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„Weltoffenes Sachsen“ – Zeichen setzen, um die Demokratie im Land zu stärken

Das sächsische Landesprogramm „Weltoffenes Sachsen – für Demokratie und Toleranz (WOS)“ gibt es seit 2005. Ins Leben gerufen wurde es, um Vereine und Initiativen bei der Bekämpfung von Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu unterstützen. Im Zuge der kürzlich erfolgten Novellierung des Landesprogramms wurde ein neuer Webauftritt sowie ein neues Logo vorgestellt. Ein Zeichen, das verdeutlicht, wie politisch Kommunikationsdesign ist.

„Demokratie und Wertevermittlung sind gerade für Sachsen besonders wichtig“, wie Petra Köpping, Sächsische Staatsministerin für Gleichstellung und Integration, in einem kurzen Video auf der vor wenigen Tagen gelaunchten Website weltoffenes.sachsen.de betont. Angesichts der Vielzahl von Verbrechen gegenüber Flüchtlingen insbesondere in Sachsen, erscheint das Programm bitter nötig. In keinem anderen Bundesland fanden im Einwanderungskrisenjahr 2015 so viele Angriffe auf Flüchtlingsheime statt wie in Sachsen. Anschaulich dargestellt wird dies etwa in dem Webspecial von ZEIT-ONLINE „Es brennt in Deutschland“ (siehe Abb. unten).

Karte: Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte, Quelle: Zeit.de

Das aktive Eintreten für freiheitliche Werte, das zeigen auch die jüngsten Entwicklungen in den USA und der Türkei, wo Journalisten ausgesperrt beziehungsweise eingesperrt, wo anders Denkende und anders Gläubige verhöhnt und zum Teil verfolgt werden, ist wichtiger denn je. Die rund vier Millionen Euro, die jährlich im Rahmen des Landesprogramms zur Verfügung stehen, erscheinen im Hinblick auf die Herausforderungen geradezu läppisch. Wer sich hierbei einzig auf die Politik stützt, verkennt freilich, dass Integration eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist.

Sachsen und weltoffen? Die schlimmen Ereignisse der vergangenen Monate haben dem Land einen schweren Image-Schaden zugefügt. Das neue Logo, das mit Hilfe bunter Punkte den Umriss Sachsens beschreibt und dabei eine Art Vogel entstehen lässt, könnte man als Wunschdenken einiger Politiker abtun. Das wäre allerdings ein Fehler. Denn zur Realität gehören nicht nur jene Menschen, die sich hinter Parolen und Forderungen vereinen, die als rassistisch, fremdenfeindlich, intolerant und undemokratisch bezeichnet werden können, sondern auch diejenigen, die sich im Rahmen des „WOS“-Programms für die Integration und für das Miteinander von Menschen engagieren, ohne jedoch dabei von den Medien gefilmt oder interviewt zu werden. Zur Realität gehört auch, dass drei Viertel der Deutschen Deutschland als ein weltoffenes und tolerantes Land ansehen, so die Zahlen, die im Rahmen des „Glücksatlas 2016“ veröffentlicht wurden. Dass Deutschland heutzutage von den Menschen in der Welt als ein „sicherer Hafen“ angesehen wird, ist ein großes Glück für alle die wir hier leben.

Um das negative Meinungsbild, das nicht wenige Menschen derzeit von Sachsen haben dürften, zu ändern, müssen in der Tat Zeichen gesetzt werden. Logos beschreiben, und das gilt für Marken, Unternehmen wie auch für derlei Landesprogramme, nicht nur den Ist-Zustand, sondern sie skizzieren stets auch wie man gerne wahrgenommen werden möchte: dynamisch, sportlich, groß, stark, attraktiv, begehrenswert, zuverlässig, ehrlich, kreativ, gesund, schmackhaft, fürsorglich, tolerant … weltoffen. Ein Versprechen. Mehr nicht, aber auch nicht weniger. Gerade im Kontext von Staat und Politik braucht man alle Sinne beieinander, um derlei über Kommunikationsdesign kommunizierte Versprechen richtig einordnen zu können. Denn der Grat zwischen Versprechen beziehungsweise Übertreibung und Lüge ist schmal, wie etwa der Vogel der Freiheit der PVV oder das grüngewaschene BP-Logo verdeutlichen.

Dem „bunten Vogel“ Sachsens wünsche ich starke Schwingen, auf dass er seine Botschaft möglichst weit tragen kann.

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Dieser Beitrag hat 30 Kommentare

  1. Mir tut es einfach nur in den Augen weh diese vielen bunten Punkte … und wie violator wäre ich auch niemals auf einen Vogel gekommen …

  2. Müssen wir darin einen Vogel sehen, wenn es doch die Landesgrenzen von Sachsen darstellt? Für mich reicht das auch. Mir gefällt das Logo. Hätten Sie einen Vogel gewollt, hätten Sie einen gestaltet. Die Schrift der Domainzeile ist allerdings sehr schlecht lesbar.

    1. Ich hab nur den Vogel im Logo gesehen und erst im Text gelesen, dass es auch die Landesgrenzen sind. Im Gegensatz zu Deutschland oder Europa sieht man die Landesgrenzen eher selten, vor allem, wenn man nicht selbst im entsprechenden Bundesland wohnt.

  3. Den guten Wünschen für das Projekt schliesse ich mich dich gerne an.

    Allerdings störe ich mich ein wenig am Namen des Ganzen: „Weltoffenes Sachsen“? Was soll das bedeuten? Ist das eine Zielvorstellung? Weil eine Zustandsbeschreibung kann es ja nicht sein, das dürfte sowohl der Wahrnehmung, wie auch der tatsächlichen Stimmung im Land deutlich widersprechen.

    Ein Problem entsteht dann, wenn dieses Kommunikationsmittel (der Name/Claim) in so eklatanten Widerspruch mit der Wahrnehmung und auch der Einstellung vieler Menschen steht. Freilich ist es legitim und wohl auch richtig, dass das Programm für seine Ziele eintritt und auch den Namen entsprechend wählt – allerdings bleibt bei mir als Nicht-Sachsen nur ein sehr bitteres Lachen wenn ich„weltoffenes Sachsen“ lese. Mit diesem Paradox im Namen diskreditiert sich das Programm in meinen Augen schon im Vorfeld.

    Vielleicht wäre dem Ganzen schon geholfen, wenn man das „S“ am Ende des ersten Wortes weggelassen hätte?

    1. Ich halte den Namen für einen Anreiz auf eine neue Sichtweise, sowohl innerhalb Sachsens als auch nach außen.
      Ich bin der Meinung, das das Programm damit nicht nur Engagement gegen Rechtsextremismus fördert, sondern sowohl diese rechtsextremen Sachsen als auch Bewohner anderer Bundesländer darauf aufmerksam machen soll, dass es natürlich auch in Sachsen “weltoffene” Menschen gibt.
      Allein dass Sie den Name für einen “so eklatanten Widerspruch” halten, macht die Notwendigkeit des Programms in dieser Form bewusst.

      1. Die dringende Notwendigkeit des programms halte ich ebenfalls für gegeben und, wie erwähnt, wünsche dem projekt von herzen erfolg!
        Vielleicht haben sie ja recht und der Name ist gerade gut weil er mit Erlerntem bricht und manche (wie ich) stoplern und nicht darüber hinweg lesen…

      1. Ich kann Jürgen und Phil insoweit nachvollziehen, als “weltoffene Sachsen” auch für mich tatsächlich weniger paradox erscheint.
        Warum? Weil Sachsen, also “das” Sachsen als Ganzes, von außen _gefühlt_ alles andere als weltoffen ist. Durch die Vorfälle in jüngster Zeit und die durchgehend negative Berichterstattung über Sachsen festigt sich m. E. das Gefühl, dass, wie von Jürgen geschrieben, ein Paradoxon im Namen des Programms entsteht.
        Durch das Weglassen des “S” bezieht man sich deutlich stärker auf eine Untermenge aller Sachsen, nämlich die weltoffenen. Dadurch wirkt die Aussage _gefühlt_ glaubwürdiger.

        Da es sich hier aber um ein ganzheitliches Landesprogramm handelt, wäre es wohl inhaltlich unpassend.

        Sicher ist ohnehin, dass auch in Sachsen nicht ausschließlich wilde Nazihorden herumrandalieren, auch wenn man es medial anders wahrnehmen mag. Von daher ist der Name des Programms (zumal seit 2005 existent) schon recht so.

        Zum Logo selbst: Die vielen bunten Punkte hätte ich auch nicht zu einem Vogel zusammengesetzt, die Umrisse Sachsen reichen mir allerdings auch als Nicht-Sachse vollkommen aus. Als Zeichen ok, die Schriftart der Domain ist aber ein Graus, der sich leider auf der höchst unattraktiven Website selbst widerspiegelt. Dort sind die Punkte des Logos auch mehr liebloser Lückenfüller als indentitätsstiftendes Zeichen.

        1. Sehr schöner Änderungsvorschlag. “Weltoffene Sachsen” find ich nicht nur inhaltlich interessanter, es ist insgesamt irgendwie auch charmanter.

        2. “Weltoffene Sachsen” würde zwar einerseits den Blick auf all jene lenken, die sich durchaus gegen Rechtsextremismus einsetzen, andererseits würde es aber nicht dem Anspruch genügen, den Blickwinkel auf das Bundesland selbst zu ändern. Zumindest in der Theorie weiß jeder, dass es “weltoffene” Sachsen gibt. Dennoch ist Sachsen aber als “rechtes”, “braunes” oder “dunkles” Bundesland bekannt… Und genau das soll doch geändert werden.

  4. In der Fantasie geht ja bekanntlich alles. Allerdings finde ich braucht es hier schon die Fantasie eines Kindergartenkindes um wirklich einen Vogel zu erkennen. Ich gehe mal davon aus das die bunten Farben die Vielfalt im Zusammenhang mit dem Projekt zeigen soll. Wirkt auf mich leider auf den ersten Blick nur wie Konfetti. ( Wobei ich Konfetti nicht abschreiben möchte das es Vielfältig ist).

  5. Als Karneval Logo ganz schick aber so eher Augenkrebs. Ziemlich anstrengend drauf zu schauen…..

  6. Zur Erkennbarkeit: Ohne gelesen zu haben, was es darstellen soll, habe ich nach kurzer Überlegung vermutet, dass es der sächsische Grenzverlauf sein soll. Musste es aber zuerst auf einer Karte überprüfen, das kam so in etwa hin. ;-) Den Vogel habe ich nicht von alleine erkannt.

    Zum Stil: Die kunterbunte Farbpalette ist sicherlich nicht jedermanns Geschmack und der Begriff “Kindergarten” oder “Fasching” fällt hier sicher des Öfteren und das muss sich die Kampagne wohl auch gefallen lassen. Zumindest wirkt es recht fröhlich.

    Zur Darstellung: Im Größenvergleich finde ich die Punkte reichlich zu groß gesetzt neben der Schrift und erst recht neben der sehr unleserlichen Domain. Vielleicht würden die Konturen der Grenze oder des Vogels bei kleinerer Darstellung der Bildmarke deutlicher zu erkennen sein.

    Wollen wir hoffen, dass es – gleich wie das Design aussehen mag – einen positiven Effekt auf Sachsen haben wird. Sollten die Zahlen so krass bestehen bleiben, wirkt die Aktion nämlich schnell unglaubwürdig.

  7. Schwierig, allein mit einem knallbunten Logo einen Imagewechsel um 180° zu versuchen.
    Da will man schwer hoffen, dass diese neuen Projekte auf https://www.weltoffenes.sachsen.de/alle-projekte.html mit Leben gefüllt werden können.

    Das Logo schwebt halt mit seinen angreifbaren Wortschöpfungen in Deutungs-Hoheitsgebieten, Mediendiskussionen, politischen Diskussionen und Wahrnehmungsverschiebungen von Begrifflichkeiten

    Kasus Knacktus 1:
    Die Konnotation “bunt”, die mit dem Konfetti-Logo angstrebt wird, und die von den Berlingrünen angestrebt wird, ist mittlerweile auch in Bundesländern, die deutlich weniger von Übergriffen gezeichnet sind, angezählt. Man will zwar liberal sein und freiheitlich, “bunt” jedoch würde als Werbeargument z.B. in Bayern gar nicht gehen. Und nicht nur wegen der lodendackeligen CSU dort und der Obegrenze-Seehoferei, sondern weil auch liberale Kräfte inzwischen kritisch anmerken müssen, dass es Einwanderer gibt, die sich bewusst nicht einfügen wollen. Ende von “bunt” als naiver Bullerbü-Idee.

    Kasus Knacktus 2:
    Weltoffenes Sachsen, das scheint den Mund etwas zu voll genommen zu sein. Kann nach hinten losgehen.

    Aber vielleicht funktioniert dieser überzeichnete Schönsprech auch.

    Wenn auch nur im Sinne einer textlich impliziten Warnung darin an die sich etwas “weltferner” gerierenden sächsischen Bürger: “Seid ja weltoffen, denn wenn ihr weiter gegen Ausländer und Flüchtlinge seid wegen eurer Arbeitsplätze, dann wird es nix mit der weltoffenen Wirtschaft und Export hier. Das wollt ihr doch auch nicht, Arbeitsplätze vernichten.”
    O.k., das war böse.

  8. Als gebürtiger Sachse und Sorbe (quasi doppelt randgruppiert) erkannte ich natürlich sofort die Umrisse des Freistaates – den Vogel kann man mit gutem Willen hineininterpretieren, könnte auch ein Kleiderbügel sein. Dass das Logo “Augenkrebs” verursacht (oder anstrengend zu betrachten sei) finde ich gar nicht so falsch, schließlich ist die ganze Thematik ernst und kompliziert – ein zu gefälliges Wohlfühldesign wäre vielleicht fehl am Platze.
    Offtopic: Sachsen sind Meckerer, viele (in den abgelegeneren Gegenden) ignorieren ihren gewonnenen Wohlstand der letzten 27 Jahre, aber trauern den alten und übersichtlichen Zeiten nach – der funktionierenden Dorfgemeinschaft, den durchsichtigeren politischen Verhältnissen und natürlich ihrer Jugend. Die meisten Pegida-Leute sind 45 plus, Leute ohne Fremdsprachenkentnisse, ohne Auslandserfahrung, ohne Kontakte in die Welt – klar haben diese Angst vor dem da draußen. Die nachfolgende Generation jedoch studiert im Ausland, hat via Facebook und real Freunde in der ganzen Welt – diesbezüglich bin ich optimistisch. Die Frage ist nur, bleiben diese Leute dann in Sachsen, oder ziehen sie der Arbeit nach und überlassen ihre Heimat den 5-10 % Idioten, die es überall auf der Welt gibt.

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