt erheblich dazu bei. Aber – und zwar allen voran – die kommunikative Unfähigkeit der Gestalter. Und bestimmt auch das eine oder andere Mal, die Maßlosigkeit, wenn es um die Kalkulation von solchen Aufträgen geht.

    Mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit in den Ergebnissen hat schon so manchen Orkan zu einer kleinen Böe werden lassen. Aber wenn erstmal die ZDF-Reporter anrücken, ist das einfach zu spät. Diese Erfahrung zu machen, ist zwar nicht das höchste der Gefühle, hilft aber ungemein im Tagesgeschäft.

    Viele Grüße aus der Nordsee!

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