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Peter Schmidt Group stellt sich inhaltlich und visuell neu auf

Peter Schmidt Group – Corporate Design, Logo, Quelle: Peter Schmidt Group
Peter Schmidt Group – Corporate Design, Logo, Quelle: Peter Schmidt Group

Die Marken- und Designagentur Peter Schmidt Group, seit 2006 Teil von BBDO, positioniert sich unter dem Motto „Amplified Imagination“ strategisch neu. Bestandteil der geschärften Positionierung ist eine unter dem Namen PSG Imagine geführte eigenständige Innovations-Unit, ebenso ein auf technologische Angebote, kreative Exploration und Diversität hin ausgerichteter neuer Markenauftritt.

Die Peter Schmidt Group geht auf die Gründung der Peter Schmidt Studios zurück, vom Hamburger Designer Peter Schmidt im Jahr 1972 mit Schwerpunkt auf Packaging Design ins Leben gerufen. 2006 verkaufte Peter Schmidt seine Anteile an der Peter Schmidt Group an die BBDO, einem weltweit agierenden Unternehmen und Netzwerk von Werbe-, Marketing- und Designagenturen.

Seit 2003 ist Norbert Möller (seit 1992 im Unternehmen) Executive Creative Director der Peter Schmidt Group. Die Agentur verfügt über Büros in Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt, München, Tokio und Lissabon und wird von Lukas Cottrell (Managing Partner) und Ruediger Goetz (Managing Director) geführt. Heute deckt die Agentur mit ihren derzeit rund 220 Mitarbeitern die Bereiche Brand Strategy, Corporate Design, Packaging Design, Interactive Design, Brand Spaces, Corporate Architecture, Corporate Sound, Naming und Implementation ab.

Peter Schmidt Group – Brand Design, Website, Quelle: Peter Schmidt Group
Peter Schmidt Group – Brand Design, Website, Quelle: Peter Schmidt Group
Peter Schmidt Group – Brand Design, Website, Quelle: Peter Schmidt Group
Peter Schmidt Group – Brand Design, Website, Quelle: Peter Schmidt GroupPeter Schmidt Group – Brand Design, Website, Quelle: Peter Schmidt Group

In diesem Jahr richtet sich die Peter Schmidt Group inhaltlich neu aus, und trägt dies mit einem weiterentwickelten Markenauftritt nach außen. Angesichts eines sich radikal verändernden Umfelds die logische Konsequenz, findet Lukas Cottrell: „Wir erleben einen Paradigmenwechsel im Branding. Hin zu neuen Plattformen, Interfaces und Technologien. Unsere Kundinnen und Kunden erwarten, dass wir in diesem Kontext ein Angebot formulieren, das einen positiven Beitrag zu ihrer Geschäftsentwicklung leistet. Und genau das machen wir.“

Auszug der Pressemeldung

Mit ihrer neuen strategischen Ausrichtung und einer eigenständigen Innovations-Unit verbindet die Peter Schmidt Group technologische Expertise mit der Kraft der kreativen Idee. Beides drückt auch der neue Markenauftritt der Agentur aus. Der Elefant als Logotier wird detaillierter, diverser – und zum Ideengeber für einen einzigartigen Corporate Sound. […] Technische Innovation braucht die Kraft der kreativen Idee. „Die Zukunft gehört Marken voller Charakter und Persönlichkeit – und diese können nur von Menschen mit ihrer Fähigkeit zur Empathie entwickelt werden. Technologie kann diese Rolle nicht übernehmen, aber zweifelsohne ein wichtiger Verstärker menschlicher Ideen sein“, so Lukas Cottrell. Ein Selbstverständnis, das der neue Claim der Agentur – „Amplified Imagination“ – auf den Punkt bringt.

Der Elefant, seit je her das Marken- und Erkennungszeichen der Agentur – die Ursprungsversion hatte Peter Schmidt 1972 entworfen –, wurde überarbeitet und ist nun detailreicher als bisher. Aus dem afrikanischen Elefant ist offenkundig zudem ein indischer Elefant geworden, der sich nun samt dekorierter Decke im Festgewand präsentiert.

Peter Schmidt Group Logo – vorher und nachher, Bildquelle: Peter Schmidt Group, Bildmontage: dt
Peter Schmidt Group Logo – vorher und nachher, Bildquelle: Peter Schmidt Group , Bildmontage: dt

Je nach Bürostandort wechselt das grafische Muster der Decke des Elefanten: ein Rautenmuster für München, Azulejo-Fliesen für Lissabon. An die Stelle eines einzelnen Tieres trete eine diverse Elefantenherde, wie es in der begleitenden Pressemeldung heißt. „Kraftvoll, charakterstark und selbstbewusst wie nie zuvor“.

Peter Schmidt Group – Type, Quelle: Peter Schmidt Group
Peter Schmidt Group – Type, Quelle: Peter Schmidt Group
Peter Schmidt Group Logo, Quelle: Peter Schmidt Group
Peter Schmidt Group – Brand Design, Website, Quelle: Peter Schmidt Group
Peter Schmidt Group – Type, Quelle: Peter Schmidt GroupPeter Schmidt Group Logo, Quelle: Peter Schmidt GroupPeter Schmidt Group – Brand Design, Website, Quelle: Peter Schmidt Group

Im Rahmen des Rebrandings wurde auch die Wortmarke überarbeitet. Diese kombiniere eine zeitgemäße serifenlose Schrift mit Charakteristika, die subtil Merkmale des Elefanten aufgreifen, so die Agentur. Mit der in Eigenkreation gezeichneten PSG Grotesk als neue Hausschrift (Abb. oben) setzt die Peter Schmidt Group im Typographischen auch an anderer Stelle neue Akzente. Modern und zukunftsweisend seien auch alle anderen Elemente des Designsystems, etwa die neu geschaffene Bildwelt, die organische Motive und digitale Animationen umfasst.

Ein in Zusammenarbeit mit der Sound-Branding-Agentur TRO kreierter Corporate Sound wird die Agenturkommunikation fortan begleiten und unterstützen. Für das vielfältige Set an Klangelementen und Sounds wurden als Kompositionsquelle unter anderem die tieffrequenten Laute kommunizierender Elefanten genutzt, die sogenannten Rumbles.

Der bisher monochrom schwarz-weiße Markenauftritt wird um neue, energetische Farbakzente ergänzt. „So entsteht ein spannungsreicher Kontrast“, erläutert Damerius. Das neue Blau werde zudem mit neuen Technologien assoziiert.

Neue Technologien stehen auch im Fokus der eigenständigen Innovations-Unit namens PSG Imagine. Diese entwickelt in den Bereichen Digital Innovation, Brand Innovation und Service Innovation KI-gestützte Prototypen, implementiert Tools in Produktivprozesse und gestaltet Markenerlebnisse als lebendige Interaktion. „Kreative Exploration ist für Marken unverzichtbar, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein“, so Lukas Cottrell.

Kommentar

Agenturen, insbesondere auch selbstständig Kreativschaffende, dürften das kennen: vor lauter Arbeit und Kundenprojekten bleibt für die eigene Positionierung, strategische Ausrichtung und Selbstdarstellung/Eigenvermarktung mitunter kaum Zeit. Aktuell scheinen namhafte Agenturen wieder mehr Zeit und Energie in ihre Außendarstellung zu investieren, siehe auch Wolff Olins und (10/2023) Landor (12/2023).

In Hamburg (und den zugehörigen Büros) hat man sich, diesen Eindruck vermitteln jedenfalls die begleitenden Visuals und Videos, intensiv mit der Frage beschäftigt: wer sind wir und was wollen wir wie kommunizieren? Understatement im schwarz-weißen Monochrom-Look war gestern. Ultramarinblaue Farbakzente, eine breit-aufgestellte, expressive Type (zumindest expressiver als bisher) und reichlich Bewegtbild, das mit digital-phrasierten Rumble-Lauten unterlegt ist, gehören fortan zur Persönlichkeit der Peter Schmidt Group. Ein Branding, das Selbstbewusstsein vermittelt, auch Explorationsfreude, Agilität, Digitalität. Insbesondere die Type, mit betont breit laufenden Lettern, die über einen hohen Strichstärkenkontrast verfügen, sowie die zur Illustration tendierende Elefanten-Bildmarke mit Kupferstich-/Gravuranleihen sorgen dafür, dass die Technologie-Zugewandtheit nicht technisch-kalt, nicht artifiziell wirkt. Sehr fein gemacht.

P.S.
Ob wir derzeit einen Paradigmenwechsel im Branding erleben, Schlagwort KI und Stichwort KI-Bildgeneratoren, weiß ich nicht. Darüber kann man diskutieren, auch ob dieser Begriff passend ist. Letztlich kommen seit Jahrzehnten fortwährend andere, neue Werkzeuge hinzu, mit denen wir als Kreativschaffende umzugehen lernen. Transformation, zugegebenermaßen etwas abgenutzt, erscheint mir als Begriff passender, auch bezogen auf das fundamental (nicht radikal) veränderte Umfeld, und der sich daraus ergebenden graduell (nicht abrupt) verändernden Rezeption von Markenkommunikation. #Debatte

Mit Blick auf die schier endlose Anzahl digitaler Werkzeuge, Hilfsmittel, Instrumente, Plattformen, Hubs und Apps, und der Frage, welche der Werkzeuge maximalen Nutzen (für die Marke) einbringen, darf und sollte bei aller notwendigen und sinnvollen Ausrichtung auf Technologie-Offenheit und -Zugewandtheit eines nicht vergessen werden: Wir selbst sind Werkzeug.

Ein Werkzeug in einem System, in dem Politik gemacht wird. Firmenpolitik. Meinungslenkung ist in diesem System ein Ziel (Verführung wäre ein positiv konnotierter Begriff hierfür). Brand-Designer und Markenexperten sind beauftragte Mittler, die Unternehmensbotschaften in textliche, visuelle und akustische Sprache übersetzen, um so die vom Unternehmen definierten Ziele zu erreichen. Der Grat zwischen (erlaubter) Überhöhung/Übertreibung und (bewusster) Täuschung/Fake/Lüge ist dabei schmal – mit KI ist dieser noch schmaler geworden. Aus der Erkenntnis heraus, selbst Werkzeug zu sein, erwächst Verantwortung. Und Ethik. Beides Werte, die Ausdruck eines starken Charakters sind, einer starken Persönlichkeit, als Marke, Unternehmen/Agentur und als Individuum.

Mediengalerie

Dieser Beitrag hat 8 Kommentare

  1. Zum Re-Design: Gefällt mir gut. So ziemlich alles richtig gemacht. Der Elefant schaut in die Schrift hinein und läuft ihr nicht mehr davon, wie in der alten Version. Ob die Detailverliebtheit und Kleinteiligkeit bei der “Satteldecke” wirklich nötig gewesen wäre? Ich empfinde die Illu dadurch etwas überladen und “overdone”.

    Zum Kommentar: Maler benutzen Farbe und Pinsel, Designer und Grafiker benutzen Computer. Sie verwenden diese Dinge als Werkzeuge. Doch inwiefern sollten Designer selbst “Werkzeuge” sein? Werkzeuge von wem?
    In meinen über 35 Jahren als Markendesigner habe ich mich immer als Schöpfer und Kreator empfunden, doch niemals als Werkzeug. Weder eines Kunden, einer Agentur oder einer Ideologie. Also hier ein entschiedenes VETO! :-))
    Gruß aus Wien!

  2. Oha. Importieren die Tee aus Indien? Sehr viel Werbe-Sprech, ohne dass hier über den Elefanten im Raum (sorry, Wortwitz) Kolonialismus, Exotismus und kulturelle Aneignung gesprochen wird. Manchmal erstaunlich wie wenig selbstreflexiv Grafikdesign in 2024 sein kann.

    1. Antwort vom Moritz auf Max:
      Ist was dran. Obwohl mir Kampfbegriffe wie ‘Kulturelle Aneignung‘ eher fremd sind.

      Fun fact: Die Bayernraute auf dem vom Afrikanischen zum Indischen Elefanten gewandelten Grau- oder besser Blautier, darauf muss man erstmal kommen. /s

      Ich suche grade noch den Zusammenhang mit Elefant an sich. Wieso wurde einst das gutmütige, soziale Tier, das in kleinen Herden im Matriarchat lebt (Bullen müssen alleine klarkommen …) , genommen? Wieso wurde es indisch? Außer im Film mit „Amplified Imaginations. Character. Craft.“ und im Menüpunkt ‚Karriere“ „Want to be part of our herd?“ fand ich nichts

    2. D’accord! Auch mein erster Gedanke beim Anblick des Elefanten. Hat da wirklich niemand im ganzen Prozess mal die Frage aufgeworfen, ob man sich wirklich so schmücken will? Nicht sehr reflektiert und auch nicht modern (nicht im grafischen Sinne, sondern im ideellen).

      @Moritz: kulturelle Aneignung kann man nur dann als “Kampfbegriff” bezeichnen, wenn man selbst nicht betroffen ist. Das ist schon eine durchaus privilegierte Sicht auf die Dinge.

    3. Wir können gerne im dt über kulturelle Aneignung im Kontext Design sprechen. Sachlich.

      Zunächst an Moritz: Die Figur des Elefanten geht auf Peter Schmidt zurück, wie dem Artikel zu entnehmen ist. Die Verpackung für eine Teesorte namens „White Elephant“ (Abb. unten) war 1972 seine erste Arbeit als selbstständiger Gestalter. In den Folgejahren wurde der Elefant zu einer Art Symbolfigur, später dann auch zum Markenzeichen. Vom Ursprung her ist der Elefant ein indischer.

      White Elephant Teedose (Peter Schmidt)White Elephant Teedose (Peter Schmidt)

      Gerade bei einem Begriff wie kulturelle Aneignung, der derart ideologisch aufgeladen und umkämpft ist – in der Tat ein Reizwort, ein Kampfbegriff – sind polemische Aussagen wenig sachdienlich. Polemik erschwert den konstruktiven Austausch.

      Anhand der Produkthistorie von White Elephant ist zu erkennen, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Person Peter Schmidt, der heutigen Agentur Peter Schmidt Group (PSG) und aus Indien importiertem Tee besteht.

      Darüber hinaus bestehen, auch dies lässt sich mit geringen zeitlichen Aufwand recherchieren, zahlreiche weitere Verbindungen, Verflechtungen und Verknüpfungen zwischen der Person, der Agentur und Asien. In Tokio ist die PSG mit einem Büro vertreten, hält somit intensive Geschäftsbeziehungen nach Japan, mit Kunden wie etwa Panasonic und Shiseido. Mehr noch: „Die japanische Kultur ist fest im Selbstverständnis der Agentur verankert“, (Beitrag „Japanische Furoshiki-Kultur mit Upcycling“).

      Peter Schmidt selbst hat in einem lesenswerten Interview gegenüber der SZ erklärt, viele seiner Vorbilder lägen in Asien. Als Leser erfährt man, dass Schmidt Haiku schätzt, und dass er Tapisserien aus Tibet und Buddha-Statuen sammelt. Die Verbindungen sind zahlreich, und sie sind, wie ich meine, leicht zu erkennen.

      Zum Thema kulturelle Aneignung. Kulturelle Aneignung (Cultural Appropriation) liegt einer weit verbreiteten Definition nach vor wenn…

      sich Kultur A von Kultur B etwas aneignet, gleichzeitig Kultur A der Kultur B in ihrem Machtpotenzial stark überlegen ist, es also eine koloniale oder Ausbeutungsgeschichte gibt, und zudem Kultur B klar zum Ausdruck gebracht hat, die Übernahme durch Kultur A nicht zu wollen.

      Die Debatte über kulturelle Aneignung hat ihren Ursprung in den USA, und zwar im Kontext indigener Menschen und der Gruppe der People of Color. Seit gut 40 Jahren wird das Phänomen von Soziologen und Kulturwissenschaftlern untersucht, in den letzten Jahren auch verstärkt in europäischen Ländern. In Deutschland wurde zuletzt das Tragen von verfilzten Haaren (Dreadlocks) in den Medien thematisiert. Die Ortsgruppe Hannover der Klimaschutzbewegung Fridays for Future hat im März 2022 das geplante Konzert der Musikerin Ronja Maltzahn kurzfristig untersagt. Es sei nicht vertretbar, so die Begründung, „eine weiße Person mit Dreadlocks auf der Bühne zu haben“. Viele andere Themen wurden in den Medienkanälen (Print/Zeitung, Online, SocialMedia, TV, Radio) zuletzt in Deutschland diskutiert, mitunter sehr hitzig. Etwa, ob Kinder zum Karneval Indianerkostüme tragen dürfen, oder ob Restaurantbesitzer die Bezeichnung Zigeunerschnitzel von der Speisekarte streichen sollten.

      Dabei wird die Debatte um kulturelle Aneignung, von jenen, die sie anstoßen, „vor allem, wenn nicht ausschließlich, im Modus der Verbotsrede geführt“, so Journalist und Buchautor Jens Balzer. Der Vorwurf: wer kulturelle Aneignung betreibe, mache sich des Diebstahls schuldig.

      Sehr vieles wird dabei übersehen. Auch weil Diskussionen, dem Prinzip der Algorithmen folgend, immer hitziger, lauter und aggressiver geführt werden. Was ein grundsätzliches gesellschaftliches Problem darstellt. Denn das System schürt und fördert Hassrede. Dem anders Denkenden zuhören – dazu sind offenbar immer weniger Menschen bereit. Argumente dringen kaum noch vor. Es herrscht Empörungskultur. Lieber unterstellt man dem Anderen hässliche Dinge, als sich die Zeit zu nehmen, sich oder den Anderen zu fragen, wie denn eigentlich das Gesagte, Gezeigte und Dargestellte gemeint und intendiert sei. Es werden Dinge aus dem Zusammenhang gerissen (Dekontextualisierung), Meinungen als Fakten ausgegeben, und Desinformation verbreitet. Die Frage nach der Implikationen wird in der Regel nicht gestellt. Dabei wäre dies das erste Gebot. Respektvollen Umgang einfordern, gleichzeitig respektlos auftreten, indem man rassistische Gesinnung unterstellt, ohne jegliche Belege für eine solche, beißt sich. Das sollte klar sein.

      Kulturelle Aneignung ist voller Symbolik und Zeichen. Die enorme Medienaufmerksamkeit wie auch die starke Emotionalität, die die Debatte ausmachen, zeugen von der großen Bedeutung, die wir Menschen Symbolik und Zeichen beimessen, auch einzelnen Worten, Namen und Bezeichnungen. Zeichen wie Federschmuck und Dreadlocks sind an Identität gebunden. Ähnlich wie Logos von Unternehmen, könnte man sagen. Derlei Zeichen (Semiotik) repräsentieren nicht nur etwas, sie sind nicht nur Stellvertreter für Dinge, sie repräsentieren auch jemanden, sie repräsentieren Menschen, Gruppen oder einzelne Individuen. Die „Washington Redskins“ haben vor dem Hintergrund der Debatte um Cultural Appropriation Anfang 2022 ihren Franchise-Namen in „Washington Commanders“ und gleichzeitig ihr Logo von einer Indianerkopf-Darstellung hin zu einer W-Bildmarke geändert.

      Im Rahmen eines Diskurses rund um Kulturelle Aneignung halte ich es für wesentlich, zunächst einmal zu klären, WER den Vorwurf der kulturellen Aneignung äußert. Denn es macht einen Unterschied, ob a) der Vorwurf aus der Gruppe jener Menschen erhoben wird, die der Meinung sind, ihre Kultur wird in inakzeptabler Weise übernommen oder b) ob jemand anderes diesen Vorwurf erhebt, ob mit diesem Statement einer Kritik an der Aneignung vorgegriffen wird.

      Auch für den deutschen Sänger Gentleman, der sich jüngst ebenso wie viele andere Künstler dem Vorwurf ausgesetzt sah, er betreibe kulturelle Aneignung, da er auf Patois singt, einer auf Jamaika verbreiteten Kreolsprache mit englischen Wurzeln, ist wesentlich, wer den Vorwurf erhebt. In einem Spiegel-Interview antwortet der Sänger auf die Frage, ob er ans Aufhören gedacht habe: „Wären die Schwingungen, die es jetzt gibt, aus Jamaika gekommen, dann hätte ich schon daran gedacht, dass es nicht mehr weitergeht“. Bei Konzerten außerhalb Jamaikas verzichtet der Sänger mittlerweile darauf, zwischen den Songs in Patois zu sprechen, wie er das früher tat.

      Im konkreten Fall (indischer Elefant) stellt sich also die Frage: in welchem Namen spricht Max? Wer hat den Vorwurf legitimiert? Auch aufgrund des Vornamens würde ich davon ausgehen, dass keine Gruppe von Menschen indischer Herkunft diesen Vorwurf legitimiert hat. Ähnlich wie im Fall Ronja Maltzahn wird nicht aus der Gruppe der Betroffenen heraus der Vorwurf erhoben, vielmehr wird dem Statement, kulturelle Aneignung finde statt, vorgegriffen. Wobei im konkreten Fall nicht einmal der Versuch unternommen wurde, den Vorwurf in irgendeiner Form zu begründen, bislang jedenfalls nicht. Es wurden lediglich in pauschalisierender Weise die drei Reizworte Kolonialismus, Exotismus und kulturelle Aneignung platziert, und geäußert, Grafikdesign in 2024 sei wenig selbstreflexiv. Die Möglichkeit, dass die Herkunft der Symbolik des Decke tragenden Elefanten innerhalb der Agentur thematisiert und diskutiert worden ist, wird dabei ausgeblendet beziehungsweise gar übersehen. Dass ein so oberflächlicher, polemischer und pauschalisierender Kurzkommentar gleich mehrfach Zuspruch erfährt, ist im Umfeld Social Media die Regel. Hier im dt finde ich dies mehr als schade.

      Abschließend meine persönliche Einschätzung in Bezug auf das Thema kulturelle Aneignung grundsätzlicher Art.

      Kulturelle Aneignung ist, dies wird meines Erachtens auch anhand der aufgezählten Beispiele Gentleman und Ronja Maltzahn deutlich, vielfach Ausdruck von Wertschätzung und Anerkennung. Auch dies wird leicht übersehen. wenn kulturelle Aneignung erfolgt, obschon Angehörige der betroffenen Kulturgruppe artikuliert haben, durch die Übernahme würden rassistische und diskriminierende Botschaften und stereotype Bilder transportiert, dann ist es wichtig, dass sich Kulturgruppe A mit Kulturgruppe B austauscht. Um sich über derlei Symbole und Zeichen zu verständigen. Nur so kann letztlich gesellschaftliches, interkulturelles Miteinander gelingen. Im Austausch. Nicht durch Verbote, nicht durch Absagen. Sondern durch Verständnis.

      So wie beispielsweise die Macher der Karl-May-Aufführungen in Bischofswerda auf Angehörige der indigenen Gruppen zugegangen sind, um mehr Verständnis und Kenntnis für die Kultur der in den USA lebenden Indigenen aus erster Hand zu erfahren. Im Bemühen, stereotype Darstellungen zu vermeiden. Nachzuhören im Podcast „Winnetou ist kein Apache“.

      Womöglich wird man im Austausch erfahren, so wie beispielsweise im Zusammenhang mit Sinti und Roma, dass auch innerhalb einer kulturellen Gruppe nicht immer mit einer Stimme gesprochen wird, es keine einheitliche Position, sondern mehrere unterschiedliche Positionen und Auffassungen gibt. So lehnt der Zentralrat der Sinti und Roma den Begriff „Zigeuner“ durchweg ab, während andere Menschen, die dieser Gruppe angehören sagen, für sie sei Zigeuner keine diskriminierende Bezeichnung. Auch dies ein Erkenntnisgewinn.

      Darum geht es doch. Sich Wissen aneignen. Von anderen Kulturen lernen. Auch indem man sich Aspekte einer Kultur aneignet. Die Frage ist meines Erachtens daher nicht, ob kulturelle Aneignung berechtigt ist, sondern wie man richtig aneignet. Wir sprechen nicht über Enteignung, sondern über Aneignung. Ein in vielerlei Hinsicht positiv konnotierter Begriff, vom juristischen Sprachgebrauch einmal abgesehen. Der Austausch von Wissen und Technik bildet die Basis jeden kulturellen Fortschritts. „Jede Art der Kultur ist schon immer aus der Aneignung anderer Kulturen entstanden“, schreibt der Autor Jens Balzer. „Kultur ist Aneignung“, diese Auffassung vertritt unter anderem auch die von der Bundesregierung für Kultur und Medien geförderte Initiative kulturelle Integration. Ich teile diese Ansicht.

      Die Adaption anderer Kulturen bereichert die eigene. Im Design und in den Künsten ist kulturelle Inspiration zentral. Inspiration aus fremden Kulturen schöpfen, insbesondere in der Kunst und im Design, ist auch nach meiner Auffassung unbedingt wünschenswert. Problematisch wird es, wenn Aneignungen Machtverhältnisse ausdrücken und verstärken und wenn die Ursprungskultur diskriminiert und verspottet wird. Doch davon kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Nicht die Aneignung / Übernahme des Elefanten im Firmenlogo ist spöttisch, sondern der von Max als vager Vorwurf formulierte Kommentar.

      Was wir hier tun, der schriftliche Austausch, ist das Ergebnis der Übernahme, der Aneignung lateinischer Sprachelemente. Wir schreiben in lateinischen Lettern, nicht in germanischen Runen. Unser Dezimalsystem basiert auf arabischen Zahlen. Die Demokratie, in der wir dankenswerterweise leben, haben die Griechen erfunden. Würden wir alles, was wir über die Jahrtausende von anderen Kulturen übernommen haben, tilgen, bliebe nicht viel mehr übrig außer Höhlen. Nicht einmal Steinwerkzeuge könnten wir einsetzen, denn der Ursprung der ersten Werkzeuge liegt rund 2,5 Millionen Jahre zurück, und zwar im heutigen Äthiopien (mpg.de).

      Wenn man sagt, oder unterschwellig andeutet, ein Unternehmen dürfe kein Zeichen als Logo verwenden, dessen Ursprung in einem anderen Kulturkreis liegt – bei international ausgerichteten insbesondere multinationalen Unternehmen lässt sich kaum definieren, was denn der angestammte Kulturkreis ist –, dann müssten tausende Logos von der Karte gestrichen werden. Die Sirene vom US-Unternehmen Starbucks hat ihren Ursprung in der griechischen Mythologie. TikTok, bekanntlich ein chinesisches Unternehmen, müsste das Logo mit stilisierter Achtelnote entfernen, da die Notenschrift (wohl) in Ägypten ihren Anfang nahm. Obendrein zitiert das Logo, indem es einen Rot-Grün-Filter nachahmt, die Stereoskopie – diese wurde von europäischen Physikern und Optikern begründet. Die Aufzählung ließe sich endlos fortsetzen. Das genannte Beispiel Washington Commanders zeigt, es gibt auch im Kontext Design Grenzfälle und Streitfälle. Darüber gilt es zu sprechen. Sachlich. Sprache verändert sich, und will immer wieder aufs neue verhandelt werden. Was zugegebenermaßen anstrengend sein kann. Wir sollten die Anstrengung zu schätzen wissen. In einem totalitärem System fehlt die Möglichkeit, die Dinge zu verhandeln, die Sprache und die Kunst.

      Wilhelm Frick, der erste Landesminister der NSDAP, erließ im Jahr 1930 für Thüringen ein Jazz-Verbot (Erlass „Wider die Negerkultur für deutsches Volkstum“), um so die „Verseuchung durch fremdrassige Unkultur“ zu unterbinden. Zwei Jahre später wurde unter der Regierung von Papen ein Auftrittsverbot für schwarze Musiker veranlasst. Auch gegen die Künste selbst (Musik, Malerei, Bildhauerei, Architektur, Schauspiel, Literatur) wurde propagandistisch vorgegangen, um sie als entartet zu diffamieren. Arisch, deutsch, frei von kulturellen Strömungen, die nicht im Einklang mit der NS-Ideologie standen, musste die Kunst sein.

      Wer heutzutage der Ansicht ist, nur bestimmten Gruppen sei es vorbehalten, gewisse Darstellungsformen und Zeichen zu nutzen, jegliche Anlehnung an andere Kulturen, jede Adaption, Interpretation, Vermischung und Inspiration kategorisch ausschließend, sollte sich genau anschauen, in wessen Spuren er wandelt, und welche Gesinnung damit konserviert und manifestiert wird.

      Ich für meinen Teil möchte nicht missen, dass skandinavische Trios Jazz spielen, japanische Orchester Stücke von Beethoven aufführen, chinesische Pianisten Bach interpretieren und deutsche Musiker Reggae zelebrieren, egal ob mit oder ohne verfilzte Haare. Ich nehme wahr, dass die Künstler dies mit großer Wertschätzung für die Kultur als solche wie auch mit großem Respekt gegenüber den Urhebern, Schöpfern und Erschaffern aus anderen Kulturkreisen tun. Es geht vor allem um Respekt. Um einen respektvollen Umgang miteinander.

  3. Naja, jedenfalls ist der Vorher-Elefant ein spritzig munteres, in die Zukunft laufendes freies wildes Tier.

    Der Nachher-Elefant hingegen ist im Vergleich größer, auch schwerer, trägt den Rüssel nicht mehr munter nach oben, sondern nach unten. Er ist ein Lasttier mit Decke geworden, das hinterher trottet.

    Was sagt uns das.

    Was will uns die Kreativ-/Branding-Agentur, die mit ‚Imagination‘ wirbt, damit sagen. Das ist im Leben kein kreativer Elefant mehr, der munter voran rüsselt, sondern ein Lasttier, das stur hinterher trottet.

    Find ich nicht gut. Komische, unpassende Körpersprache, die nicht auf die Agentur einzahlt. Mit aufgepinselter Deko-Decke. Nene.

  4. Hi,

    ich fand den alten Elefant deutlich geschmeidiger, stilvoller, elegant und einfach cool. Der Gedanke die Tücher für die Standorte auf dem Elefant zu tauschen ist ja ganz nett.

    Doch wenn ich lese, dass man sich inhaltlich und optisch neu aufstellt, entdecke ich inhaltlich wenig, dass mich persönlich inspiriert, zum Nachdenken bringt oder anregen würde. Optisch wurden zumindest auf der Website alle Facetten der angkündigten Webdesign Trends 2024 mit eingebracht. Man spricht über Innovation, doch was ist das am Ende wirklich? Wie immer für jeden etwas anderes. Innovation empfinde ich persönlich nicht als das, auf angesagte Trends aufzuspringen.

    Wenn schon innovativ, dann sollte man bei der Website und den Ladezeiten beginnen. Ich war mit dem Phone drauf. Die Mobile Leistung liegt laut Pagespeed bei mobil bei 52 und Desktop bei 65. Das sind nicht gerade innovative Werte in Zeiten, in denen das Datenvolumen der Kunden schneller denn je aufgebraucht ist. Schade eigentlich.

    Ich war immer ein kleiner Bewunderer von Peter Schmidt und seiner Arbeit, des Agenturaufretens, der Arbeiten und der eigenen Art sich dazustellen.

    Bin gespannt, wie es weiter geht.

    Lieben Gruß
    Toby

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