Seit kurzem tritt die Friedrich-Ebert-Stiftung mit einem neuen visuellen Erscheinungsbild auf. Erstmals seit Jahrzehnten wurden das Logo und das Farbklima signifikant modifiziert. Die Umstellung auf das neue Corporate Design erfolgt im Hinblick auf das im kommenden Jahr anstehende 100-jährige Bestehen der Stiftung.
Die Friedrich-Ebert-Stiftung wurde im März 1925 gegründet – sie gilt damit als älteste politische Stiftung in Deutschland. Namensgeber der Stiftung ist Friedrich Ebert, dem ersten demokratisch gewählten Reichspräsidenten der Weimarer Republik (Februar 1919 bis Februar 1925). Die Stiftung steht der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) nahe und sieht ihre Aufgabe darin, so die Eigenbeschreibung, die Demokratie zu stärken, zu verteidigen und zu fördern.
Im kommenden Jahr feiert die Friedrich-Ebert-Stiftung im Rahmen eines Festaktes und begleitet von zahlreichen weiteren Aktivitäten, Veranstaltungen und Ausstellungen ihr 100-jähriges Bestehen. Im Vorfeld des Jubiläumsjahres wurde das visuelle Erscheinungsbild umfassend erneuert und modernisiert. Auch einen neuen Claim hat sich die Stiftung gegeben: „Wir gestalten Soziale Demokratie. Seit 1925.“
Auszug der Pressemeldung
Anläßlich unseres 100. Jubiläums präsentieren wir uns in einem neuen Erscheinungsbild: zeitgemäß und global ausgerichtet. In einer Welt, die sich rasant verändert, wollen wir unsere Vision und Mission durch ein einheitliches Bild effektiver kommunizieren: mutig, aufgeschlossen und zukunftsweisend.
Seit Ende 1960er-Jahre verwendet die Stiftung eine in Versalien angelegte, blaue, dreizeilige Wortmarke samt eingebundener Globus-Darstellung als Logo. Der grundsätzliche Aufbau – dreizeilig, linksbündig, Globus-Zeichen in der zweiten Zeile – bleibt bestehen. Allerdings ist die Wortmarke nunmehr in einem rechteckigen Korpus eingebettet. Zudem ist das neue Logo rot statt blau. Beim Globus-Zeichen wurde die Anzahl der horizontalen Linien (stilisierte Breitengrade) von neun auf drei reduziert. Der im Bildzeichen enthaltene noch oben weisende Pfeil hebt sich dadurch stärker ab, auch da die Linienstärke angehoben wurde.
Die in Gemischtschreibweise angelegte Wortmarke ist fortan in dem eigens für die Stiftung entwickelten Corporate Font namens „Ebert“ gesetzt. Die neue Hausschrift, die in Zusammenarbeit mit den Schriftentwerfern von Supertype (Berlin) entstanden ist, verfügt über mehrere Schriftschnitte (Bold, Regular, Kursiv) und eine zusätzliche Headlines-Variante. Mit Einführung des Corporate Designs ändert sich das Farbklima der Stiftung. Rot fungiert fortan als Primärfarbe. Blau wird, ebenso wie Violett, Grün, Gelb und anderen Tönen, akzentuierend eingesetzt.
Im Webauftritt unter fes.de, vor wenigen Tagen einem Relaunch unterzogen, ist das neue Design bereits implementiert. Parallel dazu wurde die „Brand Library der Friedrich-Ebert-Stiftung“ in Netz gestellt (brandlibrary.fes.de), in der alle Merkmale des neuen Corporate Designs dokumentiert sind.
Entstanden ist das neue Corporate Design in Zusammenarbeit mit Adlerschmidt (Berlin).
Kommentar
Es gibt kein CD-Regelhandbuch, in dem stünde, wie eine parteinahe Stiftung ihre Verbindung zu der ihr nahestehenden politischen Partei über das visuelle Erscheinungsbild zu kommunizieren hat. Einerseits bezieht sich eine solche Stiftung unmittelbar auf jene Werte und Inhalte, die in den Grundsätzen der Partei verankert sind. Rechtlich gesehen sind Stiftung und Partei jedoch unabhängig. Finanziert werden politische Stiftungen zudem hauptsächlich durch den Bund, also aus Steuermitteln*.
Vertritt man die Auffassung, eine Stiftung sei, mehr oder weniger, eine Subbrand der Partei, würde es zwischen beiden Entitäten sichtbare Gemeinsamkeiten im Erscheinungsbild geben. Ähnlich wie in der Wirtschaft, wo Tochtergesellschaften über ihr Erscheinungsbild ihre Zugehörigkeit zu einem Konzern erkennen lassen: Deutsche Bahn (Dachmarke), DB Schenker (Submarke).
Andererseits: Eine Stiftung, die ihr eigenes Erscheinungsbild gewissermaßen an die Außendarstellung der Partei knüpft, läuft Gefahr, als parteiisch wahrgenommen zu werden. Politische Stiftungen haben ein Interesse daran, als unabhängig wahrgenommen zu werden – um auf diese Weise die von der Stiftung veröffentlichten Studien, Analysen und Empfehlungen als objektiv und fundiert darzustellen. Sie möchten nicht als bloßes Sprachrohr angesehen werden. Was teilweise erklärt, weshalb das bisherige Erscheinungsbild der Friedrich-Ebert-Stiftung kaum Nähe zum Corporate Design der SPD erkennen hat lassen. Ähnlich verhält es sich bei der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung.
Darüber hinaus: Parteien haben in ihrer Geschichte, und dies gilt für die letzten zwanzig Jahre in besonderem Maße, schon oft ihr visuelles Erscheinungsbild verändert, einschließlich Logo und Farben. Die SPD ebenso wie die CDU, die Grünen, die FDP, die Linke und andere. Eine starke Anlehnung an das Corporate Design der Partei hieße als Stiftung, damit einhergehende Veränderungen wohl oder übel mitgehen zu müssen. Neben politischen und markenstrategischen Überlegungen gibt also auch handfeste pragmatische Gründe, die für ein eigenständiges Corporate Design als Stiftung sprechen.
Ungeachtet dessen bezieht sich die Friedrich-Ebert-Stiftung im Visuellen stärker als bislang auf die SPD, insbesondere im Farblichen. Ähnlich wie das traditionelle SPD-Logo enthält auch das neue Logo der Friedrich-Ebert-Stiftung als Basis eine rote Kachel (Anmerkung: seit der Bundestagswahl 2021 verwendet die SPD anstelle der traditionellen, roten Logokachel lediglich die rote „SPD“-Wortmarke als Logoabsender).
Inwieweit die optische Annäherung Einfluss auf die Wahrnehmung der Friedrich-Ebert-Stiftung innerhalb der Gesellschaft hat, etwa ob Dritte ihre Autonomie/Unabhängigkeit und Objektivität (mehr als zuvor / weniger als zuvor) anzweifeln / attestieren, dürfte nicht zuletzt von der individuellen politischen Haltung und Position abhängen. Man könnte auch argumentieren, das bisherige blaue Logo habe die inhaltliche Nähe zur SPD lediglich zu kaschieren versucht – wohingegen das neue Corporate Design als ein Bemühen um Transparenz gewertet werden könnte.
Markenkommunikation, die sich in diesem speziellen Umfeld / Spannungsfeld bewegt, ist von ausgeprägter Ambivalenz gekennzeichnet. Einerseits gilt es einen Anspruch auf Objektivität und Unabhängigkeit zu formulieren. Andererseits werden die politischen Grundsätze und Ansichten der Partei, der die Stiftung nahesteht, mehr oder weniger direkt beworben. Widersprüche beziehungsweise Konflikte auf sprachlich-visueller Ebene lassen sich hier kaum vermeiden. Oder doch? #Diskussion
Zwischen heutiger Markenkommunikation und jener in den 1960er-Jahren gibt es in vielerlei Hinsicht diametrale Unterschiede, nicht nur in Hinsicht auf die grundlegend veränderte Medien- und Konsumwelt. Auch die Rezeption von Markenkommunikation ist heute eine ganz andere. Entsprechende (Werbe)Botschaften werden bewusster als solche wahrgenommen. Konsumenten sind aufgeklärter, haben ein starkes Bedürfnis nach Information, auch in Bezug auf ökologische und soziale Bedingungen, unter denen Waren produziert, geliefert und angeboten werden. Falsche Versprechen werden häufig(er) entlarvt, abgestraft und erzeugen mitunter einen Shit-Storm.
Im Zuge der Bedeutungsverschiebung vom Content zum Kontext hat sich der Blick der digitalisierten Öffentlichkeit vom reinen Produkt hin zur Entstehung verschoben, wie Lucas von Gwinner und Dirk von Gehlen in ihrem kürzlich hier im dt vorgestellten Buch „Macht Marke – Orientierung, Sinn, Vertrauen. Wie Kreative Zukunft gestalten“ schreiben. Sie appellieren, sich als Marke „ehrlich zu machen“. Ehrlich machen, wofür man steht. Und genau das macht die Friedrich-Ebert-Stiftung. Ihr neues Corporate Design kommuniziert nun klar und sichtbar Bezug zur Sozialdemokratie.
Mediengalerie
* Nicht mit staatlichen Mitteln gefördert wird die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung
Unabhängig von allem konzeptionellen Unterbau und eventueller Parteinähe:
Schön, dass man die Bildmarke hin zu mehr visueller Klarheit aufgeräumt hat. Aber dass man diese weiterhin so in das Textgefüge der Wortmarke einquetschen muss? Das macht sie in kleineren Abbildungsgrößen kaum les- und wahrnehmbar und führt aus meiner Sicht zu ungünstigen Proportionen. Ich hätte sie womöglich aus der Enge befreit und deutlich vergrößert. Die Schrift lässt für dieses Thema meiner Meinung nach an Ernsthaftigkeit vermissen und will auch formal nicht so recht zum Kreis-Pfeil passen.
Noch ein Gedanke zum Thema »Parteinähe«:
Wüsste ich es nicht besser, hätte ich aufgrund der Summe verschiedener Gestaltungselemente (siehe Petrolfond, Textbalken, Logokachel) wohl eher die Nähe zur CDU vermutet. Das ist dann wohl auch nicht gerade im Sinne des Absenders, oder? Wäre mal interessant zu wissen, wie es anderen geht.
Mich erinnert das Symbol etwas an die drei nach unten links gerichteten Pfeile, die von den Sozialdemokraten in der Weimarer Republik eingesetzt wurden: Link
Ob beabsichtigt oder nicht, das ist sicher eine zum Jubiläum passende und positive Konnotation.
Interessant, dass das 100-Logo sich für den einfachen Strich als 1 entschieden hat. Eine normale 1 hätte gut zu dem Pfeil passen können. Ich habe auf jeden Fall beim Poster, in dem das Logo unten links auftaucht gebraucht, um zu erkennen, dass es eine 100 sein sollte. Den Strich habe ich als graphische Marke verstanden und mich dann gewundert, warum neben dem Logo noch ein leerer Kreis war.
Mit „Poster“ ist wohl diese Einladungskarte gemeint.
Ein bloßer vertikaler Strich für die Ziffer 1 ist durchaus üblich, auch und im Besonderen im Zusammenhang mit Jubiläumslogos, siehe 100 Jahre Bauhaus, 100 Jahre Estland. Prägnanz ist auch hier ein maßgebliches Kriterium, weniger bestmögliche Lesbarkeit. Eine 1 mit schrägem Anstrich hätte womöglich auch gut gepasst. Doch aus dem Anwendungskontext heraus, der Einladung, erschließt sich unmittelbar die Bedeutung der Vertikale und des Zeichens insgesamt.
Stimme Roger(t) oben zu. Das Symbol geht einfach unter. Durch die geringe Größe ist zwangsläufig die Strichstärke zu gering und passt noch weniger zum Text. Die Positionierung ist außerdem nicht mittig auf der “Ebert-Zeile”; höchst-wahrscheinlich, weil das Symbol sonst noch kleiner geworden wäre. Etwas mehr Mut, das Symbol zu präsentieren hätte dem Design besser getan. Beispiel:
Danke Paddy.
In diesem Zusammenhang teile ich gerne ein Statement, das ich von der für das Design verantwortlichen Agentur im Nachgang per Mail erhalten habe. Und was erklären dürfte, weshalb der grundsätzliche Aufbau des Logos beibehalten wurde.
Danke Achim. Die Begründung mag ja auch gern ihren Sinn haben (ebenso wie die rote Kachel als “linkes Statement”), aber das ändert für mich nichts daran, dass es optisch sehr leidet. ;-)
Interessant. Ist halt die Frage ob es die sinnvollsten Stellen waren. ;-)
viel besser. klarer und selbstbewußter. auch für die anwendungen. zum beispiel bei den plakaten, wo der “logo-kasten” dann mit der “balken-schrift” zu kämpfen hat. und klar verliert.
Ich finde das Logo irgendwie fade, weichgespült.
Ehrlich gesagt finde ich den dicken, mächtigen 70er Jahre-Stil für das alte Logo für eine so alte Institution sogar angenehmer. Auch die Weltkugel mit ihren vielen Streifen. Keine Ahnung, ich seh das wunderbar z.B. irgendwo in einem Besprechungsraum an der Wand oder als Intro zu einem Lehrfilm.
Für mich wäre es besser gewesen, man hätte die Schrift und die Bildmarke so gelassen (oder zumindest etwas am Kerning der alten Marke gearbeitet) und lieber altes Logo + alte Schrift in der Anordnung von Paddy’s Vorschlag im neuen Logo gemacht (also Bildmarke größer und links davon)
Mit dem neuen Logo geht viel Charakter und Persönlichkeit verloren.
Rein visuell-ästhetisch für mich ein massiver Rückschritt zum alten Logo. Alles was es vorher für mich spannend gemacht hat ist jetzt weg: Die bolde Versalien-Typo in schönem Kontrast zu der fineline-igen Bildmarke, die Spannung durch den engen Satz der Buchstaben, wie “spack” die Bildmarke in der Wortmarke liegt… Das jetzige Ergebnis ist mut- und kraftlos, wirkt weichgespült. Ich trauere dem 60er Entwurf wirklich mächtig hinterher.
Ich finde das neue Symbol schwierig.
Zum einen ist für mich nicht mehr intuitiv ein Globus erkennbar. Mit den enger werdenden Horizontlinien war das für mich klarer.
Zum anderen denke ich sofort an Handwerk. Die Nähe zum Symbol Schutzerdung (das in jedem Haus auftauchen dürfte), ist für mich einfach zu nah.
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Schaltzeichen_(Elektrik/Elektronik)#Schutzleiter,_Masse,_%C3%84quipotenzial