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Mediatheken von ARD und ZDF – Ein sportlicher Vergleich

ARD ZDF Mediathek

Lange nachdem das ZDF mit seiner Mediathek online gegangen ist, zieht nun auch die ARD nach. Nicht nur DasErste hält seine Videos und Podcasts nun umfassend im Internet bereit, sondern mit der ARD-Mediathek ist zeitgleich ein weiteres Online-Archiv live gegangen. Was liegt so kurz vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft 2008 näher, als die öffentlich rechtlichen Mediatheken einmal im sportlichen Wettstreit mit einander zu vergleichen?

Um fair zu bewerten, werden wohlgemerkt die “ARD-Mediathek” und die “ZDF-Mediathek” miteinander verglichen, da hier die Inhalte der Programmfamilie vorgehalten werden. Die Mediathek “DasErste” klammern wir bei diesem Wettstreit aus. Punkte oder Treffer gibts in den folgenden Disziplinen: Branding, Design, Struktur, Nutzerfreundlichkeit und Inhalte.

Branding

ARD: Das Blau der ARD erscheint bereits so markenbildend, wie das Magenta der Telekom. Selbst in Abstufungen von Cyan bis Indigo wird die ARD als (Nachrichten)Marke wunderbar transportiert. Das wohlpositionierte und -skalierte Logo links oben lässt den Absender der Site eindeutig in Erscheinung treten. Beide Komponenten – Farbe und Logo – schaffen Vertrauen, mit das wichtigste Attribut, das ein Nachrichtenorgan dem Besucher übermitteln kann.

ZDF: Im Vergleich zum On-Air-Design und zur Website erscheint die Mediathek wesentlich dunkler. Der typische grau gepunktete Fond kommt kaum zur Geltung. Dies bereits als “Bruch” zu bezeichnen, ginge wohl zuweit. Eine absolut konsistente Gestaltungsleitlinie, die sich durch die verschiedenen Medien zieht, kann man allerdings auch nicht ausmachen. Das ZDF-Logo im linken Bereich wirkt im Vergleich zur wunderbar zentrierten Lösung der Website arg beengt. Und überhaupt… warum ist es grau und nicht wie üblich orange?

Das Erste ist sofort da. Es dominiert das Geschehen, zeigt die nötige Präsenz und geht verdient mit 1:0 in Führung.

Design

ARD ZDF Mediathek

ARD: Angefangen beim Aufbau, über die Darstellung der einzelnen Bereiche bis hin zum Stil des Video-Players, alles macht eher einen “klassischen” Eindruck, denn einen überraschenden oder gänzlich andersartigen. Das soll durchaus keine negative Wertung sein. “Klassisch” ist in der Nachrichtenwelt eine tragende Säule. Nicht umsonst wird das Design der meisten Nachrichtensendungen in blauen Tönen angelegt, die wichtige Attribute wie Zuverlässigkeit, Solidität und Tiefe verkörpern und mit denen sich Themen wie Wahrheit und Wissenschaft kommunizieren lassen. Das Design ist grundsolide. Im blaueingekleideten Umfeld setzten die Teaser-Motiv die Akzente, wodurch sie sehr gut hervorgehoben werden.

ZDF: “Look und Feel” der Mediathek sind alles andere als klassisch. Stilistisch hat man ein neues Gestaltungsset zusammengestellt. Nirgends sonst spiegelt es beim ZDF, weder On-Air noch im Internet. Die Mediathek wirkt sowohl optisch, als auch navigationstechnisch eher wie ein iTunes-Derivat. In jedem Fall ist es zusätzlich zur ZDF-Website eine eigene Lösung und Anwendung. Schaltflächen sehen unterschiedlich aus. Link-Klassen weichen von einander ab und ebenso die Farbgebung, die sich ausschließlich aus Grauwerten, Weiß und Orange zusammensetzt, was insgesamt sehr edel aber auch “sportlich” und modern wirkt. Verantwortlich zeichnet übrigens Pixelpark Köln.

Grundsolide im Aufbau reicht manchmal nicht aus. Das ZDF überrascht und gleicht aus. Es steht 1:1.

Struktur / Aufbau

ARD ZDF Mediathek

ARD: Der Aufruf der Mediathek erfolgt im gleichen Fenster, ohne Subdomain oder Slash sondern sauber mit eigener Domain. Die Gesamtbreite ist dynamisch und abhängig von der Schriftgröße. Insgesamt wirkt die Mediathek wie ein eigenständiger und kompletter Webauftritt und wie ein Nachrichtenportal. Die Startseite ist in Hauptnavigation, Content-Bereich, Marginalspalte und Fußbereich unterteilt.

ZDF: Die Mediathek wird in einem Popup-Fenster geöffnet und verkörpert eher den Stil einer ergänzenden Microsite. Der Inhalt ist statisch auf einer Breite von 1015 Pixeln angeordnet. Lediglich die Schrift ändert die Größe, der Rest behält seine feste Position. Die Startseite wirkt aufgrund der wenigen Komponenten übersichtlich, als da wären: 1. Hauptnavigation (optisch eher eine Global- oder Metanavigation), 2. Teaser-Browser (vertikal und horizontal) sowie 3. Flash-Container (unterteilt in Video-Container links und Titelauswahl rechts).

Dem ZDF geht der Überblick verloren. Ohne einen echten Lenker und Navigator tut man sich schwer den Abschluss zu finden. Die ARD geht 2:1 in Front, jedoch ohne zu glänzen.

Nutzerfreundlichkeit

ARD ZDF Mediathek

ZDF: Was für versierte Nutzer ein Spiel mit den Navigationselementen ist, dürfte für weniger erfahrene Besucher eine echte Herausforderung darstellen. Das zugrunde liegende Navigationskonzept muss erst einmal gelernt werden. Beispiel Teaser-Browser: In der “Nullstellung” suggerieren graue Pfeile, die nach links und rechts zeigen, zwar Sensitivität allerdings werden diese erst aktiv (weiß) nachdem man auf einen Teaser geklickt hat. Der Klick auf einen Teaser wiederum öffnet keinesfalls, wie üblich eine Detailseite, sondern lässt im Teaser-Browser lediglich den Zugriff auf die zweite Ebene zu. Erst der zweite Klick auf einen Teaser öffnet die Meldung im Flash-Container. Zwei Funktionen für ein und das selbe Element sind in Bezug auf die Usability “gewöhnungsbedürftig”. Der Nutzer muss lernen, dass sich abhängig von seiner Position die Funktion ändert, obwohl das Element identisch aufbereitet ist.

Auch die mit einer Doppelfunktion belegten Pause-Taste muss erst erlernt werden. Das Ändern der Position im Clip per grauem Anfasser wird vermutlich Vielen verborgen bleiben. Was man bei YouTube und vielen anderen Videoportalen gelernt hat – die Bedienung eines Videoplayers – produziert in der ZDF-Mediathek hier und da schon einmal einen Konflikt. YouTube wirkt mit seinen Scrollbalken und Listen im Vergleich zur ZDF-Mediathek fast schon altbacken. An Effekten und Animationen hat man beim Zweiten nicht gespart. Listen, Balken, Reiter, Layer… alles wackelt, klappt, wischt und ist in Bewegung. Was dem Einen Spaß macht, lenkt den Anderen von den eigentlichen Inhalten, den Nachrichten und Sendungen ab. Die Navigation nimmt sich insgesamt sehr wichtig und ist keinesfalls “so einfach wie eine Fernsehzeitschrift”, wie die Jury des Grimme Online Awards mit ihrer diesjährigen Nominierung der ZDF-Mediathek in der Kategorie “Spezial” zum Ausdruck gebracht hat.

ARD: Die Integration einer Stichwortwolke muss man beim öffentlich Rechtlichen fast schon als einen Vorstoß in Sachen “neue” Navigationsfomen werten. Sie ist weder neu, noch besonders nutzerfreundlich, noch kann sie eine hierarchisch gegliederte Navigation jemals ersetzen. So wird der Nutzer dann auf den Unterseiten ziemlich alleine gelassen. Wer von der Startseite aus z.B. in die Rubrik “Kinder & Familie” springt sieht sich mit Stichworten wie “Rechtslehre”, “Verbraucher” oder etwas “Spanisch” konfrontiert, was einem in dieser Rubrik natürlich spanisch vorkommt. Wer etwas Bestimmtes sucht, wird einzig über die Volltextsuche sein Ziel finden. Die Stöberer kommen da schon eher auf ihre Kosten.

Nutzerfreundlich hingegen ist der hohe Kontrast bei den verwendeten Farben. Auch dank größerer Schriften kann das Auge entspannter die Inhalte erfassen. Weder Formen, noch Animationen lenken vom eigentlichen Inhalt ab. Das mag aus Sicht eines Designers langweilig sein, ist aber in Bezug auf den Nutzwert der Site sehr positiv zu bewerten. Das Lernen neuer Navigationstypen erfordert Zeit, die nicht jeder mitbringt. Wer recherchiert weiß es zu schätzen, wenn er ohne große Umwege die Information findet, nach der er sucht.

Durch viele Übersteiger, Dribblings und Haken wird der Weg zum Ziel nicht kürzer. Weniger umständlich landet die ARD ihren dritten Treffer zum 3:1.

Inhalt

ARD ZDF Mediathek

ARD: Eine mehrköpfige Redaktion bereitet die Inhalte auf und präsentiert seinen Lesern neben dem “Thema des Tages” auch die Video- und Audio-Highlights. Das erfährt man übrigens auch von Armin, von der Sendung mit der Maus, der die wichtigsten Merkmale der Mediathek sehr anschaulich präsentiert. Die Senderfamilie stellt zahlreiche Radiosender, wodurch auch das Podcast-Angebot sehr vielfältig ist. “Radio” und “Fernsehen” sind auf der Startseite die zwei auswählbaren Hauptkategorien.

Die gewählte Bezeichnung “Clip” signalisiert ganz gut, dass der Inhalt überwiegend aus Ausschnitten und eher weniger aus kompletten Sendungen besteht. Im Gegensatz zum ZDF wird auf der Startseite die Anzahl der verfügbaren Clips hinter den Themenkanälen in Klammern geführt, was der Site Transparenz verschafft und das dargebotene Angebot eine fassbare Größe erhält. Ein Konflikt gibt es, wenn in einem weiteren Tab z.B. zum Vergleich ein Video bei YouTube oder N24 aufgerufen wird. Mit jedem Laden der Mediathek stoppt das dort abgespielte Video bzw. der Sound setzt aus.

ZDF: Im Gegensatz zur ARD bereitet das ZDF die Inhalte nicht im Stile eines Journales auf, sondern mit Hilfe einer absolut eindeutigen und schlichten Hierarchie. Über die Teaser-Liste im rechten Bereich sind 10 Beiträge (20 weitere per Reiter) direkt anklickbar. Diese werden dann zunächst im linken Hauptfenster angezeigt, um nach einem Klick auf den Play-Button im Vollbildmodus zu starten, übrigens eine Funktion, die bei der ARD fehlt. Anders als bei der ARD kann man aufgrund fehlender Angaben nur spekulieren, wieviele Beiträge insgesamt die Mediathek enthält. Ein optischer Dämpfer sind die Artefakte, die immer wieder mal entstehen.

Die vielleicht hilfreichste Seite befindet sich ganz rechts oben neben der Suche. Wer auf “Inhalt” klickt (Konsistenz der Begrifflichkeit innerhalb der ZDF-Sites) erhält eine Sitemap, auf der alle “Sendungen”, “Themen” und “Nachrichten”in drei Spalten unterteilt sind. Bei Rollover erhält der Nutzer nun tatsächlich einen Einblick in die Tiefe des Informationsangebotes. Warum wird diese wichtige Info so versteckt?

Ein offener Schlagabtausch. Erst verkürzt das ZDF auf 3:2, doch in der Nachspielzeit gelingt der ARD der Schlusspunkt zum 4:2.

Ergebnis

Mit dem Zweiten “flasht” es sich vielleicht besser, aber bei Nachrichtenportalen ist es wie im Fußball: Schnörkellos und direkt ist nicht immer schön aber dafür sehr effektiv (ich steck einfach mal 5 Euro ins Phrasenschwein). In beiden Mediatheken lässt es sich wunderbar stöbern. Das Auffinden einer Sendung über die Navigation gestaltet sich hingegen in beiden Lösung eher problematisch, da es beiden an einer Stringenz in Bezug auf eine kombinierte themen- und senderspezifische Auswahl mangelt. Auf vielen Seiten wünscht man sich einfach noch eine Filtermöglichkeit, um die Auswahl einzugrenzen. Bei mehr als 2.600 Treffern darf es sehr gerne mehr Auswahlmöglichkeiten geben, als eine unsortierte Wortwolke. Die Mediathek vom Ersten ist mit der Lösung für eine Themennavigation und der Auswahl von Sendungen weiter, als beide hier vorgestellten Online-Archive. Ich halte es da ganz mit dem Slogan einer Mobilfunkmarke: Weil einfach, einfach einfach ist!

Gewonnen haben in diesem Mediatheken-Vergleich vor allem wir, die Nutzer. Was vor zehn Jahren aufgrund vielfältiger technischer Hürden nur ein Traum war, ist heute möglich. Freier Zugriff auf ein riesiges und hochwertiges Video- und Audioangebot. Dokumentationen, Nachrichten oder die Lieblingsserie lassen sich jederzeit abrufen. “Verbotene Liebe” oder “Der Bergdoktor” wann und wie oft man will. Herrlich! Willkommen in der Digitalen Welt.

Dieser Beitrag hat 40 Kommentare

  1. @18: Sorry, da kennt sich einer aber nicht mal im Ansatz mit dem Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten aus. ARD und ZDF haben laut RFSV eine Bestandsgarantie, die es ihnen ermöglicht “dahinzugehen wo die Zuschauer sind”. Klar, ob man dass in Form eines monate-zurückreichenden VoD-Portals machen muss, ist fraglich und wird auch aktuell bzgl. der kommenden Änderung des Rundfunkstaatsvertrags diskutiert.

    Bei Kommentaren und Auswürfen á la “die ÖR sind ihr Geld nicht wert.” oder “Ich schaue keine ÖR sondern nur RTL, dann will ich nix zahlen” bekomme ich Eiterpusteln im Gehirn..

  2. ARD hinkt ein wenig der Zeit hinterher, vielleicht auch mit Understatement für die Nutzer. Kleine “kesse Schrullen” sind vorhanden (Voreinstellung: Modem für “Video-Freunde” / Vollbild? / Button “dieses Video abspielen” unter einem Play Button?) aber nichts gravierendes.

    ZDF realisiert am Nutzer und an der Zeit vorbei. Das Vorbild war wohl der Adobe Media Player, der wiederum funktioniert grandios als eigene Anwendung und simuliert diese nicht nur mit der Notaushilfe Pop-Up. Die Fehlerseite mit dem illustren Text “Warum diese Seite?” spricht Bände für mich. Warum eine seid Jahren verteufelte, nachhaltig und einhellig als Unsinn angesehene Technik. Warum dann das Pop-Up skalierbar und maximierbar halten. Warum? Man steht voll und ganz hinter der Fehlentscheidung – auch das ist Sport.

    Noch etwas: Barrierefreiheit, man skaliere die Seite einmal und man sieht wer nach kurzer Zeit nicht mehr auf dem Platz ist – um im Fußballjargon zu bleiben. Oder aber: es erinnert mich an St. Petersburg gegen Bayern München – die einen haben schöne Trikots und tolle Namen, die anderen machen die Tore.

  3. Bin ich der einzige der findet, dass das ZDF Design aussieht wie ein RipOff des aktuellen Winamps?

    Schwarz und Dunklegrau. Weisse Schrift, orangefarbene Spiegelnde Buttons, abgerundete Reiter?

  4. Die Öffentlich-Rechtlichen machen auf jeden Fall eindeutig besseres Webdesign als die Privaten (bessere Inhalte auch). Find ich gut.

  5. Klasse Zusammenfassung!

    Ich bin eindeutig für den “Testsieger” zu haben, auch weil beim ZDF die Inhalte maximal eine Woche online sind…

    Was mir bei der ARD positiv aufgefallen ist: Sie erklären, wie es funktioniert:
    https://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/565006

    Als Sendung mit der Maus auch für Erwachsene ohne große Computererfahrung zu empfehlen – vor allem der Anfang ist der Brüller “Das war Fachchinesisch” :)

  6. Ebenfalls ein Kompliment für den Vergleich…

    Vor dem Hintergrund meiner Erfahrung finde ich die Mediathek vom ZDF interessanter, Vollbild, Animation, Aufmachung und vor allem vollständige Sendungen. Für einen unerfahrenen Nutzer ist die ARD wohl besser geeignet, wahrscheinlich auch zum schnellen recherchieren.

    So ist es doch ganz gut, dass die Angebote sich unterscheiden und man nicht 2x dasselbe an unterschiedlicher Stelle findet – wie so oft.

    Kurz noch was zum Branding:
    Wenn man beim ZDF oben rechts auf den Pfeil klickt und die “Teaser-Navigation” ausblendet kommt das Logo schön groß und in Orange zur Geltung. Da die Seite zu Recht auf 1024×768 optimiert ist, hat man sich wohl aus Platzgründen für diese Lösung entschieden. Von der Aufteilung ohnehin klasse.

    Technik – Film abspielen
    Beim ZDF wird man gefragt welche Verbindung man wählen will und diese dann gespeichert. Bei der ARD muss ich dies jedes mal unter “Einstellungen” neu einstellen, zudem zu versteckt für einen unerfahrenen User. Der Sound ist bei der ARD auch mitunter sehr blechern.

    Hat also alles seine Ecken & Kanten, aber ein Gewinn für uns. Halte das für eine gute Sache mit den öffentlichen Mediatheken und für einen echten Fortschritt im Netz.

    Viele Grüße
    Till

  7. Ich finde die ZDF-Mediathek auch besser. Störend ist nur die Auflistung der Suchergebnisse – das zappelt mir zu sehr.

    Weiß jemand, nach welchen Kriterien die Beiträge in der ZDF-Mediathek landen? Bei ZDF.reporter lief am 15.5. ein Beitrag über die pööösen Motorrad-Raser. Ausgerechnet dieser ist nicht zu finden – die anderen Beiträge der Sendung allerdings schon.

  8. Eine sehr interessante Analyse!
    Die Einschätzung zur ZDF-Mediathek teile ich voll und ganz. Die Navigation ist keineswegs benutzerfreundlich.

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