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Neues Tourismuslogo für Bulgarien ist ein Fall für die Staatsanwaltschaft

Als kürzlich das Bulgarische Ministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus ein neues Tourismuslogo vorstellte (siehe Pressemeldung), war man zuversichtlich, der neue touristische Markenauftritt würde die Wirtschaft nachhaltig ankurbeln. Die neue Strategie solle dafür sorgen, so die Vorstellung der Verantwortlichen, dass die Anzahl der Touristen in den nächsten 5 Jahren um 25% zulegt.

Drei Wochen später spricht nun einiges dafür, dass das mit 850.000 Euro budgetierte Projekt scheitert, noch bevor das erste Logo überhaupt implementiert ist. In Sofia beschäftigt sich nun die Staatsanwaltschaft mit dem Fall, der landesweit für Aufsehen sorgen dürfte.

Unter anderem berichtet Novinite, die größte englischsprachige Nachrichtenagentur des Landes, dass die Staatsanwaltschaft auf Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe des Auftrags an Publicis MARC aufmerksam geworden ist. Der Tourismus-Experte Rumen Draganov spricht gegenüber Novinite gar von einem „Symbol der Korruption“, das das neue Bulgaria-Logo verkörpere.

Das als öffentliche Ausschreibung angelegte Projekt wurde durch ein Team von Ex-Wirtschaftsminister Traicho Traikov organisiert, die Ergebnisse wurden vor drei Wochen der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Staatsanwälte überprüfen den Fall nun auf den Vorwurf des Interessenkonflikts seitens Traikov und auch seitens Alexandra Lang, die zur Amtszeit Traikovs als Marketing-Beraterin tätig gewesen ist und die mit der Realisierung des Wettbewerbs beauftragt wurde.

Auch aus anderen Gründen steht der neue touristische Markenauftritt Bulgariens in der Kritik, die insbesondere an die verantwortliche Agentur Publicis gerichtet ist. Wie die Website Kazanlak.com herausfand, handelt es sich bei den von Publicis im Rahmen Kreation verwendeten Bildern um Fremdmaterial. Statt eigener Fotografien anfertigen zu lassen, hat sich Publicis Bildern bemächtigt, die bereits von anderen Unternehmen genutzt werden. Offensichtlich haben sich die Kreativen nicht die Frage gestellt, ob das von ihnen im Internet recherchierte Bildmaterial in irgendeiner Weise urheberrechtlich geschützt ist. Ein ziemlich dreistes Vorgehen, das dem von bulgarischen Designern erhobenen Vorwurf, die Agentur hätte schlampig gearbeitet, untermauert. Publicis ist wohlgemerkt einer der drei größten Werbedienstleistern weltweit.

Noch folgender Hinweis, der in der Kritik nicht untergehen soll: Sollte das neue Bulgarien-Logo tatsächlich eingeführt werden, bliebe auch dann das bisherige Bulgaria-Logo weiterhin im Einsatz – so berichtet jedenfalls BrandNew, was diesen Fall keinesfalls nachvollziehbarer macht, würde sich Bulgarien damit doch zwei Tourismuslogos leisten. Es wird spannend sein zu verfolgen, wie die Geschichte ausgeht. Wie es heißt, sei auch die Neuausschreibung des Projektes ein mögliches Szenario.

Bilder: capital.bg, underconsideration.com/brandnew

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Dieser Beitrag hat 13 Kommentare

  1. Danke Nico für Deinen Kommentar und für den Einblick in das Projekt.

    Auch wenn die Fotos lizenziert wurden, erscheint mir ihr Einsatz vor dem Hintergrund des riesigen Netzwerkes, aus dem Publicis schöpfen kann, dennoch etwas fragwürdig. In der Layout-Phase mag es ja auch bei großen Kreativhäusern Gang und Gebe sein, mit Stockmaterial zu arbeiten. Ob allerdings Fotos von der Stange die erste Wahl sind, wenn es darum geht, einen solchen Markenauftritt, mit dem das Land weltweit für sich werben möchte, öffentlich und werbewirksam zu präsentieren, wage ich jedoch zu bezweifeln. Es ist schon ein Unterschied, ob man einem Kunden im Rahmen einer Präsentation Visuals/Moods zeigt, die auf Grundlage von Stockmaterial entstanden sind oder ob man mit der gleichen Präsentation an die Presse geht. Unkommentiert kann, und das zeigt dieses Beispiel, schnell ein falscher Eindruck entstehen.

    Was das Thema National Brand betrifft, so ist die Frage erlaubt, weshalb sich eine Nationenmarke von einer nationalen Tourismusmarke unterscheiden sollte, ist doch eine der wichtigsten Aufgaben einer National Brand eben die Förderung des Tourismus’. Existieren zwei (oder mehr) unterschiedliche Marken, kommt es zwangsläufig zu Irritationen aufgrund von Überschneidungen. Auch kostenseitig erscheint mir eine konzeptionelle Trennung – und die beiden Bulgarien-Logos verdeutlichen, dass in diesem Fall zwei völlig unterschiedliche Konzepte propagiert werden – fragwürdig. Sollte nicht viel mehr eine National Brand dahingehend angelegt sein, dass diese, meinetwegen auch als Submarke, im Tourismusbereich, in der Wirtschaftsförderung, im Bereich Förderung der Kultur sowie generell in Bezug auf die Förderung von Auslandbeziehungen gleichermaßen funktioniert? Ich halte dies jedenfalls für sinnvoll.

    Im offiziellen Tourismusportal Bulgariens kommt das florale Bulgarien-Logo zum Einsatz, damit ist es de facto ein Tourismuslogo. Stringent wäre es, wenn an dieser Stelle das alte Tourismuslogo durch das neue ersetzt würde.

Kommentare sind geschlossen.

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