Skip to content

Ohne teuer. Die neue Marke von real

real Ohne teuer – Glühlampen

real Ohne teuer – Glühlampen

Die Handelskette real hat Anfang des Monats eine neue Discountmarke eingeführt, die sogleich in den Medien für starke Resonanz sorgte. Einige Medien, unter anderem Stern.de, stufen die Einführung der Discountmarke als Kampfansage gegen Aldi ein. Schlagzeilen, über die man bei der Metro-Tochter real sicherlich nicht unglücklich sein dürfte, ist doch genau dies einer der Hauptgründe, eine weitere eigene Billigmarke zu lancieren.

Die neue real-Discountmarke ist, anders etwa als die ebenfalls von real vertriebenen TiP-Produkte, namenlos, nicht ohne Grund. Der Verzicht ist Teil der Markenstrategie, die die Positionierung als Billigmarke zusätzlich befeuern soll. „Ohne Like-Button. Ohne Schnickschnack. Ohne teuer“ ist das Motto. Es wird der Eindruck suggeriert, dass an allen Ecken und Kanten gespart wurde, um den Preis der ganz in gelb gehaltenen Billigprodukte so niedrig wie möglich zu halten. Peer Schader stellt im Supermarktblog fest, dass die Preise gar nicht mal so niedrig sind, zum Teil sogar über denen der TiP-Produkte liegen. Wozu also der ganze Aufwand, fragt man sich.

Ohne teuer – Marke

Mit den Verpackungen der „Ohne teuer“-Serie – es gibt also doch einen Namen – vollzieht real einen Bruch mit dem vertrauten Corporate Design. Statt rot-blau-weißer Farbgebung dominiert ein schrilles Gelb. Gelb ist im Kontext von Billigmarken kein unbeschriebenes Blatt. Die Loblaw Companies Limited, Kanadas größter Lebensmittelhändler, führte bereits Ende der 1970er Jahre das „no name“-Label ein. Seitdem lenkt nicht nur in Nordamerika ein schrilles Gelb die Aufmerksamkeit preisorientierter Verbraucher auf günstige Handelsprodukte. Was sich auf der anderen Seite des Atlantiks seit Jahrzehnten bewährt hat, muss doch auch hier funktionieren, könnte man sich gedacht haben.

real Ohne teuer

Während etwa Edeka in jüngster Vergangenheit dazu übergegangen ist, Eigenmarken stärker an das eigene Corporate Design zu binden, was alles andere als risikolos ist, wie auch bei Handelsblatt.de nachzulesen ist, koppelt real die neue Discountmarke gänzlich von der eigenen visuellen Identität ab. Es ist die risikoärmere Strategie, könnte man doch die Marke im Falle eines Scheiterns wieder sang und klanglos von der Bildfläche verschwinden lassen. So würde man größeres Weh vom Supermarkt selbst fern halten. Im Worst-Case-Szenario blieben die Medienberichte erhalten, wonach real Aldi den Preiskampf angesagt habe. Nicht das schlechteste Konzept. Es ist sicherlich kein Zufall, dass man die neue Marke auf der Facebook-Fanpage von real und auf Google+ vergeblich sucht. Nun versteht man auch „Ohne Like-Button“.

In den real-Märkten ragt die neue Discountmarke dank gelber Farbgebung aus dem übrigen Sortiment heraus. Eigenmarken wie „ja!“ war früher anzusehen, dass sie vorbei am Tisch von Kreativen entwickelt worden sind. Heutzutage ist mit der Entwicklung und Pflege von Eigenmarken wesentlich mehr Aufwand im Bereich der Kreation verbunden, auch die Gestaltung der „Ohne teuer“-Verpackungen ist Beleg für diese Entwicklung.

Natürlich möchte man bei real den Eindruck erwecken, es sei auf jeglichen „Schnickschnack“, auf jegliche, überflüssige Gestaltung verzichtet worden. Durchkonzipiert und -gestaltet ist die Marke gleichwohl. Das Ergebnis ist eine aufwendige Markeninszenierung, die die Illusion vermitteln soll, es handele sich bei „Ohne teuer“ gar nicht um eine Marke im herkömmlichen Sinn. Auch auf Nachfrage wollte man mir nicht mitteilen, welche Agentur für die Gestaltung der Verpackungen verantwortlich zeichnet. Verständlich, denn es wäre der Illusion wenig zuträglich. Nichts soll von dem mutmaßlich kleinen Preis ablenken, schon gar nicht ein Budget für kreativen „Schnickschnack“.

Sicher, bei der Auswahl der Schrift wurde gespart. Hier fiel die Wahl auf den Freefont „Hollywood Starfire“.

Weiterführende Links:

 

Dieser Beitrag hat 46 Kommentare

  1. Vertrackt? Eine veritable Marketing-Mogelpackung.

    Und dazu noch eine mit kommunikatorischen Kunstfehlern, weil es an deutlichen Unterscheidungsmerkmalen typografischer und bildlicher Art fehlt, rasch Wäscheleine 50m von Spaghetti 500g zu unterscheiden.

    Wohl nur für Adressaten, die eine Anti-Werbung-Haltung haben und puristische Konsumrausch- oder gar System-Hasser sind? (Vermutlich auch Linux-Rechner zuhause … ?). Beißt sich dann aber damit, das Leute, die über eine ausgewiesene Anti-Werbung-Haltung verfügen, in der Regel – und zumindest in D (USA weiß ich nicht) – deutlich besser rechnen können. Für welche Zielgruppe ist also dieser gelbe Angriff? Was sagt die Marketingabteilung von REAL? Wie war das Briefing genau?

  2. Vroni, die Spaghetti werden wohl bei den Nudeln liegen und die Wäscheleine bei den Haushaltswaren. Schon haben wir uns wieder gespart worin Du einen „kommunikatorischen Kunstfehler“ vermutest.

  3. Bei Zweitplazierung wie auf dem Bild (Spaghetti vor Haushaltswarenregal) ist das, was einem Koni superklar ist, gar nicht klar.

  4. Real versucht mit ALDI und Konsorten zu konkurieren und scheitert schon auf der Startlinie
    indem sie versuchen eine neue Billig-Marke einzuführen, die, wie tas schon richtig anmerkte,
    in Wahrheit gar nicht billiger ist.
    Das Design ist auffällig, aber in heutigen Zeiten, wird jeder Euro in der angestrebten Zielgruppe
    zweimal umgedreht und auf jeden Preis geachtet, so daß der Käufer weiterhin zum billigeren TIP
    greifen wird (und die Milchmädchenrechnung beim 2lagigen Toilettenpapier überlasse ich jedem
    selbst).
    Wenn die Preise für diese “Ohne Teuer”-Produkte nicht alsbald ihrem Namen Ehre machen,
    wird diese Kampagne ein Rohrkrepierer sondergleichen.

  5. Tja, wozu der ganze Aufwand fragt man sich. Das ist einfach erklärt, man nennt das Werbung, denn solange die Leute über einen sprechen ist man interessant, oder? Hat doch funktioniert :)

  6. Zugegeben, eine Wilde Spekulation von mir: Aber könnte es nicht sein, dass alleine die Ausstellung dieses extrem billig wirkenden (!) Produktes im Laden dazu führt, dass sich die Konsumenten besser fühlen? Besser weil ihnen suggeriert wird, ein günstiger Einkauf ist auch im Real möglich (vs. der allgemeinen Auffassung vorher, wer günstig will muss zu Aldi/Lidl/etc) und auch besser, weil es doppelt Spass macht sich bewusst eben nicht für das (vermeintlich) günstigste Produkt, sondern “etwas besseres” zu entscheiden?
    Wie schon erwähnt könnte diese Marke einzig und alleine als Imageaufbesserung dienen, quasi nur als eine Kulisse eines echten Billig-Angebotes?

  7. Die Analphabeten werden sich (gerade bei den komplett geschlossenen Packungen) gar nicht freuen. Bei rund 7 Millionen in Deutschland ein mehr oder weniger “problematische” Entscheidung.

  8. So ein ähnliches Design gibt es schon seit Jahrzehnten “ohne Namen” und “exklusiv” bei der Bundeswehr. Auch bei den Tütchen und Beutelchen der Einmannpackung (EPa) muss man aufpassen, daß man sich nicht Salz oder Erfrischungstücher anstelle von Zucker in den Kaffee kippt, weil die Beutelchen und Päckchen alle gleich aussehen.

Kommentare sind geschlossen.

An den Anfang scrollen