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Porzellan-Manufaktur Meissen ändert im Zuge des Wandels ihr Markenzeichen

Meissen Logo, Quelle: Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen
Meissen Logo

Die Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen, 1710 gegründet und damit älteste Porzellan-Manufaktur Europas, befindet sich in einer Phase der Neuausrichtung. Um den seit vielen Jahren hochdefizitären Staatsbetrieb zu einem profitablen und selbsttragenden Unternehmen zu machen, wurde bereits vor zwei Jahren eine entsprechende Unternehmensstrategie verabschiedet. Ein verändertes Markenzeichen und ein aufgefrischter Markenauftritt sind Ausdruck der neuen Ausrichtung.

Wie kaum eine andere deutsche Marke steht Meissner Porzellan für Luxus und Opulenz. Die in der Porzellanmanufaktur im sächsischen Meißen gefertigten Service, Plastiken und Objekte sind seit je her begehrt und genießen Weltruf. Das Markenzeichen der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meissen, die Gekreuzten Schwerter, ist das älteste in Deutschland registrierte Markenzeichen (1875). Die jüngere Geschichte des ehemaligen volkseigenen DDR-Betriebs ist jedoch wenig rühmlich und leidvoll.

Unter Christian Kurtzke als Geschäftsführer wurde ab 2008 Meissen als Lifestyle-Luxus-Marke positioniert. Statt sich mit der Königlichen Porzellan-Manufaktur in Berlin (KPM) oder etwa Fürstenberg zu messen, stand man nun auch noch im Wettbewerb mit Modelabeln wie Hermès und Gucci (im dt wurde seinerzeit das veränderte visuelle Profil vorgestellt). Neben Porzellan wollte man zusätzlich auch Ledertaschen, Schals, Krawatten, Tapeten und Möbel an die solvente Kundschaft bringen. Die Strategie erwies sich jedoch als millionenschwerer Flop. Mittlerweile haben sich die Verluste, wie das Handelsblatt recherchiert hat, auf insgesamt 52 Millionen Euro angehäuft. In Folge der wirtschaftlichen Schieflage mussten 60 der insgesamt 667 Mitarbeiter das Unternehmen verlassen.

This is Meissen, Quelle: Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen
This is Meissen, Quelle: Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen

2016 begann der Umbruch. Mit Georg Nussdorfer und Tillmann Blaschke wurde eine neue Geschäftsleitung berufen. Via Pressemeldung gab das Unternehmen bekannt, dass man Überkapazitäten und Ineffizienzen konsequent abbauen und den Fokus nunmehr wieder auf die Kernkompetenz Porzellan legen werde. Künftig wolle man sich zudem deutlich mehr an den Bedürfnissen der Märkte und Kunden orientieren. Ein in dieser Offenheit bemerkenswertes Eingeständnis einer über viele Jahren verfehlten Unternehmensstrategie. Die Elastizität einer Marke hat bekanntermaßen ihre Grenzen, wie auch die seinerzeit für die Markenführung Verantwortlichen in einer bitteren Lektion erfahren mussten.

Vor zwei Jahren wurde daraufhin das Designer-Duo Otto Drögsler und Jörg Ehrlich engagiert, für die eigens die Posten der Creative Directors geschaffen wurden. Drögsler und Ehrlich, die 2009 gemeinsam das Modelabel Odeeh gründeten, verantworten seitdem die Ausrichtung der einzelnen Produktwelten wie auch die visuelle Darstellung der Marke. Unter der neuen Kreativleitung soll eine, wie es seitens des Unternehmens heißt, moderne und international relevante Produkt- und Design-Anmutung im Bereich Porzellan vorangetrieben werden.

Meissener Porzellan – neue Formensprache, Quelle: Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen
Meissener Porzellan – neue Formensprache, Quelle: Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen

Wie diese veränderte Design-Anmutung im Detail ausschaut, lässt sich mittlerweile anhand von Kollektionen und Figuren ablesen (Abb. oben). Um das angestaubte Image abzulegen und insbesondere auch jüngere Käufer anzusprechen, wurde zu Beginn eine für Meissener Verhältnisse erschwingliche Kaffeetassen-Serie auf den Markt gebracht. Hinzu kamen ausgewählte Figuren und Objekte, die aus dem firmeneigenen, riesigen Formenarchiv stammen, und die in Bezug auf die Bemalung eine Neuinterpretation und Modernisierung erfuhren.

Neben den klassisch-barocken, zumeist floralen Dekoren beinhaltet das Markenportfolio von Meissen nun auch Tattoo-Ästhetik, Airbrush-Stil und an Pop Art erinnernde Designs, deren grafische Muster zum Teil bewusst im Widerspruch zu den Formen der jeweiligen Figuren stehen. Mut zum Stilbruch, lautet nun das Motto. Mit der Designserie Antarctica, die in Zusammenarbeit mit der chinesischen Produktdesignerin Zhuoyu Hou entstand und die von Asymmetrien und Kanten geprägt ist, hielt zudem eine für Meissen gänzlich neue Formensprache Einzug.

Auch am Markenzeichen selbst ist der Wandel ablesbar. Von der Öffentlichkeit bis dato unbemerkt, wurde im Sommer letzten Jahres das Logo samt Gekreuzter Schwerter ausgetauscht. Die Form der Schwerter ist seitdem schlanker, filigraner; der Kontrast der Linienstärke größer, wodurch der kalligraphische Charakter der Linien verstärkt wird.

Meissen Schwerter – vorher und nachher
Gekreuzte Schwerter – vorher und nachher

Sichtbares Zeichen des Umbruchs ist auch die veränderte Wortmarke. Dank ihrer nunmehr eckigen und dadurch, im Vergleich zum Vorgänger, raumeinnehmenderen Serifen, erweckt der Schriftzug den Eindruck, als seien die Lettern allesamt, wie einst in der Antike die Capitalis Monumentalis, von Hand gemeißelt. Eine typographische Reminiszenz an die Handwerkskunst Meissener Porzellans.

Meissen Schriftzug, Quelle: Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen
Meissen Schriftzug (seit 07/2018)

Der unterhalb der Wortmarke platzierte Zusatz „est. 1710“ – „est.“ steht für das englische Wort established – lässt eine noch stärkere Ausrichtung auf den internationalen Markt erkennen. Dabei steht der durch die Ligatur „st“ erzeugte kleine Schnörkel in spannungsreichem Kontrast zur vergleichsweise kräftigen, weiterhin in Majuskeln gesetzten Wortmarke. Da die Anpassung der Bildmarke evolutionärer Natur ist und auch die Logoarchitektur inklusive zentrischer Ausrichtung fortgeführt wird, ist die Marke als solche weiterhin unverkennbar. Dank Umstellung der Logofarbe von Blau auf Schwarz (wahlweise Weiß) und dem Einsatz weiterer Gestaltungselemente, wie etwa pastellfarbene Hintergründe, ändert sich das Branding jedoch spürbar. Dass der altbackene Look abgeschüttelt werden konnte, liegt insbesondere auch an dem im Herbst letzten Jahres auf ein responsives Design umgestellte Webauftritt meissen.com sowie an der Auffrischung der digitalen Präsenz der Marke insgesamt. Entstanden ist der neue Markenauftritt in Zusammenarbeit mit der Agentur The Gaabs (Berlin).

Mit korrigierter Ausrichtung, effizienterer Fertigung, neuen Kreativdirektoren, die innovative Produkt- und Gestaltungskonzepte anstoßen sowie einem veränderten Markenauftritt, mit dem die Marke ins digitale Zeitalter befördert wird, soll der Umbruch hin zu einem profitablen Unternehmen gelingen. Dies scheint im Hinblick auf die jährlich und zum Teil auf Umwegen vom Freistaat Sachsen bezogenen Steuergelder in Millionenhöhe auch dringend notwendig. Bis 2021, so das Ziel, will das Unternehmen wieder schwarze Zahlen schreiben. Für einige Marktbeobachter ist die abermalige Neuausrichtung des Unternehmens und damit der Erhalt der traditionsreichen Marke die letzte Chance. In den kommenden Jahren wird sich zeigen, ob das Konzept aufgeht und ob die Unternehmensgeschichte der mehr als 300 Jahre alten Porzellan-Manufaktur auf Basis wirtschaftlichen Erfolges fortgeschrieben werden kann.

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Dieser Beitrag hat 18 Kommentare

  1. Finde ich erst einmal gut und liebe es, das es so subtil geändert wurde.

    Mich würde nur mal interessieren, ob die Anwendung des überarbeiteten Markenzeichens, beim Einbrennen in das Porzellan auch so gut funktioniert oder ob es speziell für diese Anwendung doch noch ein fettere Version gibt.

    Gibt es Bildmaterial dazu?

    1. Das „Einbrennen“ ins Porzellan sollte kein Problem darstellen, da das Logo bzw. die Manufakturmarke nicht eingebrannt wird sondern (mittlerweile) mit einem Stempel vor dem Glasurvorgang auf das Porzellan aufgetragen wird. Nach dem Auftrag der Glasur wird das Porzellan nochmals gebrannt. Dieser Vorgang versiegelt dann die sogenannte Unterglasurmarke.

    2. Auch wenn ich Lessa ungemein dankbar für ihren Kommentar bin, ist es in diesem Fall etwas anders. Wie mir auf Anfrage beim Unternehmen mitgeteilt wurde, erfolgt die Auftragung der Schwerter seit 1722 unverändert per Hand und zwar in die Unterglasur. Aufgrund der Handarbeit und dem Umstand, das viele unterschiedliche Maler und Künstler die Objekte gestalten, kann die Darstellung, so meine Schlussfolgerung, also immer nur eine Annäherung an die jeweils gültige Originalvorlage des Markenzeichens sein.

      1. … was bedeuten dürfte, dass es auf dem Porzellan selber keine sichtbaren Veränderungen geben wird. Die Änderungen sind ja vor allem filigraner Natur und betreffen die Spitzen und Enden der Schwerter – bei Handarbeit im kleinen Maßstab praktisch nicht umsetzbar.
        Besonders für diese Handarbeit dürfte das alte Logo günstiger gewesen sein, da es dafür schon eher reicht, vier geschwungene Striche richtig anzusetzen. Um das neue korrekt hinzubekommen, bedarf es da schon mehr Mühe bei diesen charakteristischen Enden von Handschutz und Heft.

      2. Kann ich bestätigen, ich habe den betrieb mal besucht. Das markenzeichen (ohne schriftzug) wird auf jedes stück von hand mit einem feinen pinsel aufgetragen. Damit wird unterstrichen, dass es sich um eine manufaktur handelt und keine fabrik, die großserien identischer stücke fertigt. Die porzellanmaler werden ihren duktus jetzt auch nicht ändern ….
        Beim schriftzug wirken die “S” auf mich irgendwie kopfstehend.

  2. Also mich überzeugt die gesamte Arbeit. Sowohl was das Redesign des Logos selbst angeht als auch die kreativen Ansätze der Erweiterung/ Neugestaltung der Produkte. Beim Durchsehen der Website bin ich auch bei der Serie “Antarctica” hängengeblieben und gewillt, das ein oder andere Produkt zu kaufen. Denn egal, wie gut oder nicht so gut jetzt das Redesign von Logo und Website ausfallen (je nach subjektivem Empfinden), wenn die Produkte einzigartig, edel und qualitativ hochwertig sind, dann ist das der wichtigere Schritt. Und bei dieser Serie trifft das zu 100 % zu.

    Aber wie gesagt, mich überzeugt alles. Hoffen wir mal, dass das Unternehmen nicht kaputt geht aufgrund der Vergangenheit.

    1. So lange der Freistaat immer wieder das Portemonnaie öffnet, wird das “Unternehmen” auch nicht untergehen. Das Prozedere ist ja mittlerweile zu einer Routine geworden.

      Die Rückbesinnung auf die Kernkompetenz kann ich nur befürworten aber ob die “neue” Strategie der Marke hilft, sich zukünftig selbst zutragen, muss sich zeigen. Persönlich haben sie es bei mir verspielt, seit dem sie auf die lokale Wirtschaft mit juristischen Mitteln losgingen.

  3. Sehr schön. Am besten gefallen mir die gewählte Farbwelt. Sehr ansprechend und passend hochwertig zum Unternehmen.

  4. WOW! Durch und durch gelungen!
    Der harmonische Schriftmix vereint Tradition und Gegenwart.
    Sehr passend zum Unternehmen!

  5. Handwerklich auf jedenfall unsauberer als vorher. Gerade die enden des Schwertes. Das sieht doch wie ein Fehler aus. Ist das wirklich so gewollt???? Der Rest ist sehr ansprechend. Aber das bei den Schwertern stört mich. ;)

    1. Auch ich empfinde die Formgebung der neuen Schwerter im Detail als nicht sonderlich gut ausgearbeitet. Insbesondere die Griffenden wirken unfertig (Abb unten). Eine über die gesamte Form durchgehende Logik in Bezug auf den Grad der Rundungen und Bögen ist nicht zu erkennen.

      Meissen Schwerter Detail

  6. Gelungen – bis auf das rudimentäre “established”, was soll die Zahl auch sonst heißen? Das beißt sich unangenehm mit der langen Meissner Tradition, die man gleichzeitig untermauern möchte, wirkt meiner Ansicht nach doch eher wie aus der Denglischkiste von 90er Jahre Provinz-PR gezogen. Es widerspricht, Abkürzung hin oder her, auch dem Minimalismus. Schwerter, Namenszug, Jahreszahl, das wäre perfekter Minimalismus gewesen.

  7. Interessant, wie »staatstragend« doch manche Marken wahrgenommen werden. Ein echter freistaatlicher volkseigener Betrieb – VEB Staatliche Porzellan-Manufaktur Meißen ;) – Da ist dann das Erscheinungsbild schon eindeutiges Wortbild: Schein vs. Sein. Derweil ist Weimar-Porzellan gerade in die Insolvenz verschwunden, der Räumungsverkauf läuft, leider.

    Kahla-Porzellan hält sich dagegen wacker, hat fast alle Subventionen zurückgezahlt, ist Vorreiter in Sachen Design, räumte diverse Preise ab. Mitten in Thüringen. Im Designtagebuch kam es leider noch nie vor, oder? https://www.kahlaporzellan.com/design/designpreise/

    Das ist keine Werbung, nur Info :)

  8. Wer kann mir sagen, von welcher Manufaktur Porzellan mit der Marke:
    Schriftzug Meissen unter einer Kirche (?) mit zwei Türmen stammt?

    1. Soviel hat meine kleine Recherche ergeben: Meissner Ofen-und Porzellanfabrik vormals Carl Teichert / Meissen, 1863 gegründet. Der Stempel mit den beiden Türmen wurde von 1923 bis 1929 verwendet. Anschließend wurde die Manufaktur offenbar im Zuge einer Insolvenz aufgelöst. Mehr über die Geschichte unter Teichert-Werke.

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