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Rebrush bei SPIEGEL ONLINE

SPIEGEL ONLINE Logo

SPIEGEL ONLINE, mit zuletzt 254 Millionen Visits das Nachrichtenportal mit den zweitmeisten Besuchern hierzulande, hat ein Rebrush erhalten. Ernüchternd, wie sich eine der führenden Nachrichtenmarken in Deutschland anno 2016 im Netz präsentiert.

Erneut lediglich ein „Rebrush“. Oder wie es Chefredakteur Florian Harms bezeichnet, ein Zwischenschritt. Auf einen echten Relaunch wird man bei SPIEGEL ONLINE weiterhin warten müssen. Die letzte signifikante Veränderung am Webauftritt fand damit vor 10 Jahren statt. Eine Ewigkeit im digitalen Zeitalter. Damals wurde von einer linksseitigen Navigationsleiste auf eine horizontale Darstellung umgestellt – eine Art Vorbild, dem unzählige deutschsprachige Nachrichtenangebote folgten.

Seitdem wurden bei SPIEGEL ONLINE regelmäßig kleinere bis kleinste Anpassungen vorgenommen. Der Grundaufbau des Webauftritts kam dabei nie über eine Breite von 860 Pixeln hinaus, so auch jetzt nicht. Mal wurde die Hauptnavigation um eine Farbcodierung erweitert, ein anderes Mal wurde ein neues Template eingeführt. Schließlich gilt es, in Sachen Storytelling nicht den Anschluss zu verlieren. Doch genau dies droht nun.

Auf größeren 16:9-Monitoren nutzt Spiegel.de lediglich 40% (!) der zur Verfügung stehenden Breite. Ein Korsett, in dem sich Reportagen und Geschichten nur bedingt entfalten. Schuld an einer solchen Verschwendung von Fläche ist insbesondere der sogenannte Wallpaper-Werbebanner, von dem der Verlag offenbar nicht loskommt, obwohl es mit Billboard und anderen Formaten eigentlich genug Alternativen gibt, die sich zudem besser in den Content integrieren lassen.

Responsive Design sucht man auch nach den neuerlichen Anpassungen vergeblich, ebenso ein innovatives UI-Bedienkonzept. Dafür kommt nach über 15 Jahren nun nicht mehr die Verdana auf Spiegel.de zum Einsatz, sondern ein eigener Webfont namens SpiegelSansWeb. Ein an LF Spiegel angelehnter Webfont, der dem Webauftritt auch schon vor fünf, sechs Jahren gut gestanden hätte.

Auf Smartphones wird weiterhin eine entsprechend optimierte Version ausgespielt. Zumindest hier macht SPIEGEL ONLINE eine gute Figur. In der App (iOS) wurde allerdings lediglich der Header ausgetauscht (siehe Abb. unten). Alles andere, so mein Eindruck beim Erstbesuch, blieb unverändert. Weiterhin werden (Teaser)Bilder viel zu klein dargestellt. Einen solchen, aus webtechnologischer Sicht, Stillstand vollmundig als „neu erfunden“ anzupreisen, wie es im Rahmen der App-Aktualisierung heißt, ist nicht nur maßlos überzogen, es wirft in der Tat auch die Frage auf, welchen Anspruch der Spiegel Verlag eigentlich hinsichtlich der digitalen Präsenz seiner Zugmarke hat. Ebenso wie MEEDIA-Autor Stefan Winterbauer kann auch ich nicht erkennen, was genau der Verlag im Digitalen erreichen will. Als Impulsgeber wird die Nachrichtenmarke aufgrund der seit vielen Jahren im Web vollzogenen Babyschritte jedenfalls nicht wahrgenommen. Als Beobachter wünsche ich mir mehr Experimentierfreude, als Leser mehr Variabilität.

Last but not least: Auch das SPIEGEL-ONLINE-Logo wurde in diesem Zuge verändert. Eine ebenfalls überflüssige Spielerei. Prägnanter war das Vorgängerlogo, ansprechender auch.

SPIEGEL ONLINE Logo – vorher und nachher

SPIEGEL ONLINE Logo – vorher und nachher

Spiegel.de nach dem Rebrush

SPIEGEL ONLINE Rebrush

Spiegel.de auf Smartphones

SPIEGEL ONLINE App (iOS) (vorher/nachher)

SPIEGEL ONLINE App (iOS)

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Dieser Beitrag hat 51 Kommentare

  1. Wenn die Breite angepasst und der Font im Fließtext einen Tick fetter dargestellt wird, ist es gar nicht so schlecht. Das Hamburger-Menü kann auf dem Desktop wieder entfernt werden (zumindest bei einem Nachrichtenangebot), weil es die Klickrate doch “gefühlt”, deutlich erhöht. Aber das wird SPON beim Tracking schon sehen/messen.

  2. Ich hab zuerst gedacht, ich hätte keine 100% Ansicht im Browser eingestellt … weil ich rechts nahezu nen halben Meter nix hab außer Whitespace … Wird auf jeden Fall wieder sehr werbebannerfreundlich … dieses Smartphone-Navigation Aufgeklappe nervt total. Ist ja nicht so, als hätte man am Desktop-Rechner oder Tablet keinen Platz für ne Navigation …

  3. Als regelmäßiger Nutzer des Portals empfinde ich die Umstellung als Verschlechterung unsbesondere zu Lasten intuitiver Nutzung und optischer Trennung der Themenbereiche. Die Navigation via Hamburger-Menü bei Desktop-Auflösung mag Gewöhnungssache sein, aber wirklich sinnvoll/notwendig ist sie bei einem Nachrichtenportal wohl nicht; bisher nervt mich die Klickerei … insgesamt entsteht bei mir der Eindruck, es seien diverse Verbesserungsmöglichkeiten Sparzwängen zum Opfer gefallen.

    1. Der Spiegel hat meiner Meinung nach kaum noch gute Autoren in seinen Reihen. Das war noch vor wenigen Jahren anders.

      Inzwischen habe ich die Website inzwischen sogar komplett über DNS-Blacklist gesperrt. Ein versehentliches Link-Anklicken möchte ich unbedingt vermeiden, nachdem ich mich bereits einige Monate über die lückenhafte Berichterstattung geärgert habe. Durch diesen verbissen ideologiegetriebenen Standpunkt kam ich mir irgendwann nur noch verarrscht vor. Das geht immer mehr Leuten in meinem Bekanntenkreis so. Ich habe auch schon ewig keinen mehr gesehen, der sich so ein Heft kauft. Allen Nutzern des neuen Layouts wünsche ich dennoch viel Freude.

    2. Was ist das für 1 Design? – “Vorbild” – Ich sehe da leider nur einen wilden, überfrachten Look wie frisch von Themeforest.

  4. Also ich finde die Veränderung furchtbar. Auf meiner Auflösung (800×600) ist alles viel zu groß, und ich musste die Browserlupe von Firefox zum verkleinern nehmen. Auch ist der Kontrast furchbar. Wieso müssen die Klar erkennbaren 3D Knöpfe in einfache Flächen umgewandelt werden, dass man nicht klar erkennt was ein Knopf ist ? Auf einer Internetseite, sollten alle Knöpfe und Textkästchen eine klare Kante haben. Auch sieht das viele weiß und die Pastelltöne sehr Hipsterlastig aus. Man sollte sich als Webentwickler auf die 16 Farben der EGA Grafikkarte begrenzen, alle Zwischentöne sehen “uncomputermäßig” aus. Auch würde eine “schwere”Schriftart mit Serifen dem ganzen mehr Würde verleihen.
    Sie sollten sich mal darüber gedanken machen, wer ihre Zielgruppe ist. Es sind nicht halbstarke Hipster mit Appleprodukten, sondern gebildete Spiegelleser mit Windows-XP oder älter auf einem IBM-PC. Der Goldstandard für Benutzerfreundlichkeit ist Windows 3.1, alles andere sieht komisch aus.
    Es ergibt keinen Sinn, seine Zielgruppe zu vergraulen, um moderner cooler zu werden.

      1. Das war ernst gemeint. Wenn eine Internetseite altmodisch aussieht (starker Kontrast, einfache Farben) wirkt das seriös, weil das – tatsächliche oder scheinbare – Alter erfurchteinflößend ist (Sie ist wichtig, und der Entwickler hat Erfahrung). Wenn eine Seite aussieht, wie Facebook oder ähnliches aussieht wirkt das lächerlich (Hipster ohne HTML kenntnisse zeigt sein Mittagessen).
        [Zappel-GIFs sind eine Ausnahme, alt – aber trotzdem unseriös]
        Auch wenn Hipster (Apple,Facebook..) der neue Trend sind, heist es nicht, das es gut sei ein Hipster zu sein.
        In seriösen Bereichen – wie bei Spiegel Online – wirkt es eher negativ cool zu sein. (Die Hipster-Tochterseite “Bento” hat nicht umsonst so einen schlechten Ruf)

        Ein gutes Beispiel für gelungenes Webdesign ist die folgende Seite :

        https://www.ctyme.com/intr/int-13.htm

        Übersichtlich, guter Kontrast, Steuerelemente sind klar erkennbar, und keine nervige Interaktivität wie Overscroll oder Flash Applets und die Werbung stört nicht. Würde diese Seite aussehen, wie von Apple würde das nicht zum anspruchsvollen Inhalt (und IBM-lastigen(BIOS-API)) passen, und könnte Probleme mit Browsern wie Arachne verursachen.

  5. Ernstgemeinte Frage:
    Gibt es ein wirklich außerordentlich positives Beispiel für die Gestaltung eines Online-Nachrichtenportals? (egal ob national oder international)

    Ich habe das Gefühl, das jeder Verlag den Spagat versucht zwischen Text als Basis der Information und Bildern als Lockmittel, und dabei wirklich jede in eine der beiden Extreme abstürzt.

    Die einen sind vollgestopfte Seiten gepflastert mit Click-Bait und wahllos vermischt mit fragwürdiger Bannerwerbung im Content (siehe stern.de), die anderen verwahrlosen zur Textwüste (siehe spiegel.de).

    Apropos Werbung/Einnahmen: Spiegel Plus finde ich eine gute Lösung, in der Regel verzichte ich auf die Artikel dann einfach oder würde bei großem Interesse wirklich kaufen. stern.de hat sich dazu entschieden, lieber mit Clickbait, nackten Tatsachen und fragwürdiger Bannerwerbung Geld verdienen zu wollen. Dort habe ich (trotz Kampagne, siehe Screenshot) den Adblocker an, weil die Ladezeiten für Wallpaper-Banner und ähnliche Späße schon fast eine Unverschämtheit sind. Viele bringen tut es nicht und bei sinkender Qualität des Contents schaue ich dort mittlerweile deutlich seltener rein.

    1. ich bin mit SZ.de sehr zufrieden. Aktuell, seriös und nach meinem Dafürhalten auch designtechnisch gut gemacht.

    2. Gibt es ein wirklich außerordentlich positives Beispiel für die Gestaltung eines Online-Nachrichtenportals? (egal ob national oder international)

      https://www.latimes.com, https://www.bostonglobe.com/, um nur zwei Beispiele zu nennen. The Boston Globe ist seit 5 Jahren responsiv, LA Times seit zweieinhalb Jahren. Natürlich ist auch https://www.nytimes.com zu nennen, die jedes Jahr bei den WebbyAwards in Sachen People’sVoice vorne liegen. Auch WIRED.com bietet einen grundsätzlich anderen, wie ich meine, spannenderen Zugang als ihn die meisten Verlagsseiten hierzulande bieten.

      1. Sorry Achim, ich muss Martin recht geben. Ich mag die US News Seiten überhaupt nicht. Auch das mit unendlich viel Geld optimierte Design der Washington Post spricht mich nicht an.

        Würde die Zeit die 1024er Optimierung aufgeben (wir haben 2016!!!! was soll das?), wäre es IMO die gelungenste News Seite.

      2. Danke für diese Beispiele, nach so etwas hatte ich gesucht.

        Die Los Angeles Times finde ich hierbei noch am besten gelöst. Sie schafft durch Weißräume eine gute Strukturierung, hat eine übersichtliche/schlanke Schrifthierarchie und bietet durch die Unterteilung in Zeilen eine gute Führung für das “Durchlesen”.

        Bei Boston Globe und New York Times hadere ich mit der Spaltenteilung. Vielleicht geht es nur mir so, aber ich habe das Gefühl das Auge sucht verzweifelt nach Leserichtung und Priorität. Beim Boston Globe fällt mir bei den kleineren Headlines auf Grund der Condensed-Schrift das Lesen schwer, bei der New York Times eher wegen den schmalen Textblöcken. Interessanterweise ist bei der NYT der kleinste Werbebanner in der Fläche größer als das größte Content-Bild (wenn man Videos außen vor lässt), der Contentbereich eines Artikels gerade mal 460 px breit (trotz Intrografik mit 1050 px Breite).

        Bei WIRED bin ich unschlüssig, ich bin Abonnent der gedruckten US-Ausgabe und lese auch auf der Website regelmäßig Artikel die ich durch externe Links aufrufe, wirklich stöbern tue ich dort aber nicht. Sogenannte “Grids” sind ja derzeit im Webdesign sehr beliebt, bei WIRED bilden sie aber manchmal Zeilen, manchmal nicht, genau wie bei Boston Globe und NYT. Mich persönlich stört das wirklich sehr, weil in meinen Augen die Priorisierung durch eine grobe Leserichtung verloren geht (links nach rechts/oben nach unten).

        Und noch eine Anmerkung zur Nutzung der Medien: Viele Websites benutze ich nicht mehr proaktiv, also durch direkten URL-Aufruf und durchschauen, sondern lediglich über den Umweg Facebook. Dort posten WIRED und Co. regelmäßig Updates mit guten Teasertexten und Direkt-Link zum Content, deshalb benutze ich einige Websites regelmäßig, ohne jemals die Startseite zu sehen. Wäre sicherlich interessant, wieviel Traffic bspw. WIRED.com anteilsmäßig durch Facebook generiert.

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