Über zu wenig Abwechslung konnte man sich in der Vergangenheit nicht beschweren. Unzählige Slogans und Kampagnen ließ die Israelische Tourismusbehörde in jüngster Zeit kreieren, ohne allerdings dass dabei ein roter Faden ersichtlich geworden wäre. Bis heute ist es den Verantwortlichen nicht gelungen, ein erkennbares Profil der Tourismusmarke Israel zu entwickeln. Das soll sich nun ändern.
Mit Blick auf die in diesem Artikel aufgezeigten Beispiele drängt sich der Eindruck auf, Israel sei das Land mit den meisten Werbeslogans. „Beyond Belief“, „4000 Years of Adventure“, „You will never be the same“ und auch „Come an find the Israel in you“ – alles Werbesprüche, mit denen Israels Tourismusmarke in jüngster Zeit beworben wurde. Dabei kennzeichnen die Slogans lediglich die Symptome, denn das Übel ist eine seit vielen Jahren offenkundige Unfähigkeit, dem Land zu einem optisch ansprechenden und dabei konsistenten Erscheinungsbild zu verhelfen.
Passt doch zu Israel, könnte man zynisch einwerfen. Warum sollte ein Land, das seit seiner Gründung von Unruhen, Aufständen und Kriegen geprägt ist und in dem vom Fanatismus getriebene fundamentalistische Kräfte ein ums andere mal die Demokratie ins Wanken bringen, über eine makellos reine visuelle Identität verfügen!? Undurchschaubar wie die politischen und militärischen Ereignisse vor Ort ist auch Israels Markenauftritt. Auch die im Spätherbst dieses Jahres unter dem Motto „Land of Creation“ hierzulande gestartete Kampagne konnte bislang das Bild vom Flickenteppich nicht entscheidend ändern.
Die Erkenntnis der Notwendigkeit, Sehenswürdigkeiten und Kulturschätze eines Landes unter quasi-produktähnlichen Gesichtspunkten zu vermarkten, reifte bereits in den 1990er-Jahren. Mit dem nun lancierten Konzept folgt auch Israel dieser Entwicklung. Verantwortlich für das neue Markenkonzept, das anstelle eines statischen Tourismuslogos eine dynamische, anwendergenerierte Wortmarkenlösung vorsieht, ist die Agentur Open. Das Gestaltungskonzept wiederum basiert auf einer Markenanalyse, mit der das britische Unternehmen Acanchi bereits 2006 beauftragt wurde. Erste Bemühungen und Initiativen um ein Branding für das Land reichen noch weiter zurück, doch scheiterten sie aus unterschiedlichen Gründen immer wieder.
Eigentlich ein schöner Ansatz – an die Stelle eines statischen Zeichens die Idee der Vielfalt zu setzen. Kein schnödes Logo solle die Marke Israel kennzeichnen, sondern ihr zur Partizipation einladendes Wesen. Das hat Charme, das ist kreativ. Die Ästhetik des einzelnen Logos tritt in einem solchen Modell in den Hintergrund – es ist die der Idee innewohnende Schönheit, die das Konzept vielversprechend macht. Wenn das Konzept denn auch umgesetzt würde. In der Praxis stellt sich das nämlich etwas anders dar.
Egal wo, ob in den jüngst veröffentlichen TV-Spots, bei Twitter, Facebook oder Google+, stets wurde von den in Hülle und Fülle generierten Wortmarken auf ein und die selbe Version als Profilbild zurückgegriffen. Drei Monate nach Start der TV-Spots wurden nicht einmal die Haupt-Accounts auf Twitter und Facebook auf die neue Designsprache hin angepasst, kleinere Sub-Accounts wie „Besuch Totes Meer“ hingegen schon. Offensichtlich ist die Hürde der Implementierung zu hoch. Gerade dort, wo der Prozess der Veränderung unmittelbar und zeitnah sichtbar gemacht werden könnte und wo man zum Mitmachen hätte einladen können, verpufft die Idee der Teilhabe.
Seit Januar 2013 existiert das Konzept. Was bis dato als TV-Spots (siehe unten), als Anzeigenmotiv oder auch als App veröffentlicht wurde, wird dem Anspruch „Land of Creation“ nicht wirklich gerecht. Auf den in jederlei Hinsicht veralteten Webauftritt (Screenshot) wurde das nun dann doch statische neue Logo drauf gebappt. Weder App, noch ein Interaktives Video vermögen das Interesse an einer Reise nach Israel so recht steigern.
Noch ist von dem, was sich die Kreativen für den Markenauftritt haben einfallen lassen, nur ein Bruchteil umgesetzt. Viel mehr noch als die neue Gestaltung sind es die Brüche, die die Marke Israel derzeit noch ausmachen. Und mal abgesehen von Branding – entscheidender als jede noch so kreative Aufmachung ist auf Seiten der Reisewilligen dann letztlich doch der Aspekt der allgemeinen Sicherheitslage eines Landes. Wenn das Auswärtige Amt Reisewarnungen ausspricht, hilft kein noch so gelungenes Erscheinungsbild, kann nur ein echter, das Land befriedender Wandel bewirken, Vertrauen in das Land, in die Marke zu schaffen. Allein die Hoffnung, dass sich daran etwas ändert, ist noch geringer als die Zuversicht in die Umsetzungskompetenz dortiger Marken- und Tourismusverantwortlichen.
Mediengalerie
Bisherige Slogans und Logos (Auszug)
Weiterführende Links
- Offizielles Tourismusportal Israels: goisrael.com
- Offizielles deutschsprachiges Tourismusportal Israels: goisrael.de
- Restarting Brand Israel | ayalzaum.com
Update 25.01.2015
Weiteres Bildmaterial direkt von der verantwortlichen Agentur Open.
Ich weiß, man soll nicht schreiben, etwas habe der Praktikant gemacht. Aber diese T-Shirts… die hat doch der Praktikant gemacht!
Ich weiss nicht, was an den Shirts auszusetzen sein soll…
Die Schrift sieht aus, als wäre sie mit FontStruct.com gemacht. Sag ich erstmal ganz wertneutral. Ein paar Glyphen sehen allerdings aus wie Dinge, die dort schon gemacht wurden.
Aha, na klar. Wenn man im Land der Dichter und Denker schon mal die Gelegenheit hat, etwas zynisch gegen Israel einzuwerfen, dann darf man sich diese Gelegenheit natürlich nicht entgehen lassen. Bemerkenswerte Logik: weil Israel umgeben ist von Staaten, die ihre Vernichtungsfantasien zur Beseitigung der einzigen Demokratie im Nahen Osten regelmässig kundtun, können die Israelis natürlich keine “makellos reine” visuelle Identität haben.
Das Vertrauen des Autors in die Friedens- wie auch die Markenkompetenz der Israelis ist also nachhaltig getrübt. Was nun? Wer soll bei Wandel und Markenentwicklung helfen? Die Erfinder der Demokratie aus Deutschland oder die Friedens- und Designexperten von der Hamas?
Bei allem Respekt, Achim Schaffrinna: den politischen Aspekt hättest du besser weggelassen und dich auf die fachlichen Aspekte beschränkt, in denen ich dir zustimme.
In diesem Fall halte ich es für wichtig, diesen eben nicht außen vor zu lassen. Design kann immer nur in einem Kontext stattfinden. Losgelöst von jeglichem Inhalt/Hintergrund kann es kein Design geben. Und nein, verehrter Markus, nicht mein Vertrauen in die Friedens- wie auch die Markenkompetenz „der Israelis“ ist getrübt, diese Auslegung verfälscht die im Artikel formulierte Aussage, sondern das Vertrauen einerseits in die Friedensbereitschaft aller involvierten Parteien/Lager sowie anderseits in die Umsetzungskompetenz der in diesem Fall verantwortlichen Touristikfachleute ist es, das wenig ausgeprägt bei mir ist.
Natürlich spielt der Kontext eine Rolle und kann mit in die Betrachtung. Dann aber korrekt und fair bitte. Du hast nun mal die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes ins Spiel gebracht und in diesem Zusammenhang von fehlendem, bzw. erst zu schaffendem Vertrauen in das Land und die Marke Israel gesprochen. Nun ist es aber so, dass sich das Auswärtige Amt in seinen Sicherheitshinweisen auf mögliche Terroranschläge islamistischer Gruppen bezieht und nicht etwa auf eine Gefährdung durch israelische Taschendiebe oder Heiratsschwindler. Anders ausgedrückt: das potentielle Sicherheitsrisiko für einen Touristen entsteht durch eine Bedrohung, die von außen auf Israel wirkt und nicht von Israel aus sich selbst heraus. Da kann das Design noch so genial oder noch so schlecht sein, diese Bedrohung bleibt. Und dafür kann sich der besorgte Urlauber bei diversen Terrorgruppen „bedanken“. Dass die Urlauber aber in aller Regel glücklicherweise doch gesund und heile wieder nach Hause kommen, dafür können sie sich tatsächlich bei den israelischen Sicherheitsorganen bedanken. Denn davon, wie man seine Bevölkerung (und Gäste) bestmöglicht schützt, versteht Israel (notgedrungen) mehr als jeder andere Staat.
Klar. Wie immer. Alles, was auch nur ansatzweise kritisch gegen Israel geht, da gehen den Gutmenschen gleich die Hutschnüre hoch…
aaaber glücklicherweise gibt es immer irgendwo einen Schlechtmenschen der unter einem Stein hervorkriecht und universale moralische Ungleichheiten mit einem wohl platzierten Kommentar wieder in die Waage bringt.
@Anthropo: Ja, na und? Einer schreibt was, ein anderer findet’s doof und antwortet darauf. Das nennt man Streitkultur. Blogchef Achim blieb gelassen und hat souverän auf meinen Kommentar geantwortet. So kann’s doch auch bleiben, oder?
Ich finde das eigentlich ganz gut…
Mir kommt es ein bisschen so vor, als ob sich viele der miesepetrigen Kommentare und verrisse viel zu sehr von persönlichem Geschmack leiten lassen. Manche Kritikpunkte insgesamt, nicht nur hier, finde ich auch schwer zu vertreten, weil oft Hintergrundwissen um strategische Ausrichtung und Konzepte fehlen.
Fazit zu Weihnachten: Auch mal bisserl positiv denken :-)
Nach Israel zu reisen hat leider (zumindest in Jerusalem und in der Nähe der Mauer) den Touch von Elenedstourismus. Da kann man dann mal sehen wie ein “demokratischer” Staat 4 Millionen seiner Einwohner (die Zweistaatenlösung wird ja abgelehnt) in einem offenen Gefängnis hält. Sonst ein wunderschönes Land, aber da kann auch die beste Tourismuswerbung nichts mehr retten.
Unfassbar wie im Artikel in politische als auch in ökonomische Plattitüden verfallen wird.
“Wenn das Auswärtige Amt Reisewarnungen ausspricht, hilft kein noch so gelungenes Erscheinungsbild, kann nur ein echter, das Land befriedender Wandel bewirken, Vertrauen in das Land, in die Marke zu schaffen.”
1. das Auswärtige Amt hat für Teile Israels Reisewarnungen ausgesprochen. Etwa für den Gaza-Streifen. Das gilt nicht für die Hauptziele der Touristen.
2. die Überarbeitung des Markenauftritts wird wohl kaum nur für die Kommunikation mit dem bundesdeutschen Raum geschaffen sein. Es mag durchaus Touristen aus anderen Ländern geben, die Warnungen des deutschen Auswärtige Amts nicht betrifft.
3. wenn keinerlei Vertrauen in das Land und kein Vertrauen in die Marke “Israel” vorhanden wären, würde der Tourismus wohl kaum solch ein ökonomisch wichtige Rolle in Israel spielen.
Natürlich ist es richtig, dass politische Stabilität ein wichtigerer Faktor für eine Tourismus-Marke ist als Design.
Gleiches gilt aber für andere Attribute bei diversen Produkten. Es wäre aber äußerst dumm, bei jedem dritten Produkt in einem Design-Blog(!) die Anmerkung zu machen “erst muss die Zuverlässigkeit verbessert werden, bevor Gestaltung eine Rolle spielt” – oder ähnliches.
Auch für Produkte, die in bestimmten Produkteigenschaften weit von Perfektion entfernt sind, ist gute Gestaltung ein wichtiger Verkaufsfaktor.
Auch stellt sich die Frage, wieso nicht konsequenter Weise bei anderen Tourismus-Marken mit instabileren politischen Verhältnissen ähnliche Anmerkungen kommen?
Nur ein kleines Beispiel. Sowohl FIFA als auch Russland haben aktuell sicher wesentlichere “Imageprobleme” in relevanten Kernmärkten, als die Gestaltungslinie.
Trotzdem wird hier sachlich das WM-Logo besprochen. Und das ist auch gut so.
https://www.designtagebuch.de/fifa-praesentiert-logo-fuer-wm-2018-in-russland/
Allein der Versuch einer ganzheitlichen Markensicht – unter Berücksichtung politischer Aspekte – würde den Rahmen dieses Blogs sprengen und vermutlich auch die Kompetenz des Autors.
Das ist mit Sicherheit nicht als persönlicher Angriff gemeint. Wer verfügt schon über ausreichende Expertise in so einem komplexen Themenfeld?
T-Shirts- und Taschensprüche mit “Party” und “Shopping” – Ehrlich? Gehört das zum Konzept, worauf Israel eine Tourismuswirtschaft aufbauen will? Will nicht jede Stadt eine sensationelle “Party- und Shoppingmetropole” sein? Das ist mittlerweile irgendwie peinlich.
Gerade Israel liegt doch auf historisch sehr wertvollem Boden. Darauf sollte man sich doch eher konzentrieren. Nicht krampfhaft versuchen, eine Abi-Klasse an den Strand zu locken, damit die da saufen und im Suff großzüger mit den Scheinen sind, sondern es eher Kirchengemeinden, jüdischen Gemeinden, kulturell Interessierten oder ähnlichen attraktiv machen, denn da könnte Israel wirklich punkten – auch trotz der zeitgenössischen Situation. Die Internetseite zeigt da ja zumindest inhaltlich entsprechende Ansätze, aber die Accessoires – oh je!
Die Idee der dynamischen Wortmarke finde ich jetzt nicht völlig neu, aber gefällt mir trotzdem. Das Logo reiht sich wunderbar in die anderer Tourismusmarken aus anderen Ländern ein.
Undurchsichtig, schwerfällig, unästhetisch, zusammengewürfelt.
“Land of creation” ist für mich angesichts der politischen Umstände in Israel eher Abschreckung als Verlockung und meiner Meinung nach mit der ungünstigste Slogan den man hier hätte aussuchen können.
Wirkt verzweifelt, so als müsse nun endlich etwas fertiges präsentiert werden das gefälligst zu begeistern hat.
[…] designtagebuch.de, […]
So ein misslungenes Redesign hab ich schon lange nicht gesehen.
Da stimmt ja gar nichts! Die gesamte Arbeit wurde wohl vom Praktikanten der Agentur gemacht …
Warum sieht das “L” aus wie ein aufrechter Schniedel? Das Internet hat mich verdorben.
Ansonsten wirkt es – wie schon jemand sagte – zusammengewürfelt. Mir hätte es ästhetisch geholfen, wenn wenigstens die Farbverläufe über den gesamten Schriftzug hinweg aneinander ausgerichtet gewesen wären, statt aneinander “abzubrechen”. Das hätte die sehr unterschiedlichen Buchstaben dann hintergründig (subtil) miteinander verbunden – etwa nach dem Motto “Gemeinschaft trotz Unterschieden”.
Aber die T-Shirts sind mal gelungen. 10.000 davon in Europa gratis verteilt: unbezahlbare Werbung.
Die “Marke” sieht jetzt schon veraltet aus. Man kann sich also schon mit der Gestaltung befassen. Woher das “Land of Creation” genommen wird, verstehe ich überhaupt nicht. Oder geht es um die Creation der Welt?
Darf man hier eigentlich öffentlich kritisieren oder gilt es dann als israelfeindlich?
Kritik an der Sache, an der Gestaltung, positiv wie negativ, ist selbstverständlich ausdrücklich erwünscht. Eine differenzierte, konstruktive und faire Auseinandersetzung mit der Sache muss immer Ziel einer Diskussion sein. Wer Negativkritik am Markenkonzept als generell israelfeindlich einstuft, irrt. Abgesehen davon sollte für eine Diskussionskultur selbstverständlich sein, dass sie ohne Feindseligkeit auskommt.
Schade, dass der Autor, der Israel offenbar nur aus den Tagesthemen auf ARD kennt, bei jeder Gelegenheit versucht den Nahostkonflikt zu erwähnen und ihn geradezu als Motiv in der Gestaltung interpretiert. Die Gründe, warum die zeitgenössische israelische Grafik überladen ist, verschwenderisch mit Farben umgeht und oftmals keine klare Linie findet, hat nicht sehr viel mit der Politik zu tun. Es ist dem Autor im Übrigen zu wünschen, dass er auch die vielfältigen positiven Seiten Israels entdeckt.