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VfB Stuttgart kehrt zum alten Wappen zurück

VfB Stuttgart Logo, Quelle: VfB Stuttgart
VfB Stuttgart Logo, Quelle: VfB Stuttgart

Viele Jahre haben die Fans dafür gekämpft, gestern nun wurde auf der Mitgliederversammlung die Rückkehr zum Traditionswappen mit großer Mehrheit verabschiedet. Bis zur Spielzeit 2014/2015 werden sich die Fans des VfB Stuttgart allerdings noch gedulden müssen. So lange dauert die Umstellung. Schon jetzt ist klar: die Traditionalisten im Verein übernehmen das Ruder.

Rund 250.000 bis 300.000 Euro lässt sich der Verein die Umstellung kosten. Eine Marginalie im Vergleich zu den Summen, die mittlerweile im Transferkarussell kreisen. Anders als etwa beim 1. FC Kaiserslautern, der nur für zwei Spielzeiten zum Traditionswappen zurück gekehrt ist, will man offenbar beim VfB nicht auf kurzfristige Kampagneneffekte, sondern auf Kontinuität setzen. So weit so gut.

VfB Stuttgart Wappen – vorher und nachher
VfB Stuttgart Wappen – vorher und nachher

Wie üblich in Fußballvereinen spielt bei einer Debatte um ein traditionelles Vereinswappen gestalterische und formalästhetische Aspekte keine oder nur eine sehr geringe Rolle. Und das ist schade. Sobald der Begriff „Tradition“ fällt, scheint es um einen objektiven Diskurs geschehen zu sein. Trotz Bemühen um eine sachliche Diskussion werden Vorteile hinsichtlich etwa der Reproduzierbarkeit eines Emblems gerne zur Seite geschoben, so auch in diesem Fall (siehe Broschüre der Initiative Pro altes VfB-Wappen  | cc97.de).

Denn natürlich stellt das von den Fans so heiß geliebte Traditionswappen keinesfalls ein Optimum dar, sowohl aus drucktechnischer wie aus rein ästhetischer Hinsicht. Die zu enge Linienführung und zu geringen Abstände, etwa zwischen roter Umrandung und schwarz-gelbem Württemberg-Wappen, birgen die Gefahr, dass Druckerzeugnisse jeder Art „zulaufen“, wie ein Drucker sagen würde. Die Farben vermischen sich, das Druckergebnis wird unsauber. Diesbezüglich waren beide Vorgängerzeichen, trotz anderer Schwächen, anwenderfreundlicher. Die Trennung der Gründungsjahreszahl „18 93“ mag zwar der Form des Württemberg-Wappens geschuldet sein, ein Dorn im Auge ist sie dennoch. Man stelle sich vor, die Lettern „V fB“ wären in ähnlicher Form getrennt. Ein Unding, richtig. Und bei der ebenso bedeutenden Jahreszahl schaut man über einen solchen Fauxpas hinweg?

Die wilden Verzierungen innerhalb der Wortmarke sorgen hingegen für größtmöglich Eigenständigkeit und Wiedererkennbarkeit, die Schweife und Bögen wirken zudem dynamischer als die begradigten Vorgängerentwürfe. Aus gestalterischer Sicht ist die Rückkehr insgesamt doch eher bedauerlich. Hier gäbe es durchaus die Chance, Bewährtes mit Verbessertem zu vereinen. Solch ein Entwicklungsschritt wäre auch im Sinne einer sportlichen Zukunft ein positives Signal. Stattdessen kehrt der VfB im Jahr seines größten finanziellen Defizits zurück zum Alten. Nur echte Fans sehen in dieser Botschaft etwas positives.

Die Romantisierung der Vergangenheit ist wohl nirgends größer als in Fußballvereinen. Je leidenschaftlicher sie gefeiert wird, umso weniger darf man auf ein offenes Ohr in Fragen eines zwar der Tradition verpflichtenden aber doch zugleich zeitgemäßen Erscheinungsbildes hoffen. Wer eine Neugestaltung eines Vereinswappens per se und reflexhaft als neumodisches Marketinggedöns abtut, demonstriert eine befremdliche Rückwärtsgewandtheit. Dass künftig nun die Änderung des Wappens nur durch eine Satzungsänderung möglich ist, über die allein die Mitgliederversammlung entscheiden kann, dürfte das Schicksal des Wappens besiegeln. Eine Weiterentwicklung, eine Verbesserung scheint unmöglich. Jeder Markenverantwortliche in der Wirtschaft würde sich ob eines solchen Szenarios einen anderen Job suchen, ließe er sich den Markenauftritt von den Aktionären oder von der Belegschaft diktieren. So etwas gibt es wohl nur im Fußball.

VfB Stuttgart Wappenhistorie

VfB Stuttgart Wappenhistorie

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Dieser Beitrag hat 56 Kommentare

  1. Selten bekommt mein Lieblingsverein so viel Aufmerksamkeit wie hier. Natürlich sehe ich die Diskussion als Fan und als Designer. Ich verstehe die anderen Fans, die hier ein Instrument gefunden haben, um ihren Unmut zu äußern. Jedoch frage ich mich auch, ob es sinnvoll ist, etwas durchzudrücken, wenn die Vereinskasse wenig Geld hat. Es gibt sicher einige Argumente, die dafür und dagegen sprechen. Als Vereinsmitglied hätte ich mich aus bekannten Kostengründen dagegen entschieden. Als Designer würde ich hier eine behutsame Weiterentwicklung empfehlen, die sich stärker an das alte Logo anlehnt, da es für mich einfach kraftvoller war. Allerdings müsste man die Abstände etwas modifizieren. Was jetzt die Lesbarkeit angeht … eingefleischte Fans erkennen die Symboliken, Schriften und Zahlen. Für Fremde erscheint das Logo eh mehr als Bildmarke. Echte Wappen können am Ende nur Heraldiker wirklich entziffern. Das Thema wird aus meiner Sicht einfach zu groß gespielt. Der Verein hat wichtigere Aufgaben zu meistern. Lieber den Ball flach halten …

  2. @20 (YesNoCancel): Ich habe noch nicht im Kommunalbereich gearbeitet, weiß aber was du sagen willst. Dazu gibt es ja genügend Berichte (u.a. im Design Tagebuch). Deshalb hab ich gemeinsam auch in Anführungszeichen gesetzt. Ich will lediglich sagen, die Fans mitzunehmen und mal nachzufragen, wo das eigentliche Problem liegt (sollte Standard bei jedem Projekt sein) könnte auch ein guter Weg sein. Man kann es nie allen recht machen, aber man kann versuchen rauszufinden was die meisten bewegt und einen guten Kompromiss finden. Ich bin mir nicht sicher, ob die Argumente der Abteilung Marketing und Kommunikation mit der jetzigen Lösung (Reset-Knopf drücken) ausreichend berücksichtigt wurden… Ich glaube, dass man die traditionellen Werte auch mit einem modernisierten Wappen verknüpfen kann.

  3. Ein heikles Thema. Prinzipiell finde ich eine Rückbesinnung nicht schlecht, aber eine “Best of both worlds”-Variante wäre hier wohl angebracht gewesen. Das bisherige Logo mit dem alten, vielleicht etwas lesbarer gemachten “VfB”-Schriftzug würde meines Erachtens nicht nur gut aussehen, sondern könnte auch beide Parteien zufriedenstellen. Aber Duplomatie ist eine hohe Kunst ;-)

  4. Manches im Artikel dünkt mich ein wenig befremdlich. Da wird eine schlechte Reproduzierbarkeit des traditionellen Wappens beklagt: „Die zu enge Linienführung und zu geringen Abstände, etwa zwischen roter Umrandung und schwarz-gelbem Württemberg-Wappen, birgen die Gefahr, dass Druckerzeugnisse jeder Art „zulaufen“ ”

    Noch bevor aber bei der Tradi-Version irgendwetwas zuläuft sind bei der „moderneren“ Version schon die noch dünneren Linien und der Light-Schnitt von „Stuttgart“ weggebrochen.
    Eine schlechtere Reproduzierbarkeit seh ich auf keinem Fall.

    In der Gründerzahl seh ich jetzt auch keine Trennung sondern eher eine Gliederung. Auf Anhieb ist ja ja sowieso die ganze Jahreszahl verzögerungsfrei wahrnehmbar, dazu die Betonung auf die 18, was für einen solchen Verein und seine Mitglieder schon auch ein zu betonendes Moment ist.

    Schließlich noch die „Lesbarkeit“. Beide Versionen sind unmittelbar „lesbar“ in dem Sinne, daß ich auf Anhieb erkenne, um was es da geht. Mir scheint die traditionelle Version da ob der einprägsameren Formen noch eher im Vorteil. Eine Lesbarkeit im Sinne von entziffern der einzelnen Buchstaben ist auch nicht noitwendig solang es gelingt das Wappen ingesamt (und nicht seine Einzelteile) rasch zuodnungsbar zu gestalten. Das scheint mir bei der traditionellen Version besser gelöst.

    Insgesamt halte ich aus gestalterischer Sicht beide Versionen qualitativ zu ebenbürtig als daß es sich lohnen würd, darüber einen Aufstand anzuzetteln. Mir scheint die Bürger üben sich vielerorts grad mal etwas arg demonstrativ in Demokratie und machen dabei auch vor den schönsten Nebensachen der Welt nicht halt.

  5. Bei der Betrachtung muss ich ehrlich sagen, dass das Wappen der 90er-Jahre grafisch nicht besser war als das alte Wappen. In beiden Wappen sind “grafische” Elemente drinnen, bei deren Betrachtung mir Tränen in die Augen schießen.
    Hier wird Pech mit Schwefel verglichen. Keines der beiden Wappen verdient meiner Meinung nach diese Aufmerksamkeit in diesem Blog hier.
    Und nebenbei haben diese “Wappen” mit Heraldik nichts zu tun, weshalb hier die ganze “Traditions-Grundsatzdiskussion” wohl eherfalsch am Platz ist.

  6. Also ich bin VfB Fan, bin mit DIESEM (dem noch aktuellen) Wappen “groß geworden” (Naja zumindest war das in meiner aktiveren Stadionzeit das aktuelle) und ich find den Entschluss furchtbar…. bin leicht sprachlos…. dann doch lieber die 1994er vVrsion… Aber die???? OMG – Ohje VfB… maaaal wieder…

  7. Ich kann die Rückbesinnung auf das alte Wappen voll und ganz nachvollziehen.

    Es ändert sich im “modernen Fußball” so vieles, es wird immer schwieriger für die Fans, sich mit den längst zu großen Unternehmen gewordenen Bundesligavereinen zu identifizieren, jedes Jahr kommt auf den Stadionbesucher irgendeine Neuerung zu, die das liebgewonnene Stadionerlebnis verändert und subjektiv immer, objektiv meist verschlechtert.

    Wovon ist man Fan? Wohl nicht vom ständig wechselnden Personal. Wo früher individuelle, wiedererkennbare Stadion standen, stehen jetzt überall mehr oder weniger dieselben Arenen mit wechselnden Sponsoren-Namen. An irgendetwas möchte sich der Fan klammern. Und sei es dann eben an ein Wappen.

    Und ich denke, schon darin besteht das Missverständnis: Etwas, das von Fans als Wappen empfunden wird, kann ich nicht nach den Maßstäben eines Logos bewerten. Logos können modifiziert werden, weil da aber auch die Markenbindung in fast allen Fällen primär über das Produkt und dessen Qualitäten führt und nur sekundär über die Gestaltung der Marke. Fußballfans, zumindest deren leidenschaftlicherer Teil, hängt aber fast nie am Produkt selbst (Mannschaft, Qualität der Spiele, Leistungen im Stadion) sondern nur an einem höchst subtilen Gemisch aus Ort, Erinnerungen, Farben, Formen, Ritualen.

  8. Ich bin jetzt kein Designer und stoße mich als Nicht-Designer und VfB-Fan auch ziemlich an dem negativen Grundton des Artikels, möchte aber aus Fansicht noch Einiges zur Diskussion beitragen.

    Natürlich sind seit 1994 viele Fans mit dem modifizierten Wappen aufgewachsen, auch ich, Jahrgang 1986 kenne es eigentlich nicht anders. Jedoch davon auszugehen, dass ein Großteil der VfB nur noch das neue Wappen kennt, halte ich für falsch. Wie schon gesagt wurde, das alte Wappen ist in der Kurve präsent und wie man bei der Mitgliederversammlung und anhand von 25.000 gesammelten Unterschriften gesehen hat, ziemlich beliebt. Ich glaube kaum, dass es hier nur darum geht, dass Ultras oder Fans Macht demonstrieren wollen. Es geht meiner Meinung nach auch darum, dass der VfB damit eben jener Kommerzialisierung des Fußballs (in der Tat ist der Weg von der Formel 1 zum Profifußball dank Red Bull, SAP, Volkswagen und Bayer leider nicht mehr so weit) durch die Rückkehr zum alten Wappen ein Stück entgegentritt. Schließlich lässt es sich, wie hier schon beschrieben, schlechter vermarkten als das neue (wobei Nostalgie und Tradition auch ein Marketingfaktor sein können). Man darf aber auch nicht vergessen, dass der VfB das Wappen in dieser Form seit 1949 führte. In diese Zeit fallen die größten Erfolge des Vereins: Vier Deutsche Meisterschaften, zwei Pokalsiege, ein Europapokal-Endspiel. Mit diesem Wappen auf der Brust haben Vereinslegenden wie Robert Schlienz, die Förster-Brüder, Hansi Müller, Jürgen Klinsmann und Karl Allgöwer gespielt. Es ist also auf allen Bildern dieser großen Erfolge präsent. Dass dieses Wappen von der Vereinsführung über die Köpfe der Fans und der Mitglieder hinweg geändert wurde, um mehr Kohle zu scheffeln, ist den Leuten schon seit Jahren ein Dorn im Auge (vergleiche den Sponsorendeal mit vianogo, der dem Verein Geld bringt und den Fans nur Nachteile). Nun hat sich aber endlich mal eine Initiative dem Thema organisiert angenommen. Übrigens wurde, um dem Argument entgegen zu wirken, die Fans würden hier den Verein kapern, die Kampagne während des Abstiegskampfes im Frühjahr 2011 fast komplett eingestellt, um den Fokus auf den Klassenerhalt zu legen. Außerdem fanden sich die Fans hier im Grunde nie im Kampf gegen die, sondern im Dialog mit der Vereinsführung. Da wurde also nichts durchgedrückt. Es wurde Druck gemacht ja. Die Verankerung in der Satzung war übrigens eine Idee der Vereinsführung, die das Thema damit ein für alle Mal vom Tisch haben wollte, egal wie die Abstimmung ausgeht.

    Zum Finanziellen: Ja, 300.000 Euro sind eine Menge Geld. Die hätte man sich auch sparen können, wenn man den einen oder anderen schlechten Spieler nicht verpflichtet hätte. Natürlich birgt es eine gewisse Ironie, wenn auf einer Mitgliederversammlung gleichzeitig ein hoher Verlust bekannt gegeben wird und gleichzeitig weitere Ausgaben beschlossen werden.

    Im Endeffekt ist es halt Geschmackssache, welches Wappen einem besser gefällt. Und eine Untersuchung von Fußballlogos unter Designer-Gesichtspunkten ist zwar nett, aber letztlich nicht zielführend, weil sie die meisten Fans ihren Verein nicht wegen des perfekt designten Logos aussuchen, sondern weil sie aus irgendeinem Grund eine emotionale Beziehung zu diesem Verein haben (nach Nich Hornby sucht sich sowieso der Verein die Fans aus und nicht umgekehrt ;) ), sei es der lokale Bezug, oder weil man zufällig bei diesem Verein das erste Mal im Stadion war. Gut und dann gibt es natürlich noch Bayern-Fans…:)

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