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Wieder eine unfaire/dreiste Ausschreibung – diesmal: Stiftung „Internationale Akademie Nürnberger Prinzipien“

Unfaire Ausschreibungen sind im Kontext Kreativleistung leider keine Ausnahme. Diesmal ist es die Stiftung „Internationale Akademie Nürnberger Prinzipien“, die im Zusammenhang mit einer aktuellen Corporate-Design-Ausschreibung derart überzogene Forderungen stellt, dass man jedem Gestalter nur dringend von einer Teilnahme abraten kann.

Die Internationale Akademie Nürnberger Prinzipien (IANP), eine im November 2014 vom Bund, dem Land Bayern und der Stadt Nürnberg gegründete Stiftung des bürgerlichen Rechts, sucht im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung nach einer Agentur, die umfangreiche Kreativleistungen entwickeln soll. Neben der Aktualisierung und Weiterentwicklung des Corporate Designs wird seitens der Stiftung die Erstellung einer Markenstrategie, der Relaunch des Internetauftritts sowie die Entwicklung einer Social-Media-Strategie erwünscht.

Die Ausschreibung sieht vor, dass direkt mit Abgabe des Angebotes ein „Mini-CD-Guide (Farben, Schriften, Bilder, Bilder / Farbwelt) sowie eine erste Startseite der Internetseite und der Twitterseite der IANP“ einzureichen sind, erstgenannter in englischer Sprache. Wer nun erwartet, dass für derart umfangreiche Arbeiten eine angemessene Aufwandsentschädigung bereitsteht, wird enttäuscht, denn wie es im Ausschreibungstext heißt:

Für die Erstellung der Angebotsunterlagen wird keine Vergütung gewährt.

Die Stiftung erwartet nicht nur, dass Agenturen umfangreiche unentgeltliche Leistungen erbringen, sind verlangt ferner, dass jede an der Ausschreibung teilnehmende Agentur die Rechte an den Entwürfen an die Stiftung abgibt, wie der Ausschreibungstext bezüglich einer Angebotsabgabe verdeutlicht:

Für sämtliche Lieferungen und Leistungen gehen unbegrenzte und alleinige Nutzungsrechte für Produkte, Ideen und Designs auf die IANP über, zuzüglich Übergabe aller offenen Layout-Daten (inklusive Dokumente und Bilder) nach Projektende.

Die Stiftung versteht sich als internationales und interdisziplinäres Forum zu Fragen des Völkerstrafrechts. „Im Bewusstsein dieses historischen Erbes unterstützt die Akademie den Kampf gegen die Straflosigkeit von völkerrechtlichen Tatbeständen: Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Verbrechen der Aggression,“ wie es in einer Eigendarstellung heißt. Es sind dies ohne Frage unterstützenswerte Ziele. Was den Umgang mit Urheberrechten und eine faire Vergütung für Arbeitsleistungen betrifft, lässt die Ausschreibung der Stiftung allerdings jegliches Unrechtsempfinden vermissen.

In der aktuellen Fassung hätte die Ausschreibung niemals veröffentlicht werden dürfen! Gerade wenn Stadt (Nürnberg) und Staat (Bayern) beteiligt sind, darf erwartet werden, dass Vergütungen und Aufwandsentschädigungen im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung fair und angemessen und die Regularien hinsichtlich der Urheberrechte für jeden Teilnehmer akzeptabel sind. Urheberrechte müssen gewahrt bleiben!

Mit der Erstellung der geforderten Medien inklusive CD-Guide (!) ist gut und gerne ein dreiköpfiges Team eine ganze Woche lang beschäftigt, mindestens. Arbeit, die mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht finanziell vergütet wird. Lediglich die Agentur, die den Zuschlag erhält, darf auf eine Bezahlung hoffen. Der mit der Ausschreibung verbundene volkswirtschaftliche Schaden ist leicht auszurechnen.

In der durch die Corona-Pandemie ausgelösten Wirtschaftskrise mutet eine solche Ausschreibung geradezu obszön an. Aufgrund der inakzeptablen Bedingungen möchte ich von der Teilnahme an der betreffenden Ausschreibung dringend abraten. Schlimm ist freilich nicht nur eine unfaire Ausschreibung wie die der IANP, sondern auch der Umstand, dass Kreativschaffende trotz inakzeptabler Bedingungen an Ausschreibungen wie diesen teilnehmen. Auf diese Weise trägt jeder Teilnehmende dazu bei, dass derlei dreiste Vergabepraktiken fortbestehen. Aber so darf es nicht weitergehen.

Design-Ausschreibungen und -Wettbewerbe sollten Teilnehmern eine faire Chance bieten, dass sie für den geleisteten Aufwand eine finanzielle Entschädigung erhalten. Dabei muss jeder Wettbewerbsteilnehmer in Kauf nehmen, am Ende doch leer auszugehen. Entscheidend ist: das Chance-Risiko-Verhältnis muss ausgewogen sein. Verantwortungsvolle Stellen schreiben neben einer Siegprämie auch Aufwandsentschädigungen für diejenigen Teilnehmer aus, die es in die engere Wahl geschafft haben. Als vorbildhaft sei hier die Ausschreibung im Rahmen der Stadtmarke Bochum genannt. Ausschreibende Stellen, die lediglich den Sieger im Rahmen einer Auftragsvergabe entlohnen und dabei alle anderen Teilnehmer leer ausgehen lassen, betreiben Ausbeutung, nichts anderes. Was zudem in keinem Fall sein darf, ist, dass jeder Teilnehmer gleich mit Angebotsabgabe die Rechte an den Entwürfen verliert. Hier kann man Gestaltern/Designern nur raten: Finger weg von Wettbewerben und Ausschreibungen, die dies als Bedingung festschreiben!

#saynotospec

Agenturen, die auf inakzeptable Ausschreibungsbedingungen stoßen, möchte ich zudem bitten, ihren Unmut auch öffentlich kundzutun und/oder die für die Ausschreibung verantwortliche Stelle zu kontaktieren. Nur so besteht die Möglichkeit, an dem System etwas zu ändern. Die Faust in der Hosentasche ballen (oder dem dt eine Mail schreiben) reicht nicht.

Dieser Beitrag hat 19 Kommentare

  1. Ja, ich halte das Arbeitspaket für das Angebot auch für dreist, bin auch selber in der öffentlichen Auftragsvergabe tätig und kann sagen, dass man Agentur-Anbieter auch sehr gut anhand von Referenzprojekten bewerten kann. Dafür braucht man keine auf sich selbst bezogenen Beispiele. Wenn man so einen Auftrag rein nach Ästhetik vergeben möchte, dann ist ein Teilnahmewettbewerb sicher sinnvoll – aber dann muss man das auch bereit sein zu finanzieren. Aber ganz ehrlich: Den eigentlichen Arbeitsstil der jeweiligen Agentur kann man in einer Ausschreibung ohnehin weder erfassen noch bewerten. Ein bisschen Risiko ist immer dabei.

    Die Rechteklausel ist kompliziert formuliert. Mit “Lieferungen und Leistungen” sind aber vergaberechtlich nur die tatsächlich vergebenen Leistungen gemeint und nicht bereits die Entwürfe in der Angebotsphase (solche Klauseln gibt es auch, aber dann müssen die Angebotsunterlagen ausdrücklich mit einbezogen werden). Das bereits in der Ausschreibung klar zu benennen, halte ich für richtig. Gerade um den Umfang der Rechte gibt es ja später häufig Streit.

  2. Gibt man sämtliche Nutzungsrechte ab, kann man nicht mal sicher sein, dass überhaupt Folgeaufträge kommen: Der “Kunde” hat ja alles in der Hand, den Rest kann auch – mal überspitzt gesagt – ein/e Sekretär/in umsetzen.

  3. Weil uns das Thema Pitches/Ausschreibungen samt der merkwürdigen Erwartungshaltung bereits schon lange beschäftigt und ärgert, habe ich mir jetzt die Zeit genommen, an den Admin zu schreiben, ein konkreter Ansprechpartner wird ja leider auch nicht genannt. Achtung, der Text ist ein wenig ausgeufert und lange geraten.

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    Hallo Admin(?) und Team,

    das Thema Pitches und Ausschreibungen ist in der Werbe- und Designbranche eine Kontroverse und oft werden Äpfel und Birnen miteinander verglichen. Grundsätzlich sind wir in manchen Fällen bereit zu pitchen. Jedoch macht das frühzeitige Kommunizieren von Ideen, Konzepten und Visualisierungen unternehmerisch natürlich nur dann Sinn, wenn es sich um einen vergüteten Pitch handelt oder die zukünftige Zusammenarbeit entsprechend attraktiv ist. Und es sollten möglichst die meisten unserer Pitch-Regeln erfüllen (siehe unten).

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    Ihre Ausschreibung möchte jedoch soviel Ideen wie möglich zu so wenig Mehrwert oder Vergütung wie nötig. Und dann uneingeschränkt alle Nutzungsrechte und die offenen Arbeitsdateien noch oben drauf. Gieriger kann Verhalten nicht sein, geringer kann Wertschätzung nicht ausdrücken werden. Aber wahrscheinlich fühlen sie sich ganz trendy und dynamisch dabei und verwechseln eine Ausschreibung mit Crowdfounding oder Portalen wie 99designs, Designelassen oder fiverr.

    Gehen sie doch heute Abend mit dem Team gut essen, jeder bestellt was er möchte und gleich noch ein, zwei Hauptgerichte mehr zur Auswahl, sieht ja alles so toll aus und wird von Profis gekocht. Alle essen sich satt, jeder nimmt sich vom anderen noch, was ihm gefällt, insgesamt so ungefähr 50 Portionen. Aber bezahlt wird nur eine Speise? Zechprellerei nennt man dies dann oder noch eindeutiger: Betrug! Erschleichen von Vorteilen! Täuschung! Bestellung ohne Bezahlungsabsichten!

    Und dann soll der Koch bitte ihnen noch die Küchengeräte, Arbeitsutensilien, Zutaten und Gewürze und natürlich die Rezepte übergeben, damit ein Mediengestalter oder eine Sachbearbeiterin später noch versuchen können, dies nachzukochen oder aus den Rezepten anderer teilnehmender Köche eine wirren Brei zu kreieren.

    Zum Glück haben wir trotz der Corona-Krise noch genügend Aufträge und Kunden, um nicht auf solche Ausschreibung angewiesen zu sein. Und genug Qualifikation und Berufserfahrung, um Kunden von dem Wert unserer Arbeit zu überzeugen und diese auch vergütet zu bekommen.

    Das wird aber momentan nicht allen Kreativen und Agenturen gelingen. Und noch weis auch keiner, wie schwer die wahrscheinliche Finanzkrise oder Inflation werden wird. Und gerade die Kreativbranche mit ihren vielen Solo-Selbständigen und Freelancer ist jetzt bereits hart davon getroffen. Hoffentlich lassen sich trotzdem nur wenige davon blenden, bei Ihrer unseriösen Ausschreibung mitzuwirken.

    Grundsätzlich hat ihre Stiftung bestimmt hohe und unterstützenwerte Ziele, sich gegen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen einzusetzen. Aber gerade dann sollte man sensibel für Themen wie Gerechtigkeit, Wertschätzung und Humanität sein. Erst recht in diesen Zeiten.

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    UNSERE PITCHREGELN

    Kennen wir dich, Mitarbeiter oder das Unternehmen bereits? Falls nicht, stelle dich bitte entsprechend vor.

    Hat das Unternehmen bei Agenturen und Dienstleistern einen guten Ruf? Kannst Du uns Referenzen nennen?

    Kennst Du unsere Arbeitsweise, unseren Stil, unseren Anspruch? Unter Spektrum, Projekte, Kunden und Team kannst Du dich informieren.

    Sind höchstens vier Agenturen im endgültigen Pitch? Darüber hinaus ist es zu unübersichtlich und ohne Fokus.

    Ist der Ablauf und Prozess des Pitches im Unternehmen, bei den Verantwortlichen und den Agenturen geklärt? Weiss jeder, was wer wann wie entscheidet und was die Kriterien sind?

    Gibt es die Möglichkeit vor dem Pitch im Unternehmen einen Eindruck zu bekommen und über die Schultern zu schauen? Nichts geht über eine persönliche Erfahrung.

    Ist das Briefing professionell und von hoher Qualität? Eindeutig, zielgerichtet, missverständnisfrei und vor allem ohne Marketing-Geblubber, Buzzwords und Superlative.

    Ist sichergestellt, das auch die Ebene über den Ansprechpartner das Briefing kennt und trägt? Ansonsten wird es ein böses Erwachen auf der Entscheidungsebene.

    Ist die Bestandsagentur auch noch im Rennen? Vielleicht ist es ja nur ein Alibi-Pitch und die Haus- und Hofagentur soll es eh gewinnen.

    Lohnt sich die Beteiligung an dem Pitch? Sind die folgenden Projekte und das entsprechende Honorar attraktiv?

    Haben wir genügend Ressourcen und Zeit, den Pitch nach unseren Ansprüchen vorzubereiten? Wir müssen früh genug planen und vorarbeiten können.

    Ist ein Pitch-Honorar oder eine Pitchvergütung ausgelobt? Das ist ein Indiz für Wertschätzung und Anerkennung der Arbeit.

    Müssen andere Projekte durch den Pitch pausiert oder verschoben werden? Unsere bestehenden Kunden sollen möglichst nicht darunter leiden.

    Haben wir Lust und Muse auf den Pitch? Wenn wir dafür brennen, macht das vieles einfacher.

    Frei nach Mirko Kaminski.

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    LESENSWERTE ARTIKEL ZUM THEMA PITCH

    Brand Eins. Pitch dich selbst! “” Wer kreativ arbeitet, gilt in den Augen vieler Auftraggeber als ehrenamtlicher Helfer. Für den Agenturchef Nicolai Goschin ist jetzt Zahltag. https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2017/umsonst/pitch-dich-selbst

    Designtagebuch. Debatte über unbezahlte Pitches “” Wenn Agenturen Leistungen in Höhe von 400.000 € erbringen und leer ausgehen. Achim Schaffrinna. https://www.designtagebuch.de/debatte-ueber-unbezahlte-pitches-wenn-agenturen-leistungen-in-hoehe-von-400-000-e-erbringen-und-leer-ausgehen/

    Horizont.net. 4 Regeln für gute Pitches und 3 für schlechte “” Wenn Unternehmen zum Pitch bitten, dann löst das bei Agentur-Managern oft ein mulmiges Gefühl aus. Denn bei Pitches steht der Aufwand für die Agenturen oft in keinem vernünftigen Verhältnis zum Ertrag. Andreas Gruhl. https://www.horizont.net/agenturen/kommentare/Agentur-Auswahl-4-Regeln-fuer-gute-Pitches—und-3-fuer-schlechte-159423

    Pitchblog. Per Auktion zur Agenturauswahl “” Zugegeben, es klingt ein wenig ketzerisch, aber könnte es eigentlich sein, dass sich in Zukunft keine namhaften Agenturen mehr finden lassen, die für große Unternehmen arbeiten möchten? Matthias Heft. https://pitchblog.de/

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    Für Rückfragen und Kommunikation zu diesem Thema bin ich offen und würde mich über eine Antwort, Diskussion oder Stellungnahme freuen.

    Viele liebe Grüße aus Hamburg an der Elbe

    LARS HOLZMANN
    Creative Director

  4. Ein Mini-CD-Guide (Farben, Schriften, Bilder, Bilder / Farbwelt) sowie eine erste Startseite der Internetseite und der Twitterseite der IANP ist mit der Angebotsabgabe einzureichen (in englischer Sprache).

    Was die Anfertigung eines Guides jetzt schon soll, und so etwas per Definitionem zu “Angebotsunterlagen” gehören soll, erschließt sich wohl keinem ernsthaft denkenden Agentur-Bieter.

    Dass man dafür als Bieter mit einem kompletten Team 3 Wochen brauchen wird, halte ich jedoch ebenfalls für unwahrscheinlich. Da es eh kein Geld dafür gibt, wird das kein ernsthaft kalkulierender Agentur-Chef tun.

    Es ist jedoch ärgerlich insofern, als man als potenzieller Bieter beim Lesen den Eindruck gewinnen kann, sie trauten einer Corporate und Branding Agentur nicht zu, einen Guide/ein Manual oder einen Mini-Guide über Kreativ-/Brandingarbeiten zu verfassen. Da fasst man sich schon langsam an den Kopf.

    Für die Erstellung der Angebotsunterlagen wird keine Vergütung gewährt.

    Ein Knaller, ein Heft, dem eine Folge von einander aufbauenden Kreativ-Arbeiten zugrunde liegt, zu den “Angebotsunterlagen” zu zählen. Spitz-Bleistift-Juristen haben halt auch eine kreative Ader.

    Nicht bieten ist wohl das Mindeste bei offensichtlichen Definitions-Tricks.
    Wenn man schon seine Zeit verplempert hat, die Ausschreibung sorgfältig zu lesen und seine Schlüsse daraus zu ziehen.

    Pegnitzflimmern

    Auf Seite 1 der Ausschreibung:

    insoweit soll Bewährtes, vor allem das Logo, erhalten bleiben

    Aua. Eigentlich sollte man ab das Lesen der Ausschreibung beenden. Das derzeitige Logo ist (technisch) viel zu fein/dünn. Optisch oszilliert (flimmert) es bereits bei 1:1 Darstellung.

  5. Dass man dafür als Bieter mit einem kompletten Team 3 Wochen brauchen wird, halte ich jedoch ebenfalls für unwahrscheinlich.

    Was den Aufwand für die Erstellung der im Rahmen der Ausschreibung angeforderten Leistungen betrifft, gehe ich davon aus, so lautet der Artikeltext, dass „ein dreiköpfiges Team eine ganze Woche lang beschäftigt ist, mindestens.“ Für einen Ein-Mann-Betrieb erhöht sich der zeitliche Aufwand dementsprechend auf 3 Wochen. Dies ist freilich nur eine Schätzung.

    1. Achim, ich meinte – im Kontext – in die Richtung, dass keiner diese Zeit brauchen wollen wird.
      Und Wege suchen wird, um den Aufwand abzukürzen. Kurz: Schnellschuss statt Sorgfalt, da nicht einmal Peanuts dafür.

  6. Klingt für mich, als stünde vorab schon eine befreundete Agentur fest, die den Etat bekommen wird – der Wettbewerb wird dann absichtlich so mies gestaltet um faire transparenz zu heucheln.

  7. Leider sind solche Ausschreibung alle andere aus eine Ausnahme. Auch wir haben uns vor einigen durch aktuell freie Ressourcen und “Blauäugigkeit” zu einer Teilnahme einer ähnlichen Ausschreibung hinreißen lassen.

    Eine Forschungseinrichtung benötigt ein neues Corporate Design. Neben einer Preisliste wurden u.a. Bildkonzept, Farbgestaltung, Satz & Typografie, Infografiken, Textsorten oder Seitengestaltungen angefordert. Eine Vergütung wurde dafür nicht geboten. Nun ja, wir haben trotz leuchtender Alarmglocken mitgemacht.

    Die eigentliche Frechheit kam jedoch erst im Prozess:
    Zwei Tage vor Abgabe wurde die Laufzeit verlängert, da die Preisliste vom Auftraggeber aktualisiert werden sollte. Nach der finalen Abgabe passierte lange nichts. 6 Wochen nach Abgabe kam dann der Hammer: Die Ausschreibung wurde aufgehoben. Nach mehrfacher Rückfrage war die Begründung, dass die Angebote auf Basis der Preisliste nicht aussagekräftig waren. Der Prozess wird jetzt neu aufgerollt.

    Wir haben ca. 5-6 Arbeitstage in den Pitch investiert und ich möchte nicht wissen, wie viele weitere Agenturen es ähnlich getan haben. Eine Absage wegen besserer Wettbewerber zu bekommen ist das Eine, etwas Vergleichbares habe ich noch nicht erlebt.

    Was wir daraus gelernt haben? Unsere eigenen Pitch-Regeln, die wir einmal entwickelt haben, werden wir überdenken, erweitern (danke auch für den Input, Lars) und uns strikt daran halten. Bei Zweifeln: Brust raus, selbstbewusst absagen und auf die wirklichen Chancen konzentrieren. Qualität vor Quantität.

    Danke Achim für diesen wertvollen Beitrag und allen für die Diskussion!

  8. Enter James Franco Meme here: “First time?!”

    Haha, Scheiß doch drauf? Ist halt nen Pitch wie bei vielen anderen großen Ausschreibungen auch. Wenn man noch Erfahrung oder Prestige sammeln möchte ist das ne gute Chance aber wenn man bereits seit Jahren professionell dabei ist und Tagessätze im oberen 3-stelligen Bereich abrufen kann, hält man sich von solch Ausschreibungen und Kunden einfach fern, die offensichtlich den Mehrwert einer Design/Digital Leistung (noch) nicht verstehen. Die werden schon wissen was für Partner die haben wollen und spätestens nach Relaunch wird man die Qualität dementsprechend sehen wenn die schon eine Full Service Agentur suchen.

    Einen Beitrag zu solchen Themen zu erstellen um so einen Shitstorm zu provozieren und bei der Community dafür Bestätigung zu suchen, davon würde ich aber auch generell abraten. Das wirkt in meinen Augen unprofessionell und kindisch. Sachlicher und besser wäre hier vielleicht das Beispiel einer guten Ausschreibung als Referenz. Denn nicht immer ist nur die Vergütung das wichtigste ;) Cheers

    1. Eine solche „Scheiß drauf“-Attitüde, wie sie im Kommentar zum Ausdruck gebracht wird, ist im Kontext Ethik, Arbeit, faire Vergütung und Urheberrecht völlig deplatziert. Wäre das Thema nicht so ernst, könnte man über den Kommentar schmunzeln.

      Sachlicher und besser wäre hier vielleicht das Beispiel einer guten Ausschreibung als Referenz.

      Im Artikel wird ausdrücklich auf die Ausschreibung rund um die Stadtmarke Bochum hingewiesen, da diese als vorbildhaft angesehen werden kann. Aber wozu auch Artikeltexte lesen.

  9. Wir nehmen seit 14 Jahren nicht mehr an Pitches teil, da jeder Pitch einen wirtschaftlichen Schaden hinterläßt. Dieser entsteht, wenn Teilnehmer abgelehnt werden. Als Beispiel hat eine Tourismusorganisation in Nordniedersachsen 100 Grafiker für einen Pitch angeschrieben. Wenn jeder einen Aufwand von 1000 Euro hatte, entsteht ein Schaden von 100.000 Euro.
    Außerdem kann das Urheberrecht nach der Unterzeichnung dieser Knebelverträgen zurückgeholt werden. Urteile gibt es genug.
    Also lieber weniger und gute Kunden, als Kunden die einen im Vorfeld schon anscheissen wollen.

  10. … Unmut auch öffentlich kundzutun und/oder die für die Ausschreibung verantwortliche Stelle zu kontaktieren.

    Frage: Hat schon wer diese Stelle angeschrieben oder Kontakt aufgenommen?

    Achim, hast du als journalistischer Profiblogger?

    Mich hätte auch eine Stellungnahme der Stiftung interessiert.

    1. In diesem Fall habe ich mich bewusst dafür entschieden, zunächst keine Mail an die ausschreibende Stelle zu senden. Ich halte es für wichtiger und wirkungsstärker, dass sich potentielle Teilnehmer mit ihrer Kritik an die Verantwortlichen wenden, daher auch der Aufruf. Eine Reaktion seitens der Stiftung könnte interessant sein, entscheidend ist aber doch, dass sich am System und der Vergabepraxis etwas ändern muss.

    2. Hallo Moritz. Wie oben kommentiert, hatte ich die Stiftung gestern angescrieben und auch um eine Antwort gebeten. Mal sehen, ob da noch etwas kommt, bisher habe ich noch nichts erhalten, ist aber ja auch noch zu kurzfristig.

      1. Lars, du hast an den Admin geschrieben.

        Vielleicht sind das die richtigeren Ansprechpartner?
        In Über uns -> Team stehen Direktor/in und stellvertretende/r Direktor/in

      2. Hallo Moritz, das stimmt, denn die E-Mail-Adresse des “Admin” ist bei der Ausschreibung als Kontakt für Fragen angegeben.

        Fragen können schriftlich per E-Mail an admin@nurembergacademy.org bis einschließlich 20.07.2020 gestellt werden. Antworten erhalten die Fragenstellenden gesammelt bis 23.07.2020. Eine zweite Fragerunde ist nicht vorgesehen.

        https://www.nurembergacademy.org/fileadmin/media/pdf/job_offers/2020/2020-07-15_Ausschreibung_Dienstleistungen_Corporate-Design_Internetseite_Social-Media_IANP_2020.pdf

        Auch das finde ich wie erwähnt bereits wenig transparent und verrauenserwecken. Allerdings wollte ich jetzt auch nicht gleich auf die Hierarchie der Direktoren eskalieren. Das kann ja als nächstes kommen, falls ich dazu keine Stellungnahme erhalte.

Kommentare sind geschlossen.

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