Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag hat sich neues Logo zugelegt. Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 75-jährigen Bestehen der Fraktionsgemeinschaft der beiden Schwesterparteien CDU und CSU kam das Logo am vergangenen Wochenende in der alten Hauptstadt Bonn erstmals zum Einsatz.
Schon viele Jahre zitiert das Logo der CDU/CSU-Fraktion ein zentrales architektonisches Element des Deutschen Bundestages, die Reichstagskuppel (dt berichtete). Mit dem nun vollzogenen Redesign rückt die Form der Kuppel, die gemeinhin ein Symbol für Demokratie und transparente Politik darstellt, stärker in den Mittelpunkt.
Auszug der Pressemeldung
Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag hat ein neues Corporate Design eingeführt. Kraftvoll, klar und zeitgemäß präsentiert sich die Fraktion mit neuer Wort-Bild-Marke und neuen Farben. […] Da die CDU/CSU-Fraktion als einzige der im Deutschen Bundestag vertretenen Fraktionen eine Gemeinschaft von Abgeordneten zweier Parteien bildet, bestand die strategische Herausforderung für die neue Marke darin, ein eigenständiges Gesicht zu entwickeln, das die Positionen zweier moderner Volksparteien gleichermaßen widerspiegelt und sich – trotz deutlicher Familienähnlichkeit – dennoch von deren Markenauftritt unterscheidet.
Petrol ist die neue Primärfarbe der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, nicht etwa „Cadenabbia-Türkis“ oder „Rhöndorf-Blau“, wie sie im visuellen Erscheinungsbild der CDU seit Herbst letztes Jahr als Primärfarben verankert sind. Sowohl die Wortmarke wie auch die mittig darüber angeordnete Bildmarke des neuen Fraktionslogos sind fortan petrolfarben.
Während die CDU bei der letzten Anpassung ihres Corporate Designs die Nationalfarben Schwarz, Rot, Gold (Gelb) auch in das Logo aufgenommen hatte, streicht die CDU/CSU-Fraktion diese nun aus ihrem Erscheinungsbild.
Die neue Bildmarke beschreibt weniger die Form und den Umriss einer Kuppel, vielmehr sind es die für die Reichstagskuppel charakteristischen spiralförmig angeordneten Rampen, die innerhalb der Bildmarke, einer aus fünf Linien bestehenden Struktur, betont werden. Die Linien nehmen von links nach rechts an Stärke zu, und sie steigen zudem leicht an (in etwa um 8 Grad, analog zur Konstruktion der Kuppel). Eine solche Formgebung und Bewegung werden allgemein als eine positiv-dynamische Entwicklung verstanden.
In den letzten Jahren wurde das ursprünglich im Jahr 2012 eingeführte Erscheinungsbild dahingehend sukzessive weiterentwickelt, Farben wie Türkis, Magenta und Dunkelblau deutlich mehr Gewicht zu geben. Im aktuellen Corporate Design besteht das Farbspektrum aus den Tönen Dunkelblau, Türkis, Silbergold und Weiß. Ebenfalls über einen Zeitraum von mehreren Jahren wurden Texte und Überschriften schrittweise von einer Serifenschrift (FF Milo Serif) auf die serifenlosen Schriftart FF Milo umgestellt.
Entstanden ist das neue Logo, wie auch das damit in Verbindung stehende Corporate Design, in Zusammenarbeit mit der Berliner Designagentur Kaluza + Schmid.
Kommentar
Unabhängig davon, dass das Zeichen eine stilisierte, stark vereinfachte Form der Reichstagskuppel darstellt, vermittelt es in erster Linie Dynamik. Eine solche Bewegung von links (unten) nach rechts (oben) findet sich auch in den Logos von NewBalance und Nike. Anhand des Logos von Adidas Style, einer Subbrand, die Adidas einige Jahre lang im Portfolio hielt, wird die Verbindung zur Themenwelt Sport besonders deutlich. Im Kontext Sport (auch Logistik/Transport) gibt es nach rechts weisende Bildmarken und kursive Wortmarken zuhauf. In diesem Fall soll freilich nicht etwa (körperliche) Schnelligkeit, Sprungkraft oder Leichtfüßigkeit kommuniziert werden, vielmehr wird über die Gestaltung politische Agilität, Zielstrebigkeit und Entschlossenheit als Fraktion propagiert.
Im bisherigen Logo sind die beiden Parteinamen durch die Bildmarke getrennt; im neuen Logo sind diese durch einen Mittelpunkt (Satzzeichen) von einander abgesetzt. Aufgrund der Herauslösung der Bildmarke und des dadurch erzeugten kompakteren Aufbaus wirkt das Logo bei gleicher Breite größer als die vorherige Version. Was gerade bei Profilbildern mit ihrer quadratischen bzw. kreisrunden Fläche vorteilhaft ist. Auch die dunklere Farbe sorgt für mehr Prägnanz und Sichtbarkeit. Technisch-funktional also eine Verbesserung.
Den zahlreichen Farben, die die CDU im Laufe der Jahrzehnte verwendet hat, kommt mit dem hier gezeigten Petrol/Dunkelblau ein weiterer Wert hinzu (siehe Politische Farbenlehre). So bunt und „kreativ“ wie die CDU ist in dieser Hinsicht keine andere Partei.
Der Umstand, dass CDU und CSU als Parteien jeweils eigenständige Corporate Designs besitzen, und die darin angelegten Farben, Schriftarten und Gestaltungsprinzipien völlig verschieden sind, erschwert entscheidend, dass im Erscheinungsbild der Fraktion so etwas wie eine gemeinsame Linie erkennbar wird. Aus dem „CSU-Blau“ und „CSU-Grün“ auf der einen Seite und dem „Cadenabbia-Türkis“ und dem „Rhöndorf-Blau“ der CDU auf der anderen Seite wird, als Kompromisslösung, Petrol. Es gibt ungünstigere, unvorteilhaftere Farben. Etwa den vorherigen blassen Grauton.
In CD-Vorgaben sind in aller Regel Negativbeispiele und ungünstige Darstellungen eines Logos definiert und veranschaulicht, meist als „NO GO“ bezeichnet. Gewissermaßen die Brandmauer gegen gruselige Ästhetik. Jenes Visual, das im Zuge der 75-jährigen Bestehens der Fraktion Verwendung findet, stellt einerseits aufgrund des ungünstigen Kontrastverhältnisses und andererseits aufgrund des unruhigen Hintergrundmotivs aus meiner Sicht ein solches „NO GO“ dar.
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Aus gegebenem Anlass noch ein Veranstaltungshinweis. Am kommenden Samstag den 7. September 2024 begeht der Deutsche Bundestag, anlässlich des 75. Jahrestages des ersten Zusammentritts des ersten Deutschen Bundestages, den Tag der Ein- und Ausblicke. Erstmals kann während des Rundgangs durch das Reichstagsgebäude auch der Plenarsaal betreten und besichtigt werden. Infos unter: „Bürgerfest zum Jubiläum und Tag der Ein- und Ausblicke“ | bundestag.de
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Weiterführende Links
Spannend, jene Partei, welche Sprachverbote durchführt — indem sie gesetzlich festlegt, dass nur mit der männlichen Form gegendert werden darf — verpasst sich nun einen Mediopunkt oder auch Genderpunkt, um die beiden Varianten der Partei im gemeinsamen Fraktionslogo darstellen zu können. Gleichzeitig schreibt sich die Fraktion selbst noch immer mit einem Schrägstrich (CDU·CSU vs CDU/CSU) und möchte am liebsten mit dem neutralen Begriff “Union” angesprochen werden. Einerseits ist das verwirrend und passt auch nicht zur Wut auf Satzzeichen der CDU·CSU / CDU/CSU / Union Mitglieder, andererseits frage ich mich auch, was Bildungsministerien, welche ein “Genderverbot” an Schulen durchsetzen wollen / durchgesetzt haben, vorschlagen, wie man im Sozialkundeunterricht denn diese Fraktion nun schreiben soll? Wahrscheinlich ist dort ausschließlich CDU erlaubt, ist doch die CSU eine Minderheit.
Aus Designaspekten wirkt das neue Design für mich eher wie ein Schritt zurück. Die neuen Farben verkörpern eher eine alteingesessene Bank oder Versicherung, auch die handwerklich solide gestaltete Kuppel könnte nun jede Partei im Bundestag sein, war das dynamische Zeichen vorher doch markanter.
Besucht man die Website der Fraktion fällt außerdem auf, dass gar nicht auf Barrierefreiheit oder zumindest -armut geachtet wird. Unionsgeführte Bundesländer, wie zum Beispiel Bayern, fordern öffentliche Stellen dazu auf, möglichst auf WCAG AAA zu setzen. CDU und CSU haben zudem das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) mitbeschlossen, welches 2025 in Kraft tritt. Selbst schafft es die CDU·CSU Website nicht WCAG A zu erreichen. Ein offensichtliches Beispiel ist, dass Magenta auf dem dunklen Petrol für alle Links benutzt wird — sehr schwer lesbar, ein Kontrastverhältnis von 2.12:1, auch werden Links ausschließlich durch Farbe differenziert. Es gibt auf der Website zusätzlich keine Anpassungsoptionen oder Hinweise zur Barrierefreiheit. Traurig.
Danke Emka, liebe alles an dem Kommentar!
Was die Aussage hinsichtlich der Schreibweise betrifft, möchte ich richtig stellen, dass der Mittelpunkt/Mediopunkt KEIN gängiges im Rahmen von Gendersprache verwendetes Sonderzeichen darstellt.
Als gebräuchlich gelten Sternchen, Binnen-I, Doppelpunkt, Schrägstrich, Unterstrich und Trema (siehe typolexikon.de/genderzeichen/). Eine Übersicht mit gängigen Sonderzeichen findet sich unter anderem auch auf genderleicht.de. Hinzu kommen als Schreibweisen Paarbildung und Neutralisierung.
Es mag in Deutschland vereinzelt eine Verwendung des Mittelpunktes im Sinne eines Genderzeichens geben. Verbreitet und geläufig ist die Schreibweise mit Mittelpunkt sicherlich nicht (trotz Nennung in der von der bayerischen Staatskanzlei herausgegebenen Pressemeldung vom 19.03.2024, Link / im Gesetzestext ist pauschal von „Sonderzeichen“ die Rede, Link). Aufgrund der sehr geringen Verbreitung und Bekanntheit dieser Schreibweise kann der Begriff „Genderpunkt“ deshalb auch nicht als synonyme Bezeichnung für „Mittelpunkt“ / „Mediopunkt“ angesehen werden, so wie „Gendersternchen“ synonym für das entsprechende Sternchen-Satzzeichen steht.
In der Typografie hat der Mittelpunkt die Funktion des Worttrenners (als Alternative zum Leerzeichen). Der Mittelpunkt ist als Unicode-Zeichen U+00B7 definiert und dient vielfach als Aufzählungspunkt (bullet). Darüber hinaus ist der Mittelpunkt ein mathematisches Zeichen und als Malzeichen bekannt. Die Verwendung im Fraktionslogo entspricht demnach vollumfänglich und in korrekterweise der angedachten schriftsprachlichen Funktion. Zusätzlich legt die Schreibweise auch die Lesart als Formel nahe: CDU multipliziert mit CSU = Fraktion
Richtig ist hingegen, dass die unterschiedliche Schreibweise des Namens im Logo und in geschriebenen Texten mitunter verwirrend sein kann. Einheitlichkeit und Konsistenz sind allerdings in diesem Zusammenhang, wie ich im Beitrag über Corporate Wording versucht habe aufzuzeigen, nicht das einzige wichtige Kriterium.
Hauptsache reißerisch formulieren … und das auch noch pro Genderwahn.
Es ist extrem schade, dass dieser fachliche Austausch um Logo und Design, den ich sehr schätze, immer mit diesen polititischen (und noch schlimmer: unsinnigen Genderwahngeschafels in dieser Form) gestört wird.
Schade, designtagebuch, dass es immer so entgleist hier. Aber so ist wohl die Zeit.
Ich bin verwirrt. Liebe Sonja, Du hast auf meinen Kommentar geantwortet. Deine Aussage liest sich damit so, als bezöge diese sich auf meinen Kommentar.
Möglicherweise hast Du auch mein Statement weiter unten übersehen, in dem ich einen sachlichen, im besten Fall Polemik-freien Austausch angemahnt habe.
Ja, ein sachlich-fachlicher Austausch ist heute schwieriger, als noch vor 10 Jahren. Die damit verbundene Arbeit (Moderation) ist herausfordernder. Dass jedoch Diskussionen im Design Tagebuch „immer so entgleisen“, trifft nicht zu. Das ist eine Pauschalisierung. Die überwältigende Mehrheit an Kommentarbeiträgen ist konstruktiv.
„unsinnigen Genderwahngeschafels“ … und sich gleichzeitig über Entgleisung beschweren: schon mutig.
Das ist eine wunderbare Idee! Wir sprechen die CDU und CSU nur noch mit CDU an, nicht mehr mit Union, denn mit der CDU ist die CSU mitgemeint!
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Herzlichen Dank.
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Diese Nebelkerze, die Konservativen wären die Seite, welche Sprechverbote fördert, ist uralt.
Das Gegenteil ist der Fall. Sie stehen dafür, dass jeder privat sprechen kann wie er will und sich nur in Bildungseinrichtungen, der öffentlichen Verwaltung und Kommunikation von Behörden zwingend an die korrekten vom Rechtschreibrat verabschiedeten Regeln gehalten werden muss.
Die andere Seite wiederum versucht ihre Ideologie jedem aufzuzwingen (sei es medial, schulisch, universitär oder auch in immer mehr anderen staatlichen oder kommunalen Einrichtungen).
Diese Krokodilstränen sind nur noch peinlich. Komm drüber hinweg, denn außerhalb von Berlin wird diese Phantasiesprache in spätestens 5 Jahren komplettes der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden sein. Die Gegenreaktion war zu massiv und die Leute wollen es einfach nicht, nicht mal der Großteil der Wähler linker Parteien.
Zum Logo: Gefällt mir außerordentlich gut. Das Petrol wirkt wie ein Mittelweg zwischen der Farbgebung der CDU (türkis) und der CSU (hellblau). Die Idee, die Kuppel durch ihre Rampe darzustellen bringt Dynamik rein.
Die Aussagen zur Website der Fraktion sind auch nicht ganz richtig:
– Die Links auf dunklem Hintergrund sind erstmal weiß, am Desktop ändert sich die Farbe beim Hovern zu Magenta. Dummerweise ist allerdings bei den Artikeln oben auf der Seite der komplette Hintergrund jeweils Link, dementsprechend befindet man sich sehr lange in diesem Zustand, das ist nicht unbedingt ideal implementiert.
– Teilweise sind die Links auch unterstrichen, “ausschließlich durch Farbe differenziert” stimmt also nicht.
Ich will gar nicht behaupten, dass es da kein Verbesserungspotential gäbe, aber die Darstellung von Emka ist einfach verkürzt und dadurch irreführend.
Zum Mediopunkt als Genderzeichen hat Achim ja schon alles gesagt.
Die Vorgabe, dass sich Behörden und öffentliche Einrichtungen an die amtliche Rechtschreibung halten müssen, ist kein Sprachverbot.
Optische Täuschung: Die Kuppel kippt nach rechts.
Ob das jetzt sinnbildlich ist, oder einfach handwerklich schlampig ausgeführt, oder sogar beides, lass ich mal so dastehen.
Die Darstellung der Bildmarke stellt gewiss keine gesetzmäßige optische Täuschung der visuellen Wahrnehmung dar, etwa im Sinne der Zöllner-Täuschung. Die Kuppel kippt auch nicht (insgesamt) nach rechts, es sind lediglich die Linien, die aufgrund ihrer zunehmenden Stärke und ihrer leicht schrägen Position eine Bewegung nach rechts beschreiben. Auch und gerade im Kommunikationsdesign ist es wichtig, in dieser Weise zu differenzieren.
Jonas, wenn Du einmal Deinen Kommentar mit etwas Abstand ganz nüchtern, neutral betrachtest, wirst Du vielleicht auch erkennen, dass dieser in erster Linie den Eindruck von persönlicher politischer Motivation vermittelt. Kritik an der Gestaltung, am Design, geht aus dem Kommentar nicht wirklich hervor. Was ich schade finde. Auch da Du in vielen Deiner anderen Kommentare hier im dt im Detail und ausführlich auf das Design als solches eingehst. Zu schreiben, die Gestaltung sei handwerklich schlampig ausgeführt (nebenbei gesagt teile ich diese Einschätzung nicht), ohne näher darauf einzugehen, worin denn die mutmaßliche schlampige Arbeit besteht, ist ein bisschen mau. Komm’ schon.
Es war mir vorher nicht aufgefallen, aber jetzt werde ich den Eindruck auch nicht mehr los. Meines Erachtens kippt die Kuppel optisch nach rechts, weil das (von unten gezählte) zweite Element mit der linken Spitze nicht vertikal bündig ist mit dem unteren Rand des ersten. Mein Auge (bzw. mein Gehirn) verbindet diese aber zu einer Linie, und die ist dann halt leider nicht waagerecht.
Die zunehmende Strichstärke der Elemente verstärkt den Eindruck noch.
Besten Dank Daniel, für die Visualisierung!
Womöglich haben wir unterschiedliche Auffassungen in Bezug auf das Wort kippen, im Zusammenhang mit Logogestaltung. In meiner Wahrnehmung vollzieht das Zeichen keine Kippbewegung. Auch keine Neigung, wie sie die kursiven Lettern der Wortmarke beschreiben. Auch hängt die Bildmarke nicht zu einer Seite durch.
Ein Logo wie etwa das der Airline Iberia würde ich als kippelich bezeichnen; die Bildmarke scheint in diesem Fall weg von der Wortmarke zu driften. Das Auge sucht hier Bezugspunkte.
Die Bildmarke der Fraktion hingegen fußt und sitzt optisch gut austariert auf der Wortmarke. Die Bezugspunkte sind eindeutig.
Wie wir wissen geht es im Kommunikationsdesign, insbesondere im Zusammenhang mit ästhetischen Aspekten, weniger um mathematische Genauigkeit, als vielmehr um optische Ausgewogenheit. Deshalb gibt es optischen Randausgleich und Unterschneidung. Aber wie gesagt – die Wahrnehmung ist verschieden. Auch andere Wahrnehmungen sind natürlich möglich/zulässig.
Interessanterweise erzeugt die von Dir in der Visualisierung eingebundene orange Linie in meiner persönlichen Wahrnehmung das Gegenteil von dem von Dir beschriebenen. Erst durch die Betonung der Achse entsteht der Eindruck eines Sockels, eines Fundaments, das auf der rechten Hälfte der Kuppel-Bildmarke verortet ist. Was nun, bezogen auf die Sitzordnung im Plenarsaal, tatsächlich eine passende visuelle Entsprechung ist. Wenn man sich zudem vorstellt, dass es sich bei der Form um eine 2D-Seitenansicht einer Skulptur handelt, ein Objekt, das auf dem ersten der fünf Querstreben steht, mit vier zur Linken überstehenden Schweif-ähnlichen Streben, dann wird man zudem erkennen, dass aufgrund dieser Statik ein Kippen, wenn überhaupt, eher zu linken Seite möglich scheint.
An dieser Stelle sei noch einmal in Erinnerung gerufen: die Art und Weise wie wir hier im dt auf Logos und Designs schauen, diese analysieren und bis ins Detail bewerten, entspricht nicht der üblichen Rezeption von Design / Markenkommunikation. Wir sind nicht die adressierten Rezipienten. Der Fokus ist ein ganz anderer. Die Herauslösung eines Logos aus dem üblichen ursprünglichen Anwendungskontext und die Aufbereitung als Aufmacher eines redaktionellen Beitrags ist zudem de facto eine Form des Framings. Gerade wir Designer/Kreativschaffende neigen ja doch dazu, vor allem die mutmaßlichen Fehler und Probleme zu lokalisieren und zu benennen, im Wissen bzw. in der Annahme, es besser hinzubekommen. Und solch ein Beitrag ist natürlich eine gute Gelegenheit, das Wissen mit anderen zu teilen. Worüber ich dankbar bin :-)
Das ist, zumindest meiner Erfahrung nach, eine gängige Formulierung (im Agenturalltag) für etwas, was sich optisch in die eine oder andere Richtung neigt. Von daher bleibe ich bei “es kippt nach rechts”.
Und ja, das kann man auch zweideutig politisch auffassen – die CDU & CSU sind de facto rechts der politischen Mitte verordnet.
Designkritisch gesehen: Durch die Strichstärken, Schrägen, und unten nicht eben ausgerichteten Formen entsteht sehr wohl der optische Eindruck, dass die Kuppe schief steht und leicht nach rechts gedreht wirkt, nach rechts kippt. Du magst es als Bewegung auffassen, ich sehe darin einen Abfall oder eine Drehung nach Rechts unten.
Spontan würde ich sagen der rechte Strich ist etwas zu niedrig angesetzt, der Startpunkt des Striches links zu hoch. Und genau an dem Punkt sind für mich handwerkliche Mängel vorhanden, eine wirkliche Lösung müsste ich selber austesten und zeichnen.
Ich arbeite selber oft mit Logos, Icons, erstelle sie und optimiere sie, und für mich ist das Zeichen noch im Skizzenstadium, nicht ausgewogen, auch unabhängig von politischer Interpretation oder Meinung.
Schön, dass Du Dir die Zeit genommen hast, die Kritik in einem weiteren Kommentar noch einmal auszuformulieren. Hab herzlichen Dank!
ruft man damit jetzt zum sturm auf den reichstag auf…
wie gut, dass adidas derweil die slvr linie eingestellt hat.
Erst die Deutschlandfarben jetzt die Reichstagskuppel: dass die CDU und CDU-CSU Fraktion so selbstverständlich Symbole und Farben vereinnahmt, die eigentlich der ganzen Republik gehören und nicht selbstredend einer politischen Richtung finde ich irgendwie abstoßend weil anmaßend und übermäßig selbstbewusst – Übermut statt Demut sozusagen.
In den USA, wo man das bei beiden großen Parteien so macht, finde ich das etwas anderes. Aber hier? Wie geht es Euch damit?
Interessante Frage! Tatsächlich ist es mir noch nie so wirklich aufgefallen und ich hab bisher nicht darüber nachgedacht. Scheint mich also nicht sonderlich zu stören, als Übermut empfinde ich das nicht. Eher sogar als stimmig, in Deutschland ist die Nutzung zumindest der Nationalfarben einfach eher etwas Konservatives. Die Vorstellung, dass eine politisch links der Mitte stehende Partei die so prominent nutzt, mutet fast schon absurd an. Ob sich die Parteien damit einen Gefallen tun und das gut ist für unsere politische Kultur, steht natürlich auf einem ganz anderen Blatt.
Ich finde es sehr schade, dass dieser m. E. wieder sehr gute und pragmatische Beitrag mit so vielen polemischen und unpassenden Kommentaren versehen wird. Man kann sich über politische Ausrichtungen immer streiten, aber hier geht es um das Handwerk. Einfach nur peinlich. Daher danke Achim, für diesen – wie immer – herausragenden Beitrag.
Vielen Dank Jörg.
Du sprichst etwas wichtiges an. Die zunehmende Polemisierung im Zusammenhang mit politischen Themen empfinde ich als großes Ärgernis. Ich wünsche mir insgesamt, und natürlich auch für ein Fachmedium wie diesem, sachbezogene Kommentare mit Substanz und gut begründete Kritik.
Polemik halte ich als Stilmittel für legitim, sofern diese der Zuspitzung dient, als Aufmacher für eine Argumentation, etwa um initial Aufmerksamkeit oder bewusst Stirnrunzeln zu erzeugen. Ohne nachfolgende Argumente, ohne Begründung sind polemische Floskeln hohl und inhaltsleer. Ich stelle mir Debatten im dt als eine Art Podiumsdiskussion vor, oder als Fishbowl-Gesprächsrunde. Ein respektvolles Miteinander. Da würde man doch auch nicht abgedroschene Floskeln zum besten geben, sondern im Idealfall mit klugen und interessanten Redebeiträgen und/oder fachlicher Expertise glänzen wollen. Doch im „Schutz“ der Anonymität, die einem das Netz bietet, ein Aspekt, der hier sicherlich mit hinein spielt, sagen Menschen Dinge, die sie von Angesicht zu Angesicht niemals äußern würden.
Mit welcher Überzeugung heutzutage unbelegbare Behauptungen in die Welt gesetzt werden, diese dann auch noch von anderen abgefeiert und geteilt werden, erstaunt und erschreckt mich, muss ich sagen, auch die allgemeine enthemmte Garstigkeit, Feindseligkeit. Die Kehrseite des Word Wide Web, schätze ich.
Insofern möchte ich dafür werben, sich in die Debatten hier mit konstruktiven, erhellenden Beiträgen einzubringen. Unerheblich dabei ist, ob man selbst vom Fach und in der Branche tätig ist. Open Design, Open Discussion.
Auch an dieser Stelle noch einmal ein Dankeschön vor allem an Daniel, der mit seinen Beiträgen gezeigt, dass auch in einem stark politisierten Kontext gehaltvolle(re) Kommentarbeiträge möglich sind.
Auch Dir Jörg, danke, dass Du in der Diskussion die Hand gehoben und darauf aufmerksam gemacht hast, dass hier etwas nicht stimmt. Bitte misch Dich gerne wieder ein!
Ach, schau an. Wird damit die Farbe blau für Parteien aus dem rechten Spektrum festgelegt? (So wie eben rot die linken Parteien symbolisiert.) Denn bisher gab es ja noch keine einheitliche Farbe für Rechte.
Konservative Parteien werden in Europa, wie auch im dt-Beitrag über politische Farbenlehre aufgezeigt wird, seit Jahrzehnten, lange bevor die AfD gegründet wurde, mit der Farbe Blau assoziiert. Auch die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP), der die CDU und die CSU angehören, nutzt Blau aus Primärfarbe.
Mit dem Redesign wird diese Zuordnung also nicht „festgelegt“ – die farbliche Zuordnung blau = konservativ existiert im europäischen Kontext seit langem.
Ja, da hast du natürlich recht. (Der Artikel über die Farbenlehre ist übrigens einer der großartigsten, die du hier jemals verfasst hast.)
In sofern ist “festgelegt” von mir falsch ausgedrückt. Mir ging es darum, dass die CDU es bisher ja eher vermieden hat, sich in der Farbwahl zum politisch rechten Spektrum zu bekennen. Mal war die CDU rot, mal war sie orange. Dass sie jetzt “endlich” die Primärfarbe der EVP-Fraktion, der AfD und der anderen Parteien übernimmt, ist zumindest für mich ein bemerkenswerter Vorgang.
Vielen Dank Christian.
Die Primärfarbe der CDU/CSU-Fraktion ist „Dunkelblau“ (RGB 0,89,115). Die Primärfarbe der AfD ist „Hellblau“ (RGB 0,162,223). Natürlich handelt es sich in beiden Fällen um blaue Farbtöne. Beide Farben unterscheiden sich jedoch deutlich (siehe Abb. unten).
CDU/CSU-Fraktion „Dunkelblau“ / AfD „Hellblau“
Die Aussage, wonach die CDU „die Primärfarbe der AfD übernehme“, auch die der anderen Parteien, halte ich für eine unzulässige Zuschreibung und für eine zu starke Vereinfachung. Ich denke, dass man das, in einem Fachblog, so nicht stehen lassen kann.
Es ist schon wichtig, zwischen den Entitäten Partei und Fraktion zu unterscheiden, zumal CDU und CSU jeweils als Partei zwei von einander unabhängige Corporate Designs nutzen. In diesem konkreten Fall betrifft das Redesign die Fraktion, nicht die CDU als Partei.
Des weiteren ist es so, dass die CDU/CSU-Fraktion, wie ja auch im Beitrag erwähnt wird, bereits vor dem nun vollzogenen Logo-Redesign die Farben Dunkelblau und Türkis verwendet hat (siehe Archiv-Ansicht von cducsu.de). Die kürzlich vollzogenen graduellen Anpassungen sind aus meiner Sicht, was die Farbwahl betrifft, wenig bemerkenswert. Der Vorher-Nachher-Vergleich des Logos sollte in dieser Hinsicht nicht als eine (erstmalige) Umstellung auf Dunkelblau missverstanden werden. Hierzu sei angemerkt, dass die Fraktion das Logo mit grauer Typo bis zuletzt in Printmedien und in digitalen Dokumenten verwendet hat. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang eher der Umstand, dass die CDU auf Landesebene, trotz bundesweiter Vorgaben, nach wie vor teils völlig verschiedene visuelle Erscheinungsbilder und Farbgebungen nutzt, etwa Grün-Grau-Rot in Sachsen (cdu-sachsen.de). Wobei Grün den Landesfarben entlehnt ist.
Ob die CDU als Partei in ihrem visuellen Erscheinungsbild auch irgendwann einmal – und „endlich“ – einen kräftigen Blauton als Primärfarbe nutzen wird, steht auf einem anderen Blatt.
Das dunkle Blau in der neuen Version wirkt auf jeden Fall ruhiger und beständiger (siehe blau bei Banken). Auch die neue Interpretation der Kuppel gefällt mir, auch wenn man sich bei naher Ansicht fragen muss, wo diese auf der linken Seite ausgerichtet ist. Denn während die rechte Seite wie eine Fortsetzung des S aussieht, landet sie links irgendwo zwischen dem C und D. Das ist aber natürlich auch der Schwierigkeit geschuldet eine symmetrische Außenform mittig über eine kursive Schrift zu setzen.
Was den Mittelpunkt angeht … der ist wahrscheinlich noch die beste Lösung, auch wenn er mir nicht wirklich gefällt. Aber ein Trennstrich/Bindestrich wäre typografisch verwirrend und ein Slash oder senkrechter Strich hätten eher zu Trennung statt Zusammenhalt geführt. Vielleicht hätte man noch ein + nehmen können. Aber das wäre dann in der Schreibweise im Text sonderbar geworden. Von daher verstehe ich schon die Wahl des Mittelpunkts.
Übrigens, kann es sein, dass das U von CDU einen Hauch zu weit rechts ist. Ich lese da eher CD U.