Skip to content

Jüdisches Museum Berlin erhält neues visuelles Erscheinungsbild

Jüdisches Museum Berlin Logo, Quelle: Stan Hema
Jüdisches Museum Berlin Logo, Quelle: Stan Hema

Jüdisches Museum Berlin Logo, Quelle: Stan Hema

Seit letzter Woche präsentiert sich das Museum mit einem neuen Corporate Design. Kennzeichnend für das visuelle Erscheinungsbild ist eine prägnante Typographie mit einem eigens entwickelten Schriftensystem.

Das Jüdische Museum Berlin ist eines der größten Jüdischen Museen Europas. In zwei Gebäuden, dem barocken Altbau und dem vom US-amerikanischen Architekten Daniel Libeskind entworfenen Neubaus (1999), gibt es Einblicke in jüdische Geschichte und Gegen­wart in Deutschland. Seit Dezember 2017 wird die Dauerausstellung modernisiert und ist für Besucher nicht zugänglich. Die Wiedereröffnung ist nach derzeitigem Stand für den Mai 2020 geplant.

Jüdisches Museum Berlin – Visual Elements, Quelle: Stan Hema
Jüdisches Museum Berlin – Visual Elements, Quelle: Stan Hema

Im Zuge der Modernisierung des Libeskind-Baus wurde auch das visuelle Erscheinungsbild des Museums umfänglich erneuert. Die neue Formensprache zeigt sich auch im Logo: Sie ist von der Architektur Daniel Libeskinds inspiriert und greift deren spitze Winkel und Diagonalen auf. Damit knüpft sie an das bisherige Design an, das auf dem charakteristischen Zick-Zack-Grundriss des Libeskind-Baus basierte (siehe auch Vorher-Nachher-Ansicht des Logos unten). In einem Farbspektrum von Rot bis Blau prägt das neue Corporate Design von jetzt an die Gestaltung aller Kommunikationsmedien – dazu gehören Publikationen, Plakate und Flyer ebenso wie die Website und Social-Media-Kanäle.

Auszug der Pressemeldung

„Das neue Design bildet eine Klammer für die inhaltliche Vielfalt des Jüdischen Museums Berlin und ist Ausdruck der Öffnung in die Stadt. Gleichzeitig bietet es Freiraum für die Vermittlung der ganzen Bandbreite unserer Programme und funktioniert sowohl in digitalen als auch gedruckten Medien“, sagt Sascha Perkins, Leiter des Bereichs Marketing und Kommunikation. Seit Gründung des Jüdischen Museums Berlin im Jahr 2001 hat sich die Vielfalt der Museumsaktivitäten kontinuierlich erweitert: mit wachsenden Sammlungen und Archiven, zahlreichen Ausstellungen und pädagogischen Formaten, neuen digitalen Angeboten und einem vielfältigen Veranstaltungsprogramm. Zuletzt hat die 2013 eröffnete W. Michael Blumenthal Akademie des Jüdischen Museums Berlin noch einmal das Spektrum erweitert.

Jüdisches Museum Berlin Logo – vorher und nachher
Jüdisches Museum Berlin Logo – vorher und nachher

Das neue Logo besteht nunmehr aus einer reinen Wortmarke. Die im Zuge der Eröffnung des Libeskind-Baus eingeführte Bildmarke, welche quasi 1:1 dessen Zick-Zack-Grundriss abbildet, hat nach zwei Jahrzehnten ausgedient. Da die jüdische Kultur stark von der Schrift geprägt sei, so die Idee hinter dem visuellen Konzept, rücke die Schrift fortan ins Zentrum der Gestaltung.

Die Hausschrift namens JMB Pro wurde eigenes für das Jüdische Museum Berlin entwickelt. Sie besteht aus zwei unterschiedlichen Zeichensätzen: einer Familie mit Schnitten von Regular bis Black mit klassischen Buchstabenformen und dosiert eingesetzten Besonderheiten sowie einer Headline-Schrift, die über mehrere expressive Formausprägungen verfügt. Die Buchstaben der Headline-Schrift neigen sich einander zu und sollen auf diese Weise auf die Verbindungslinien zwischen den verschiedenen Gebäuden des Museums verweisen.

Die Schrift kommt in digitalen Kanälen und im Webauftritt ebenso zum Einsatz wie in gedruckten Anwendungen. Neben der Typographie wurden auch die Farben modifiziert: Ein Spektrum aus Rot bis Blau ist nun Teil des Gestaltungssystems. Das Corporate Design wurde in Zusammenarbeit mit der Agentur für Markenentwicklung Stan Hema entwickelt.

Kommentar

Ein interessantes typographisches und gleichsam farblich spannungsreiches Konzept. Die Zitierung des Libeskind-Bau-Architektur ist, sofern man deren Charakteristika kennt, offensichtlich. Im direkten Vergleich wirkt die bisherige Bildmarke plump und einfallslos. Die kompaktere Logoform verbessert die Praktikabilität insbesondere im Kontext der digitalen Medien. In der Form des Signets JMB, das als Profilbild auf Facebook & Co. verwendet wird, sehe ich sowohl aus handwerklich-technischer (Anordnung, Abstände, u.a.) wie formal-ästhetischer Sicht noch Verbesserungspotenzial.

Mediengalerie

Weiterführende Links

Dieser Beitrag hat 17 Kommentare

  1. Alles sehr schöne Ansichten hier zum neuen “Schriftbild” des Jüdischen Museums in Berlin. Beschäftige mich schon seit Jahren mit der adäquaten Visualisierung von Begriffen und glaube nicht, dass die drei Zeilen nur annähernd das ausdrücken können, was die jüdische Geschichte mit den vielen Pogromen widerspiegelt. Es ist ja richtig dargelegt, dass das Judentum über Jahrhunderte verfolgt und gelitten hat und wir in Deutschland in besonderem Maße eine Verantwortung für eine schreckliche Vergangenheit haben. Aber genau aus diesem Grund sind die drei Zeilen geradezu “kleinkariert”. Ein paar Schrägen, etwas Weggenommenes, kleiner Formwechsel!
    “Das ist ja sehr schöpfungsstark und ausdrucksvoll” ist mein ironischer Kommentar. Ich hätte mit gewünscht, dass das Ganze mutiger, entschiedener, berührender (Erlebe die Räume im Museum!) ausgefallen wäre. Vielleicht nett gemeint, ging aber total daneben.

  2. Ich wollte im Gegensatz zu sonst mit meinem Kommentar diesmal warten. Das neue Corporate Design hatte ich schon ein paar Tage vor diesem Artikel gesehen und war unschlüssig. Es ging mit schon häufiger bei Stan Hema so, dass ich Projekte anfangs sehr befremdlich fand und später dann erst die ganze Qualität erkannt habe, darum wollte ich warten. Aber diesmal kann ich mich nach auch dem zweiten und dritten Blick nicht wirklich dafür begeistern. Natürlich ist klar, dass man sich mit dem Logo Schriftzug – der sich offensichtlich einige, aber nicht alle, Buchstaben aus dem JMB Pro Headline Font holt – auf den Bauteil von Libeskind bezieht. Dieser ist für seine außergewöhnliche Architektur und die besondere Raumwirkung bekannt, selbst bei Laien bleibt dies wohl besonders gut hängen. Somit alles richtig gemacht? Für mich nicht, denn formal überzeugt mich mich das Design weniger, das Signet hat zwar seine Reize mit Bezug zum Grundriss des Neubaus; die Elemente und Farben des Schals ebenso; aber das Logo als zentrales Element ist mir zu wenig ausgereift. Weshalb man hier nicht auf einen Wechsel der Buchstaben wie etwa auch beim Visual Opener zurückgreift, verstehe ich nicht.

    Die eigentlich nette Idee am Logo ist zugleich ihr größtes Manko. Ja, das JMB ist bekannt für den Libeskind-Bau der den Holocaust irgendwie erschreckend spürbar beim Betreten der Räume macht. Ich war vor ewigen Zeiten dort, aber dieses düstere, beklemmende Gefühl ist mir heute noch allgegenwärtig. Viel stärker noch hatte ich diese Gefühl dann übrigens im Yad Vashem, der Holocaust Gedenkstätte in Israel. Auch dort schafft der Raum eine Atmosphäre und erzeugt ein Gefühl, dass unter die Haut geht. Ebenso ist die Enge dort ein wichtiges Element, dass im wahrsten Sinne des Wortes bedrückend wirkt, die Räume sind an einem langen Gang angeordnet, der wie ein Keil in einen Berg getrieben wurde. Jedoch öffnet sich der Gang am Ende – eine Glaswand und ein Balkon stehen am Ende des Raumes und führen den Besucher (am Ende des Leides des Holocaust) zu einem Ausblick auf Israel. Ich möchte hier eigentlich nicht das JMB mit dem Yad Vashem vergleichen, jedoch ist es gerade für die Logo-Analyse ein hilfreiches Werkzeug. Denn anders als in Israel, ist das Museum in Berlin KEINE reine Gedenkstätte, zumindest hätte ich das nicht so verstanden. Der Liebeskind-Bau fokussiert sich absolut auf den Holocaust, zumindest hat er bei mir in diesem Themenbereich den meisten Eindruck hinterlassen. Das ist natürlich eine beachtliche Leistung, aber wird das dem Museum gerecht? Ich weiß auch noch, dass ich im Museum, auch wenn es banal klingen mag, einen koschere Gummibärchen -Automaten gesehen habe, aber auch meinen Namen in Hebräisch zu schreiben versucht habe. Das Jüdische Museum in Berlin ist, zumindest vom Namen her, kein Holocaust-Museum – der Name erklärt mir zumindest, dass das Judentum hier zum Thema gemacht wird, auf der Museums Website ist nach Libeskind von einem Zwischen den Linien (der jüdischen/deutschen Geschichte!?) die Rede. Und, so unglaublich dass nach dem zweiten Weltkrieg auch scheinen mag, das Judentum ist auch heute fester Bestandteil der deutschen Kultur und unseres Alltags, wenn gleich häufig kaum sichtbar. Vor diesem Hintergrund erscheint mir das Logo dann einfach zu brutal, aber letztlich wahrscheinlich auch der Libeskind-Bau des Museums.

    Zurück zum Corporate Design, ein wenig amüsant finde ich die Primär- und Sekundärfarben – letztlich ist hier dann wohl farblich eine schier unendliche Möglichkeit und Varianz gegeben, oder? Zumindest die gezeigten Markenfarben betrachte ich als äußerst gut gewählt, intensiv und kontrastreich! Die Videos sind ganz hübsch gemacht, lassen eine Herleitung erahnen, sind aber im Großen und Ganzen eher hübsches Beiwerk. Wie so oft in den heutigen Tagen, habe ich das Gefühl, dass ein Corporate Design dann gekauft wird, wenn’s hübsche Animationen dazu gibt. Die eigentliche Qualität eines Konzepts zählt dann oft viel weniger – das halte ich für bedenklich.

    Noch eine kleine Anmerkung zu anderen Kommentaren: Da ich die Arbeit von Stan Hema über viele Jahre verfolge, bin ich mir ziemlich sicher, dass keine Praktikant*innen hierfür (alleine) zuständig waren. Im übrigen war auch ich mal Praktikant im Studium (wenn auch woanders), hatte zuvor aber schon eine Ausbildung und mehrer Jahre Berufserfahrung gesammelt – daher finde ich es äußerst kurzsichtig, Praktikant*innen mit nichts-könnenden oder wenig wissenden Laien/Anfänger*innen gleich zu setzen. So durfte ich in meinem Praktikum unter anderem die Konzeption wie auch Reinzeichnung für ein Projekt in komplexem Triplexdruck und mit komplexer Stanzform erstellen – eine niedrigere Berufsposition hat als nicht unbedingt es was mit weniger Knowhow zu tun!

Kommentare sind geschlossen.

An den Anfang scrollen