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Weg von Glanz und Gloria: Tchibo im neuen, schlichten Design

Tchibo Logo (2017)

Tchibo, das in Hamburg 1949 gegründete Konsumgüter- und Einzelhandelsunternehmen, ist derzeit dabei das visuelle Erscheinungsbild auf ein neues Design umzustellen. Ein Prozess, der schon seit einigen Monaten im Gange ist und zu dem sich das Unternehmen bislang bedeckt hält.

Das Markenzeichen von Tchibo, eine Kaffeebohne, aus der Dampf empor steigt, wurde im Zuge des Redesigns modifiziert. Der gold-glänzende Look, mit dem sich Tchibo seit nunmehr 15 Jahren präsentiert, weicht wieder einer vereinfachten Formensprache. Eine Entwicklung, wie sie derzeit unzählige Marken und Unternehmen beschreiten. Auch die Wortmarke sowie die Hausfarbe wurden angepasst.

Tchibo Logo – vorher und nachher

Tchibo Logo – vorher und nachher

Die Lettern des scriptualen Schriftzugs wurden verschlankt. Die dadurch vergrößerten Buchstabenzwischenräume lassen den Schriftzug leichter, filigraner erscheinen. Die Hausfarbe Blau bleibt zwar weiterhin erhalten, wurde jedoch aufgehellt. Teil des neuen Gestaltungskonzepts ist zudem, die von der Wortmarke losgelöste Verwendung der Bohnen-Bildmarke als alleiniger Absender (siehe Tchibo Beste Bohne).

Hintergrund: Tchibo betreibt in Deutschland rund 660 Filialen sowie 17.000 Depots im Fach- und Lebensmittelhandel und ist nach eigenen Angaben Marktführer im Bereich Röstkaffee. Lediglich McDonald’s betreibt mit rund 850 McCafés mehr Café-Filial

Tchibo Beste Bohne – vorher und nachher

Kommentar

Keine Pressemeldung, kein Blogeintrag und auch sonst keine Hintergrundinformationen von verantwortlicher Stelle bezüglich des bereits in Teilen vollzogenen Redesigns. Von Seiten der Pressestelle bei Tchibo heißt es auf meine Anfrage hierzu lediglich, man könne aus Gründen der Vertraulichkeit keine Informationen zur Verfügung stellen. Aha. Informationen den eigenen Markenauftritt betreffend unterliegen also der Vertraulichkeit. So bleibt nichts anderes übrig, als über die Beweggründe zum Redesign Vermutungen anzustellen. Meine Vermutung ist: Tchibo möchte weg vom „Oma-Image“, ganz ähnlich also wie Jacobs. Und das möchte man offenbar nicht an die große Glocke respektive dicke Bohne hängen.

Vorbei sind die Zeiten von Glanz und Gloria. Statt im spießig anmutenden Gold präsentiert sich Tchibo nun mit einem cremefarbenen Markenzeichen. Da Beige bekanntermaßen die Lieblingsfarbe älterer Menschen ist, weshalb gerne auch von „Rentnerbeige“ die Rede ist, dürfte der optische Wechsel die angestammte Kundschaft kaum verschrecken, so ihr dieser denn auffällt. Die von der Wortmarke zum Teil losgelöste Verwendung der Bildmarke, ermöglicht einen gänzlich neuen Look (Beispiel Blonde Roast), wie man ihn bislang bei Tchibo tatsächlich noch nicht gesehen hat: roh, schlicht, unprätentiös.

Die größere Freiheit in Bezug auf den Umgang mit Wort- und Bildmarke ermöglicht eine produkt- und bedarfsspezifische Gestaltung. Die Bohne erscheint, wie bisher, innerhalb einer blauen Kachel und zusätzlich nun in unterschiedlichen Farbtönen sowie in freigestellter Form. Marketing-strategisch also eine, wie ich meine, absolut sinnvolle Maßnahme. Kurios ist hingegen, dass sich das Unternehmen die mit dem Redesign verbundene Chance auf PR/Werbung entgehen lässt.

Einordnung: Menschen interessieren sich zunehmend dafür, woher die Produkte stammen, die sie kaufen und unter welchen Bedingungen diese entstanden sind. Der Wunsch des Kunden nach ökologisch-ethischer Korrektheit beeinflusst seit einigen Jahren maßgeblich die Werbung wie auch das Verpackungsdesign. Und so finden sich derzeit in den Supermarktregalen jede Menge schlicht gestaltete, gerne in Packpapier-Optik gekleidete und zum Teil mit scriptualer Typo versehene Verpackungen, die dem jeweiligen Produkt, seien es Milcherzeugnisse, Schokolade oder Kaffee (u.v.m.), das Antlitz eines handgefertigten Erzeugnisses verleihen. Hier sollte jedem Konsumenten klar sein: egal ob Kaffee, Milch oder „Hof-Chips“ – die Gestaltung der Verpackung ist Teil einer Inszenierung. Die Realität ist oftmals eine ganz andere (siehe dt-Beitrag: Werbung versus Realität).

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Dieser Beitrag hat 31 Kommentare

  1. Eine sehr kluge Weiterentwicklung. Kräftig genug, um sich gegen die vielen trendigen Kleinröstereien zu positionieren und sanft genug, um die angestammte Klientel nicht zu verwirren.

  2. Ist es wirklich beige oder eventuell (auf den Packungen) ein Pantone-Gold, während die Bildschirmdarstellung den Pantone-Ton als Basis hat, aber auf Verläufe verzichtet?

    Generell eine gute Modernisierung, es wirkt insgesamt edler und tatsächlich weniger altbacken – ohne an Tradition zu verlieren.

    Mich stört allerdings der Schriftzug etwas, auch wenn ich nicht genau festmachen kann wodran es liegt. Vielleicht täuscht es, aber irgendwo hakt es: Vielleicht stört mich der unausgewogene Weißraum durch das “Bohnen-O”, irgendetwas ist auf jeden Fall unausgewogen.

    1. Ich glaube auch, dass es ein Goldton sein soll. Leider ist es immer etwas schwierig Gold als Farbe dazustellen, da sie ja eigentlich vom Glanz lebt. Da der Trend weg von glänzenden Oberflächen mit Verläufen geht, ist es oftmals ein Ton wie Pantone-Gold der übrig bleibt. Das wirkt dann wie beige, sandfarben oder Biosocken. Etwas dunkler und Cyan würde da helfen. (vgl. hierzu das Logo der Olympic Heritage Collection https://heythere.ca/wp-content/uploads/2016/01/heritage_logo.png ) VG

  3. Kleiner Schnitzer im Teasertext, Achim :-)
    zudem ≠  zu dem
    (Ich hoffe, ich habe jetzt wenigstens nicht gefalschklugscheißt. Das wäre peinlich.)

    Zum eigentlichen Thema:
    In meinen Augen ein wirklich gelungenes Redesign (mit den von dir erwähnten Abzügen in der PR-Note), das BLONDE ROAST erinnert mich in der Aufmachung ein wenig an die “Feine Welt”-Produktlinie von Rewe.
    Die Beste Bohne finde ich hingegen schon wieder einen Ticken totreduziert, da mochte ich die vorige Verpackung tatsächlich mehr.

  4. Vom ersten heiß-geschlürften Schluck “T” bis rechts zum kalten Kaffee-“o” wird die Wortmarke immer dünner und enger. Warum? Wieder ein Beispiel, wo dem Reinzeichner die Pappe zu früh vom Brett genommen wurde.

  5. Weg vom Farbverlauf, besser lesbare Typo – soweit so gut. Aber im Gegensatz zum alten Logo finde ich das neue völlig lasch und kraftlos. Das dunklere Blau passte auch deutlich besser zu den Verpackungen, die alle selbst in sehr kräftigen Farben gestaltet sind.
    Beige finde ich auch wenig passend. Tchibo richtet sich gar nicht mal gezielt an ältere Menschen, dafür gibt es Gala und Eduscho. Vor allem Blonde Roast und Black ’n White sollen ein junges Publikum ansprechen.

  6. Ich hätte die Bildmarke ganz entfernt und den Dampf aus dem Tchibo-o aufsteigen lassen.

    Es wäre sozusagen eine Wortmarke mit etwas Schnickschnack, die auch noch ein Gleichgewicht zum T bekommen hätte. Wenn das Logo simplifiziert dargestellt werden soll, würde das o mit Dampf – wie es z.B. auf den Packs gemacht wurde – reichen.

    1. Dann hätte man aber die Bohne mit Dampf als alleinstehendes Symbol abgewertet und das Logo selbst wäre auch nicht mehr so auffällig.

  7. Erst die Tage fiel mir abends eine Postwurfsendung von Tchibo im Briefkasten auf. Irgendwie sah das Logo da plötzlich anders aus – und siehe da, es ist ja wirklich anders. Leider fiel es mir aus negativen Gründen auf, ich hatte das Gefühl, dass die Schrift nicht ganz ausgereift erscheint. Auch bei längerem Betrachten, ist der Schriftzug irgendwie nicht ganz ausgewogen. Er erzeugt bei mir das Bedürfnis, dass man da nochmals an den Kurven und Tangenten etwas drehen müsste …

    Ansonsten sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, das Design bisher war zu üppig und nicht mehr zeitgemäß. Andere Traditionshäuser haben einen solchen Schritt ja schon vor längerem vollzogen – etwa die Marke Hornig: https://www.jhornig.com Ein sehr gelungenes Beispiel und ein Weg, der auch für Tchibo gut passen könnte …

  8. Auch wenn die Idee von NetzBlogR sicher eine Option währe, ist die alleinstehende Bildmarke, ohne jegliche Wortmarke auf den Verpackungen ein mutiger Schritt. Die »Tchibohne« sollte mittlerweile fast jeder kennen.

    Dem überkünstelten 3D-Effekt, der mehr schwammig als edel wirkt, trauere ich hier auch nicht nach. Die minimalistischen Verpackungen gefallen mir auch besser. Zwar ohne den großen Wow-Effekt, aber doch ganz gut gelöst.

    1. Edit (ein Satz noch): Bin an dieser Stelle auch froh, dass die Wortmarke leicht abgespeckt trotzdem erhalten blieb und nicht dem Standardfont-Wahn verfallen ist.

  9. Der Wegfall des blauen Quadrats auf der Verpackung ist gewagt – für mich geht damit eine große Menge Wiedererkennungswert verloren. Das könnte jetzt auch genauso gut Dallmayr oder womöglich sogar ein No-Name Produkt von Lidl oder Aldi sein. Eventuell wird das wieder dadurch aufgewogen dass Tchibo ja meist eine eigene Ecke im Laden hat mit den ganzen Aktionsartikeln und somit klar ist was man hier vor sich hat. Trotzdem irgendwie riskant.

    Abgesehen davon habe ich Tchibo bisher gar nicht als “Oma-Marke” wahrgenommen. Bodenständig ja, aber weit weg vom Jacobs-Image. Durch Produkte wie Privat-Kaffee und natürlich die ganzen Non-Food Artikel hat sich das bei mir ganz anders ins Hirn gefräst. Eher als sympathischer Begleiter im Alltag. Schon interessant wie unterschiedlich die Wahrnehmung sein kann.

    1. Ich bin – was das blaue Quadrat betrifft – genau deiner Meinung. Damit verliert die Marke Kraft, die sie grad am POS gut brauchen kann.

    2. Das mit der “eigenen Ecke im Laden” halte ich für einen zentralen Punkt: Ich finde auch, dass die einzelne Verpackung an Wiedererkennbarkeit eingebüßt hat. Aber fällt das hier wirklich ins Gewicht? Ich jedenfalls kenne keinen einzigen Tchibo-POS, bei dem einzelne Verpackungen direkt neben Wettbewerbern stehen. Oder gibt es das irgendwo noch, weiß das jemand? Mir fallen nur Tchibofilialen ein oder in sich geschlossene, deutlich tchibo-gebrandete “shop in shop”-Regale. Da macht es durchaus Sinn, das Branding auf der Einzelverpackung etwas zurückzunehmen.

      1. Also bewusst wäre es mir noch nie aufgefallen dass Tchibo im normalen Regal irgendwo steht. Selbst in unserer relativ kleinen REWE Filiale hat Tchibo einen eigenen Bereich zusammen mit den Nonfood-Artikeln. Vermutlich wird das konsequent so gehandhabt, was ja auch absolut Sinn macht. Dennoch – wenn man die Bohne als Erkennungsmerkmal stärken möchte, so hätte ich sie einfach freigestellt und ohne den “Tchibo”-Schriftzug in das blaue Quadrat gestellt.

  10. Über das alte Logo und die Verläufe muss man ja nichts weiteres sagen.
    Aber wenn man einen Relaunch machen will, sollte man mutiger sein. Und wenn es nur die Farbe ist. Was ist mehr old school oder nichts sagender als Beige, die Farbe wird meist als kurz vor dem Verschwinden wahrgenommen. Darum ist ja auch meist jede ideenlose Werbung mit älteren Menschen in dem Ton. Oder sieht sich die Marke als kurz vor dem auflösen, der Dunst lässt mich an es war einmal denken.

Kommentare sind geschlossen.

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