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Tunnelseiten, die kein Mensch braucht

tunnel

Tunnelseiten, im Englischen “splash pages”, sind dem eigentlichen Webauftritt vor geschaltete Seiten (genaue Definition). Im Gegensatz zu Brückenseiten (doorway pages) sind Tunnelseiten jedoch kein Instrument zur Suchmaschinenoptimierung. Folgende Unterscheidung möchte ich einmal vornehmen.

Typ A – Länder- und/oder Sprachauswahl sowie nach Flash und HTML

Typ B – Verzweigung in Unternehmens- oder Produktbereiche

Typ C – Vorauswahl nach Zielgruppen

Typ D – Eine mehr oder weniger leere Seite a la “Willkommen, treten Sie ein”

Die Tunnelseiten-Typen im Einzelnen

Typ A – Vor allem international tätige Unternehmen richten häufig unter der com-Adresse eine Sprachauswahl bzw. eine Länderauswahl ein so z.B. sonyericsson.com, cartier.com, yamaha.com, playstation.com. Die Hauptdomain fungiert also lediglich als globale Vorschaltseite, von der aus man zum jeweiligen Länderauftritt gelangt. Auch oft anzutreffen ist die Abfrage nach einer Flash- oder einer HTML-Version, wovon abzuraten wäre (hugoboss.com). Da Flash in allen neuen Browsern enthalten und bei 97% der Nutzer installiert ist, sollte in diesem Fall die Flash-Version als standard gelten und bei allen Benutzern, die ohne Flash unterwegs sind eine “fallback-Grafik” zum Einsatz kommen. Die Auswahl nach Bandbreite und der Version stellt für viele Nutzer bereits eine Hürde dar, die man vermeiden sollte. Besser ist es den Auftritt auf die Hauptzielgruppe oder -Gruppen auszurichten, deren (mutmaßlichen) Zugang zum Netz dabei berücksichtigend.

Typ B – Oft werden Tunnelseiten eingesetzt, um die teilweise sehr unterschiedlichen Unternehmens- oder Produktbereiche zu unterteilen. Die treibende Kraft für diese Art des Einstiegs ist nicht selten die “Unternehmenspolitik”. Die Webdesigner oder Entwickler setzen dann nur um, was “von oben” entschieden wurde. Ob der Nutzer das gut findet spielt dabei keine Rolle. Vielleicht sollte man aber mal den Nutzer fragen? Einige Beispiele: sony.net, aeg.de, adidas.com, conti-online.com

Typ C – Lange Zeit haben Telefonunternehmen wie O2, Vodafone und T-Mobile ihre Einstiegstiegsseiten in die Bereiche Privatkunden, Geschäftskunden und Interessenten unterteilt. Auf diese Weise werden die jeweiligen Zielgruppen direkt angesprochen und abgeholt. Auch der Besucher des VHV-Auftritts wird direkt angesprochen und zu den Inhalten geführt, die für ihn relevant sind. Darin liegt ein Nutzen, denn man muss nicht lange suchen. Solch eine Lösung ist bedürfnisorientiert. Bei den großen Telefonanbieter ist mittlerweile der Bereich Privatkunde in den meisten Fällen vorausgewählt. Einige Beispiele der “Typ-C-Tunnelseite”: vhv.de, wmf.de, debitel.de, telekom.de

Typ D – Absolut keinen Sinn ergeben hingegen die “Bitte-treten-Sie-ein-Tunnelseiten”(Typ D). Dieses Fossil aus der Steinzeit des Internets kam früher noch öfter zum Einsatz als heute, da man damals recht “verschrobene” Auffassungen hatte. Wie eine Haustür sollte man auch die erste Seite eines Internetauftritts durchschreiten. Wollte man vor 10 Jahren so den Benutzer freundlich empfangen, bewirkt diese Art der Begrüßung heute das genaue Gegenteil, denn die Seite hat keinen Nutzen. Sie ist an den Bedürfnissen des Besuchers vorbei gedacht. Der Nutzer fühlt sich wie in einem Wartezimmer, aus dem er möglichst schnell wieder raus will. Am Schlimmsten sind die Tunnelseiten, die nicht einmal ein schnelles Weiter-Navigieren ermöglichen, da in der animierten Flash-Animation, der “skip button” fehlt (hno-team.de oder villino.de). Wer den Benutzer so vor den Kopf stößt darf sich nicht wundern, wenn die Besucher den Auftritt direkt wieder verlassen. Solche Firmen haben das Medium Internet (noch) nicht verstanden. Selbst die Telefongesellschaft Arcor hatte bis vor wenigen Jahren noch so eine Tunnelseite(siehe kleines Bild). Sehr beliebt sind diese Tunnelseiten unter anderem auch bei Auftritten von Restaurants und Hotels. Ich hoffe nur das Service-Personal lässt die Gäste weniger Däumchen drehend im Flur stehen, als man es mit den Besuchern im Netz macht.

Fazit

Die Typen A, B und C haben sicherlich in einigen Fällen ihre Berechtigung. Auch wenn man die Länderauswahl auf technische Weise lösen kann z.B. per Abfrage der Sprache im Browser. Wer in Deutschland Telefonica.com eingibt, kommt beispielsweise automatisch auf den deutschsprachigen de-Auftritt. Eine Tunnelseite für die Sprachauswahl ist also in vielen Fällen überflüssig. Typ-D-Tunnelseiten sind wenig zeitgemäß, wenig benutzerfreundlich und kontraproduktiv in Bezug auf Suchmaschinenoptimierung, weshalb man heutzutage einfach die Finger davon lassen sollte. Und hier noch eine kleine Liste mit Argumenten, die man dem Kunden entgegenhalten kann, wenn dieser partout eine Tunnelseite wünscht:

Kunde: “Da der Auftritt in vier Sprachen ist, muss sich doch der Besucher für eine Sprache entscheiden.”

Lösung: Wird technisch gelöst z.B. durch Abfrage der Sprache im Browser mit einer Weiterleitung auf eine nl- oder fr-Domain. Ohne internationale Domains kann man auch eine Sprachauswahl in die Meta-Navigation packen.

Kunde: “Nicht jeder hat Flash. Der Besucher soll selbst entscheiden, welche Version er möchte.”

Lösung: Flash ist Standard. Über 97% haben das Plugin installiert. Für alle anderen wird automatisch(!) ein GIF oder JPEG angezeigt (Stichwort fallback-Grafik).

Kunde: “Unser Firmenlogo soll besonders groß zu sehen sein” oder “Wir möchten auf der Einstiegseite mehr Image transportieren” oder “Eine Animation soll einen echten Aha-Effekt bewirken.”

Lösung: Kein Benutzer freut sich, wenn er erst auf ein großes Logo in der Bildschirmmitte klicken muss, um zu den Informationen zu gelangen, die er sucht. Eine Site, die leicht zu navigieren ist und bei der man schnell zu den Informationen (Bilder, Texte, PDFs, Sound, etc.) gelangt, hinterlässt einen positiven Eindruck beim Besucher. Dieses Image ist wesentlich nachhaltiger. Großflächige Bildmotive, die etwa Emotionen vermitteln, können auch auf der echten Startseite und auf den Folgeseiten integriert werden. Gegen den Einsatz von Flash innerhalb des Auftritts ist wenig einzuwenden. Die Liste der Websites, die Flash prominent auf einer Hauptbühne einsetzen ist lang: Adobe, Volkswagen, Stiebel Eltron, KKH – die Kaufmännische, Jacobs, Nordsee, MySwitzerland etc. Solange die Navigation der Site nicht gefährdet ist, ist alles im grünen Bereich.

Hier nun einige unschöne, weil absolut überflüssige Tunnelseiten (Typ D)

Es gibt allerdings auch Ausnahmen, wie den Auftritt des WM Teams, den ich nicht unerwähnt lassen möchte. Niemand, der die Seite zum ersten Mal aufruft, sollte den “skip-button” betätigen, denn er würde etwas verpassen. Der komplette Auftritt der AdGame-Schmiede aus Hannover, wurde bereits mehrfach ausgezeichnet und macht einfach Spaß. Genau das ist das Erfolgsrezept der Agentur: Informationen unterhaltsam vermitteln. Einen interessanten Artikel, bei dem auch die Tunnelseite ein Thema ist findet Ihr zudem bei Praegnanz: Dinge, die man einfach nicht mehr macht….

Dieser Beitrag hat 25 Kommentare

  1. Hallo, ich möchte auch Anmerkungen machen. :-)
    @ Felix: Ich kann die Behauptung, dass man Flash immer nachinstallieren muss nicht bestätigen. Auf meinen Rechnern war es immer schon vorhanden und auch eine neue Firefox Version war gerade vor ein paar Tagen auch in der Lage Flash Inhalte darzustellen. Bei welchen Browsern, Konstellationen war das bei dir der Fall?

    Zum Artikel: Mich bitten regelmäßig Kunden (und ich meine jetzt nicht Fatima mit ihrem Frisörladen sondern Marketinghasen aus Unternehmen), eine Lösung zu finden, wie sie die Unternehmensidentität und Keymessage sofort dem User mitteilen können. Auf den eigentlichen Inhaltsseiten bleibt für diese Billboard-Methode kein Platz bzw. geht sie unter. Also empfinden die Kunden es als vernünftig, eine Kategorie D Seite vorzuschalten, die die eindeutige Kommunikation des Unternehmens, seiner Identität und Ziele vermittelt. Im Fall der Snow Dome Website finde ich das auch sinnvoll. Was da steht, nehmen Kunden auf. Untersuchungen über die Markenrezeption haben gezeigt, dass sich User an die Informationen aus Vorschaltseiten erinnern und die Marke somit wahrnehmen und einordnen können. (z.B. https://www.academic-transfer.de/shop/studien/…) Ich würde bei aller Kritik also vorschlagen, nicht so hart vorzugehen, sondern die Motive zu suchen. Die kann man dann sicherlich hinterfragen, auch in ihrer Wirksamkeit. Nichtsdestotrotz bin ich sehr dankbar für die Anregungen in dem Artikel und werde künftig Kunden darauf verweisen. (persönlich mag ich Splashscreens nämlich auch nur im Fall von EA Gamesites oder dem WM Team.

  2. Hallo

    Im Text oben ist noch ein kleiner Fehler bei Typ D:

    “…Selbst die Telefongesellschaft Arcor hatte bis vor wenigen Jahren noch so eine Tunnelseite(siehe kleines Bild). …”

    Bild und/oder Link fehlt.

    Grüße
    Hellgold

  3. also ich sehe das anders. mich nerft es wenn leute von “daten” reden.
    für den normalen user handelt es sich nicht um “daten”!
    die vorstellung mancher, das internet wie einen flughafenterminal-rechner zum “daten” empfangen umzubauen nerft tierisch ab.

    warum fangen bücher eigentlich nicht gleich aufm titel mit der story an???

    in der ruhe liegt die kraft!!

  4. @michael
    Den Vergleich mit dem Buch finde ich irgendwie interessant :-)
    Kommt aber auch wohl auf den Zweck der Website dann an, ob so etwas nötig ist.

    Bei meinem privaten “Grafik-Portfolio” (ich verlinke es hier nicht, will nicht spammen und ist eh noch nicht fertig) – habe ich so in etwa eine Typ-A-Auswahlseite gebastelt. Zum einen weiss der Nutzer dort direkt, wo er sich befindet – die Seite ist sehr schnell geladen weil klein und übersichtlich, sie ist barrierefrei und zudem kann man zwischen zwei Sprachen wählen (ich surfe z.B. selbst im deutschen Browser meist lieber auf englisch, wenns geht – ist meist von der Optik her besser finde ich). Oben ist dann noch eine Auswahl zwischen HTML und FLASH. Da die Flash-Seite an die 10-15MB groß sein wird und Netz sowie CPU belastet, finde ich diese Einteilung wichtig. Zudem wird die HTML-Seite ganz anders strukturiert und erhält natürlich nicht die selbe Optik – dort kann man sich ja keinen animierten Effekt-Design-Schnickschnack großartig erlauben; darum setze ich dort eher auf Informationsgehalt und schnellen Zugriff sowie wechselbare Stylesheets. Zuletzt ist es im Portfolio irgendwie sinnvoll, da ich zeigen will, dass ich beide Techniken halbwegs gut kann. Für Lesezeichen ist es so eingerichtet, dass man sich den ersten weitergeleiteten Link noch speichern kann (seitenname/html oder seitenname/flash); danach werde ich das beim HTML-Teil mit mod_rewrite oder so vermutlich blockieren.

    Ich denke mal diese Mischung ist akzeptabel. Oder arbeite ich damit “am Trend vorbei”?

  5. Mit einem Buch leg ich mich auf meinen Ottoman und genieße.

    Gehe ich Kleidung einaufen, mag ich vor der Geschäftstüre nicht über die Firmenphilosophie aufgeklärt werden, die ist mir zu 90% einfach egal,ich mag kaufen.

    Bin ich im Internet mag ich finden – ob die Firma X seit Generationen im Geschäft ist und seriös, interessiert mich allenthalben bevor ich kauf. Doch niemals in der Entreeseite.

    Ist ja nett, wenn sich eine Firma bei mir vorstellen mag, wenn ich auf deren Startseite bin, doch zuerst sollen sie mir zeigen was sie tun, dann kommt mehr .

    Würd mich mein Stammkaffee jedes Mal vor dem Eingang mit einem Firmenvideo überfallen, bevor ich endlich da rein dürfte, wäre ich weg…

    jedes Medium hat seines – Flash ist ein netter Gimmick, aber zumeist unbrauchbar.

    lg

  6. also entweder lesen die macher der genannten seiten alle designtagebuch oder da sind einige fehler unterlaufen. bei mir gibt nur bei ca. der hälfte der angegebenen seiten eine splashpage.

  7. Richtig kobo. Tatsächlich hat sich beim Thema Tunnelseiten Einiges in letzter Zeit getan. Bei Snow-Dome lag es ja in unseren/meinen Händen etwas zu ändern. Aber auch bei vielen anderen Firmen hat sich offenbar herumgesprochen, dass eine Tunnelseite in 99,9% der Fälle eine unnötige Hürde aus Nutzersicht ist.

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