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We ❤️ NYC

WE LOVE NYC Logo, Quelle: New York City Partnership Foundation
WE LOVE NYC Logo, Quelle: New York City Partnership Foundation

Mit der kürzlich lancierten Kampagne „We ❤️ NYC“ sollen New Yorker dazu animiert werden, ihre Liebe für die Stadt zum Ausdruck zu bringen. Die Menschen werden dazu animiert zu zeigen, was ihrer Meinung nach New York großartig macht. Auf viel Gegenliebe stößt die Kampagne bislang allerdings nicht, was wohl auch einem Missverständnis geschuldet ist.

Auf den Weg gebracht wurde die Kampagne, die auf dem berühmten von Milton Glaser geschaffenen Markenlogo/-claim „I ❤️ NY“ aufsetzt, vom staatlichen Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung. Eine durch Behörden initiierte Kampagne hat es doppelt schwer positive Resonanz zu erzeugen. Zumal in diesem Fall leicht der Eindruck entstehen kann, ein seit Jahrzehnten von den New Yorkern geliebtes und weltweit bekanntes Markenlogo werde dieser Kampagne zum Opfer fallen, nämlich das Mitte der 1970er-Jahre von Milton Glaser entworfene „I ❤️ NY“.

WE LOVE NYC Logo Animation, Quelle: New York City Partnership Foundation
WE LOVE NYC Logo Animation, Quelle: New York City Partnership Foundation

In den Medien, selbst in der New York Times, werden Artikel veröffentlicht, in denen New Yorker zu Wort kommen, die das neue Logo hassen, es schrecklich oder zumindest blöd finden. Auch in deutschen Medien liest man, die Kampagne sei „unwürdig und anmaßend“.

Dabei handelt es sich bei „We ❤️ NYC“ nicht etwa, wie beispielsweise die PAGE berichtet, um ein Rebranding, sondern vielmehr um eine eigenständige, neu konzipierte Kampagne. Eine Kampagne mit einem, bezogen auf die sprachlich-visuelle Ebene, historischem Vorbild. Der ursprünglich als Tourismusmarke gedachte „I ❤️ NY“ Schriftzug (iloveny.com) bleibt unangetastet und wird auch zukünftig verwendet.

Die Initiatoren wollen also nicht die allseits geliebte „I ❤️ NY“-Marke verdrängen, sondern vielmehr über die Werbung einen Impuls setzen, um die „Negativität der Pandemie-Ära zu durchbrechen“, so die offizielle Erklärung. Eine Kampagne, mit der „die Energie und der Geist der Stadt“ frei gelegt werden solle, um Menschen dazu zu bewegen, sich für eine „positive Veränderung in ihrer Gemeinde einzusetzen“. Eine konzeptionell ähnlich angelegte Social-Marketing-Kampagne, mit der positives Denken in der Gesellschaft angeregt werden soll, war die 2005 von der damaligen Bundesregierung initiierten „Du bist Deutschland“-Kampagne. Auch sie wurde damals von den Medien durchweg negativ kritisiert. Eine ernst gemeinte Frage: Gab es jemals eine Kampagne, die von einer Regierung oder eine ihr unterstellten Behörde initiiert wurde, die NICHT in den Medien oder von der Bervölkerung mehrheitlich negativ kritisiert wurde?

Die erfolgte Umdeutung und inhaltliche Neubesetzung des Herz-Themas ist geschickt, vor allem passt sie zur Stadt. Wie wohl keine andere Metropole steht New York und die dortige Hip-Hop-Kultur der 1980er-Jahre für das Sampling, für die Neuverarbeitung konservierter Komponenten. In der „We ❤️ NYC“-Kampagne greift das gleiche Prinzip: aus bestehenden Elementen und Versatzstücken wurde etwas Neues geschaffen, mit einer anderen Klangfarbe. Eine Kampagne, die in die heutige Zeit passt. Nicht das Individuum und dessen Sichtwelt wird zelebriert („Ich liebe es“, McDonald’s), sondern die Gemeinschaft wird hervorgehoben. Die Kampagne impliziert gesellschaftliche Verantwortung. Nicht ich, sondern wir.

Zu Zeiten Glasers war ein Herz als Absender einer Marke freilich ein originärer Ansatz. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich das Herz zu einem blutleeren Zeichen entwickelt, ideenlos, inhaltslos, generisch. Laut Brandwatch war das „Red Heart“ im Jahr 2022 das drittmeistverwendete Emoji weltweit. Ungeachtet dessen schmücken sich in der ganzen Welt Marken mit dieser Symbolik, in der Hoffnung auf diese Weise Kunden und Konsumenten zu binden. Identität lässt sich auf diese Weise allerdings immer weniger transportieren.

Ob sich mit „We ❤️ NYC“ die intendierten Ziele erreichen lassen, wird sich noch zeigen. Mir scheint die Empörung allenthalben übertrieben. Wenn man sich schon über die von öffentlicher Hand im Kontext Design/Werbung gesteuerten Maßnahmen aufregen möchte, dann nicht über ein aufgepumpt wirkendes rotes Herz jenseits des Atlantiks. Wirklich anmaßend und unwürdig, überdies übergriffig, respektlos und noch mehr, ist die im Rahmen von Ausschreibungen hierzulande durch die öffentliche Hand betriebene Ausbeutung. 💔

Mediengalerie

Weiterführende Links

  • Governor & Mayor Join Business, Labor & Community Leaders to Launch Campaign to Inspire Optimism and Civic Action (welovenyc.nyc)

Dieser Beitrag hat 8 Kommentare

  1. Es passt zumindest in die heutige Zeit, für alle Logos langweilige Grotesk-Schriftarten ohne interessante Details zu verwenden.
    Das I❤️NY steht für mich trotz Emoji-Konkurrenz immer noch einzigartig da.

  2. Ich wusste gar nicht, dass das I-LOVE-NY-Logo für den gesamten Bundesstaat steht, das fand ich beim Besuch der Website ziemlich überraschend. Oder hat sich das erst so entwickelt? Man verbindet das doch sofort mit der Stadt, fast genau so ikonisch wie das Empire State Building, die gelben Taxis und die U-Bahn.

    Aber da haben wir ja dann auch gleich schon eine klare Abgrenzung zu diesem Logo, das sich ja explizit nur auf NYC bezieht. Die Idee, das bekannte Logo dafür abzuwandeln, ist doch recht charmant. Jeder erkennt sofort den Bezug und auch die Betonung des Zusammenhalts durch ‘We’ statt ‘I’ ist klar verständlich. Schade nur, dass die Umsetzung eher lieblos wirkt. So wirkliche Emotionalität will da nicht aufkommen.

  3. Dass “We <3 NY" eben kein Rebranding ist, sondern parallel läuft und das "I <3 NY" weiter bestehen bleibt macht das ganze nochmal schlechter imho.
    Eine bekannte Marke wird für eine Kampagne "missbraucht", die aber genau gleich scheint (nur eben in modern). Das ist einfach Faul. Hier hätte man mit etwas wirklich neuem auch besser punkten können.

  4. Es gibt sicherlich keine Kampagne ohne Kritiker. Dabei ist es vermutlich egal, ob öffentlich oder privatwirtschaftlich initiiert. Die “alles außer Hochdeutsch”-Kampagne würde ich vielleicht als überwiegend positiv rezipiert und erfolgreich bewerten.

    Meine persönliche Meinung ist, dass Authentizität bei derartigen Kampagnen entscheidend ist. Das kollidiert mitunter mit der Bemühung von Politikern, Ämtern oder Behörden den Kampagnengegenstand in einer ihren Vorstellungen entsprechenden Lesart zu kommunizieren.

    1. „Missbraucht“ ist ein hartes Wort. Ist in dieser Argumentationslinie letztlich nicht jede Wiederverwendung, Neuinterpretation, jede Art von Sampling und MashUp eine „missbräuchliche“ Verwendung? Und ist dann nicht auch die Verwendung eines Zeichens, welches im Allgemeinen Liebe symbolisiert, im Kontext Marketing eine missbräuchliche Verwendung, da hier ja offenkundig nicht die Liebe zwischen (zwei) Menschen verbildlicht wird?

  5. Wenn es die alte Kampagne nicht ersetzen soll, finde ich sie gänzlich redundant. Wirkt eher so, als wenn man das „alte“ Logo nicht gefunden hat und der Praktikant es mal eben in Word nachgebaut hat :-)

Kommentare sind geschlossen.

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