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Stiftung für Hochschulzulassung (SfH): Es braucht dringend ein Vergaberecht, das derlei unfaire und inakzeptable Ausschreibungen verhindert

Hochschulstart, Stiftung für Hochschulzulassung (SfH), Land NRW, Bildquelle: Stiftung für Hochschulzulassung (SfH), Landesregierung NRW, Bildmontage: dt
Hochschulstart, Stiftung für Hochschulzulassung (SfH), Land NRW, Bildquelle: Stiftung für Hochschulzulassung (SfH), Landesregierung NRW, Bildmontage: dt

Wieder eine unfaire Ausschreibung. Bei ihrer Suche nach einem neuen Corporate Design verlangt die Stiftung für Hochschulzulassung (SfH) von Agenturen unentgeltliche Leistungen. Wer nicht bereit ist umsonst zu arbeiten, dessen Angebot wird gar nicht erst berücksichtigt.

Die Stiftung für Hochschulzulassung (SfH) ist eine Stiftung öffentlichen Rechts und wurde 2010 gegründet. Sie ging aus der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) hervor. Auf der stiftungseigenen Online-Plattform hochschulstart.de bewerben sich vor Semesterstart jährlich durchschnittlich 350.000 Menschen für Studienplätze in ganz Deutschland. So die Eigendarstellung.

Vor dem Hintergrund der neu formulierten strategischen Zielsetzungen will die Stiftung ihren kompletten Außenauftritt überarbeiten lassen, „im Sinne einer hohen Nutzerorientierung und einer zielgruppenadäquaten Kommunikation“, wie es heißt. Aus diesem Grund wurde die Ausschreibung „Beratung zur Markenführung, Erarbeitung einer Logosystematik und Erstellung eines Corporate Designs, Gestaltung des User Interfaces und redaktionelle Unterstützungsleistungen für den neuen Webauftritt“ veröffentlicht (evergabe.nrw.de / Vergabeleitfaden PDF).

Hierbei handelt sich um eine deutschlandweite Ausschreibung mit einem einstufigem Verfahren. Darin wird gefordert, dem Angebot einen Logoentwurf, eine Typografie und ein Corporate Design beizulegen. Bei Nichterfüllung dieser Forderung wird die Bewerbung nicht berücksichtigt, wie es den Ausschreibungsunterlagen sowie einer Antwort der Stiftung zu entnehmen ist, letztere wurde dem dt zugespielt. Hier der entsprechende Auszug:

Bieterfrage zur Vergabe: „Es wird ein Konzept inkl. Entwürfe in der Pitch-Phase gewünscht. Jedoch steht in der Unterlagen nichts zur Vergütung. Können Sie uns bitte kurz mitteilen, ob die Pitch-Phase vergütet wird? Wie sind die Logoentwürfe gemeint? Müssen fertige Logos präsentiert werden, oder reichen Scribbles aus?“

Gemäß Kapitel 5.5 Ziffer 2. des Vergabeleitfadens (Anlage 900) hat der Bieter je Los mit seinem Angebot ein auftragsbezogenes Ausführungskonzept einzureichen. Die Erstellung eines solchen auftragsbezogenen Ausführungskonzepts je Los wird nicht gesondert vergütet. Im Rahmen des auftragsbezogenen Ausführungskonzepts zu Los 1 hat der Bieter einen Entwurf für das von ihm gestaltete neue Corporate Design grafisch darzustellen inklusive eines Logoentwurfs und Schriftart(en). Bei der grafischen Darstellung inklusive eines Logoentwurfs reichen Scribbles, Skizzen oder Vorentwürfe aus.

Wieder einmal darf nur jene Agentur auf eine Bezahlung hoffen, die den Zuschlag erhält. Der mit der Ausschreibung verbundene volkswirtschaftliche Schaden ist immens, auch da dieser Fall leider keine Ausnahme ist. An die Adresse von Vergabestellen gerichtet: Ein Corporate Design und die damit einhergehende Konzeption lassen sich nicht so eben mal mit einem Bleistift auf einem Blatt Papier skizzieren. Die Vorstellung, eine solche Arbeit ließe sich mit wenigen Strichen realisieren, ist widersinnig, antiquiert und fern der Praxis. Die Konzeption, Ideenfindung und Kreation eines Corporate Designs ist ein zeitintensiver, aufwendiger und überdies kostenverursachender Prozess, in dem mehrere Personen eingebunden sind.

Die von der Stiftung für Hochschulzulassung (SfH) ausgelobte Ausschreibung fördert nicht Kreativ- und Kulturschaffende, sie nutzt die Leistungsbereitschaft von Kreativschaffenden gnadenlos aus. Und dabei beteuert die Landesregierung von NRW, so ist es beispielsweise der Website wirtschaft.nrw/kultur-kreativwirtschaft zu entnehmen, die Kreativwirtschaft sei eine „Querschnittsbranche mit hohem Innovationspotential, die es zu fördern und zu nutzen gilt“.

Der Umstand, dass die Stiftung eine Ausschreibung durchführt, bei der unentgeltliche Leistungen von Agenturen eingefordert werden, lässt Zweifel an einer Förderungsabsicht erkennen. Derlei Ausschreibungen bewirken das genaue Gegenteil. Die ökonomischen Interessen der an der Ausschreibung Teilnehmenden werden mit Füßen getreten. Und das erzeugt große Frustration auf Seiten von Kreativschaffenden: „Es ist schon zynisch, dass sich Kommunen und Landesregierungen sich einerseits für die Förderung der Kreativwirtschaft einsetzen, andererseits aber selbst ausbeuterisch mit Agenturen umgehen“, so die Reaktion der Agentur, die das dt auf die unfaire Ausschreibung aufmerksam gemacht hat.

Mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit von Kreativschaffenden zu verbessern, setzt das Land Nordrhein-Westfalen, wie im übrigen andere Bundesländer und der Bund auch, mit unterschiedlichen Förderinstrumenten und Wettbewerben wichtige und notwendige Impulse. Es reicht allerdings nicht aus, diese öffentlichkeitswirksam zu kommunzieren. Es müssen, insbesondere im Zusammenhang mit Ausschreibungen, auch die entsprechenden Rahmenbedingungen existieren beziehungsweise geschaffen werden. Das Vergaberecht ist veraltet und gehört modernisiert, professionalisiert und insbesondere auf heute geltende soziale wie ethische Standards hin überarbeitet. Dumpinglöhne oder eben gar kein Lohn/Honorar für Arbeit können wir uns im 21. Jahrhundert als Gesellschaft einfach nicht mehr leisten. Das sind Zustände wie zu Zeiten des Kolonialismus.

Es kann nicht sein, um es einmal bildhaft darzustellen, dass sich ausschreibende Stellen und Unternehmen in der Markthalle von Stand zu Stand ziehend den Bauch voll schlagen, und nur jenen Händler bezahlen, bei dem es ihnen am besten geschmeckt hat. Genau das macht die Stiftung für Hochschulzulassung (SfH)!

Um die Dinge beim Namen zu nennen: Ausschreibende Stellen, die lediglich den Sieger im Rahmen einer Auftragsvergabe entlohnen und dabei alle anderen Teilnehmer, die Leistungen erbracht haben, leer ausgehen lassen, betreiben Ausbeutung!

Gestaltern und Kreativschaffenden kann deshalb nur von einer Teilnahme an derlei unfairen Ausschreibungen abgeraten werden.

Mit Ausschreibungen wie die der Stiftung für Hochschulzulassung wird nicht die Kreativwirtschaft, es wird einzig Dumpingwettbewerb gefördert. Dass heutzutage immernoch ausschreibende Stellen von Unternehmen verlangen und erwarten, umsonst zu arbeiten, ist inakzeptabel. An den Vorsitzenden im Stiftungsrat der SfH gerichtet: Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Holger Burckhart, arbeiten Sie umsonst? Sicher nicht. Wie können Sie erwarten, dass Unternehmen/Agenturen für Ihre Stiftung umsonst arbeiten?!

Verantwortungsvolle Stellen schreiben neben einem Honorar bzw. einer Siegprämie zusätzlich Aufwandsentschädigungen mindestens für diejenigen Teilnehmer aus, die es in die engere Wahl geschafft haben. Als vorbildhaft sei hier die Ausschreibung im Rahmen der Stadtmarke Bochum aufgeführt.

Saynotospec!

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Noch der Hinweis: Weder das nordrhein-westfälische Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie noch das von ihr gegründete Kompetenzzentrum CREATIVE.NRW sind der Bitte um eine Stellungnahme hinsichtlich der Ausscheibung bislang nachgekommen. Sollte diese noch eingehen, werde ich sie nachträglich an dieser Stelle einpflegen.

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