Die Haarpflegemarke Schauma, vom Henkel-Konzern unter der Dachmarke Schwarzkopf vertrieben, habe seit Kurzem ein neues Design. Die Verpackungen der gesamten Produkt-Range wie auch das Markenlogo haben ein Makeover erhalten.
Schauma wurde 1949 erstmals auf dem deutschen Markt eingeführt. Laut Henkel ist Schauma die meistverkaufte Haarpflege-Marke in Deutschland. In anderen Ländern ist Schauma unter den Namen Supersoft (Großbritannien), Glem Vital (Österreich) und auch Schwarzkopf Shampoo (Niederlande) bekannt. Der letzte größere Markenrelaunch erfolgte im November 2007. Nun hat der Shampoo-Klassiker ein Rebranding erhalten. Das neue Design sei minimalistischer und nachhaltiger, wie es seitens Henkel im Rahmen der Pressemeldung heißt.
Auszug der Pressemeldung
Zeitlos, unisex und modern: Die Love Brand Schauma tritt ab Februar 2022 mit einem komplett neuen Design auf und konzentriert sich dabei besonders auf die Bedürfnisse der Kund:innen. Ein neues, emotionales Logo im Einklang mit dem Markenwert Schaum und eine minimalistische Verpackung mit klarer Kommunikation von Haartyp und Produkt-Benefits erleichtern den Griff zum passenden Schauma-Produkt. Dabei überzeugt der Relaunch visuell durch sein monochromatisches Design: Kappe und Flasche sind in derselben Farbe gestaltet und lassen Raum für die Illustration. Und auch die Konsument:innenansprache passt sich dem neuen Design an: Nahbar und emotional werden die Konsument:innen auf der Rückseite der Verpackung direkt angesprochen und finden so ihren perfekten Shampoo-Fit.
Neben dem Produktdesign habe man auch die Inhaltsstoffe/Rezeptur verbessert und zudem die Verpackungen auf mehr Nachhaltigkeit hin ausgerichtet, so das Unternehmen. Die neuen undurchsichtigen Flaschen bestünden zu 50 % aus recyceltem Kunststoff, die transparenten Flaschenkörper sogar zu mindestens 98 %. Auch die Kappen würden fortan zu 25 % aus recyceltem Plastik hergestellt. Alle Flaschenkörper seien außerdem gewichtsreduziert.
Wie im Packaging Design üblich wurden die Verpackungen von Schauma in der Vergangenheit bereits viele Male verändert. Eine solch umfassende Anpassung, wie sie nun vorgenommen wurde, findet hingegen deutlich seltener statt. Das Redesign bei Schauma beinhaltet neben veränderten Etiketten auch neue Flaschenformen sowie ein modifiziertes Markenlogo. Nicht jedoch der neue Schauma-Schriftzug, sondern die veränderte Bildsprache ist in diesem Fall die auffälligste Veränderung. Mit der Umstellung weg von einer fotografischen Darstellung (Frau, Mann, Kind, Familie) hin zu illustrativen Abbildungen (Pflanzen, Früchte) vollzieht die Marke eine Abkehr von jener Stilistik, wie sie für Schauma seit Jahrzehnten typisch und identitätsstiftend war.
Das Rebranding entstand in Zusammenarbeit mit den Agenturen Baries (Düsseldorf) und Bodo Warden (Mönchengladbach). Die grafische/farbliche Neugestaltung wurde durch Baries initiiert, für das Structural Redesign (dreidimensionale Formgebung und Optimierung der Flaschen) zeichnet Bodo Warden verantwortlich.
Kommentar
Neben dem Themenschwerpunkt Nachhaltigkeit/Umweltbewusstsein scheint Hersteller von Beauty- und Pflegeprodukten zunehmend vor allem ein Thema zu beschäftigen: Gender Design. Beiersdorf hat vor drei Jahren bei der Marke 8×4 die klassische Segmentierung weiblich/männlich in Teilen aufgelöst und gleichzeitig das Produktsortiment auf ein geschlechtsneutraleres Verpackungsdesign umgestellt. Auch bei der Marke Schauma reagiert man nun auf diese Entwicklung.
Auf den Verpackungen von Schauma verschwinden fortan alle fotografischen Abbildungen von Personen. Vielen Menschen dienten diese, da sie ein auffälliges Differenzierungsmerkmal darstellen, zur Orientierung und zur Produktauswahl. Vor dem Hintergrund einer in den letzten Jahren intensiver geführten Debatte um Gleichberechtigung, Inklusion und Sichtbarmachung von geschlechtlichen Identitäten, die sich jenseits des Zweigeschlechtersystems verorten, stehen Hersteller vor der Herausforderung, einerseits notwendigerweise ihre Produkte in Linien zu segmentieren, die damit verbundenen Unterschiedlichkeiten auch visuell zu kommunizieren, ohne dabei jedoch bestimmte geschlechtliche Identitäten auszugrenzen. Im Verpackungsdesign stehen wir derzeit noch ganz am Anfang dieser Entwicklung. Entsprechend unausgereift sind Konzepte und visuelle „Lösungen“, die Hersteller anbieten, so jedenfalls mein Eindruck.
Mit dem Verzicht auf die Abbildung einzig von Frauen oder Männern wird zwar an einer Stelle vermieden, dass das damit verbundene binäre Geschlechtersystem manifestiert wird. Anderseits wird innerhalb der Produktlinien an der Unterteilung in für Frauen oder Männer („Men“) bestimmten Produkten festgehalten. 8×4 macht es übrigens ganz ähnlich. Eine solche Maßnahme ist einerseits inkonsequent, anderseits wird dabei offenbar übersehen, dass das Problem lediglich verlagert wird.
Denn die Crux ist: inklusiv sind die durchgeführten Markenredesigns bei Schauma oder 8×4 keinesfalls. Wenn fotografische Differenzierungsmerkmale wegfallen und geschlechtsspezifische Bezeichnungen teilweise in den Hintergrund rücken, bleiben als visuelles Differenzierungsmerkmal nur noch die Farben übrig. Farben stellen für sehr viele Menschen KEIN ausreichendes Differenzierungsmerkmal dar. Fünf Prozent der deutschen Bevölkerung leiden an einer Farbenblindheit (Achromatopsie). Eine in Regenbogenfarben ausgestattete Produkt-Range, wie es sie auch bei Schauma gibt, führt dazu, dass rund vier Millionen Menschen einige dieser Produkte nicht auf Anhieb als unterschiedlich erkennen können. Ein Umstand, dem insbesondere im Informationsdesign viel mehr Beachtung geschenkt werden sollte. Ich empfehle hierzu den Beitrag „End of the Rainbow?“. Fotos, so sie denn echte Differenzierungsmerkmale enthalten, sind für all diese Menschen ungemein hilfreich.
In Bezug auf die „Reizfarbe“ Rosa ändert sich mit den Redesigns bei Schauma, 8×4 & Co. zudem wenig. Wenn für „Men“-Produkte weiterhin ein Farbspektrum im Bereich Schwarz, Grau, Blau, Grün vorgehalten wird, während in anderen (auf weibliche Konsumenten ausgerichtete) Produktlinien ein rot-gelbes Farbklima vorherrscht bzw. Pastell- und Cremetöne zum Einsatz kommen, bleibt es mehr oder weniger bei der Zuschreibung: rosa = weiblich. Diese Attribution im Visuellen dürfte uns in den nächsten Jahrzehnten, trotz allem Bemühen um Gleichberechtigung, auch erhalten bleiben. Wie auch der Wunsch des Menschen, sich seiner eigenen Identität zu versichern und diese bestätigt zu finden, bestehen bleiben wird. In der wissenschaftlichen Betrachtung wie auch in der Literatur wird dieser Aspekt des Marketings unter dem Terminus „selbstverifizierender Konsum“ behandelt.
Wer mag, kann im dt-Beitrag „Gender Design – zwischen Wahlfreiheit und Manipulation“ weiter in das Thema einsteigen.
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Weiterführende Links
Ich führe seit mehreren Jahren eine Feldstudie durch und kann sagen: auch die für Damen ausgelegten Produkte, die ich so in der Dusche finde, funktionieren bei mir super.
Und manchmal mag ich es sogar ganz gerne, nach einer Pflanze und nicht nach “ultimate Wakeup-Power” zu riechen.
Warum nicht einfach die Farbskalierung lassen und statt “men”-Produkte sowas wie “strong” oder “xtreme” benutzen, was zwar landläufig noch mit Männlichkeit assoziiert wird, aber durch den Wegfall des “men”-Labels (und der damit einhergehenden Öffnung der sonstigen Produktlinie für Herren) die Barrieren fallen zu lassen?
Dank Dir Gerrit.
Zum Beispiel, weil eine solche in Regenbogenfarben vorgenommene Skalierung nicht inklusiv ist.
Barrieren auflösen, und zwar jene im Kopf, halte ich (ebenfalls) für sehr wichtig. Ganz sicher sind es visuelle Reize, die diese Barrieren festigen. Von rosa, oder eben von schwarz als Gegenpol, fühlen sich viele Menschen deshalb nicht angesprochen, weil sie diese mit Dingen assoziieren, die nicht ihrem jeweiligen Lebensmodell entsprechen. Was davon biologische Veranlagung ist und was lediglich Prägung, ist, so mein Eindruck, auch in der Wissenschaft nicht leicht zu ergründen. Übrigens: in Asien steht die Farbe Schwarz übrigens, entgegen der in westlichen Kulturen vorherrschenden Auffassung und damit verbundenen Gestaltungspraktik, für das Weibliche, und Weiß für das Männliche, siehe YinYang-Symbol).
Universell eindeutig ist hingegen: visuelle Gestaltung ist lediglich EIN Faktor, der eine Kaufentscheidung beeinflusst. Oftmals entscheidend(er) sind Faktoren wie der Preis, die Qualität und der generelle Nutzwert. Bei Lebensmitteln ist es zudem der Geschmack, bei Parfumes und Pflegeprodukten die olfaktorische und die haptische Wahrnehmung, die den Ausschlag geben. Wem Düfte beispielsweise im Spektrum Vanille, Kokos und Mandel nicht zusagen, wird sich in der Regel auch nicht von einer wie auch immer angelegten visuellen Gestaltung vom Gegenteil überzeugen lassen. Aber der Geruchssinn, der oftmals im Unterbewusstsein arbeitet und unter anderem die Partnerwahl beeinflusst, lässt sich nicht mittels Marketing überreden.
Packaging Design, Werbung insgesamt und auch Corporate Design bewegen sich oft im Bereich der Manipulation. Kühe, die auf einer Käseverpackung auf grünen Almwiesen stehen. Ein Autofahrer, der im TV-Spot Umweltbewusstsein vorgibt. Ein Logo, das über seine Form unternehmerische Größe suggeriert. Der Grat zwischen Überhöhung und Übertreibung auf der einen Seite, und Lüge auf der anderen ist schmal. Und auch viele Hersteller aus der Beauty-Branche bewegen sich auf einem Drahtseil. Ich habe offen gesagt auch kein Patentrezept zur Hand, wie im Kontext Packaging auf der visuellen Ebene einerseits Inklusion gelingen kann, ohne dabei wiederum andere Gruppen auszugrenzen bzw. ohne zu erreichen, dass sich diese bevormundet fühlen. Es gibt hier wohl keinen einfachen und leichten Weg.
Ich denke wir müssen einfach auch mal akzeptieren, das weibliche Kunden tendenziell eher süße blumige Düfte bevorzugen, und diese gelernt eher bei den rosanen Flaschen vermuten.
Von Schauma zu erwarten, diese “Karten nicht auszuspielen” halte ich für falsch, immerhin soll ein solches Design ja die breite Masse ansprechen und für diese auch erklärbar sein.
Mir würde es hier also genügen, weiter mit den “Vorurteilen” zu spielen, die hier gelten (schwarz = männlich = Moschus, creme = Vanille = Weiblich), aber eben die Labels “männlich” und “weiblich” wegzulassen, weil – auch nur eine Vermutung – auch ein Mann der Vanilleduft sucht, diesen in der Creme-Flasche erwartet und eine Frau die einen derberen Geruch sucht, nicht von einer dunklen Flasche abgeschreckt ist.
Die Inklusion die du ansprichst halte ich in dem aktuellen Fall nicht für dramatisch: Farbcodes schließen Farbenblinde aus, solange aber weitere Kennzeichen vorhanden sind (Name “7 Kräuter etc) oder die grafische Abbildung ist das für mich inklusiv genug.
Ich denke Farbenblinde würden mir hier zustimmen, dass es für Sie okay ist, wenn Marken auf Farbcodes setzen, da diese eben für 95% der Leute einfach verständlich sind, solange eine inklusive, nicht zu versteckte zweite Unterscheidung vorhanden ist.
Alle Flaschen weiß machen weil Farbcodes Farbenblinde ausschließen ist ja auch falsch, sonst könnten wir hier auch kritisieren, das keine Braille Schrift auf allem ist.
Für mich macht das alte Verpackungsdesign einen wertigeren Eindruck. Mich hat es auch nie gestört, dass eine Frau auf der Packung ist. Dafür wirken die dargestellten Pflanzen teilweise verwirrend, ja, ich hab bisher “7 Kräuter” gekauft, trotzdem bin ich keine Kräuter auf meiner Shampoo Flasche gewohnt. Oder Kaffee Bohnen bei “Karbon Kraft 5”? Steht die Kaffee Bohne für das Koffein, weil ihnen nichts besseres eingefallen ist oder riecht das Zeug danach?!
Das ist aber alles noch harmlos gegen den neuen Werbespot, wo auf die Melodie von “Old McDonald had a farm” von Kindern ein Schauma Lied gesungen wird.
Nervig find ichs, dass die trotz Redesign weiter so eine Packungsform verwenden, die man nur schwer auf den Kopf stellen kann. Der Deckel scheint zwar etwas breiter geworden zu sein, das aber nur minimal. Rein optisch ist die neue Version aber klar besser als vorher, auch reduzierter.
Der Rainbow-Link ist aber auch schwierig, da er nur auf einen Typ Farbenblindheit eingeht. Wenn man schon inklusiv sein will muss man aber auch alle Typen beachten. Menschen mit Tritanomalie sehen Farben nochmal anders als Leute mit Deuteranomalie. Da können die ja gleich alles nur noch s/w machen, damit niemand mehr ausgeschlossen wird.
Die Argumentation in Bezug auf farbenblinde oder in der Wahrnehmung von Farben beeinträchtigte Menschen kann ich definitiv folgen, der Argumentation in Bezug auf Farben, die eine bestimmte Konnotation haben, aber nur bedingt. Dass Menschen eine Farbe als weiblich sehen, mag Prägung sein, aber es fängt doch bei den Menschen an, diese starre Struktur aufzubrechen. Schauma entfernt jetzt die Bilder, damit die Menschen danach auswählen, was ihnen am besten gefällt. Entsprechend muss dann eben ein Mann mal zur rosanen Flasche greifen, wenn er den Duft mag oder die Inhaltsstoffe. Es gibt eigentlich keine bessere Möglichkeit, diese Konnotation aufzubrechen, als die Bildervorgabe zu entfernen, damit die Menschen halt selbst auswählen können. Der Rest muss dann vom Konsumenten kommen!
Achims Farbdebatte verstehe ich überhaupt nicht: Dass ich Kräuter mit grün, Koffein mit schwarz oder braun, Flieder oder andere Blüten mit rosa und violett und Aprikose mit orange verbinde, hat doch überhaupt nichts mit Gender zu tun. Dass wir pastellige Farben mit leichten Duftnoten verbinden und dunkle Farben mit ebensolchen Gerüchen, hat meines Erachtens nichts mit gesellschaftlichen Konnotationen zu tun, sondern mit Ableitungen aus Natur und Umwelt. Von daher nützt mir die Rücksichtname auf farbenblinde Menschen nichts, weil Kräuter grün bleiben und farbenblinde Menschen grüne Kräuter ebenso braun-grau sehen wie nun eben auch die Schauma-Flasche. Insofern finde ich das Schauma-Konzept in diesem Punkt überzeugend, auf bildliche Darstellung von Menschen zu verzichten und die Käufer rein nach Farbe und Geruch entscheiden zu lassen. Ob die Präferenz der Männer dann bei dunkelblau oder vielleicht doch bei hellblau und grün und mitunter auch bei rosa landet und umgekehrt die weibliche Kundschaft strong ambiance x-treme power in schwarz kauft, ist dann ganz persönliche, typ-abhängige Präferenz, ohne dass das irgendetwas mit dem leidigen Genderthema zu tun haben muss.
Mir gefällt das alles sehr gut, besonders das “schauma”-Logo. Das ist perfekt. Besser kann man’s nicht machen.
Für Menschen mit Farbblindheit schreibt Schauma praktischerweise drauf, was drin ist.
Wie Schauma das für die Schnittmenge aus Farbblinden und Analphabeten lösen will, ist mir aber schleierhaft. Und wie fühlen sich die Intersexuellen unter den farbblinden Analphabeten?
Ich finde Sensibilisierung für Minderheiten wichtig und finde, die Kategorie “Geschlecht” könnte schlicht abgeschafft werden. Aber wie alles Gute kann man auch das übertreiben.
Aus meiner Sicht eine gelungene Weiterentwicklung. Inhaltlich entfrachtet, aufgeräumt und farblich harmonisch, solide, wertig. Gegenüber dem kitschigen “Wahre-Schätze-70er-Look” eine echte Wohltat.
Die Geschlechterdebatte finde ich darüber hinaus an den Haaren herbeigezogen. Das ist doch völlig wurscht, kommt es doch auf die Inhalte an. Und da entscheiden sich die Geschlechter schlussendlich für Düfte/Sorten, nicht für Verpackungsfarben, auch wenn sie reizvoll aussehen und Orientierung bieten.
Magst Du das vielleicht einmal spezifizieren? Was genau, welche Aussage ist Deiner Ansicht nach an den Haaren herbeigezogen? Schöne Metapher, nebenbei gesagt ;) Dass in einem Kontext, in dem auf die Darstellung von Frauen und Männern verzichtet wird, über das Thema Gender gesprochen wird, versteht sich von selbst, denke ich.
… wie bereits geschrieben, kommt es auf den Inhalt an. “Männer- oder Frauen-Shampoo” ist in erster Linie Marketing, das durch Farben, Abbildungen, Düfte gelenkt wird, also klischeemäßig Rose für die Dame, Carbon für den Herrn – nur mit heutigen Mitteln. Aber warum sollten Menschen sich davon irritieren lassen – insbesondere, wenn sie doch so offen und unkompliziert sind? Das kann jeder für sich entscheiden. Es stellt doch nicht ernsthaft eine “Barriere” für manche Menschen dar, im Supermarkt zu Lavendelduft zu greifen, wenn dieses gefällt, nur weil die Schachtel vielleicht in lila gehalten ist. Und umgekehrt: Muss das alte Design kritisiert werden, nur weil bislang eine Frau oder ein Mann darauf abgebildet wurde? Wie konnten sich die Menschen in den letzten 100 Jahren überhaupt die Haare waschen, wenn das alles so diskussionswürdig war? Es ist nur ein Shampoo.
Und? Wie lautet Deine Antwort? Ist der Umstand, dass bisher auf den Verpackungen Frauen und Männer abgebildet gewesen sind, per se kritikwürdig?
Freilich. Aber das Thema Gender Design geht eben über die Gestaltung von Shampoos hinaus, Stichwort exemplarisch.
Da es eine offene Frage war, sollte meine Antwort erkennbar gewesen sein. Nein, ich halte den Umstand der Abbildung von Frauen und Männern nicht für kritikwürdig, weil er eine erste Orientierung bietet, aber nicht bindend ist. Jeder Mensch kann und darf – übrigens schon immer – jedes Shampoo benutzen, das gefällt. Das hat mit dem Geschlecht nichts zu tun. Zusätzlich werfe Ich mal die ja!-Produkte in den Raum. Es geht seit Jahrzehnten auch ohne klassisches Design, sämtlichen Menschen “neutrale” Produkte anzubieten. Das wäre dann der konsequente und faire Kompromiss. Ob der gewollt ist?
Und was gefällt, so Ergebnisse von Marktforschungen und Studien, hat bei sehr vielen Menschen mit dem eigenen Geschlecht zu tun.
Die von Dir genannten ja!-Produkte von REWE mit neutraler Verpackung, wo anfänglich lediglich die Produktbezeichnung, die Inhaltsstoffe und ein Logo abgebildet wurden, gibt es schon längere Zeit nicht mehr. Gleiches gilt für die „Gut & Günstig“-Linie von Edeka. Ohne die jeweiligen Logos sind die Produkte dieser Handelsmarken von denen der Hersteller im Grunde nicht mehr zu unterscheiden. Was darauf schließen lässt, dass sich viele der in dieser Weise auf Minimalismus respektive Neutralität visuell ausgerichteten Produkte am Markt nicht behaupten können, zumindest nicht dauerhaft.
Mit anderen Worten war die bisherige Gestaltung ja dann anscheinend in Ordnung, weil sich die Produkte bis heute am Markt behaupten. Die neuen werden dies ganz sicher ebenfalls tun, weil sie zeitgemäß und gut gemacht sind. Bis zum nächsten Redesign. Also wozu die Aufregung?
Wenn die ganze Gender-Debatte nur noch Lifestyle- oder Marketingzwecken dient, wird sie ohnehin unglaubwürdig. Großkonzerne springen in erster Linie darauf an, weil es neue Märkte erschließt, Umsätze steigert oder ansonsten ggf. Geld kosten könnte. Zu glauben, dass das aus Nettigkeit oder gar einem “Umdenken” geschieht, halte ich für mindestens naiv.
Freut mich, dass eine rege Diskussion entstanden ist.
@Andreas
Dank Dir. Es ist vollkommen richtig, und etwas anderes geht ja auch nicht aus dem Beitrag hervor: in der Regel sind die Bedeutungen von Farben unmittelbar von der Natur abgeleitet. Die psychologische Wirkung von Farben ist ausführlich dokumentiert. Wobei, und das macht es so interessant, kulturelle Unterschiede hinsichtlich der Deutung und Zuschreibung bestehen, siehe mein Verweis auf die YinYang-Symbolik. Die Zuschreibung Rosa = weiblich ist zudem deshalb bemerkenswert, da bis ins 20. Jahrhundert hinein diese Farbe mit dem männlichen Geschlecht konnotiert gewesen ist. Rot war schon immer die Farbe des Adels, des Klerus (Purpur) und damit Ausdruck von Macht. Rosa galt als das „kleine Rot“ und war, etwa bei Taufen, ausschließlich Jungen als Gewand vorbehalten. Erst Mitte des 20. Jahrhunderts kehrte sich die Deutung aufgrund ganz unterschiedlicher Anwendungen (Blaumann, Marineuniformen, Barbie-Puppe, u.a.) um. Insofern sind Blau und Rosa schon besondere Farben, weil sie ihre Bedeutungen in vielen Fällen besonders deutlich über gesellschaftliche Konventionen und Normen ableiten. Nun stehen wir an einem Punkt, wo diese Zuschreibung erneut in Bewegung ist. Ich finde es nun nicht besonders ungewöhnlich, wenn in einem Fachblog über Kommunikationsdesign auf diesen Aspekt farblicher Gestaltung eingegangen und darüber diskutiert wird. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Genderdebatte finde ich eine solche Diskussion wünschenswert und sinnvoll. Ich finde gar nicht, dass dies ein leidiges Thema ist, wie Du schreibst Andreas.
Die Berücksichtigung von Farbenblindheit in der Gestaltung halte ich im Kontext Kommunikationsdesign/Informationsdesign für unerlässlich. Das ist aus meiner Sicht kein „nice to have“. Es ist eine zentrale Grundlage für zeitgemäßes Design und ein wichtiges Kriterium für gutes Design.
@Gerrit
Danke auch an Dich.
Genau DIESE Fragen müssen wir uns doch als Designer stellen: nämlich, ginge es nicht besser? Ja, Schauma schreibt, wie Klabautermann salopp formuliert, praktischerweise drauf, was drin ist. Die wichtigste Information auf den Verpackungen, nämlich der Produktname, ist allerdings teilweise in weißer Schrift auf hellem Hintergrund gesetzt. Der Kontrast ist zu gering, als dass man das Design als inklusiv bezeichnen könnte. Wenn man sich als Hersteller damit brüstet, ein modernes Design zu haben, dann würde man schon erwarten, dass dieser zentrale Aspekt im Design konsequent mitgedacht wird. Und das sehe ich in diesem Fall nicht. Ein typisches am Zeitgeist ausgerichtetes Design: im Zentrum stehen das Markenlogo sowie schmückende Illustrationen, anstatt die wirklich wichtigen Informationen.
Um die Problematik von Farbenblindheit im Kontext Packaging Design zu veranschaulichen, habe ich einmal drei alte und drei neue Schauma-Verpackungen gegenübergestellt, einmal mit einem Seheindruck bei intaktem Sehvermögen und einmal mit einem Seheindruck mit Rot-Grün-Sehschwäche. Es handelt sich bei dieser Darstellung lediglich um eine Annäherung! Wissenschaftlich abgesicherte Beispiele finden sich unter anderem in diesem Beitrag auf geo.de.. Es geht mir lediglich darum, auf die Problematik als solche aufmerksam zu machen.
Dass die bisherigen Verpackungen zum Teil uneinheitlich gestaltet gewesen sind, würde, so man lediglich formal-ästhetische Aspekte berücksichtigt, als verbesserungswürdig einstufen. Allerdings verfügt die alte Aufmachung über mehr Differenzierungsmerkmale. Und diese sorgen dafür, dass Menschen mit Rot-Grün-Sehschwäche die Unterschiedlichkeit der Produkte schneller erfassen. Eine optisch ansprechende, einheitlichere Aufmachung bedeutet nicht gleichzeitig besseres Design. Design ist mehr als hübsch und schön.
Ich finde das Redesign sehr gelungen. Das reduziertere Design passt gut in den Trend und meiner Meinung nach sind die neuen Abbildungen der Inhaltsstoffe näher am Produkt und unterscheiden die einzelnen Sorten viel deutlicher, gerade wenn man sieht dass davor oft das selbe Bild vom selben Model auf mehreren Sorten war und man schon genau lesen musste, um was für Inhaltsstoffe es sich handeln soll. Ich finde es auch gut, dass nach und nach die gegenderte Verpackung verschwindet. Ich verwende als Mann gern Hautpflegeprodukte und kaufe auch Haar und Körperpflege separat mit Blick auf passende Inhaltsstoffe statt immer nur 3 in 1. Persönlich fühle ich mich tatsächlich wohler wenn das Produkt keinerlei gender Konnotation hat als wenn es nur mit weiblichen Personen beworben wird und bin froh über die Entwicklung.
Hallo zusammen
Das Redesign des Logos finde ich gut. Vielleicht weil ich den “Schaum” innerhalb des Logototypes mag. Was mir fehlt ist das “Was tut es für mich”! Soll heißen, dass das frühere Design mit der Abbildung Gesicht/Haar sich ganz klar als Shampoo identifizieren lässt. Ich kann jetzt nicht – auf den ersten Blick – erkennen, was es ist. Es könnte sich ja um eine Schaumdusche mit Kokosnussduft handeln.
Es geht mir auch darum, das es Leser und Gucker gibt. Will heißen, das mir also nicht eindeutig vermittelt wird, was das Produkt für mich tut.
Beispiel:
Schauma
Karbon Kraft 5
Das Wort Shampoo kommt erst weiter unten im Text vor. Dieses Produkt wird beim Hersteller als Männer-Produkt gelistet – woher erkenne ich das? Das dunkle Packungsdesign? Echt jetzt?
Hat das Produkt einen Kaffeegeruch/Geschmack? Nein, es hat Zedernholzduft.
Das Koffein gehört zu einer “Formel” zur Stimulation von kraftlosen Haarwurzeln.
Kaffebohnen, Kokosnüssen, Blüten usw erschließt sich für mich also, wofür die Abbildungen stehen.
Und ja, es handelt sich nur um ein Shampoo und so könnte man jede einzelne Verpackungsdesign kritisieren. Mir fehlen die wichtigen und richtigen Informationen. Ich selber bin kein Fan von Farbcodes, daher ist es mir bissi zuviel. Weniger wäre hier durchaus mehr gewesen.
Das deckt sich mit meinem Eindruck.
Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung!
Fabrcodes zur groben Orientierung, jedoch keine klare Geschlechter-Trennung und unnatürliche Portraits.
Ganz starker, und zum Nachdenken anregender, Kommentar von dir, Achim, zu dem Thema Inklusion und Gendergerechtigkeit im Designumfeld!
Vielen Dank Moerl.
Das Wokeness-Barometer scheint auch beim dt neue Dimensionen zu erreichen. „Debatte um Gleichberechtigung, Inklusion und Sichtbarmachung von geschlechtlichen Identitäten“ – ich wollte mich kurz darüber aufregen, dass Inklusion so lässig in einem Satz mit der „Sichtbarmachung von geschlechtlichen Identitäten“ aufgezählt wird. Aber nach kurzer Überlegung ist es vermutlich okay, denn jemand, der glaubt, sich sein Geschlecht aussuchen zu können, ist ja auch nicht ganz dicht. Wobei das trotzdem gemein ist, denn die Personen, die sich tatsächlich Inklusion wünschen, können in der Regel nichts für ihre Situation.
Bist Du der Meinung „Petra“, die Sichtbarmachung von geschlechtlichen Identitäten (auch in der Werbung) habe nichts mit Gleichberechtigung zu tun? Oder gar sie sei nicht erforderlich? „Woke“ ist für Dich offenbar ein Schimpfwort, zumindest ist der Begriff in Deinem Kommentar negativ konnotiert. Ich gehe davon aus, dass keiner der an der Diskussion beteiligten dt-Leser glaubt, man könne sich sein Geschlecht aussuchen. Deshalb frage ich mich, worauf genau Du hinaus willst, zumal Du mit Deinem Kommentar, übrigens als einzige, nicht wirklich auf das hier vorgestellte Design eingehst. Nur kurz der Hinweis: worum es im dt explizit nicht geht, ist die Frage, ob irgendwer nicht ganz dicht ist. Im dt wird, und an diesem Themen-Barometer hat sich seit 2006 nichts geändert, über Design diskutiert. Fühl Dich also eingeladen, hierzu Deine Meinung kundzutun.
Danke für den wertvollen Artikel und die anregenden Kommentare. Tatsächlich finde ich das neue Design sehr gelungen und viel besser als bisher, wenngleich sicherlich nicht alles ideal ist. Gleich vorneweg, eine 100%ige Inklusion ist Utopie, das sollte uns allen klar sein, denn selbst wenn alles gendergerecht und farblich ideal wäre, würden sicherlich noch genügend potentielle Kund*innen Probleme mit der Verpackung und deren Handling haben. Aber diese ist eben auch typisch für Schauma, wenngleich ich hier mehr Mut, vor allem aber einen höheren Recycling anteil besser fände.
Die Farbthematik ist knifflig, ich sehe aber an sich eine überwiegend gelungene Lösung. Die Regenbogen-Range ist vermutlich für einen Großteil der Kund*innen in der Form für die Unterscheidung hilfreich. Spannend wäre es natürlich, wenn hier Betroffene mit Farbsehschwäche ihre Erfahrung teilen könnten. Ich kann mir gut vorstellen, dass kleinere Unterscheidungsmerkmale beim Wegbleiben der farbigen Differenzierung stärker wahrgenommen werden, denn den für uns durch Simulationen dargestellten Vorher-Nachher-Unterschied gibt es dann ja nicht. Interessant wäre hier zudem der Zusammenhang mit dem Geschlecht, denn laut meines Wissens leiden überwiegend Männer an Farbblindheit (das kann aber zugegeben eine subjektive Erfahrung sein). An sich finde ich den Ansatz, die Farbe der Flasche auf die „Ingredients“ und deren Abbild zu beziehen nicht verkehrt, auch wenn das nicht ganz stringent durchgezogen wurde.
Das Thema Genderdesign ist für mich immer interessant, heikel und herausfordernd. Ich finde es gut, dass die Abbildungen von Menschen (bisher meist schlanke weiße Models, oder?) wegfallen, das grenzt zum einen weniger aus, zum anderen könnte somit wirklich die Sorte, deren Geruch und Funktion im Vordergrund stehen. Ich persönlich mag es zudem nicht, dass mir Zuhause irgendwelche Menschen die ich nicht kenne von Produkten entgegenlächeln. Dass noch immer Bezeichnungen wie „Men“ zu finden sind, tun der Sache aber nicht sonderlich gut. Besonders schwierig wird die Sache aber dann beispielsweise bei dm, denn dort hat man vor einigen Jahren das „Seinz“ Regal (nebst eigener Marke) eingeführt. Ein eigenes Regal für die vermutlich „neue Zielgruppe des pflegebewussten Mannes“ – dort befinden sich ausschließlich Männer-Produkte, was für den Ansatz von genderneutralem Design zusätzlich Gegenwind erzeugt. Allerdings vermute ich hier tatsächlich einen wirtschaftlichen Erfolg für dm, denn die Drogeriemarkt-Kette würde sonst wohl kaum so entgegen dem Zeitgeist agieren!?
Zuletzt noch kurz zur Beschriftung der Produkte, diese mag da und dort zu wenig Kontrast bieten, aber die Schriftgrößen scheinen durchwegs größer als bisher zu sein, vor allem aber wurden die Inhalte zumindest beim Facing reduziert, was ich als weiteres Plus empfinde. Dass der Schauma-Schriftzug nun durch die Schaumdarstellung einen stärkere Markencharakter entwickelt, finde ich besonders gelungen.