Skip to content

Wolters Bier bekommt doch kein neues Logo

Wolters Logo (verworfen)
Wolters Logo (verworfen), Quelle: Hofbrauhaus Wolters

Vor wenigen Tagen hatte Hofbrauhaus Wolters, die größte Privatbrauerei Niedersachsens, ein Rebranding präsentiert. Im Umfeld von Social Media gab es darauf hin, wie so oft bei derlei Redesigns, teils heftige Negativkritik. Kurze Zeit später teilt die Privatbrauerei mit, die Änderung des Logos zurückzunehmen. Die Reaktionen seitens der Kunden nehme die Brauerei sehr ernst, wie es in einer Pressemeldung heißt, weshalb man am alten Logo festhalten werde.

Mit einer fast vierhundertjährigen Geschichte ist die Traditionbrauerei Wolters eines der ältesten Unternehmen Braunschweigs. Seit Mai 2021 ist die Volksbank eG Braunschweig Wolfsburg alleiniger Eigentümer der Hofbrauhaus Wolters GmbH. Wie die Brauerei in der vergangenen Woche auf ihrer Website erklärt hatte, solle ein neues Markendesign dazu beitragen, Wolters fit für die Zukunft zu machen. Ein solcher Schritt sei längst überfällig gewesen. So sah das geplante neue Design aus:

Wolters Logo. Rechts das ursprünglich geplante neue Logo, das aufgrund von Kundenkritik jedoch verworfen wurde
Wolters Logo. Rechts das ursprünglich geplante neue Logo, das aufgrund von Kundenkritik jedoch verworfen wurde. Bildquelle: Hofbrauhaus Wolters, Bildmontage: dt

Vor dem Hintergrund eines sinkenden Pro-Kopf-Bierkonsums gehe es darum, so das Unternehmen, neue Käuferschichten zu akquirieren und zusätzliche Absatzmöglichkeiten in überregionalen Märkten zu erschließen. Mit einer Modernisierung des Markenauftritts wollte man Wolters auf die Zukunft ausrichten, wie es hieß. Im Zentrum der angedachten neuen Markenidentität stand dabei ein umfassend modifiziertes Logo. Die vorgenommenen Änderungen am Logo gingen offenbar vielen Menschen zu weit. Unter anderem Facebook äußerten sich viele User kritisch in Bezug auf die veränderte Formgebung: „Schandlogo“, „das neue Logodesign sieht aus, als hätte es ein 12jaehriger in 5 Minuten mit Photoshop zusammengerotzt“, „moderner Einheitsbrei“, so einige der Kommentare.

Hofbrauhaus Wolters – neues Markendesign (verworfen)
Hofbrauhaus Wolters – neues Markendesign (verworfen), Quelle: Hofbrauhaus Wolters

Eine Woche nach Präsentation des neuen Markendesigns wurde die Änderung des Logos zurückgenommen. „Es gehört zur Haltung unseres Hauses, auch in diesen schnelllebigen Zeiten zuzuhören, und wo nötig auch eine Entscheidung behutsam zu korrigieren“, so Francesco Perricone, Geschäftsführer der Hofbrauhaus Wolters GmbH. „Das gilt umso mehr, wenn das Feedback von unseren Fans in der Region kommt. Wir werden deshalb nunmehr mit dem Besten aus zwei Welten fortfahren: Das neue, farblich moderne Layout einführen, aber das unseren Kunden wichtige traditionelle Wappen auf unseren Bier-Produkten in unverändertem Design beibehalten.“ Die Facebook-Community begrüßt und feiert die Entscheidung seitens des Brauerei, am Traditionslogo festzuhalten.

Mit der Entscheidung, ein Redesign nicht wie geplant weiterzuverfolgen, befindet sich die Biermarke Wolters nun in Gesellschaft mit dem Softwareunternehmen SAP oder der US-Modemarke Gap, die vor einigen Jahren ebenfalls die Einführung ihres neuen Logos gestoppt und zurückgenommen hatten.

Kommentar

Klar, hinterher ist man schlauer. Aber dass im Umfeld von Social Media vorwiegend mit Negativkritik zu rechnen ist, zum Teil mit heftiger, darauf sollte man sich als Unternehmen, als Stadt oder als Verein heutzutage schon einstellen. Ich mache das jetzt eine ganze Weile. Ich kenne kein Design, das ausschließlich gelobt wurde. Redesigns bekommen mehrheitlich Negativkritik, auch hier in einem Fachblog.

Mir tut es für die jeweils beteiligten Agenturen/Unternehmen immer ein wenig leid. Es ist nicht schön, das Ergebnis monatelanger Arbeit von einem Tag auf den anderen in die Tonne werfen zu müssen. Ziemlich plump bis beleidigend vorgetragenen Kommentare auf Facebook & Co. dürfen nicht die Messlatte sein, wie ich meine, an der man die Ansprüche, Ziele und Strategie des eigenen Unternehmens ausrichtet. Ist Kunden-Feedback wichtig? Selbstverständlich. Warum nicht Kunden/Fans/Bürger/Mitarbeiter in einen solchen Designprozess proaktiv einbinden?! Anstatt, so wie auch in diesem Fall, viel zu spät ihre Meinung einzuholen. Mozilla beispielsweise hatte im Rahmen eines Open-Design-Projektes die eigene Community am Entstehungsprozess teilhaben und partizipieren lassen. Das US-amerikanische Fußball-Franchise Chicago Fire FC hatte, von den negativen Erfahrungen aus dem ersten Versuch gelernt, in einem zweiten Anlauf die eigene Fanbase in den Designprozess eingebunden. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Nicht missverstehen: es geht nicht darum die „Crowd“ einzuladen, eigene, alternative Entwürfe beizusteuern. Anspruchsvolle Arbeiten im Bereich Konzeption, Kreation und Markenführung gehört in die Hände von Fachleuten. Aber man kann Fans in solch einen Designprozess einbinden und ihnen in Gesprächen vermitteln, dass sie gehört und verstanden werden.

Die Rücknahme des geplanten Designs bedeutet zwangsläufig, denn beides ist inhaltlich, konzeptionell und strategisch miteinander verwoben, die angekündigte Neuausrichtung zu stoppen, zumindest in der ursprünglich geplanten Form. Ob diese möglicherweise dringend notwendig ist, kann ich als Außenstehender nicht sagen. Sollte die von der Brauerei geplante Erschließung zusätzlicher Märkte allerdings nicht gelingen, was dann? Bei einer Übernahme durch einen Global Player wie Anheuser-Busch InBev, würde Wolters, aller Voraussicht, über kurz oder lang eh ein Redesign verpasst bekommen. Das ist gängige Praxis. Denn wenn die Marke an Umsatz zulegen will/soll, muss sich die Marke bewegen, auch visuell. In der ursprünglichen Pressemeldung hatte die Wolters Brauerei selbst treffend geschrieben, ein Zitat von John F. Kennedy aufgreifend: „Der Wandel ist das Gesetz des Lebens“. Keine Facebook-Community der Welt kann dieses Gesetz kippen. Möglicherweise lässt sich Wandel für einen flüchtigen Moment abwenden. Stoppen lässt sich Veränderung nicht. Was ist denn, aus Kundensicht gesprochen, tragischer? Eine liebgewonnene Marke, die ihr Gesicht verändert oder eine liebgewonnene Marke, die vom Markt verschwindet?

Zur Gestaltung: Das heraldische Wappen zu vereinfachen, ist prinzipiell eine gute Entscheidung. Denn derlei komplexe heraldische Wappen entsprechen in nahezu allen relevanten Kriterien nicht den Anforderungen eines modernen Logos. Von dem als „Traditionswappen“ titulierten Zeichen bleibt in vielen Anwendungen, vom Favicon bis hin zum Bierdeckel, lediglich ein buntes, indifferentes Häuflein übrig. Die angedachte Vereinfachung schießt allerdings übers Ziel hinaus. Denn die neue Form weicht stark vom Ursprung ab (Krone, Löwen, Panier/Spruchband), sodass in diesem Fall nicht nur von einer Vereinfachung der Formgebung unter Beibehaltung des grundsätzlichen Charakters die Rede sein kann, es wurde obendrein auch der Ausdruck und der Charakter des Signets verändert. Und das betrifft gleichermaßen die Bildmarke wie auch die Wortmarke.

In meiner Wahrnehmung geben die neuen Löwen, insbesondere aufgrund ihrer wie nachträglich angeklebt wirkenden, zudem überproportional groß geratenen Köpfe, keine gute Figur ab. Sie wirken nicht stolz, sondern unbeholfen. Dass man die identitätsstiftende Form des „T“, mit seinen zu Schweifen gewundenen Armen, zudem nicht fortführen wollte, will mir ebenfalls nicht so recht einleuchten. Im direkten Vergleich mit dem, wie ich finde, in Summe durchaus ansprechendem, attraktiven, neuen Etikettendesign, wirken aktuelle Gebinde allerdings ziemlich altmodisch, ja geradezu hässlich. Es ist also keinesfalls so, dass die visuelle Neuausrichtung in eine grundsätzlich falsche Richtung ginge.

Ist es die richtige Entscheidung gewesen, das Redesign zurückzunehmen? Oder hätte sich das Unternehmen dem „Sturm im Wasserglas“ standhaft entgegenstellen und am geplanten Vorhaben festhalten sollen? Deine Meinung!

Mediengalerie

Weiterführende Links

Dieser Beitrag hat 28 Kommentare

  1. Ich finde das Redesign anhand dem hier zu betrachtenden Material als durchaus gelungen.
    Hat etwas “amerikanisches” oder “internationales”.

    Persönlich bin ich der Meinung, dass Kritik durchaus hart sein kann, jedoch niemals boshaft – die Bewertungsgrenzen sind dabei natürlich bei jeden Menschen anders gesetzt.
    Inwieweit das alles eine Aufregung wert ist – kann ich nicht beantworten.

    Für mich sind Diskussionen und Hate nur im Kontext der gesellschaftlichen Entwicklung nachvollziehbar. Siehe:
    https://www.designtagebuch.de/befoerdert-durch-rassismus-debatte-aus-uncle-bens-wird-bens-original/ oder jüngst: https://www.designtagebuch.de/mohrenbrauerei-aendert-logo-und-flaschenetiketten/
    und: https://www.designtagebuch.de/zwei-tuerme-ein-christliches-symbol-ein-shitstorm-das-neue-koeln-logo-erzaehlt-wie-wir-heutzutage-miteinander-kommunizieren/

  2. Aussagekräftiger als das Vorher-Logo im Vergleich mit der verworfenen Version finde ich den Verleich der Verpackungen. Siehe: https://www.hofbrauhauswolters.com/wolters/

    Das Traditionswappen im alten Logo wird im Vergleich zum Schriftzug meistens ziemlich groß dargestellt und da empfinde ich den Detailgrad als passend/interessant (Haha, unendlich viele Löwen: https://www.hofbrauhauswolters.com/background/ ). Beim Redesign sollten offensichtlich die unterschiedlichen Proportionen von Wappen und Schriftzug vereinheitlicht und das Wappen (zu sehr?) vereinfacht werden.

    Beim Schriftzug stört mich eigentlich nur dieser Schatten/3D-Effekt in der Schwarz-Weiß-Umsetzung (Vorher-Logo und auf Wolters Black), weil die Lesbarkeit leidet. Wo mehr Farben zur Verfügung stehen wird für den gleichen Effekt eine dunkle Outline verwendet, ohne Einbußen bei der Lesbarkeit. Dass das schicke T des alten Schriftzugs im neuen Logo entfallen sollte, finde ich schade.

    Insgesamt glaube ich, dass man mit einer sanfteren Anpassung, die nur die gröbsten Design-Schnitzer im Logo und dessen Anwendung korrigiert, besser gefahren wäre, als das alte Logo komplett zu überarbeiten und charmante Details zu verwerfen. Wer, wenn nicht eine Traditionsbrauerei darf es sich erlauben, an einem aus der Mode gekommenen Logo festzuhalten und sich kein glattgebügeltes neues Gewand zuzulegen?

    1. “Insgesamt glaube ich, dass man mit einer sanfteren Anpassung, die nur die gröbsten Design-Schnitzer im Logo und dessen Anwendung korrigiert, besser gefahren wäre, …”

      Genau das ist doch geschehen ;)

      In meinen Augen wäre das ein sehr gelungenes Redesign (gewesen), bes. das Wappen.

  3. Ich finde das Redesign im Grunde auch gar nicht schlecht. Meckern ist leichter als selbst vernünftige Vorschläge zu präsentieren, das sieht man überall. Meistens ist es ja auch die Negativkritik, die sichtbar ist, da sich positive Kritik meist zurückhält, oder oftmals gar nicht erst geäussert wird.
    Die alte, bzw. bestehende Typo finde ich absolut unschön und strahlt für mich einen 1970er Jahre-Muff aus – für mich als aussenstehender eine Katastrophe und würde mich eher vom Kauf abhalten.
    Evtl hätte man noch eine Design-Runde drehen können.

  4. Design ist keine demokratische Veranstaltung.
    Folgt man der lauten Minderheit in sozialen Medien, würden wir visuell noch im Jahre 2012 leben. Konsequente Markenführung muss sich davon frei machen.
    Siehe das Instagram Logo, Discord uvm.

  5. Ich komme aus der Nähe von Braunschweig, bin leidenschaftlicher Wolters-Trinker und arbeite als Gestalter im Kommunikativen Bereich. Dieses Redesign traf auch mich wie ein Schlag ins Gesicht. Die zwei stolz stehenden Löwen wichen zwei sich einen Bruch hebenden, stehenden Körpern mit viel zu großen Premiere-League-Köpfen. Die Typo der Bildmarke wirkt lieblos in die Banderole gesetzt, das Wappen in der Mitte wicht einer Farbfläche. Die eigentliche Grundlage, das Wappen des Herzogtums Braunschweig ist nicht wiederzuerkennen. Der einzigartige Wolters-Schriftzug, ersetzt durch einen austauschbaren Font.

    Was hier bisher noch keine Erwähnung fand: Wolters hat sich in den letzten Jahren auch optisch schon modernisiert. Das farbige Logo, welches wie richtig geschrieben in klein zum Farbklecks verkommen würde, sieht man in markantem einfarbigem Gelb auf markanten einfarbigem Blau gesetzt seit einigen Monaten an sämtlichen Biergärten-Pavillons im Stadtgebiet. Der Wolters-Schriftzug steht bei Kleinstdarstellungen aber auch auf Merch-Artikeln alleine für die Marke ein. Die 1627 wurde eingeführt und erfreut sich großer Beliebtheit. Werbung wird mit markanter Futura-Font und individuellen Sprüchen betrieben. Das alles kam bei mir sehr gut an und hat das Markenbild für mein Verständnis schon auf die Zukunft vorbereitet. (Beispiele unter https://www.wolters-shop24.de/de/fanartikel/ )

    Die Entwicklung zu diesem neueren Markenbild ging über mehrere Jahre und hat super funktioniert. Dieses Redesign brauchte es nicht. Ich bin froh dass es Rückgängig gemacht wurde und ich bin froh, dass es noch Unternehmen gibt, die auf fundierte Kritik eingehen und Fehler eingestehen anstatt sie Auszusitzen. Herr Ober ein Bier!

      1. Hallo Achim. Gern. Unter den vielen, mitunter überzogenen, Kommentaren auf Instagram, Facebook, in Wolters-Fangruppen, privaten Nachrichten, Anrufen und Leserbriefen fanden sich auch kritische Stimmen von Medienschaffenden. Von Studenten der HBK und Ostfalia ebenso wie von Agentur-Mitarbeitern.
        MfG

  6. Naja, wirklich Leid tun mir diese Agenturen nicht. Das Problem ist wie so oft, dass es immer wieder Agenturen gibt, die sich mit der Bedeutung und der Strahlkraft von Marken gar nicht richtig auseinandersetzen. Ob das hier der Fall ist, kann man von außen nicht beurteilen.

    Ich selbst arbeite auf Unternehmensseite mit zahlreichen Agenturen auch im kreativen Bereich zusammen und muss immer wieder feststellen, dass die Selbstverwirklichung von Agenturen gerne über den Ansprüchen traditioneller und zugleich moderner Unternehmen und Marken steht. Ich habe tatsächlich auch schon erlebt, dass Agenturen so penetrant, fast arrogant und trotzig agiert haben, dass sich Entscheider im Unternehmen quasi unter Druck beugen mussten.

    Gute Beratungen und gute Redesigns entstehen vor allem bei emotionalen Themen wie Fußball oder auch Getränken/Bier nur, wenn man miteinander arbeitet und alle Anspruchsgruppen versucht zu verstehen. Das kostet Zeit und Geld, welches Unternehmen aber auch investieren müssen. Sonst kommen Ergebnisse heraus, die niemand will. Dennoch wäre etwas mehr Verständnis und Demut auf Agenturseite hilfreich…

  7. Welch wunderbare Aufgabe, ein derart altes Wappen zu modernisieren! Die Aufgabe ist eine Evolution, mit dem Ziel, dass Fans es nicht bemerken. So eine Aufgabe braucht Respekt, ja fast wollte ich sagen Demut vor fast 400 Jahren Bestand! Welche Agentur, welche/r Designer*in kann das schon von den eigenen Arbeiten behaupten? Die Integration von 1627 finde ich wichtig, aber auch diese Zahl steht im leeren Raum – und wo steht sie, wenn die Biersorte darunter steht?
    Auf den Dosen und Flaschen wird das Verhältnis Wappen-Schrift umgedreht – auch nicht wirklich eine ansprechende Lösung, zumal die Biersorte in anderer Typo auch noch dominieren will. Ein misslungener Dreiklang – eben kein Klang.
    Das Ergebnis ist einfach nur lieblos und unsauberes Handwerk. Schade.
    Daher meine Hochachtung für Wolters, diesen Schritt zu korrigieren.

  8. Als studentische Aushilfe und Bierfahrer habe ich Anfang der neunziger als Braunschweiger in Braunschweig die Kneipen, Gaststätten und Restaurants, sowie umliegenden Bierverlage, Altstadt- & Schützenfeste, erst als Mitfahrer und dann allein, beliefern dürfen. Die Identifikation der Region mit der Marke Wolters war und ist noch immer extrem groß. Als langjähriger Wirtschaftsingenieur weiß ich, das man ein solches Pfund nicht aus der Hand gibt und doch hegen, pflegen und weiterentwickeln muß. Mit Herz & Verstand, sowie der Fähigkeit auch Fehler einzugestehen. Dazu beglückwünsche ich die Entscheidung der Wolters Brauerei – Chapeau! Möge es in dem Sinne noch oft heißen: „nec aspera terrent – immota fides“ und Prost!

  9. Ich war 15J Marketingleiter im österr. Volksbanksektor und bin heute als Kreativmensch selbstständig! Also ich finde es ist gefährlich wenn man sich von der SM-Community den eigenen Unternehmensweg so derart beeinflussen lässt! Veränderungen müssen polarisieren, denn dann werden diese auch wahrgenommen. Man muss natürlich hinhören und man kann sich auch Empfehlungen aus der Kritik mitnehmen. Wenn man dann darauf reagiert und die eine oder andere Korrektur vornimmt, wird dies dies auch meist positiv kommentiert. Allen kann man es nie recht machen und gerade im Biersektor gibt es auch eine große Zielgruppe die nicht ständig in den Social Media Kanälen herumgeistern! Also es braucht auch oft einfach den Mut zu seiner Entscheidung zu stehen. Vieles das vorher kritisiert wurde gefällt heute!

    1. Besten Dank auch Dir Christian, für Deine Einschätzung.

      Vieles das vorher kritisiert wurde gefällt heute!

      In der Tat. Nur zwei Beispiele, um zu zeigen, wie ausgeprägt die menschliche Natur ist, das Neue erst einmal abzulehnen.

      Als 1887 mit dem Bau des Eiffelturms begonnen wurde, galt er noch vor der Fertigstellung als Schandfleck (siehe auch den FB-Kommentar „Schandlogo“). Ursprünglich war geplant, den Turm bereits nach 20 Jahren wieder abzureißen. Heute ist der Eiffelturm das Erkennungszeichen von Paris, ein auch aufgrund seiner Ästhetik von vielen Menschen verehrtes Bauwerk und darüber hinaus Nationalsymbol Frankreichs.

      Anfang des 20. Jahrhunderts begannen Gestalter damit serifenlose Schriften wie die Futura in ihren Arbeiten einzusetzen. Sehr viele Menschen empfanden den dadurch erreichten typographischen Ausdruck als abstoßend, ja geradezu als grotesk. So entstand der Gattungsname „groteske Schriftarten“. Heutzutage gilt eine schlichte, geradlinige und minimalistische Gestaltung/Typographie, wie sie mit Hilfe von grotesken Schriftarten transportiert wird, als ästhetisch.

  10. Leider erlebt man solche Ergebnisse immer mal wieder in der Designbranche. Das ist bitter für die Agenturen/Auftragnehmer, egal ob groß oder klein. Und noch bitterer ist es für die Marken und Firmenmitarbeiter. Aber es gilt hier auch zu hinterfragen, was das Briefing war und wie groß das Verständnis für die Marke, ihre Identität und Bedeutung in der Region seitens der Projektbeteiligten. Wenn eine Bank plötzlich alleiniger Eigentümer einer traditionellen regionalen Biermarke ist und neue Käufergruppen ansprechen will, weil der allgemeine Bierkonsum zurück geht, dann ist die Frage nach der richtigen Strategie zu stellen. Identität lebt von gelebten Inhalten/Produkten und somit auch von der Geschichte einer Marke. Die gilt es äußerst respektvoll und mit Achtung zu behandeln, weiter zu entwickeln und aufzuladen. Allein das ist schon eine riesige Herausforderung in diesen Zeiten, in denen sich ständig alles ändert und Menschen sich auch nach Beständigkeit sehnen. Da braucht es viel Feingefühl, Verständnis und sensibles Handwerk, um die Käuferschaft nicht zu vergraulen. Man muss davon ausgehen, dass alle Projektbeteiligten hier ihr Bestes gegeben haben und auch das gilt es zu respektieren. Ein Facelift wäre hier möglicherweise die klügere Herangehensweise gewesen, um die wesentlichen Gestaltungsmerkmale beizubehalten. Denn an denen hängt die Identität und Wirkung des Designs. “The Details are not the details. They make the design.” – Charles Eames

  11. Ich habe verschiedene Plakate, welche sich gegen das neue Logo positionierten zugeschickt bekommen und bin dem Aufruf sich zu beschweren gefolgt.
    Meine Kritik an Wolters beinhaltete, dass die Verbundenheit und Leistung der Region zu Wolters mit dem Herzogtum-Wappen durch diese Neugestaltung verloren geht. Wir Braunschweiger haben Wolters 2006 gerettet. Es mag vielleicht für viele hier nicht nachvollziehbar sein, weil ja seit Jahren vieles zum Flat-Design geht, aber hier spielen Emotionen die sich auf ein Design beziehen (nämlich das Wappen des Herzogtums Braunschweig) eine super wichtige Rolle. Nun war es die Volksbank, die Wolters gerettet hat (und hier in BS ein Riesengebäude nach dem nächsten hochzieht). Dass diese neben unserer Stadt nun auch “unserem” Bier ihren Stempel aufdrücken wollen, schmeckt vielen zusätzlich nicht. Braunschweig ist Wolters und Wolters ist Braunschweig. Die Modernisierung des alten Logos zu einem monochromen und die Anpassung der Farben war völlig ausreichend und gaben niemanden einen Anlass zum Aufschrei. Die so starke Änderung des Logos hingegen schon.

  12. Ich bin als Grafik-Designer immer vorsichtig mit der Kritik an der sichtbaren – sprich finalen – Version der Arbeit meiner Kolleginnen und Kollegen, da ich aus eigener, leidvoller Erfahrung weiß, wie Ergebnisse Zustande kommen, die nichts mehr mit meinen ursprünglichen Empfehlungen/Entwürfen zu tun haben. Da wird auch kundenseitig manchmal sehr viel kaputtdiskutiert und nicht nachvollziehbare subjektive Entscheidungen getroffen.

    Aber ich möchte einen ganz anderen Gedanken in die Runde werfen, in Bezug auf das im Artikel erwähnten Zitat „Der Wandel ist das Gesetz des Lebens”:
    Wieviel Wandel wollen die Kunden einer solchen Traditionsmarke?
    Gibt ggf. ein fehlender Wandel Halt in der sich “gefühlt” immer schneller ändernden Welt um uns rum. Will der Kunde den auch Abends beim Blick in den Kühlschrank noch diesen Wandel um die Ohren gehauen bekommen?

    Nicht missverstehen: Ich bin nicht grundsätzlich gegen ein Redesign – dazu sind solche Aufträge viel zu schön für den Grafiker. ;-)

    Aber bevor damit begonnen wird, muss geklärt sein, wofür die Marke steht, was sie den Bestandskunden bedeutet und mit welchem Versprechen neue Kunden gewonnen werden sollen.
    Tradition und Beständigkeit – auch sichtbar im Design – kann auch ein attraktives Markenversprechen sein, mit dem ich neue Märkte erschließen kann.

    Im Fall von Wolters wäre es vermutlich besser, das Logo in mehreren kleinen Schritten über einen längeren Zeitraum zu modernisieren und gar nicht groß darüber zu reden. Wieviele Kunden würden z.B. merken, wenn im ersten Schritt der Schatten der Schrift verschwindet, und der Schriftzug in kleinen Darstellungen damit besser erkennbar wird?

  13. Ein großes Dankeschön an dieser Stelle einmal an alle! Es ist klasse, wie konstruktiv und fair sich alle Beteiligte hier einbringen. Eine, wie ich finde, sehr angenehme, spannende und bereichernde Debatte. Danke dafür!

  14. Ich bin in Braunschweig aufgewachsen … und habe früher lieber Feldschlößchen getrunken: nicht das aus der Schweiz, sondern die kleinere Marke mit sehr vergleichbarem Signet. Und beim Training auf dem Jahnplatz durften wir zu Brauzeiten den lieblichen Duft beider Brauereien an der Wolfenbüttler Straße inhalieren. Ich verließ Braunschweig Anfang der 90er, Feldschlößchen ging, von Hamburg aus organisiert, 1995 nach Dresden. Dort gab es auch seit 16hundertund ein Feldschlößchen. Um die 2010er wurde Feldschlößchen dann bei Wolters gebraut. Und obwohl ich zu der Zeit eher Kölsch trank, fühlte ich mich verraten. Jetzt ist Feldschlößchen dänisch und es freut mich, dass bei Wolters immer noch der regionale Bezug besteht. Die bestehende, leichte Heimatverbundenheit überstrahlt da meine jugendliche Bierpräferenz.
    In Bezug auf das Redesign scheint bei Wolters aber was gehörig schief gelaufen zu sein: Sofern die optische Modernisierung in den letzten Jahren gelungen zu sein scheint, das neue Signet ist es nicht. Die hier angeführten, fachlich fundierten Kritiken sind sämtlich „richtig“. Dieser Entwurf hätte bei guter Beratung, bei guter Zusammenarbeit Wolters-Agentur, bei angemessenem Etat nicht das Licht der Öffentlichkeit erblicken sollen. Das Redesign hätte mehr grafische Qualität, mehr Liebe zum Detail, mehr Fingerspitzengefühl bedurft.
    Von daher ist es schon in Ordnung, dass ein SM-Shitstorm dafür sorgt, dass das Redesign ganz schnell wieder verschwindet. Wenn man aber so einfach fällt, kann man darauf schließen, dass man bei Wolters selber nicht so sicher, so zufrieden war.
    Sofern man sich nun beim nächsten Mal mehr Mühe gibt und auch hinter der Arbeit steht, dann hält man auch locker das unvermeidliche, unqualifizierte, mediale Gezeter aus … denn das bestehende Signet benötigt schon ein Update. Prost!

  15. A: Frag 100 Leute und du bekommst 100 Meinungen, das geht dank sozialer Medien sogar, ohne danach zu fragen. Das ist leider gott sei Dank so! Und B: ich stamme nicht aus Braunschweig – kannte auch das alte Logo nicht und habe nie Feldschlößchen getrunken. Da ist vielleicht von Vorteil, dass ich zwei Logos ohne Heim-Nachteil direkt miteinander vergleichen kann – das Bekannte und Vertraute hat ja logischerweise immer Heimvorteil. Hmm, ja das traditionelle (super wichtige) Wappen: würde bei einer Abbildungsgröße von DIN A4 bestimmt gut funktionieren, so aber leider nicht, das ist doch nur noch Wappensalat. Es addiert ein bisschen Tradition, mehr nicht. Aber wer weiß (auch in Braunschweig), dass die großkopferten und unbeholfenen Löwen reinen Glauben über rohe Gewalt stellen (saloppe Übesetzung)? Im neuen Design wird das kommunziert. Der alten Typo sieht man ihr Alter auch an, naja nicht der Jahreszahl entsprechend – aber schon letztes Jahrhundert. Also 2:0 für das neue Logo. Aber für Vertrautes und Gewohntes einen Punkt und für die Wappenmusssobleiben-Fraktion auch einen, den Sturm der Empörung einen weiteren Punkt und schon haben die Traditionalisten wieder die Nase vorne. Dann lieber so lassen. Wenn man bei jeder Design-Entscheidung ALLE fragen würde, wie weit würde man wohl kommen mit dem Neuen, Anderen? Witzige Vorstellung, wie die Welt wohl aussehen würde! Aber entspannt Euch. Es geht um Bier, wenns schmeckt, dreht das Etikett bei Bedarf nach hinten! PROST!

  16. Eine Neugestaltung sollte nie grundsätzlich ausgeschlossen werden und die o.g. Beispiele verdienen – auf den ersten Blick – keine überzogene Kritik. Ich denke jedoch, dass der Fehler darin lag, eine derart ungelenke Umsetzung zu veröffentlichen und damit vollendete Tatsachen zu schaffen.
    Die typografischen Änderungen wären von den meisten Kunden vermutlich kaum bemerkt worden, die naive Interpretation und proportionale Vergrößerung des Wappens hingegen schon, da auch für Laien handwerklich erkennbar schlecht umgesetzt.
    Man muss solche Dinge nicht nur verstehen, sondern zur Not auch mal Heraldiker fragen, bevor man sie weiterentwickelt oder gar ändert. Hier bei uns im Münsterland hat man einem großen Konzern, der “Teile des Westfalen-Wappens” als Logo nutzt, vor einigen Jahren das Niedersachsenross als Westfalenpferd verkauft, vermutlich auch aus Unkenntnis. Peinlich, interessiert aber bis heute niemanden. Als Brauerei hingegen bin ich noch näher am Kunden, daher wäre ich behutsamer vorgegangen.

    1. Danke Lars. Den Link kann ich in diesem Fall nicht unkommentiert stehen lassen. Es ist genau jene im Tweet vorgetragene Polemik und eine in weiten Teilen auf Mutmaßungen basierende „Kritik“, die eine konstruktive Debatte unmöglich machen, zumal das Vorgetragene mit einer plumpen hetzerischen Sprache gepaart ist, die obendrein persönliche Beleidigungen und Verunglimpfungen enthält. Das entspricht weder meinem Verständnis von Journalismus, noch kann es meiner Ansicht nach die Grundlage sein, wie Menschen miteinander diskutieren und streiten. Wer meint, ein-, zweihundert Likes, die ein solcher Tweet erhält, legitimiere eine solche Sprache, die so typisch für die Verrohung im Netz ist, dem ist vermutlich nicht mehr zu helfen. #lost

  17. Auch wenn ich nicht aus Braunschweig komme, verstehe ich die Traditionalisten da absolut. Was ich in so einem Fall nicht verstehe: Das alte Logo hatte einige sehr spezielle stilistische Merkmale (die Form des T, das sehr detaillierte Wappen).
    Wieso hat man nicht versucht das etwas mehr zu übernehmen? Also den neuen Schriftzug, aber mit dem gekräuselten T, und die Mimik der Löwen sowie einige Details im Wappen selbst erhalten?
    Wären dann nicht die Fans der Änderung gegenüber freundlicher eingestellt gewesen?

  18. “Vor dem Hintergrund eines sinkenden Pro-Kopf-Bierkonsums gehe es darum, so das Unternehmen, neue Käuferschichten zu akquirieren und zusätzliche Absatzmöglichkeiten in überregionalen Märkten zu erschließen.” >>> heißt, wir müssen versuchen, dass im Ausland mehr Frauen und Kinder unser Bier trinken..?

    Vielleicht sollte man wirklich den Bereich des Genusses und Entertainments, also des “Feierabends”, und die damit verbundenen Marken etwas anders verstehen als die üblichen Marken. Wenn in diesen Bereichen die Marken deutlich machen, dass “es um’s Geldverdienen geht” kommt das grundsätzlich schlecht rüber. Auch Musikern beispielsweise wird es übel genommen, wenn deutlich wird, dass sie es “wegen der Kohle” machen. Natürlich weiß das jeder, aber vielleicht möchte man in seiner eigenen Freizeit davon nichts mitbekommen, das Gefühl haben, es geht jetzt mal nicht um Geschäft, Gewinn und co., hier gilt mal nicht “die wollen alle nur dein Geld!”. Oder (in Anlehnung an Carsten Schmitz’ Kommentar): Will man die Regeln der Welt abends beim Blick in den Kühlschrank noch vorgezeigt bekommen?

    Auch ich würde eine solche Marke lieber wahrnehmen als etwas, “dass alles überdauert”, auf das man sich verlassen kann, das heute noch genauso gut ist wie damals und in Zukunft auch so sein wird. Wie das Traditionsrestaurant in der Fußgängerzone. Ein neues Logo und damit vorgezeigte “Neuausrichtung” vermag, diese Illusion zu zerstören.

    … daher kann ich die Reaktionen auf das Redesign durchaus verstehen. Die Gestalter sollten sich dessen bewußt sein und wissen, dass dies nichts mit ihrer handwerklichen Arbeit zu tun hat.
    Gleichwohl sollte unsere Gesellschaft möglichst bald lernen, einen reifen und einheitlichen Umgang mit dem Selbstläufer Social-Media zu pflegen, oder den Quatsch völlig vergessen.

    Für Wolters mag dies alles auch ein Kompliment von Seiten einer treuen “Fangemeinde” sein, die wohl wirklich etwas mit dieser Marke verbindet, für die sie etwas bedeutet. Das muss eine Marke auch erstmal schaffen.

Schreibe einen Kommentar zu Achim Schaffrinna Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

An den Anfang scrollen