In zwei Wochen startet der Automobil-Salon Genf. Das Plakat zur 86. Auflage der Automobilmesse, die vom 3. – 13. März in den Palexpo-Hallen stattfinden wird, ist das erste Motiv einer Serie, mit der der Veranstalter eine, wie es in der Pressemeldung heißt, „Brand Image-Konsolidierung“ betreibt.
Was den Entstehungsprozess zum Plakat betrifft, haben die Organisatoren mit einer hundertjährigen Tradition gebrochen. Anstatt das Plakatmotiv im Rahmen eines Wettbewerbs zu ermitteln, wurde erstmals eine Agentur direkt mit der Gestaltung beauftragt. Der Gestaltungsqualität hat es jedenfalls nicht geschadet, im Gegenteil. Das Plakat wurde von der Zürcher Agentur Wirz Corporate entworfen, die 2014 bereits das neue „Motor Show“-Markenzeichen entwickelt hatte.
Auszug Pressemeldung
„Die ganz in orange gehaltene, sportlich gewölbte Kühlerhaube wird von einem zentralen Lufteinlass dominiert und einem Xenon-Scheinwerfer mit LED-Einfassungen flankiert. Der zeitlose Supercar ist mit der Unterstützung von Mark Stehrenberger entstanden. Stehrenberger ist ein bekannter Schweizer Automobildesigner, der sowohl am Art Center College of Design in Pasadena, Kalifornien (USA) als auch am Art Center of Design in Vevey (Schweiz) unterrichtete. Das Auto wurde im 3D-Verfahren entworfen. In den kommenden Jahren werden weitere Ausschnitte aus anderen Blickwinkeln zu entdecken sein.“
Erster Blick: “Joar… Ist halt n Foto von einer Karre.”. Zweiter Blick nach dem Text: “Uuuuh! Nice! In 3D extra designtes Einzelstück!” – Leider werden viele Betrachter des Plakates die wirklich coole Hintergrundgeschichte wohl nicht erfahren (Erfahren. Wortwitz. MotorShow. Ist klar, oder?). Ich find es immer ein wenig schade, wenn der Gestaltungsprozess und die großartige Idee dahinter nicht gewürdigt werden. So übrigens auch beim Plakat zur Kieler Woche 2016.
Ich könnte mir schon vorstellen, dass Autofans beim Anblick des Plakats ordentlich diskutieren werden, um welches Auto es sich handeln könnte – tolle Idee.
Muss mich Christian anschließen. Das extra ein virtuelles Auto für die Plakate entworfen wurde ist schon sehr beindruckend. Allerdings wirkt das Plakat ohne dieses Vorwissen eher uninspiriert: Foto im Hintergrund, zentriert gesetzte Typo darüber. Funktioniert in der Zielgruppe sicherlich ganz gut, dennoch ist der künstlerische Wert im Vergleich zu den experimentelleren Ergebnissen der vergangenen Jahre, schon deutlich geringer.
Das Bildmotiv ist echt heiß, selbst auf mich als Bezinverweigerer übt das eine echte Anziehungskraft aus. Das liegt nicht nur an dem Produktdesign sondern auch an Bildausschnitt Komposition und Farben.
Die Typografie finde ich hingegen ziemlich uninspiriert, könnte so auf jedes Thema angewendet werden. Auch die Fernwirkung der Schrift ist schwach. Textinhalt und Logo sind irgendwie redundant.
Wirklich tolles Bild, vom Bildausschnitt als auch von der Farbe, wie schon gesagt sehr toll!
Typo find ich zwar »ok«, man hätte sie aber nicht über das komplette Motiv klatschen dürfen, das zerstört das Bild meiner Meinung nach ziemlich. Wäre anders zb. linksbündig schöner und auch dynamischer/flotter gewesen, was ja bei Autos durchaus passen würde!
Wow! Fantastisch! Ein eigens gestaltetes Auto für ein Plakat, von dem man einen Ausschnitt sieht – klasse!
Was für ein Schrott! Kein Mensch, der das Plakat betrachtet, wird erkennen, dass es sich um ein eigens entworfenes Auto handelt. Warum auch? Und dann die Typo. Ernsthaft? So eine lachhaft zentriert gesetzte Typo über einem Hintergrundbild. Das ist unterirdisch. Wenn ich das im ersten Semester abgelegt hätte, wäre ich über ein “Nett, aber neumachen” nicht hinausgekommen. Grässlich, so eine Einfallslosigkeit, sind doch bei der Veranstaltung immer wieder Glanzpunkte des Plakatdesigns herausgekommen…
Das Plakat als Erstsemsterarbeit abzukanzeln wird der Gestaltung nicht wirklich gerecht. Die Kritik scheint mir deutlich überzogen. Abgesehen davon dürften die Allerwenigsten in ihrem ersten Semester ein solches Rendering hinbekommen, weil es neben räumlichen Denken umfassendes Wissen in Sachen Lichtquelle, Materialbeschaffenheit, Kamera und Farbwirkung voraussetzt sowie die Fähigkeit, dieses Wissen auch handwerklich so umzusetzen, dass es ästhetischen Ansprüchen genügt.
Die Kritik von @Gnadenlos bezieht sich bestimmt auf die Geamtgestaltung und da muss ich ihm recht geben. Wenn denn das Rendering professionell ist, so wird das in keinster Weise von der typofrafischen Gestaltung reflektiert. Allein das Logo der Motor Show ist das Gegenteil von modern. Als Gardine über das Motiv gelegt zerstört die Typografie die spannungsreichen Kurven des Motivs.
Keine Frage, die Typo hätte man sicherlich spannungsvoller platzieren können, eben so, dass sie die Formgebung des Fahrzeugs betont.
Mich würde gleichwohl interessieren, lieber Jürgen, was aus Deiner Sicht am Logo der Motor Show, das übrigens von der selben Agentur gestaltet wurde, unmodern ist.
Unmodern ist bestimmt der falsche Ausdruck; die Schriftgrößen-Verhältnisse der Zeilen sind allerdings ganz grauslich. Musste ins Carée passen – das Ergebnis ist reinstes Kuddelmuddel.
Wobei ich auch immer an 80ies denken muss bei der Schrift, schmeckt ein bisschen nach Gill, oder so …
Dann will ich es mal versuchen:
Man hat zwar eine modernistische Serifenlose genommen, diese aber so eng gesetzt, dass das ganze Markenzeichen auf Distanz sehr schlecht lesbar wird. Zusätzlich ergeben sich dadurch zwangsläufig unvermeidbare optische Lücken (EV).
Der rechte Rand, der buchstabenbedingt dreimal mit einer Diagonalen schließt und einmal mit der offenen L-Form konterkariert die eigentliche Absicht einer quadratischen Fläche – da fehlt eine ruhige, abschließende rechte Kante. Wäre das Ganze sorgfältig spationiert, mit großzügigem Buchstabenabstand, würde dieser Mangel viel weniger auffallen und auch nicht stören.
Der Bis-Strich zwischen 5 und 15 ist zu kurz und sitzt zu tief (in dieser https://www.designtagebuch.de/internationaler-auto-salon-genf-lanciert-motor-show-markenzeichen/ Zusammensetzung).
Auf dem jetzigen Plakat fällt das mangelnde typografische Feingespür bei dieser Marke erst so richtig auf, wenn darunter der Text in derselben Schriftart und Farbe gesetzt eine viel größere Zurichtung erfährt.
Ich halte diese Schrift für nicht modern, die den Geist der 1930er bis 1950er Jahre atmet. Für eine Oldtimer Show vielleicht die passendere Wahl. Aber das hier hat für mich nichts mit Fortschrittsgedanken zu tun – was in der Automobilindustrie aber auch gewollt sein kann, genau dieses zu demonstrieren. Das wäre jedoch eine andere Diskussion, die wir über fossilverbrennende Ungetüme führen müssten …
Danke Jürgen, für Deine Ausführungen!
Unausgewogene Buchstabenabstände sind nicht schön. Man sollte sie nicht wegreden … aber sie gehören auch nicht über Gebühr betont. Unter dem Aspekt, ob das Logo Modernität signalisiert, spielen sie meines Erachtens eine untergeordnete Rolle. Ich würde vermuten, dass es in der Wahrnehmung derer, die als Zielgruppe angesprochen werden sollen, als durchaus modern wahrgenommen wird, vielleicht sogar als moderner als beispielsweise das IAA-Logo. Mehrzeilige Typologos bzw. Blocksatz-Wortmarken liegen jedenfalls im Trend, wie ganz aktuell das heute im dt vorgestellte Logo der New York Philharmonic zeigt, was freilich als Nachweis kaum taugt, allerdings deshalb als Hinweis hilfreich ist, weil mir das Anlegen mit dem Typometer zu sehr aus der Gestalterperspektive gedacht erscheint.
Zumal wenn Begriffe wie Erstsemester (oder wahlweise Praktikant) in dieser Verwendung als Floskel fallen, tut ein Perspektivwechsel manchmal gut.
Ich bin der letzte, der ein Typometer anlegen würde. Mir geht es zuerst einmal um den Gesamteindruck (die Detailkritik untermauert nur, warum die Sache nicht so gut funktioniert). Und auf einheitliche Länge gepresste Wortzeilen ist nun wirklich nichts modernes, sondern ein ziemlich alter Hut. Das taugt mir nicht, um mit dem Anspruch der Modernität daherzukommen. Eine andere Schriftwahl könnte bei dieser Gestaltung weniger altbacken wirken, wer weiß.