Corporate Design und Lokalpresse – das habe ich bereits mehrfach und auch ausführlich geschrieben – das endet in der Mehrzahl der Fälle meist in der Banalisierung und Polemisierung von Kommunikationsdesign. Das ist in Deutschland nicht anders als anderswo. Derzeit erlebt die niederländische Kreativbranche, wie das hochkomplexe Thema Corporate Design in den Medien auf einen Zahlenwert reduziert wird.
Gemeinhin wird den Niederländern, gerade auch den Nicht-Designern, ein hohes Maß an Sensibilität für und die Kenntnis um die Notwendigkeit von Corporate Design zugesagt. Dass in der Bevölkerung natürlich auch andere Meinungen vorherrschen, davon kann man sich derzeit überzeugen. Von der Presse wird das neue Corporate Design der Stadt Amsterdam, für das die Agentur EdenSpiekermann (NL) verantwortlich zeichnet, vorwiegend schlampig und undifferenziert aufbereitet, was Designmanagement-Berater wie Roel Stavorinus an der Qualität von Journalismus zweifeln lässt. Es wird pauschalisiert, verkürzt, gezielt polemisiert und natürlich darf das Thema Steuergelder nicht fehlen.
Ganz bewusst stelle ich in diesem Fall einmal das neue Design inklusive modifiziertem Stadtlogo nicht dem alten gegenüber, so wie es etwa „De Telegraaf“ macht und damit suggeriert, die visuellen Än…
Corporate Design und Lokalpresse – das habe ich bereits mehrfach und auch ausführlich geschrieben – das endet in der Mehrzahl der Fälle meist in der Banalisierung und Polemisierung von Kommunikationsdesign. Das ist in Deutschland nicht anders als anderswo. Derzeit erlebt die niederländische Kreativbranche, wie das hochkomplexe Thema Corporate Design in den Medien auf einen Zahlenwert reduziert wird.
Gemeinhin wird den Niederländern, gerade auch den Nicht-Designern, ein hohes Maß an Sensibilität für und die Kenntnis um die Notwendigkeit von Corporate Design zugesagt. Dass in der Bevölkerung natürlich auch andere Meinungen vorherrschen, davon kann man sich derzeit überzeugen. Von der Presse wird das neue Corporate Design der Stadt Amsterdam, für das die Agentur EdenSpiekermann (NL) verantwortlich zeichnet, vorwiegend schlampig und undifferenziert aufbereitet, was Designmanagement-Berater wie Roel Stavorinus an der Qualität von Journalismus zweifeln lässt. Es wird pauschalisiert, verkürzt, gezielt polemisiert und natürlich darf das Thema Steuergelder nicht fehlen.
Ganz bewusst stelle ich in diesem Fall einmal das neue Design inklusive modifiziertem Stadtlogo nicht dem alten gegenüber, so wie es etwa „De Telegraaf“ macht und damit suggeriert, die visuellen Än…
Achim Schaffrinna ist Designer und Autor. Hier im Design Tagebuch, 2006 von mir gegründet, schreibe ich über die Themen Corporate Identity und Markendesign. Ich konzipiere und entwerfe Kommunikationsdesign-Lösungen und unterstütze Unternehmen innerhalb von Designprozessen. Designanalyse ist Teil meiner Arbeit. Kontakt aufnehmen.
Der Behauptung, dass die Berichterstattung über dieses Redesign vor allem „schlampig“ und „undifferenziert“ ist, kann ich nach Durchsicht einiger Artikel dazu nicht zustimmen. Das wäre ein, wie ich finde, schlampiges und undifferenziertes Urteil. Selbst der Text aus dem Telegraaf berichtet nicht nur vom Logo (nicht mal in der Überschrift), sondern von einem „komplett neuen Erscheinungsbild“, und nennt auch Pro-Argumente, zum Beispiel „Einsparungen beim Papier“. In den meisten anderen Artikeln, die Edo van Dijk von Edenspiekermann in seinem Blogpost zitiert, kommt er auch selbst (oder jemand von der Stadtverwaltung) zu Wort und darf die Vorzüge des neuen, vereinheitlichten Corporate Designs erläutern. Es erscheint mir journalistisch unanstößig, den ersten Eindruck des naiven Betrachters („Hä? Das Logo ist doch fast dasselbe!“) als Ausgangspunkt zu nehmen und von dort aus die (möglichen) Pluspunkte eines neuen CD zu erläutern. Gegen das gute alte Prinzip „Audiatur et altera pars“ wird nicht mal in dem RTL-Beitrag verstoßen, der auch für meinen Geschmack zu reißerisch anfängt. In jedem Fall kann man Journalisten meines Erachtens nicht vorwerfen, dass sie auch der Kritik an dem Projekt und dem Unverständnis darüber Raum geben. Vielleicht ist die Kritik ja berechtigt. Nur weil oft reflexartig auf Corporate-Design-Arbeiten mit sechsstelligen Budgets geschossen wird, heißt das nicht, dass man nicht im Einzelfall auch mal sagen darf: Das finde ich keine 100.000 Euro wert! Bedauerlich erscheint mir im Übrigen, dass die „Kommunikationsexperten“ hinter dem Redesign offenbar wieder mal nicht geahnt haben, dass eine unauffällige gestalterische Weiterentwicklung unweigerlich zu Entrüstung führen wird. Im Wissen darum hätte man die Vorstellung des CD gleich stark darauf ausrichten können, denjenigen, die „100.000 für ein neues Logo?!“ schreien, den Wind aus den Segeln zu nehmen – statt auf derartige Kommentare ein paar Tage später mit einer zweiten Pressemitteilung reagieren zu müssen.
Christoph, es ist richtig, dass im DeTelegraaf-Artikel auch darauf hingewiesen wird, dass sich die Stadtverwaltung von der Maßnahme Einsparungen erhofft. Ich bleibe jedoch bei meiner Einschätzung, dass der verantwortliche Redakteur hier unsauber gearbeitet hat. Als was soll man es denn anderes bezeichnen, wenn bei der Gegenüberstellung der Logos (siehe unten) einzig als Bildunterschrift der Hinweis: „Das alte Logo der Stadt Amsterdam… und das neue Logo. Kosten 100.000 Euro“ eingestellt wird? Ich halte das für unseriös und für Meinungsmache.
Diese Form der Zuspitzung findet man leider allzu oft. In der Sache falsch ist die Textbild-Aussage dennoch, beziehen sich die Kosten doch auf die Erstellung des gesamten Erscheinungsbildes.
Indem Redakteure, wie auch in diesem Fall, bewusst nur eine Abbildung auswählen, meist ist es das Logo, steuern sie ganz gezielt die Annahme, die Gesamtkosten entfielen auf die Erstellung des Logos. Während bei jedem Stadtfest, bei jeder Veranstaltung und selbst bei Meldungen über Verkehrsunfällen gleich eine ganze Bildergalerie dargereicht wird, wird ausgerechnet bei einem Thema wie diesem, das sich umso mehr erschließt, je mehr visuelle Eindrücke man präsentiert bekommt, auf die Abbildung von Anwendungsbeispielen verzichtet. Schlampigkeit zeigt sich nicht nur in dem, was geschrieben wird, sondern vor allem auch in dem, was nicht geschrieben und gezeigt wird.
Dann sind wir wohl einfach unterschiedlicher Meinung, was das angeht. Ich empfinde es, wie gesagt, als pauschalisierend und unfair, die Berichterstattung als „vorwiegend schlampig und undifferenziert“ zu qualifizieren. Das tut den Journalisten so sehr Unrecht, wie du offenbar das Gefühl hast, dass der Arbeit von Edenspiekermann hier Unrecht getan wird.
Die Artikel, die angeführt werden, sind in ihrer Güte meines Erachtens völlig unterschiedlich – von differenziert (etwa die Rubrik “ºNext checkt“¹ in nrc.next, leider hinter der Paywall) über durchschnittlich (De Telegraaf, wo Überschrift und Text akzeptabel sind, aber die Bildunterschrift enttäuscht) und grenzwertig (der RTL-Beitrag, der sensationsheischend anfängt, aber das letzte, erläuternde Wort Edo van Dijk überlässt) bis zu irreführend (NOS.nl, wo lange der Eindruck bestehen bleibt, es gehe nur um „het nieuwe logo“). Der Vorwurf, dass teilweise „ganz gezielt die Annahme“ gesteuert werde, 100.000 Euro entfielen nur auf das neue Logo, geht meines Erachtens zu weit. Natürlich gibt es verkürzende, schludrige Artikel über Redesigns, aber dass dahinter eine bewusste Strategie stecken soll, um Empörung zu erzeugen oder die Designindustrie in ein schlechtes Licht zu rücken, ist mir, ohne Belege, zu verschwörungstheoretisch.
Der globale Eindruck einer unangemessenen Berichterstattung kann meines Erachtens unter anderem aus einer übertriebenen Erwartungshaltung und starken Sensibilisierung für das Thema entstehen: Erstens sehe ich Journalisten nicht als diejenigen, die den Leuten beizubringen haben, warum ein neues Corporate Design eine tolle Sache ist. Sie sollen die Neuerungen angemessen darstellen (das machen die meisten) und alle Seiten zu Wort kommen lassen (das machen so gut wie alle). Welche Sichtweise dem Leser letztlich überzeugender erscheint, ist in vielen Fällen auch davon abhängig, wie man überhaupt an das Thema herangeht. Es ist wahr, dass die Einengung auf „Das neue Logo“ der Sache nicht gerecht wird, aber gerade in den hier angeführten Artikeln findet das kaum statt. Ich sehe jedenfalls keine gezielte Meinungsmache. Zweitens gilt es zu bedenken, dass das Thema Gestaltung vielleicht für dich die Welt bedeutet, aber für die meisten Zeitungsleser eine öde Randnotiz ist. Viel weniger als einen manipulierenden Impuls sehe ich bei den Journalisten eher den naiven, bisweilen missglückten Versuch, dieses für viele fade Thema spannend zu machen. Sowohl die Urheber der jeweiligen Gestaltung wie auch die Pressevertreter wären glücklicher, wenn die Bekanntgabe eines neuen Corporate Designs nicht, wie hier, in Form einer dürren Pressemitteilung über einen Stadtratsbeschluss stattfände, sondern auf eine Weise, die Bedenken antizipiert und darauf direkt eingeht. Daraus lässt sich auch viel leichter ein ausgewogener, interessanter Artikel stricken – gerade, wenn man kein Experte für Gestaltung ist.
Darum geht es auch gar nicht. Dir ist schon bewusst, dass Du an dieser Stelle zu ähnlich polemischen Stilmitteln greifst, wie die von mir kritisierten Schreiber, die, wie Du selbst sagst, zum Teil mehr auf den Effekt und die Spannung setzen als auf fundierte Hintergrundinformationen? Ich schätze sehr, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, viele der betreffenden Artikel zu lesen, hier überspitzt Du allerdings Christoph.
Natürlich ist mir bewusst, dass dies kein spezifisches Designthema, keine ausschließlich das Fachthema Corporate Design betreffende Problematik ist. Je spezifischer ein Thema, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass es im Umfeld eines „Nachrichtengeneralisten“ zu kurz kommt bzw. falsch wiedergegeben wird.
Was ich hier vermisse und kritisiere, ist das Fehlen journalistischer Sorgfalt. Ich bin mir nicht sicher, ob man diese Kritik mit „übertriebener Erwartungshaltung“ vom Tisch wischen sollte. Ich verfolge keine idealistischen Ziele, will nicht, dass Jeder Design toll findet, auch hier triffst Du meines Erachtens nicht den Punkt. Was ich mir wünsche, ist eine wahrheitsgetreue Berichterstattung.
In der Frage der präventiven Maßnahmen von Seiten der Stadtverwaltung wie auch der Agentur scheinen wir uns hingegen einig. Mit der Bereitstellung einer entsprechend üppigen Pressemappe hätte man sich in der Tat einigen Gegenwind erspart.
Ich möchte hier jetzt nicht komplett jede Überschrift, jeden Absatz, und jedes Wort in den verschiedenen Artikeln und Beiträgen durchzitieren, aber insgesamt finde ich die Berichterstattung auch nur durchschnittlich gelungen. Zumindest aus journalistischer Sicht. Klar kommen beide Seiten zu Wort, es wird nicht nur vom Logo gesprochen, aber ich habe oftmals das Gefühl, dass bei Berichten über die Ergebnisse solcher Projekte oftmals trotzdem die subjektive Meinung des Autors bzw. eine vorherrschende Meinung gegenüber der Zunft genutzt bzw gebracht wird um Meinungsmache zu betreiben.
Denn wenn es darum nicht gehen würde, könnte ein solcher Bericht m.M.n. aussehen wie ein Bericht über einen Unfall. Ablaufen, Fakten, Ergebnisse. Was wurde erwartet, was wurde geleistet, wurde das Erwartete seitens der Auftraggeber vom Auftragnehmer erreicht, was hat es gekostet. Aber mit solchen Angaben wie in dem Logovergleich inkl. Kosten (siehe Achims Kommentar) wird einfach ein falsches Bild vermittelt, was dazu führt, dass sich der Laie denkt “schau mal her, das wurde ja fast gar nicht verändert und hat 100.000 Eur gekostet!?”. Das ist für mich der Unterschied zwischen Journalismus und Boulevard. Von Journalisten erwarte ich objektive Berichterstattung. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Wirklich spaßig finde ich, wie sich hier eine Branche ohne Selbstvertrauen Woche für Woche der eigenen Wichtigkeit versichern muss. Jeder designkritische Zeitungsartikel kratzt am Ego, und die Kontoauszüge tun auch nichts, um etwas gelassener zu werden.
Fakt ist: Ausgaben für Design sind der Öffentlichkeit nicht zu verkaufen, und den Entscheidern in den Unternehmen (und deren “Auftraggeber” wie z.B. Aktionären) auch nicht. Dagegen könnte man vielleicht etwas machen, aber mit dem Fuß aufstampfen und schreien “Aber wir machen SO wichtige Arbeit.” ist vielleicht nicht die beste aller Strategien.
fabienne, ich schätze, du hast da was falsch verstanden. die diskussion um randbedingungen von design ist nicht wichtigmachen sondern auseinandersetzung. wenn man etwas „unter die lupe nimmt“ wird das bild detailreicher.
Ach wie schön, Spiekermann ist auch nur ein Mensch. Er zeigt Schwächen.