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Olympische Spiele München 1972: Otl Aicher und das Design

Da im Zusammenhang mit der Vorstellung der Piktogramme der Olympischen Spiele 2014 in Sochi der Name Otl Aicher fiel… Kürzlich habe ich dieses Video entdeckt, das Otl Aicher und das von ihm speziell aus Anlass der Olympischen Spiele 1972 in München berufene Designteam im Detail vorstellt. Ein interessanter Einblick in den damaligen Arbeitsalltag der Kreativen, die ganz ohne den Computer auskommen mussten, dies jedoch offenbar mit Hilfe des Glimmstängels als essentielles Arbeitsinstrument gekonnt zu kompensieren wussten.

Allein aufgrund der im Film dokumentierten Sprache ist der Streifen schon sehenswert, für Designinteressierte umso mehr. Otl Aicher beim frühen Bullshit-Bingo, wer hätte das gedacht („opinion leaders“). Auch was Art Director Eberhard Stauß da in die Kamera sagt – einfach herrlich. „Es ist daran gedacht worden, hässliche oder unansehnliche Stellen innerhalb der Stadt, durch Fahnenpulks zu überhöhen, aber nicht zu überdecken.“ Man beachte den hierzu korrespondierenden Einspieler!

Dieser Beitrag hat 34 Kommentare

  1. Das Video ist klasse, danke!

    Ich lerne aktuell Kommunikationsdesign und finde es unglaublich spannend wie früher gearbeitet wurde.

    eb schrieb im Beitrag #9 dass man diesen Job ohne Computer nicht machen wollen würde und ich muss sagen….DOCH! Zumindest diesem Video nach. Die Mitarbeiter scheinen Zeit zu haben. Klar müssen auch die eine Deadline einhalten, aber es sieht viel entspannter aus – als gebe es nicht diesen extremen Zeitdruck alles von heute auf morgen perfekt fertig zu haben. Unter solchen Umständen würde ich auch auf den Computer verzichten ;)

    Kennt jemand noch mehr Videos in der Richtung? Ich würde gern mehr davon sehen wie früher gearbeitet wurde – vielleicht kann man sich ein wenig was abgucken :)

  2. @Kleine Katze
    Videos dürften schwer zu finden sein, besorge dir doch einfach alte Fachbücher. Anfang der 90er Jahre hielt in Deutschland der Computer in größerem Stil Einzug – die Fachliteratur änderte sich langsam. Gibt tolle Themen, da sollten sich Bücher finden lassen, z.B.
    – DuMonts Handbuch für Grafiker
    – Informationen übertragen und drucken
    uvm.

    Tolle Themen sind sicher Klebelayouts, Satzfahnen, Fotosatz (https://de.wikipedia.org/wiki/Fotosatz), Reproretusche (https://de.wikipedia.org/wiki/Lithograf) uvm. (https://de.wikipedia.org/wiki/Druckvorlage).

    Die Ausbildungsberufe vor den vielen Änderungen waren
    Druckvorlagenhersteller Reprovorbereitung
    Druckvorlagenhersteller Reprofotografie
    Druckvorlagenhersteller Reproretusche
    Schriftsetzer
    und
    Grafik Designer.

    Fehlende Angaben bitte ergänzen, falsche korrigieren. Dankeschön ;-)

  3. Danke Achim. Wie wunderschön ist dieser Film :-)
    Bin ich etwa die Älteste hier? Ich habe diese Zeit noch voll mitbekommen. Dann will die alte Tante mal ein bißchen von früher erzählen:

    Habe 1975 das FOS-Vorpraktikum bei einem Grafikdesigner gemacht und 1977 dann das Studium. Gott sei Dank habe ich in dieser Zeit noch zeichnen, skribbeln und kalligrafieren gelernt. Meiner Meinung nach ist der Stift noch immer das schnellste und beste Mittel um zu einem orginellen Ergebnis zu kommen. Digital gehts nicht so schnell und nicht so direkt. Außerdem schult der Gestalter beim Zeichnen die Sinne und das Formverständnis. Er ist flexibel und kann schnell verschiedene Varianten ausprobieren.

    Wie man an den Olympia-Plakaten, die ich besonders liebe sieht war alles möglich. Machte aber viel Arbeit. Im Studium haben wir ähnliche Effekte mit dem Siebgedruck hinbekommen. Typo beispielsweise mußte per Skribble geplant werden. Bevor sie beim Setzer in Auftrag gegeben wurde mußten die Zeilen und Zeichen genau ausgerechnet werden. Es war sehr viel Rechnerrei dabei und wehe man hat sich vertan. Das war teuer. Weniger Schrift bzw. Headlines wurden oft mit mit Letraset “gerubelt” da mußte der Ausgleich selbst bestimmt werden. Bildelemente mußten mit Fixogum aufgeklebt werden. Natürlich durfte zur exakten Justierung das Zeichenbrett und Reisschiene nicht fehlen. Die Reinzeichnung eines Zeichens mußte mit Ziefeder bzw. Rapidoghraf ausgeführt werden. Damit die Ecken exakt waren und nicht rund wurde immer über die Ecke hinausgezogen und dann mit weiß wieder übermalt bzw. auf kreidehaltigem Schöllerhamer-Reizeichnungskarton konnte es weggekratzt werden.

    In den Neunzigern stieg ich dann ins digitale Zeitalter ein. War das toll. Vor allem begeisterte mich der schnelle Zugriff und Verarbeitung von Schrift, denn die Rechnerei und Kleberei hat mich schon genervt. Ich konnte ein Zeichen so schnell ausprobieren und variieren. Was mich aber oft auch verführte die Pixel herumzuschieben, wenn ihr wißt was ich meine.
    Ich habe mich irgendwann dazu entschloßen und gezungen die Vorentwürfe wieder möglichst handwerklich zu tätigen. Da war gut. Lettering oder organische Signet heben sich wohltuend von der Masse ab. Wer das zusätzlich noch kann, der hat ein breites Spektrum. Ich kann es den jüngeren Gestaltern nur raten zu zeichen und zu schreiben. Ich hoffe die Schulen legen wieder mehr Wert auf diese wichtigen Grundlagen.

    Ach ja, geraucht wurde damals tatsächlich unsagbar viel. Fällt mir jetzt erst so richtig auf.

  4. @Margit: Ich kann dich beruhigen, zumindest in meinem Studiengang wird auch den Nicht-Zeichnern beigebracht und wert darauf gelegt, wie man zeichnet :)

  5. @ eb
    Schade das grad Filmaufnahmen selten sind – ich kann davon (oder eben live und direkt) gut lernen. Aber da ich auch lesen kann werd ich mal unsere Bücherei aufsuchen – die sollte was das angeht auf dem neusten Stand sein ;) Ich danke dir für dich Stichwörter und werd fleißig suchen :)!

    @margit
    Auf unserer Schule wird auch viel Wert auf zeichnen gelegt – wir haben in dem ersten und zweiten Semestern auf technische Hilfe verzichtet (abgesehen vom Zirkel und Lineal^^). Und auch in späteren Semestern wird Wert darauf gelegt das vorab Skizzen angefertigt werden – weil man halt schneller agieren und probieren kann.

  6. Wunderbar! Nun kann ich Computer noch weniger leider.

    Tja, in der falsche Zeit geboren. Die Arbeitsweise sieht sehr entspannt aus.

  7. Der Computer ist ein tolles Werkzeug. Ich wollte nicht zurück. Viele Arbeiten wie z.B. eine Reinzeichnung waren vorher langweilig und zeitaufwendig.

    Das Büro von Otl Aicher ist natürlich eine Ausnahme gewesen. Damals gab es in Deutschland noch nicht so viele designorientierte Studios wie heute. Die waren ganz dünn gesäht. Studienabgänger haben hauptsächlich als Layouter in Werbeagenturen gearbeitet. Beispielsweise haben sie dem Art Direktor zugearbeitet. Das hieß von der Ideenskitze des AD eine ausgearbeitete Reinlayouts für die Kundenpräsentation herstellen und die Reinzeichnungen erstellen.
    Um als Feelancer selbstständig zu arbeiten, brauchte es damals so viel Startkapital, daß das nur ganz wenige geschafft haben. Da blieb noch in die Werbeabteilung eines Betriebes zu gehen. Da ging es wieder etwas ruhiger zu. Das habe ich damals auch getan.

    Ich hatte ein tolles Studium mit guten Professoren z.B. Hans Peter Willberg. Ich war beseelt von Schweizer-Ulmer-Bauhaus Geist. Davon war in der Werbewelt die ich kennengelernt habe nichts zu spüren. Das war in den Achzigern. Ich könnt ein Buch drüber schreiben. Es wird hier zu lange und ich will keinen Roman schreiben wie ich dann meinen Weg gefunden habe … Aber das Video war nicht die Realität … leider.

    Ich finde toll, daß heute wieder gezeichnet wird. Ich höre allerdings oft von Studenten, daß es kaum ne Rolle spielt und seit der Studienreform kaum Zeit für Muße bleibt. Das finde ich sehr schade, denn im Studium kann noch so viel ausprobiert und experimentiert werden, was dann später nicht mehr so geht.

  8. @ Kleine Katze – Ich finde gut, daß du dich dafür Intresierst. Ich machs wie du und ich hole mir manchmal in der Stadtbibliotek gute Bücher. Ansonsten würde ich Unmengen von Geldern ausgeben.
    Zur Zeit hab ich eins, das ich am liebsten garnicht mehr zurückgeben würde. Es befasst sich mit den verschiedenen Phasen des Entwurfs bis zur Realisierung mit jeweils tollen Beispielen. Dabei kommt eben auch die Skribbelphase und das Konzeptionelle nicht zu kurz. Ich denke auch heute kann man gutes Design erarbeiten. Es liegt nicht an der Epoche. Es liegt an der Haltung.
    Timothy Samara, Grafik Design, Theorie, Konzept, Realisierung. Stiebner Verlag.
    Falls du in Köln wohnst kannst du es ausleihen. Ich gebs nächste Woche zurück.
    Beim KoppVerlag ists gerade etwas runtergesetzt.
    https://www.koppmedien.de/ShowProduct.aspx?Id=68fbdff8-4ff8-4d7b-8895-9982d2a212b4

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