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Neues Corporate Design für die Stadt Kassel

Stadt Kassel Logo, Quelle: Stadt Kassel
Stadt Kassel Logo, Quelle: Stadt Kassel

Die Stadt Kassel bekommt in diesem Jahr ein neues Erscheinungsbild. Anlass hierfür ist der 1100. Geburtstag, den die Stadt 2013 feiert. Entwickelt wurde das Corporate Design an der Kunsthochschule Kassel von Studierenden des Fachbereichs Visuelle Kommunikation. Ein ambitioniertes Projekt, das neben der Entwicklung eines neuen Stadtlogos unter anderem auch den Entwurf einer eigenen Hausschrift beinhaltet.

In Kassel schlägt das zukünftige Erscheinungsbild bereits hohe Wellen, vor allem auch Dank einer Lokalpresse, die (wie so oft) allein das Logo in den Fokus ihrer Berichterstattung rückt, was jedoch der Sache, gerade in diesem Fall, nicht im Ansatz gerecht wird.

Auf das Thema Berichterstattung über Kommunikationsdesign, das auch das Redesign für die Stadt Kassel betrifft, gehe ich an anderer Stelle gesondert ein. In diesem Artikel soll den Blick auf das neue Erscheinungsbild gelenkt werden, das eine rein typographische Logomarke in den Mittelpunkt stellt. Entstanden ist das gesamte Design unter der Leitung von Prof. Nicolaus Ott und Prof. Bernard Stein von Studierenden Kunsthochschule Kassel, die in unterschiedlichen Projektgruppen Logos, ein Farbkonzept, eine Bildsprache, einen Illustrationsstil sowie eine eigens für die Stadt Kassel gezeichnete Schrift entwickelt haben.

Berücksichtigt man den Umfang der bisher geleisteten Arbeiten, so macht sich das Gesamtbudget von 70.000 Euro vergleichsweise gering aus. Allein für die Entwicklung eines Schriftschnitts kann man etwa 15.000 Euro kalkulieren, die Stadt Kassel verfügt dank neuem CD nun gar über 4 Schnitte mit insgesamt rund 600 Zeichen.

Zum Entstehungsprozess des neuen Erscheinungsbildes gehörte ein Workshop, an dem neben Hochschulangehörigen auch zahlreiche Verantwortliche auf Seiten der Stadtverwaltung teilnahmen. Hier wurde die Basis für den zukünftigen Außenauftritt der Stadt gelegt, der Rahmen für die Gestaltung festgelegt. Als Kernwerte wurden „modern, lebendig, attraktiv“ herausgearbeitet, als differenzierende Kernwerte wurden „nachhaltig innovativ, kulturell bewusst, stolz auf die Stadt“ benannt. Im Frühjahr 2010 wurde das Ergebnis des Workshops einem großen Kreis von Abteilungsleitern und Mitarbeitern der Stadtverwaltung im Rathaus präsentiert. Auch im weiteren Prozess gab es zwischen Hochschule und Stadtverwaltung regen Austausch. Statt im stillen Kämmerlein zu entwerfen, begleitete der Blick über die Schulter die fortschreitenden Gestaltungsarbeiten.

Entstanden ist auf diese Weise ein komplexes Erscheinungsbild, das vor allem auf Grund seines minimalistischen Stadtlogos nicht jedem in Kassel gefällt. Das zumindest zeigen die Diskussionen in der hiesigen Lokalpresse (siehe HNA). Ungeachtet dessen hält die Stadt Kassel nun nicht nur ein überaus praktikables, funktionales und, wie ich meine, ansprechendes Corporate Design in Händen, sondern zugleich eine vergleichsweise kostengünstige Lösung. Auch darauf kann man in Kassel durchaus Stolz sein.

Beim neuen Stadtlogo entschied man sich für eine Version, in der auf den Einsatz des Wappens verzichtet wurde. „Die Entscheidung für das Logo „Kassel documenta Stadt“ fiel auf der Grundlage, dass es für alle kulturellen, wirtschaftlichen und touristischen Aufgaben Verwendung findet und eine höchstmögliche Außenwirkung haben sollte. Der Zusatz „documenta Stadt“ hat eine weltweite Resonanz. Das traditionelle Kleeblatt-Wappen wird weiterhin für alle hoheitlichen und symbolische Aufgaben der Stadt Verwendung finden.“, so Prof. Stein.

Eine derart starke Verbundenheit mit einer der weltweit bedeutendsten Ausstellungen für zeitgenössische Kunst, wie es die documenta ist und wie sie im neuen Stadtlogo Kassels stärker als bislang dargestellt ist, braucht eine visuelle Entsprechung, der man diese Nähe auch abnimmt. Das Vorgängerlogo, so charmant und zugleich praktikabel es auch sein mag, ist in Bezug auf die Nähe zur documenta unglaubwürdig, weil es in seiner grundsätzlichen Stand-Land-Fluss-Idylle zu sehr an eine tradierte Denkweise appelliert.

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Dieser Beitrag hat 45 Kommentare

  1. Im Oktober wurde hier im designtagebuch der Artikel “Vereinfachung versus Beliebigkeit“ gepostet: https://www.designtagebuch.de/vereinfachung-versus-beliebigkeit/
    Die neue Welle der Vereinfachung/Beliebigkeit z.B. ebay, Yves Saint Laurent usw. hat die Mehrheit hier zurecht kritisiert. Das neue Kasseler “Signet“ hat die selbe Tendenz. Wenn sich Kasseler Bürger, auch die ungeschulten, darüber aufregen ist das völlig nachvollziehbar und verständlich. Eine derartige Schrift zu entwickeln war eindeutig eine Fehlinvestition. Die Schrift ist, bis auf den versetzen Querstrich beim Ww, gut gemacht. Allerdings völlig unpassend. Weil zu neutral, zu wenig Charakter. Schade.

  2. Apropos Deppenleerzeichen – ich vermute hier Absicht und nicht Dummheit, da das Logo von Ott+Stein stammt. Es könnte gemeint sein, dass sich Kassel sowohl als Ort der documenta aber auch als Stadt mit allen “Drum und Dran” versteht. Beide Worte sind gleichberechtigt nach oben gestellt und haben die gleiche Farbe und den gleichen Schriftschnitt, so dass diese als Ergänzung zum Wort Kassel stehen. Es könnte also ganz bewusst so gestaltet worden sein und ist eine Verbesserung gegenüber dem “alten” Logo. Ich vermute hier den Versuch einer Gleichstellung und keinen Anfängerfehler! Das ist fast ein wenig respektlos gegenüber den Herren Professoren.

  3. Die grafische Gestaltung in ihrer extremen Simplizität außen vor lassend, reiht sich dieses Logo leider zu all jenen möchtegern-modernen Werken ein, bei denen sich die Designer gedacht haben, der Verzicht auf Rechtschreibung bzw. zusätzlich der Verzicht auf Semantik in den Briefköpfen (“34112 Kassel documenta Stadt” “” Ein neuer Stadtteil? Eine komplett neue Stadt? Was sagt die Post dazu?) sei besonders “hip” und “stylisch”. Dem ist meiner Meinung nach nicht so.

    Ein simpler Bindestrich hätte weder die Lesbarkeit gestört “” ganz im Gegenteil! “” noch das Logo grafisch verunstaltet. Es handelt sich schließlich um kein “Kastenlogo”, bei dem eine willkürliche Worttrennung ohne Bindestrich aufgrund kompakter Maßen erwünscht ist.
    Ein besonders markantes Wortspiel mit Leerzeichen wie “Mehr Sport wagen” stellt “documenta Stadt” ebenso nicht dar.

  4. Als mitlesender Architekt wundere ich mich über über die Aufregung bzw. die Entrüstung vieler Gestalter hier, die sich allen Ernstes fragen, warum ein solcher Entwurf für ein Stadtlogo von so vielen Bürgern abgelehnt wird. Maximale Reduktion wird von der Mehrheit der Menschen in fast allen Künsten abgelehnt. Als Besipiel sei ein Rathausneubau imaginiert, der aussähe, wie das (wunderbare) Auditorium Plantahof von Valerio Olgiati (bitte googeln) oder eine neue Hymne, die sich anhörte wie eines der minimalen Stücke von Steve Reich.
    Man kann einfach nicht erwarten, dass jemand, der in den Feinheiten des Dikurses innerhalb der Disziplin nicht drinsteckt, so etwas gut findet, zumal wenn es ihm ohne Erklärung einfach vorgesetzt wird.

  5. Man muß die Dinge so einfach wie möglich machen. Aber nicht einfacher.
    Albert Einstein

    Das Auditorium Plantahof von Valerio Olgiati ist ein gutes Beispiel für Einfachheit, die der Funktion folgt. Beim “Kassel dokumenta Stadt“ Signet bin ich mir da nicht so sicher.
    Das es nicht angenommen wird, liegt ganz sicher nicht daran, daß es puristisch ist.
    Ich denke, wenn etwas gut gemacht ist und auf den Punkt gebracht ist wird es angenommen. Auch von ungeschulten Menschen.

    Es gibt eben nicht nur eine Möglichkeit etwas zu reduzieren und es kommt drauf an wie weit etwas reduziert wird. Siehe Dokumenta Signet. Das sind immer ganz feine Details die drin sind. Beispielsweise die Schreibweise “dOKUMENTA“ sagt sehr viel über den Inhalt aus.

    Das die Empfänger ein Zeichen annehmen ist sehr wichtig, gerade bei einem Stadtlsignet. Es ist sicher ein Spagat Bürger und Auswärtige gleichermaßen anzusprechen, aber alles andere wäre nicht authentisch.

    Bei der Entwicklung wäre es ein Riesenfehler gängige für Alle verständliche Sybole wie z.B. Stadt-Land-Fluß oder Wappen von vorneherein auszuschließen. Sie müßen nicht zwangsläufig “langweilig“ oder “altbacken“ sein.

  6. Schlichte und klare Gestaltung finde ich prima, Einfachheit auch, bisweilen auch Naivität. Aber hier ist der Grenze zur Belanglosigkeit überschritten. Den einzigen Vorteil, den ich in diesem Konzept sehe: es fällt niemandem auf, wenn man es ändert.

  7. Was mich ärgert, wenn ich die obige Verfechtung des Logos durchlese ist, dass dem normalen Bürger der Sinn für guten Geschmack und Modernität abgesprochen wird. Wenn man das Machwerk nicht uneingeschränkt toll findet, muss man absoluter Laie sein, für Gestaltung kein Gespür haben und von dem Projekt ohnehin nichts verstehen. Da zu meiner Ausbildung auch der Bereich Marketing gehörte, bin ich kein absoluter Laie, kann aber nur sehr wenig Bürger- und Stadtnähe in der Gestaltung wiederfinden.

    Sei es nun das Schwarz-Rot, aber auch die anderen Farbgebungen…es wirkt, als habe man bei Windows 8/ Windows Phone 7 und 8 Anleihen genommen und das Microsoft-Marketingkonzept auf die Stadtwerbung übertragen wollen. Puristische Farbgebung und Gestaltung kann etwas Schönes sein… in diesem Falle geht sie aber daneben. Es ist toll, wenn sich die Grafiker und Kunststudenten darin wiederfinden, einige sparsame Stadtobere vielleicht auch, aber Kassel ist halt mehr als diese kleine Gruppe.

    Alle aufgezählten Zielvorgaben sind im Schriftlogo m.E. nicht erreicht worden. Und das Erreichen von Menschen, Unternehmen, Einrichtungen, Organisationen, Verbänden, Touristen sollte durch ein Logo eben auch gegeben sein. Auch im Briefdesign kann ich nichts Schönes entdecken. Eine Fixierung auf das übergroß geschriebene, deplatziert wirkende Kassel und die später im Abstand angehängten Worte documenta Stadt, die allein durch das Rot dann überhaupt auffallen…schön und auffordernd ist was Anderes.

    Mögen sich die Kunststudenten, Professoren und Stadt-Oberen daran erfreuen und noch einige Worthülsen anfügen, um das Logo und die Gestaltung besser zu kommunizieren, ich denke, Kassel hätte Besseres verdient. Und das alte Logo zu einem “Stadt-Land-Fluss”-Kinderspiel herabzuwürdigen zeugt auch von wenig Respekt vor der Leistung des Vorgängers, die immerhin an die Bürger transportiert werden konnte. Kassel besteht nunmal nicht nur aus jungen Studierenden sondern hat neben der documenta auch eine Menge an Tradition, Kunst und Bauwerke aus unterschiedlichen Epochen und innerdeutsche Kultur zu bieten.

  8. Ich sehe nicht, dass im Artikel dem normalen Bürger der Sinn für guten Geschmack und Modernität abgesprochen wird. Generell leidet Gestaltung aber darunter, dass sie von jedem „gemacht werden kann“ – seitdem sie handwerklich zugänglicher ist. Und somit haben natürlich bei reduzierten Logos auch viele eine „das kann ich in 5 Minuten in Word besser“-Haltung.

    Was viele bei Stadtdesigns auch gerne vergessen ist die Mannigfaltigkeit, die diese oft abbilden sollen und gar nicht können. Städtedesigns sind ja oft entweder a) das Design der Stadtverwaltung oder b) das Design des Stadtmarketings oder c) das Design für die, die sich mit der Stadt identifizieren wollen.
    Die Gebiete vermischen sich natürlich gerne und so hat man schonmal drei verschiedene Ansprechpartner. Innerhalb diesere Gemengelage hat man nochmal viel mehr unterschiedliche Interessen und Aufgabenfelder. Da will die Stadt(verwaltung) auf der einen Seite a) helfen und unterstützen dann b) verwalten ab und zu c) verkaufen und oft d) Gebühren erhalten oder gar c) Bußgeld ausstellen. Gerade bei den letzten beiden Punkten wird kein Design für eine Identifikation mit der Stadt sorgen.

    Aber selbst wenn das Design eher zur Identifikation der Bürger gedacht ist, man wird selten auf einen grünen Zweig kommen, ohne das Logo mit Bedeutung aufzuladen (voll zu quetschen). Manche identifizieren sich mit dem Wappen, andere mit der Umgebung, andere mit der documenta. Wieder andere finden dann, die Brüder Grimm sind doch viel wichtiger. Oder die Uni, die wird immer wichtiger, oder noch besser, der Sektor der erneuerbaren Energien, der bringt die Stadt doch nach vorn. Wie es aussieht, wenn man möglichst viel(e) mit einem Logo erreichen will, der schaue nach Mohnheim (https://www.monheim-bayern.de/index.php/stadtentwicklung/ergebnisse/identifikation_und_corporate_design) – und das hat nur knapp 5000 Einwohner.

    Ob man sich also mit der documenta als Alleinstellungmerkmal (!) für das richtige entschieden hat, wird die Zeit zeigen.

    Niemand hat das bisherige Logo zu einem Stadt-Land-Fluss-Kinderspiel herabgewürdigt. Aber schauen Sie doch mal in die direkte Umgebung von Kassel:
    Kaufungen: Blau Grüne Wellen (https://www.kaufungen.eu)
    Niestetal: Blaue Welle, Grüne Berge oder Wolke (https://www.niestetal.de)
    Fuldabrück: blaue Welle, grüner Baum (https://www.fuldabrueck.de)
    Staufenberg: blaue Welle, grüner Berg (https://staufenberg-nds.de)

    Das das bisherige Kassel Logo gestalterisch auf einer höheren Ebene spielt, als diese aufgeführten, darum brauchen wir nicht diskutieren. Aber es ist dann meiner Meinung nach eben doch nur eine Ausschmückung, die Kassel eher „kleiner“ macht, als es ist.

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