Milford Tee, eine zum Unternehmen Ostfriesische Tee Gesellschaft gehörende Teemarke, hat in den vergangenen Monaten, ein Rebranding vollzogen. Im Zuge der Neupositionierung und der verstärkt auf eine junge weibliche Zielgruppe ausgerichteten Kommunikation wurde das Sortiment stark verkleinert.
Anfang des Jahres wurden unter der Marke Milford Tee mehrere neue Teesorten in den Handel eingeführt. Die unter dem Motto „Taste Happiness“ beworbenen „Lifestyle-Sorten“ und Sorten nach ayurvedischer Art sollen „Schluck für Schluck Positivität und Lebensgenuss in die Tasse bringen“, wie es in der Pressemeldung heißt. Zeitgleich wurde der Webauftritt unter milford.de relauncht. Waren dort bislang knapp 50 unterschiedliche Teesorten aufgeführt, sind es nach dem Relaunch lediglich noch 14. Auch die Kategorien wurden von fünf (Früchtetee, Kräutertee, Kindertee, Wintertee, kühl & lecker) auf drei reduziert (happy, ayurvedisch, kühl & lecker).
Kommuniziert wurde seitens des Unternehmens bisher weder das stark eingegrenzte Sortiment, noch das veränderte Markendesign. Denn im Zuge der Neupositionierung hat sich auch das Markenlogo geändert. Sowohl der Schriftzug wie auch die für die Marke Milford Tee charakteristische Krone wurden neu gestaltet. In den letzten Jahren hat sich die Form mehrfach geändert.
Das im Umfeld von Social Media für die Marke verwendeten Profilbilder veranschaulichen die Veränderung von einem klassisch-traditionellen Look hin zu einer schlichteren Formgebung. Bereits vor einigen Jahren wurden im Schriftzug die Serifen entfernt. Die Lettern der neuen Wortmarke sind schmaler und verfügen über Abrundungen. Die Krone wurde in ihrer Form vereinfacht und verkleinert; weiterhin oberhalb des Buchstabens M platziert ist ihre Position nunmehr leicht schräg.
Da die Neupositionierung der Marke Auswirkung auf das gesamte Sortiment hat, lassen sich die Veränderungen am Verpackungsdesign lediglich anhand der Sorten „kühl & lecker“ darstellen, nachfolgend ein Beispiel:
Markenlogo, die verwendete Typographie und die Verpackungsform wurden modifiziert – am grundsätzlichen Aufbau ändert sich hingegen ebenso wenig wie an der Stilistik der Renderings (Glas, Teebeutel, Wiese, Himmel). Die Gestaltung der Verpackungen der neuen „Happy“-Sorten unterscheiden sich dahingehend, dass hier als Hintergrundfarbe Rot durchgängig zum Einsatz kommt.
Die Ostfriesische Tee Gesellschaft (OTG) wurde 1907 gegründet. Heute ist die OTG ein Familienunternehmen in vierter Generation und ein Tochterunternehmen der Laurens Spethmann Holding (Seevetal, Niedersachsen).
Kommentar
Ein Redesign, das sich mehr oder weniger leise und – bislang – weitestgehend unbemerkt im Hintergrund vollzieht und über das der Hersteller kein Wort verliert. Was im Hinblick auf das Ergebnis auch verständlich ist. Denn es ist schon eine recht drastische Schrumpfkur, die der Marke Milford Tee hier verordnet wurde, sowohl auf der visuellen Ebene, der Produktebene wie wohl auch auf Vertriebsebene. Kunden beklagen im Umfeld von Social Media, bestimmte Sorten bzw. generell Produkte der Marke seien in ihrem Supermarkt vor Ort nicht mehr zu finden. Mein Eindruck ist ähnlich. Im Rewe vor Ort sind im Regal von den sieben neuen Sorten in roter Verpackung lediglich drei vorrätig. Nebenan bei Edeka finden sich lediglich Verpackungen der „kühl & lecker“-Reihe. Ehemalige Sorten wie Früchtetraum, Kirsche-Banane , u.a. sucht man vergebens.
Vor dem Supermarktregal stehend wird eines deutlich: die Konkurrenz ist größer denn je. Neben den klassischen Teemarken wie Teekanne und Meßmer sind in den letzten Jahren viele weitere Marken hinzugekommen beziehungsweise stärker in Erscheinung getreten: Yogi-Tea, Pukka, Cupper, Alnatura, Sonnentor. Allesamt Marken, die im Wellness/Bio-Tee-Segment positioniert sind. Sonnentor hatte bereits 2018 eine „Happiness is…“-Range auf den Markt gebracht („pure Leichtigkeit“, „frisch verliebt“). Einer der großen Trends der letzten Jahre: statt rein das Produkt und dessen mutmaßliche Vorzüge zu beschreiben, wurde die Kommunikation und das Verpackungsdesign an den Bedürfnissen der Konsumenten ausgerichtet: für jede Stimmung das passende Produkt, so das Konzept. Denn: je stärker ein Produkt emotional verfängt, desto wahrscheinlicher ist, dass es gekauft wird.
Milford scheint den Anschluss an eine zeitgemäße Ansprache und Kommunikation verpasst zu haben, so jedenfalls würde ich auch das jüngste Rebranding deuten. Lars Wagener, Vorstandschef der Laurens Spethmann Holding (LSH), erklärt gegenüber Handelsblatt, die Marke Milford sei „lange Zeit ein Sorgenkind“ gewesen. Offenbar ist sie es nach wie vor. Denn das Rebranding beschreibt eine Marke, die in einem durch Pandemie und Krieg zunehmend angespannten wirtschaftlichen Umfeld auf nur noch wenige Produkte konzentriert respektive zusammengestrichen wurde. Und das veränderte Markendesign – Logo und Verpackungen wirken lieblos, einfallslos, ja geradezu hilflos – ist ein Spiegel dessen. Einst strahlte der Markenschriftzug Milford Klasse und Exzellenz aus. Das ist vorbei. Das neue Markenlogo, mit schief sitzender und ihren Edelsteinen beraubten Krone, wirkt derangiert. Womöglich ein letzter Versuch die Marke auf Wellness/Bio und eine junge Zielgruppe auszurichten? Bevor die Marke womöglich ganz vom Markt verschwindet. Zumal mit „Yasashi“ erst 2020 eine eigene Bio-Tee-Marke aus der Taufe gehoben wurde.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Kommunikation im Zuge der Emotionalisierung und der Ausrichtung an den Stimmungen von Konsumenten darauf hinausläuft, wenngleich nicht notwendigerweise zwangsläufig, geschlechtsspezifische Unterscheidungen aufzumachen. Einige Beispiele: „Happiness is … Frau sein“ (Sonnentor), „Frauen Tee“/„Männer Tee“ (Yogi-Tea). Ob das Wording hier cleverer ist, als bei den mittlerweile berühmt-berüchtigten Männer- und Frauenbratwürsten, sei dahin gestellt. Gutes Design zeichnet aus, dass es sich am Nutzen und den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Und dass sich die Bedürfnisse der Menschen in Abhängigkeit von ihrem Alter, ihrer Größe, ihrem Gewicht, ihrem Geschlecht wie auch von ihren persönlichen Vorlieben und Neigungen unterscheiden, sollte eigentlich klar sein. Im Beitrag „Gender Design – zwischen Wahlfreiheit und Manipulation“ gehe ich im Detail auf dieses wichtige Thema ein.
Bemerkenswert: in der Beauty/Pflege-Branche vollzieht sich die Entwicklung in Sachen Gender Design, wie beispielsweise die Rebrandings bei 8×4 oder Schauma veranschaulichen, in entgegengesetzter Richtung! Daran sehen wir, dass sich Märkte, wie im übrigen auch Designprozesse und -veränderungen, nicht immer logisch und rational erklären lassen. Bei Deos und Shampoos jedenfalls setzen Hersteller seit geraumer Zeit darauf, geschlechtsspezifische Unterscheidungen aufzulösen, wohl auch um keinen Vorwand zu geben, man bediene stereotype Rollenbilder. Das Thema Frauen/Männer in der Werbung dürfte uns noch lange Zeit beschäftigen, schon allein deshalb da die Medien (Presse wie auch Social Media) ein Interesse daran haben die Aufmerksamkeit diesbezüglich hoch zu halten. In Zeiten, in denen Shitstorms angefacht und Marken-Bashing forciert werden, und Echauffieren offenkundig mehr Klicks & Likes einbringen als gut vorgetragene Argumente, kann einem die viel beworbene „Happiness“ zuweilen schon einmal abhanden kommen.
Ich stimme Achim im Bezug auf das Design leider zu und habe dem auch nichts mehr hinzuzufügen. Was mich darüberhinaus interessiert ist immer auch der Gestaltungsprozess – die Zusammenkunft der Verantwortlichen, um das End- und die Zwischenergebnisse zu begutachten. Für mich ist es immer schwer vorstellbar wie die Entscheidungsträger sich versammeln, sich in dem Fall dieses neue Verpackungsdesign anschauen und dann euphorisch sagen: JAWOLL! GENAU DAS NEHMEN WIR JETZT! Ist wirklich niemand dabei in der Runde die/der dann sagt: Leute, das geht hier leider in eine ganz falsche Richtung?
Genau das! Ich frage mich auch immer, wer diese Designs durchwinkt. Und mit welcher Emotion? Sitzt da jemand, der aufgrund von Mikropolitik unkritisierbar ist und seine eigenen ästhetischen Ideen durchboxt? Oder sitzen da Menschen, die innerlich schon gekündigt haben und möglichst wenig Aufwand betreiben wollen? Schade.
Gute Frage. Wobei ich mir kaum vorstellen kann, daß da ein paar Leute aus dem Vorstand oder dem Marketing sitzen und was frei entwickeltes durchwinken.
Meist ist es doch eher so – kenn ich aus eigener Erfahrung – daß da das firmeninterne Marketing den Entwicklern/Agenturen so viel dazwischenfunken und in den Designprozess einwirken, bis was plattes, abgelutschtes, charakterloses Irgendwas rauskommt.
Gibt es auch irgendwas, das heute einfach so passiert, ohne dass es an den Krisen dieser Zeit liegt?
Hier geht es um ein zusammengestrichenes Tee-Sortiment….
Das Negieren von Zusammenhängen kann befreiend wirken. Das ist klar.
Weder Design, und noch weniger Werbung passieren einfach so. Denn schließlich werden beide von Menschen erdacht, kreiert und gelenkt. Mit Kommunikationsdesign wird ein Zweck verfolgt, ein wirtschaftlicher, ein politischer. Branding verfolgt eine Absicht. Da ist es schon in einem Fachblog wie diesem mein Anspruch, sich nicht nur oberflächlich mit Gestaltung, sondern auch mit den Zusammenhängen, den Absichten und den äußeren Rahmenbedingungen zu beschäftigen. Sofern Du andere/weitere Zusammenhänge erkennst, lieber „Neandertaler“, dann her damit.
O.K., an sich sollte mir deine herablassende Art genügen, um nicht mehr zu antworten.
Stimmt, genügt mir von deiner Seite, danke.
Neandertaler übrigens gerne auch ohne Anführungszeichen, Herr “Fachblogger”.
Oh boy, troll einfach woanders.
Man kann auch überall Wut, Zorn, oder etwas gegen einen selbst reininterpretieren.
Tief durchatmen und immer davon ausgehen, dass andere Menschen einem so behandeln, wie man selbst behandelt werden möchte.
Es gibt meines Erachtens Menschen, die sich vorab Gedanken machen (Designer, Hersteller, Vertriebler, …), wenn auch ohne Garantie, dass dies stets zu den »richtigen« Entscheidungen führt;
es gibt weitere, die angesichts der Ergebnisse versuchen, die möglicherweise zugrunde liegenden, vorhergehenden Überlegungen zu rekonstruieren, aufzuzeigen und zu hinterfragen (u.a. Autoren).
Und es gibt Menschen, denen beides zu viel Anstrengung zu bedeuten scheint, die sich weitestgehend mit dem begnügen, was ihnen vorgesetzt wird, sich aber gleichzeitig gern über die Zustände beschweren.
Ich bezweifle jedoch, dass letztere Kategorie die Sache zum Besseren wendet.
Wow, das ist ja mal spektakulär daneben gegangen. Wie kann man denn für eine Teemarke so einen abgerundeten Haribo-/Pampers-Font verwenden? Wieso hat das niemand verhindert?
Das sehr uninspirierte Logo mal beiseite: Beim Packaging würde ich dann doch differenzieren zwischen dem “kühl und lecker”, wo außer “einmal neues Logo drauf bitte!” nicht viel passiert ist, es aber dringend nötig gewesen wäre und der “happy”-Linie. Die finde ich sehr ansehnlich und modern und schon auf einer Ebene mit Pukka oder Cupper, die auf einen ähnlichen Stil setzen.
Die Frage ist also eher, warum sich das Redesign bei Milford im Sortiment derart schwankend und inkonsequent niederschlägt. Die “kühl und lecker”-Linie wäre sicher auch genauso gestaltbar gewesen, zB in sommerlich-blauer Hintergrundfarbe.
Autsch! Dem M die Standhaftigkeit (Serifen) genommen und die Krone ins wackeln gebracht. Da fehlte nur noch ein Zacken aus der Krone zu brechen.
Sitzt die neue Krone eigentlich schief? Oder hab ich einen Knick in der Optik?
Die Fotos der Teeregale sagen schon einiges aus. Die Marke existiert nicht. Die Kühl&lecker-Produkte unterscheiden sich kaum von Frio von Teekanne. Allgemein ist die Marke kaum präsent. Weder auf den Verpackungen, durch ihre stark reduzierte Form noch durch einmaliges herausstechendes Verpackungsdesign. Auch die Happy-Linie geht leider komplett unter. Zu wenig Kontrast.