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Mit „Z’Winkel“ in die digitale Zukunft – Neues Erscheinungsbild für Zug

Stadt Zug Corporate Design – Logo, Quelle: Stadt Zug
Stadt Zug Corporate Design – Logo, Quelle: Stadt Zug

Zug, die größte Gemeinde im gleichnamigen Schweizer Kanton, erhält ein neues visuelles Erscheinungsbild. Mit Umstellung auf das neue Corporate Design und einer damit einhergehenden Reduktion auf das Wesentliche wolle sich Zug als innovative, konsequent dienstleistungsorientierte Stadt positionieren.

Die Gemeinde Zug ist derzeit dabei auf ein neues Erscheinungsbild umzustellen. Das neue Erscheinungsbild ist das Ergebnis eines mehrjährigen Entwicklungsprozesses, welcher bereits 2018 mit der Ausrichtung eines Gestaltungswettbewerbes seinen Anfang genommen hatte. Auch das ursprünglich vor 20 Jahren eingeführte und seitdem von vielen Bürgern unbeliebte Stadtlogo, umgangssprachlich als „Trauerbalken“ bezeichnet, wird in diesem Zuge ausgetauscht. Der zukünftige Auftritt mit neuem Logo, veränderten Bildwelten, neujustierten Farbspektrum und vereinfachter Gestaltungssystematik entspräche den Anforderungen der digitalen Zukunft und dem immer wichtig werdenden elektronischen Datenaustausch, so die Stadtverwaltung.

Auszug der Pressemeldung

„Die konsequente Ausrichtung als Dienstleistungsorganisation für die Menschen in der Stadt Zug, wie sie sich im neuen Stadthaus zeigt, kommt nun ebenso in einem neuen, zeitgemässen Erscheinungsbild zum Ausdruck“, so Stadtpräsident Karl Kobelt. […] Die Digitalisierung und der Einsatz neuer Medien haben Konsequenzen für das neue Logo und das umfassende Corporate Design. Im Sinne einer schnellen Wahrnehmung und Konzentration auf das Wesentliche wird auf das bisherige blau-weisse Wappen verzichtet. Gleichzeitig wird ein neues Schriftprogramm etabliert.

Stadt Zug Corporate Design – Anwendungen, Quelle: Stadt Zug
Stadt Zug Corporate Design – Anwendungen, Quelle: Stadt Zug

Die ersten Anwendungen des neuen Corporate Designs sollen ab Anfang März 2021 in ein neues Vorlagenmanagement einfließen und umfassen Briefpapiere, Formulare, Visitenkarten und den Internetauftritt der Stadt Zug. In Etappen werde man anschließend weitere Anwendungen Schritt für Schritt auf das neue Design umstellen. Dies erfolge bevorzugt mit lokalen Gestaltern und Agenturen, wie es seitens der Stadtverwaltung heißt.

Stadt Zug Logo – vorher und nachher, Bildquelle: Stadt Zug, Bildmontage: dt
Stadt Zug Logo – vorher und nachher, Bildquelle: Stadt Zug, Bildmontage: dt

Als Zug vor 20 Jahren ein neues Logo erhielt, war der Unmut über das schwarze Logo in Teilen der Bevölkerung so groß, dass vor dem Hintergrund der Initiative „Logo-Stopp“ sogar eine städtische Urnenabstimmung durchgeführt wurde. Eine Mehrheit von 55 % entschied sich seinerzeit gegen die Initiative und damit für den Erhalt des schwarzen Logos. Nun sorgt der bereits 2018 angestoßene Entwicklungsprozess dafür, dass dieses Logo aussortiert wird.

Das neue Logo ist kein Schnellschuss. 2018 wurden im Rahmen eines Wettbewerbs sechs Agenturen eingeladen Entwürfe zu erstellen. Da allerdings keiner der Vorschläge umgesetzt wurde, endete der Wettbewerb in einer Sistierung. Wie die Stadtverwaltung gegenüber dem dt erklärt, erfolgte 2019 ein Restart mit einem internen Kernteam, unter Einbezug des Stadtrates und der Beratung und Prozessbegleitung durch die Agentur CI Programm AG (Zürich). Die Kosten des Wettbewerbs beliefen sich laut Stadtverwaltung auf umgerechnet 45.000 Euro, während die finanziellen Aufwände für den Restart bislang bei umgerechnet 39.000 Euro lägen.

Im rein typographisch gestalteten Stadtlogo sind die Begriffe „Stadt“ und „Zug“ als Hochachse und Querachse angelegt. Die so entstandene Wortmarke „Z’Winkel“ weise „in der Bedeutung auf ein offenes Universum im Sinne der Zukunftsgestaltung“, wie es innerhalb der Publikation rund um das neue Erscheinungsbild heißt. Das so gestaltete Logo sei elegant und innovativ und verfüge über ein hohes Maß an Merkfähigkeit und Wiedererkennbarkeit. Gesetzt ist die Wortmarke, entgegen der in der Lokalpresse getätigten Aussagen nicht in der Arial, sondern in der Messina Sans (Luzi Type).

Der bislang am Seitenrand vieler Medien abgebildete weiß-blaue Balken, mit dem das Stadtwappen zitiert wird, kommt fortan nicht mehr zur Anwendung. Anstelle der Frutiger setzt die Stadtverwaltung im Kontext digitaler Anwendungen (Office) zudem zukünftig auf die Arial. Der Grund hierfür liege in der größeren Verbreitung der Arial als Systemschrift, wie Dieter Müller, Leiter Kommunikation bei der Stadtverwaltung Zug, auf Anfrage gegenüber dem dt erklärt: „Arial ist eine universell auf allen Computern und Betriebssystemen dieser Welt vorhandene Standardschrift, die im digitalen Austausch und der gemeinsamen dezentralen Bearbeitung von Dokumenten keine Probleme macht. Mit der Frutiger war das definitiv nicht so. Die Wahl von Arial ist letztendlich die Konsequenz unserer digitalen Ausrichtung.“

Kommentar

Die vom Schweizer Adrian Frutiger entworfene Schrift Frutiger ist gewissermaßen Kulturgut der Schweiz. Unzählige Gemeinden, Kantonsbehörden und auch Unternehmen setzen auf die serifenlose Linear-Antiqua. Insofern schaut man als designinteressierter und typographieliebender Beobachter genauer hin, wenn in der Schweiz die Frutiger ausgetauscht wird. Kürzlich hatte sich auch die französische Polizei von der Frutiger verabschiedet, um stattdessen für die Auszeichnung ihrer Polizeifahrzeug auf einen Google-Font umzuschwenken.

Schweizer Gemeinden und Kantone zeichnet oftmals eine zum Purismus tendierende Sachlichkeit innerhalb ihres visuellen Profils aus (siehe Kanton Fribourg, Luzern, Kanton Schwyz, u.a.). In dieser Tradition bewegt sich auch das neue Erscheinungsbild der Stadt Zug mit ihrem „Z’Winkel“, der geradezu provokativ schmucklos daherkommt. Jegliche dekorative Anmutung meidend lenkt das Logo und das zugehörige Erscheinungsbild den Blick auf den Inhalt und das Wesentliche. Gleichzeitig ist die im 90-Grad-Winkel ausgerichtete Wortmarke eigenständig genug, um identitätsstiftend zu wirken.

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Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Für mich sieht das eher aus wie ein temporäres Logo, welches im Rahmen eines Halbjahresprogramms von einem Theater auf das Programmheftchen gedruckt wird. Für eine dauerhafte Lösung finde ich es wirklich zu Schmucklos. Die Anordnung der Elemente wird von mir nicht als Logo wahrgenommen.

  2. Über das Logo muss ich noch nachdenken. Es ist sehr, sehr reduziert – es wirft die Frage bei mir auf, was braucht ein Logo um ein Logo zu sein? Wie weit kann man es reduzieren? Wie viel muss bleiben, was alles kann weg? Ist da noch mehr? Sehe ich etwas noch nicht, oder war es das schon?Zweifelsfrei ist das neue Zuger-Logo eine sehr typische Umsetzung für Schweizer Grafik Design …

    Was mir aber fast schon die Nackenhaare hochstellt, ist das Thema Arial. Liebe Eidgenossen – ERNSTHAFT? In einer Zeit, in der sich sämtliche Konzerne eigene Fonts entwickeln lassen? In einer Zeit, in der mit Webfonts so vieles möglich ist, was vor Jahren undenkbar war? Die Arial trotz der typografischen Schweizer Historie?

    Ich fürchte, der Schuss kann nur nach hinten losgehen. Aber man kann nicht auf der einen Seite mit einem superreduzierten Logo (sorry für die Überspitzung) ein elitäres Schweizer Designgehabe raushängen lassen und dann das ganze mit der Arial, ich meine MIT DER ARIAL! in Verbindung bringen!?! Die Arial ist ja wohl eher die ultimative Konsequenz einer Inkonsequenz … Wenn es in der nächsten Zeit Tornados in der Schweiz geben sollte, dann ist die Ursache vielleicht Adrian Frutiger der im Grabe rotiert … R.I.P. Frutiger … R.I.P.

  3. Die Aussage von Lucius Burckhardt bezieht aus meiner Sicht den Designbegriff weniger auf seine formale Komponenten, sondern viel mehr auf seine unsichtbare Wirkung als Teil eines organisatorischen Gesamt-Systems. Von daher ist das Zitat im Zusammenhang mit einem minimalistischem Logo eher fehl am Platz. Wer sich mehr dafür interessiert, kann hier den Ausschnitt aus Burckhardts Buch online lesen:
    https://www.lucius-burckhardt.org/Deutsch/Texte/Lucius_Burckhardt.html#Design

  4. Danke Manuel, für Deinen Kommentar. Ich muss nach nochmaligem Lesen zugeben, dass mein Verweis auf Burckhardts Zitat, „Design ist unsichtbar“, in diesem Fall tatsächlich unpassend ist. Deshalb habe ich die Stelle im Beitragskommentar ersatzlos gestrichen. Wie es scheint, bin ich beim Verfassen des Beitrags gedanklich kurz ein wenig abgeschweift.

    Burckhardt plädierte stets dafür, so habe ich seine Theorie verstanden, Design nicht nur als hübsche Fassade zu betrachten, sondern bei der Gestaltung gesellschaftliche, soziale Aspekte mitzuberücksichtigen. Das ist auch nach meinem Dafürhalten etwas ganz Wesentliches im Design. Nicht nur Oberflächen und Objekte gestalten, sondern den Menschen als Individuum einbeziehen. Mit einer auf Formgebung bezogenen Reduktion auf das Wesentliche hat dies freilich wenig zu tun. Von daher herzlichen Dank für Deinen Einwurf!

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